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Erscheint: Täglich frllh 7 Uhr. Inserate werden angenommen: disAbendö «.Sonn tags dis Mittags 12 Ubr: Marienstraßc 13. Anzcig. in dies. Blatte, daö jetzt in 10MO Exemplaren erscheint, finden eine erfolgreiche Verbreitung. Tageblatt für Unterhaltung nnd Geschäftsverkehr. Mitredaeteur: Theodor Drobisch. Abonnement: Vierteljährlich 20 Ngr. bei unentgcldlicher Lie ferung in'S Hau«. Durch die Königl. Post vierteljährlich 82 Ngr. Einzelne Nummern 1 Ngr. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: l Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile L Ngr. Druck und Eigenthum der Herausgeber: Isikpsch dt Rellhllrdt. — Verantwortlicher Redacteur: JuklUS Neilhllrdt. Dresden, den 16. Oktober. — Se. Königliche Majestät hat dem Ordonnanzoffizier, Rittmeister von Funke, das Annchmen und Tragen des dem selben verliehenen königl. preußischen Kronenordens 3. Classe gestattet. — Laut Bekanntmachung der Kircheninspection wird in folge der Erweiterung des neuen Annenkirchhofes bis an die Chemnitzer Straße der vom Zellischen Wege abzweigendc alte Leichenweg vom 17. d. Mts. an geschlossen werden und haben von da alle Leichenconductführungen bis zu gedachtem Kirch hofe ausschließlich auf der Chemnitzer Straße zu erfolgen. — Die Victoria rcxin, dieser Riese der Pflanzenwelt, war auch dieses Jahr im hiesigen botanischen Garten, trotz aller Ungunst des Wetters, so trefflich gediehen, daß sie von Anfang September bis eingangs voriger Woche unter dem Zu- drangc Tausender von Schaulustigen mit 13 prachtvollen Blu men blühte. Sie schien den Lenz ihres Lebens durchlebt zu haben, und die An- und Abkündigung der letzten Blume war ver klungen, da gestaltete sich unter dem Einflüsse des wieder milder gewordenen Wetters ein seither nichts versprechendes Knöspchen zur hoffnungsvollen Knospe welche heute auf's Neue ihre jugendlichen Reize entfalten wird. Wahrscheinlich wird sie dies unter nicht geringcrm Zudrangc des Publikums als ihre Schwestern, auf deren letzte dein Vernehmen nach al lein 1500 Besucher kommen. Weitere Blumen sollen nicht zu erwarten sein. — ^ Wie wir hören, wird für diese Wintersaison Herr Kunstreiterdirector Hinnc hier in Dresden einen Cyclus seiner Vorstellungen eröffnen, obgleich die Dresdner noch vom ver gangnen Frühjahr in Bezug auf derartige Genüsse sehr ge sättigt sind. — Am Donnerstag ist die Leiche des vor einigen Tagen in Wien gestorbenen jüngsten Bruders des rngiercrden Herzogs von Anhalt, des Prinzeln Wilhelm Woldemar, hier angc- kommen und auf der Leipziger Bahn weiter nach Dessau ge gangen. — Vor mehreren Monaten durchlief verschiedene Blätter die Mittheilung, daß man in Hamburg einen Kgl. sächsischen Offizier und angeblichen Grafen E. verhaftet habe, der im Augenblicke seiner Arretur den vergeblichen Versuch gemacht, sich zu erschießen. Es wurde später fcstgestellt, daß der Herr Graf mit einem von hier descrtirten, aber nicht gräflichen Porteepee-Junker von E. identisch war und dazu bemerkt, daß derselbe nach Dresden zurückgcbracht worden sei. Wie man jetzt erfährt, ist derselbe neuerdings wegen der wider ihn borgelegenen Desertion, sowie eines anderen von ihm ver übten Eigenthumvergehens Seiten des hiesigen Militärgerichts zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr lind mehreren Mo naten verurtheilt worden. — — 7 Die Polizei hat, wenn auch schon vor mehreren Tagen, endlich einmal einen jener Dillcttanten erwischt, die mit dem Teschin oder mit Kinderschießgcwchren neckischer und muthwilliger Weise durch Fenster und über Dächer ihre Ge schosse in Form von ganz hübschen Kugeln versandten. Es ist dies ein Bauspeculant von hier, der durch das Fenster eines Hauses der großen Ziegelgaffe dem Bewohner daselbst eine Kugel durchs Fenster schickte, während Letzterer gerade noch im Bette lag. Glücklicherweise ging die Kugel etwas über dein Kopfe des in: Bette liegenden Müden in die Wand, sonst hätte er wohl keine Kopfschmerzen mehr bekommen. Der Thä- 1er soll bei seinem Ertappen recht sehr gebeten haben, cs nützte aber nichts. — Von dem 100,000 Thaler-Gcwinn haben sich von Leipzig aus 3 Achtel an ein dasiges Dienstmädchen, an eine Albrcchtsheimer Kuhmagd und an eine Engclsdorfer Bauers tochter verthcilt. — s Nachdem der diesjährige Sommer mit seinen ein gebildeten Reizen zu Ende und einem Herbste gewichen ist, dessen Vorzüge auch sehr illusorischer Art zu sein scheinen, be ginnt man sich nunmehr desto vorsichtiger aus den Winter vorzubcreitcn, und wie der Einzelne für den häuslichen und namentlich heizlichcn Bedarf Sorge trägt, so thut cS bereits die Gesellschaft mit ihren Vergnügungen, die sie nunmehr die Winterquartiere beziehen läßt und von dem nicht im«er sam- metnen Teppich der Natur auf das glatte Parquet der Sa lons verlegt hat. An die Stelle des oft wankelmüthigen Sonnen- ist der zuverlässigere Kerzcnschein getreten, und was uns jene oft kümmerlich vorenthallen, das spendet uns willig der Ofen, diese „Geliebte des Winters", den athmosphärischen Einflüssen ist ein Schnippchen geschlagen und nun — Ver gnügen nimm deinen Lauf! — Mehrere Gesellschaften, die neben dem Vergnügen auch noch der Kunst huldigen, haben bereits ihre winterlichen Abendunterhaltungen begonnen, da runter z. B. „Fidclio", die dieser Tage bei Gelegenheit ihres Stiftungsfestes in Braun's Hotel mehre Lustspiele in heiter ster Laune vom Stapel laufen ließ; vorzüglich war es das einlettende Festspiel von Eugen Noack, das in dem jugend lichen Verfasser ein begabtes dichterisches Gcmüth erkennen ließ. In den beiden darauf folgenden Stücken: „Moritz Schnörche" und „die eifersüchtige Frau" gipfelte sich die Hei terkeit in dem Beifall, mit welchem man die überaus drollige Darstellung der von Herrn Fr. Pfund übernommenen Rollen aufnahm und an welchem die Herren Noack, Kretzschmar, Vollmann, sowie die Damen Frl. Müller und Eisold den ge rechtesten Antheil hatten. Erwähnen müssen wir aber jeden falls noch die vom Witting'schen Musikchor ausgesührtc, von Herrn Fr. Pfund componirte Serenade, die von dem Talente dieses Herren auch nach dieser Seite hin einen recht erfreu lichen Beweis lieferte. — Auch eine andere Gesellschaft, deren Devise „Heiterkeit" ist und die ihre Vergnügungsabende auf dem königl. Belvedere abhält, beging am Freitag ihren ersten Gastabend; daß in einem geselligen Kreise, wo die Namen Eschler, Altmann, Wagner, als freundliche Gestirne glänzen, der Himmel der frohen Laune nie von Wolken getrübt ist, sondern immer heiler lächelt, das wird derjenige ganz natür lich finden, der diese von den heitersten Scherzen und dem ge mächlichsten Frohsinn gewürzten Abende kennt. — Nachdem die gerichtsärztliche Sektion des Leichnams, der aus der Münzgasse wohnhaft gewesenen und anscheinend an Gift plötzlich verstorbenen Handarbeiterin Schulze stattgc- sunden, befinden wir uns nunmehr in der Lage, den Lesern dieses Blattes mitthcilen zu können, daß sich der Verdacht einer Vergiftung nicht bestätigt hat und der plötzliche Tod der Schulzej und sonach auch jedenfalls des Liebusch, viel mehr durch Erstickung" an Kohlendämpfen herbeigeführt wor den ist. — — Vorgestern begab sich ein Arbeiter aus der Bloch- mann'schen Officin in die auf der Kirchgasse befindliche chirur gische Hilfsstation, um sich dcrt wegen eines plötzlich über kommenen Unwohlseins Rath zu erholen. Kaum aber, daß er dort cingetreten, wurde er von einem Blutsturz befallen, in Folge dessen er auf der Stelle verschied. — — Am II. d. M. war der 11 Jahre alte Sohn des Gutsbesitzers Schönert in Berbersdors mit einem Tagelöhner in seines Vaters Walde damit beschäftigt, eine angesägte Eiche umzuziehen. Der überhängende Stamm löste sich plötz lich, der Knabe gerieth unter denselben und war infolge von Verletzungen am Kopfe nach wenigen Athemzügen eine Leiche. — Auf der Tharandter Straße unweit der Löbtauer Brücke wurden vor mehreren Tagen die einem Kutschwagen vorgespannten Pferde vor einem Eiscnbahnzuge scheu, der in dortiger Gegend die Straße durchschneidct. Die Pferde zer rissen das Ricmzeug und nur mit großer Mühe gelang cs, sie aufzuhalten und dadurch ein größeres unvermeidliches Un glück zu verhüten. — — Welchen tiefen Eindruck die Folgen des Mordes im Eisenbahn-Waggon in London auf die kalten Eng länder gemacht hat, schreibt der „Londoner Herrmann," geht aus der Schilderung eines Vorfalls hervor, der sich vor eini gen Tagen auf der nördlichen Staatsbahn zwischen Prag und Bodenbach zutrug. Ein reisender Engländer war ohne An stand in der ersten Wagcnklasse von Prag einige Stationen weiter gefahren, als er verlangte in die dritte Wagenklasse versetzt zu werden. Dies geschah und der Reisende, welchem es in der Einsamkeit der ersten Classe unheimlich geworden sein mußte, befand sich nun in Gesellschaft einiger Bieder männer unteren Ranges, welche diesen Zuwachs an dem hei ßen Tage allerdings nicht mit Jubel begrüßten. Kaum war aber die in der Eile eines Aufenthalts von einer Minute vorgcnommene Versetzung des Reisenden eine vollendete That- sache, als einer der Braven dritter Classe ein großes Taschen messer hcrvorzog, wahrscheinlich um einen Angriff auf eine Wurst oder sonst ein transportables Lebensmittel zu versuchen und dadurch das Signal zu einer tragi-komischen Scene gab. Der Engländer, welcher diese Bewegung erblickt hatte, sprang aus, warf sich mit dem Oberkörper durch das offene Fenster und wollte sich offenbar ganz hinausstürzen. woran ihn nur die Mitreisenden durch Festhalten des Körpers und der Füße verhinderten. — Dies machte aber die Sache noch schlimmer. Der Engländer schrie wie ein unter dein Messer blutendes Schlachtopfer, schlug und stieß um sich und war nicht eher zu beschwichtigen, als bis der Zug bei einem Wächtcrhause angehalten und seinem Begehren dadurch Folge gegeben war, daß er aus dem Zuge entfernt und dem Vahnwächter zur Begleitung auf die nächste Station übergeben wurde. Ehe aber der eskortirte Engländer diese Station erreicht hatte, war die Nachricht von dem Exccsse dort verbreitet, und cs hatten sich, wie dies bei solchen Anlässen leider in der ganzen civilisirten Welt geschieht, mehr Leute als nvthig auf dem Bahnhofe eingcsunden. Der Engländer sah links nur die vielen Leute und rechts nur die Elbe. Er wählte die letztere, entlief dem Wächter, stürzte sich in den Fluß und schwamm einige Zeit stromabwärts, bis er — vielleicht durch das kalte Bad zur Besinnung gebracht — dem Ufer zusteucrte und sich ruhig dem herbeigeeilten Gendarmen anvertraute. — Wochen-Nepertoir des königl. Hoftheater-: Dienstag: Dr Barbier von Sevilla. (Frl. Loßnitzer, erster rpeatral Vers. Hr Rebling, a. G.) — Mittwoch: Da- Leben« «-in Trarm. (Hr. Emil Devrient) — Donnerstag: Die Weiße Dame (Hr Rebkng, a. I. Gastr) — Freitag: Ein glücklicher Familienvater!. Die vier Jahreszeiten. — Sonnabend: Hans Heiling. — Sonntag- Der Spieler. (Hr. Emil Devrient.) — Montag: Prinz Lieschen (N. e.) Tagesgefchichte. In Throl halten die Jesuiten gegenwärtig Exercitien für Volksschulehrcr ab. Wohl mancher Lehrer hat auf eine wissen schaftliche und pädagogische Belehrung gehofft; wie wenig aber solche Erwartungen erfüllt wurden und welcher Art diese Exercitien sind, zeigt das nachstehende, von Wiener Blättern veröffentlichte Tagcs-Programm derselben: 5 Uhr früh: Auf« stehn, dann Morgcngebet, Jeder für sich in der Kapelle; Uhr: Betrachtung : (unter Betrachtung ist jedesmal eine Pre digt zu verstehen) in der Kapelle, dann freie Zeit mit Still schweigen; 01 Uhr: Anhörung der heiligen Messe; 7 Uhr: Reflexion über die gehabte Betrachtung; 7 s Uhr: freie Zeit, stets mit Stillschweigen, entweder in den Gängen oder im Saale des Pensionats zuzubringen; 7Z Uhr: Frühstück, dann freie Zeit mit Stillschweigen; 8 Uhr: geistliche Lesung (laute Vorlesung) im Saale; 8s Uhr: Besuch des Allerheiligsten in der Kapelle, 9-10s Uhr: Betrachtung in der Kapelle; 10s- Uhr: Reflexion über die Betrachtung; 10 s Uhr: religiöser Unterricht im Saale; 11 Uhr: Vorlesung aus Kempis Nach folge Christi; 11s Uhr: Gewissens-Erforschungen in der Ka pelle; 11.s Uhr: Mittagsessen; 12 — 1 Uhr Nachmittags: Erholung mit Stillschweigen; 1 Uhr: Abbetung des schmerz haften Rosenkranzes in der Kapelle, dann freie Zeit mit Still schweigen; 2 Uhr: Vorbereitung aus die Generalbeichte; 2j Uhr: Conscrenz in der Kapelle, bestehend im Anbören eines Vortrages über die Pflichten des Lehrers gegen die Schüler und die Gemeinde, dann freie Zeit mit Stillschweigen; 3H Uhr: geistliche Vorlesung im Saale; 4s—5^ Uhr: Betrach tung in der Kapelle; 5 s Uhr: Reflexion über die Betrach tung; 5 s Uhr: freie Zeit mit Stillschweigen; 6 s Uhr: Abend essen, dann Erholung mit Stillschweigen; 7 s Uhr: Miserere in der Kapelle; 8 Ühr: Gewissens-Erforschung mit Abendge bet in der Kapelle; 8.s Uhr: Schlafengehen (wahrscheinlich auch mir Stillschweigen). Der Extrazug der Kaiserin Eugenie, mit welchem dieselbe jüngst in Deutschland reiste, besteht nach der „Mit- telrh. Ztg." aus neun in cinandcrgehende Waggons, von denen sieben durch kleine zwischen den Eisenbahnpuffern ange brachte Brücken so verbunden sind, daß inan aus einem Wag gon in den andern gehen kann. Das Mittelstück bildet ein offener Salon mit Eisengußgallerie. Derselbe ist rund um her mit Gobelins versehen, welche man nach Beireben auf- ziehen oder vorlassen kann. Seine Thür ist mit dem Wap pen von Frankreich und einer Kaiserkrone in Bronceguß ge schmückt. Die Möbel dieses Salons — längst dem Geländer hinlaufende reiche Divans — sind ganz geeignet, um gleich sam in Träumen die rasch dahinsliehenden Landschaften zu überschaue». Rechts von demselben befindet sich das Speise zimmer. Seine Wände sind mit Ledcrtapeten überzogen; eben so sind die Stühle von geschnitztem Eichenholz mit Lederüber zug. Ein langer im Fußboden befestigter Tisch, der aufge klappt werden kann, vollendet die einfache Einrichtung. Hin ter dein Speisezimmer befindet sich ein kleines Büsietzimmer init Vorlegetisch und Vorrathsschränken; dasselbe ist eben falls ganz mit gewichstem Eichenholz möblirt. Hinter dem selben befindet sich ein einfach eingerichteter Wagen für das Ge folge. Links neben dem offenen Salon befind.'t sich das Prachtzimmcr, welches in Grün und Gold und mit Gobelins, die in der Wand eingelassen sind, verkleidet ist. Divans deren Holz vergoldet, und ebensolche Stühle, beide mit reicher Stik- kcrci geschmückt, zieren dasselbe. Die Fensterscheiben sind von geschliffenem Glase und grünsiidene Vorhänge fallen darüber herab. Ein reicher Gobclinteppich deckt den Fußboden. Die Außcnthüren dieses Wagens sind mit dem kaiserlichen Adler, mit dem -Namenszug des Kaisers und mit der Biene — dem Wappen der Bonaparte — geziert. Die Biene ziert sogar die vergoldeten Handgriffe dieses Wagens. Neben diesem Salon befindet sich das mit hellblauem Atlas ausgcschlagene Schlafcabinet des Kaisers und der Kaiserin. Die von Pali sanderholz gefertigte Bettlade der Kaiserin erhebt sich kaum anderthalb Schuh über den Boden. Die Kaiserin ist gewohnt, so niedrig zu schlafen, seit sic die Wiege des kaiserlichen Prin-