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Jahrg, Dienstag, 4. Octbr. 1864. Erscheint: Täglich früh 7 llpr. Inserate rden angenommen: « Abends S,Sonn- gS bis Mittag» 12 Ubr: tarienffraße 18. Anzeig. in dies. Blatte, das jetzt in 10,vtzst Exemplaren erscheint, finden eine erfolgreiche Verbreitung. Abonnement: Vierteljährlich SV Ngr. bei unentgeldlicher Lir- sernng in'S Han«. Durch die König!. Post vierteljährlich 22 Ngr., Einzelne Nummern 1 Ngr. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" dir Zeile r Rgr. Druck und Eigrnthum der Herausgeber: Eitpslft H Reilhardt. — Vrrantwortkicher Redakteur: JutMS Nkichardt. Dresden, den 4. October. — Se. Maj. der König hat dem Leipziger Buchhändler und Buchdruckereibrsitzrr Herrn C. L. Hirschfeld das Ritter kreuz des Albrrchtsordens, und dem in der Hirschfeld'schen Officin seit mehr als 5V fahren beschäftigten Buchdrucker Riemer die zu jenem Orden gehörige Medaille in Silber ver liehen. Diese Auszeichnungen sind aus Anlaß des vor 50 Jahren erfolgten Eintritts des Ersteren in die Buchdruckern seines Vaters verliehen worden. — Se. Majestät der König hat dem Leutnant Hosmann des Fuß-Artillerie-Regiments die nachgesuchte Entlastung aus der Armee bewilligt. — Der zeither als Hülfsarbeiter bei'm Appellationsgericht zu Zwickau verwendete Gerichtsrath beim Bezirksgericht An- naberg, Karl Otto Coith, ist zum Appellationsrathe bei dem Appellationsgericht zu Zwickau; ferner ist der Staatsanwalt am Bezirksgericht Pirna, Herrmann Ewald Gar eis, zum Gerichtsrathe bei dem Bezirksgericht Leipzig ernannt, der zeit- herige zweite Staatsanwalt am Bezirksgericht Chemnitz vr. Alfred Richard Krauße, nach Pirna für die Stelle des Staatsanwalts am dortigen Bezirksgericht versetzt und der Actuar beim Bezirksgericht Budissin, Emil Sicgmund Jaspis, als zweiter Staatsanwalt am Bezirksgericht Chemnitz ange stellt worden. — Se. Excellenz der Herr Staatsminister Frhr. v. Brust ist aus Gastein zurückgekehrt und hat die Leitung der Geschäfte wieder übernommen. — Der auf der Dresdner Bahn vorgestern von hier nach Leipzig abgegangene Extrazug wpr wieder ziemlich stark besetzt; das Wetter freilich, das an diesem Tage in Leipzig ebenso kalt und regnerisch wie hier war. wird manchem Theilnehmer seinen Aufenthalt daselbst verleidet haben. — Ein fremder Schiffer begleitete vorgestern Abend ein Mädchen, besten Bekanntschaft er zuvor auf einem hiesigen Tanzsaale gemacht, nach Hause. Damit war aber des Mäd chens erklärter Liebhaber, der, gleichfalls auf dem Saale an wesend, die vertrauliche Annäherung des Schiffers an sein Mädchen mit scheelen Blicken beobachtet hatte, durchaus nicht einverstanden, deshalb schlich er sich dem Pärchen in einiger Entfernung nach, hielt es am Zwinger an, fing nunmehr mit dem Schiffer Krakehl an und versetzte ihm mit einem Schlüs sel mehrere Schläge auf den Kopf, so daß der Letztere, in Folge der dadurch erhaltenen nicht unbedeutenden Wunden veranlaßt wurde, noch in der Nacht ärztliche Hülfe in Anspruch zu nehmen. — Gestern Nachmittag passirte ein Transport von 140 Centnern Sprengpulver in zwei Wagenladungen unsere Stadt. Dasselbe kommt aus den Pulvermühlen von Marten u. Co. in Breckerfeld in Westphalen und geht nach Schlesien, woselbst «s bei den dortigen Eisenbahnbauten Verwendung finden soll. — Heute Mittag wird wieder ein Transport kranker österreichischer Soldaten über Berlin hier eintrcffen. — Auf der Dresdner Bahn ging gestern der Leichnam einer hier verstorbenen russischen Generalin von hier ab, um über Berlin nach Rußland übergeführt und dort beigesetzt zu werden. — Am gestrigen Ziehungstage 5. Elaste 66. K. S. Landeslotterie ward auch der durch die Niederlößnitz führende Telegraphendraht in Bewegung versetzt, indem der an diesem Tage gezogene Hauptgewinn von 5000 Thlr. auf Nr. 28613 zwei Mädchen in freudige Bewegung brachte, welche diese ihre Glücksnummer aus der stets mit größern Gewinnen beglückten Collection des Herrn I. F. Barthold zur Weintraube bei Kötzschenbroda, durch einen herzhaften Griff sich verschafften. '— Am vorgestrigen Sonntag in den spätem Nachmit- tagsstunden bewegte sich ein langer Trauer-Conduct durch die Straßen Dohnas, man brachte die irdischen Hüllen der drei am 29. September in der Papierfabrik zu Köttewitz verun glückten Arbeiter zur ewigen Ruhe auf den Gottesacker zu Dohna. Dem voranschreitenden Geistlichen folgten eine An zahl der in der Papierfabrik beschäftigt gewesenen Mädchen, Palmen, Kronen, Kreuze und Kränze tragend. Der erste Sarg, getragen von Jünglingen, umschloß die Leiche des Knaben Emil Schenk, Sohn armer Schiffsleute aus Pirna, -dem seine Angehörigen das Geleit gaben, hierauf der Sarg -Les Arbeiters Sieber aus Weesenstein, begleitet von seiner ."Frau und Kindern und den Schluß machte der Sarg des 'Heurrmanns Schulz aus Köittcwitz. Alle drei Särge waren .-Don theilnehmenden Händen mit Kränzen und Guirlanden in .'reicher Fülle geschmückt. Den Schluß des Zuges bildete das -/Direktorium und die Unternehmer der Fabrik, wie eine sehr -roße Anzahl Bewohner Dohnas. Auf dem fast überfüllten Kirchhofe hielt Herr Diaeonus Hahn die Grabrede in kurzen ?aber vortrefflichen Worten. Die ganze Feierlichkeit mußte Tselbst den gefühllosesten Menschen in eine wehmuthsvolle - Mtimmung versetzen. — Der Verein Gewerbtreibender zu Dresden widmete am Sonntag Abend im Saale der Conversation am See eine freudige und doch ernste Stunde der Einweihung seiner neuen höchst geschmackvoll ausgearbeiteten Fahne. Das Lokal, sin nig decorirt und im Hintergrund mit der Büste unseres all verehrten Königs versehen, war besonders noch mit Frauen und jungen Mädchen gefüllt, wovon die meisten selbst kunst reiche Hand mit an die Fahne gelegt. Nachdem die Feier durch Männergesang mit dem Liede: „Das ist der Tag des Herr" eine würdige Einleitung empfangen, bestieg der Vor stand des Vereines, Herr W. A. Tirnstein die Estrade und hielt in freiem Vortrag die von ihm selbst geschaffene und von Geist belebte Fahnenrede, welche allgemeinen und wohl verdienten Beifall fand. Nach abermaligem Gesang von dem Männerchor und poetischem Vortrag in Bezug aus die Feier, von einer jungen Dame gesprochen, wurde unter Blumen streuen und Ertönen der Instrumente vom Orchester die Fahne enthüllt, auf deren Fläche von grün und weißem Atlas sich die in Gold gestickten Worte befinden: „Verein Gewerbtrei bender, Dresden, 1863." Nachdem man die Fahne mit einem Kranze geschmückt, rief Herr Tirnstein nach Brauch und alter Sitte vier Herren auf, um im Namen von Wissen schaft, Kunst, Handel und Gewerbe die Fahne durch den Ein schlag von vier Nägeln zu versehen. Es geschah dieß von einem Jeden mit längerer oder kürzerer Rede und nach aus gesprochenem Danke an die Frauen von Seiten des Vor standes erllang der allgemeine Gesang des Liedes: „Nun danket alle Gott!" So prangte die Fahne im Glanze der Lichter mit allem Schmuck; Allen, die am Abend bei der Feier mitgcwirkt, wurde lebhaft Dank gespendet, worauf der Männerchor des Vereines kräftig und mit Begeisterung das Lied: „Was ist des Deutschen Vaterland?" anstimmte und somit den Schluß der Feier bildete. Ein frohes Mahl bei Tafel folgte, dem sich spater die Freuden des Tanzes an reihten. — Vorgestern Abend fuhr ein hiesiger Droschkenkut scher mit seinem Geschirr und noch dazu einer ganz neuen Droschke auf der Schillerstraße in den dortigen Chausteegra- ben und warf darin um. Der Zustand des Kutschers ergab, daß er selbst schief geladen und dadurch den Sturz des Wa gens selbst verschuldet hatte. Glücklicherweise saßen in der Droschke keine Passagiere, auch hat der Vorfall weder dem Kutscher noch dem Pferde etwas geschadet. Schlechter ist die Droschke dabei weggekommen und wird des Kutschers Dienst herr sich ihm daher wenig erkenntlich zeigen. — Der König!, preußische Musikdirektor Bilse aus Liegnitz, der mit seiner musikalischen Capelle in Leipzig außer ordentlichen Beifall gesunden, wird auf seiner Durchreise Hier selbst nächsten Donnerstag in Braun's Hotel ein Concert geben. — Im Zoologischen Garten wurden im Monat Sep tember für 14,099 Billets 1934 Thlr. 16 Ngr. eingenommen. Dabei waren 9,470 Billets ü 5 Ngr., 2022 ü 3 Ngr., 2013 ü 2 Ngr., 594 » 1 Ngr. — Ein reiches Progamm bietet heute das auf dem Bel vedere der Brühl'schen Terrasse stattfindende Concert von dem Herrn Gardestabstrompeter Wagner nebst seinem Chor. Wir finden auf dem Programm zwanzig Nummern verzeich net, worunter sich treffliche Piecen zeigen. Das Concert be ginnt Abends 6 und endet um 11 Uhr. — Am Sonntag hielten in den festlich dccorirten Hel- big'schen Saale eine Anzahl gabelsbergischer stenographische Vereine eine Versammlung ab, um sich über eine neue Wahl ordnung für den allgemeinen deutschen „Shstemausschuß" zu berathen, was infolge der Befreiung der Stenographenvereine von einigen Bestimmungen des Vereinsgesetzcs nothwendig ge worden war. Die Versammlung, welche Herrn Geh. Regie rungsrath Häpe zum Vorsitzenden und Herr vr. Bierey zum Schriftführer wählte, nahm unter Ablehnung der vom Leipzi ger Stenographenvereine eingebrachten, auf eine bevorzugte Stellung desselben hinauslaufenden Amendements den Ent wurf des stenographischen Instituts an. Der Versammlung wohnte neben vielen Fremden auch der Stenograph des fran zösischen Senats 11r. Delaunay bei, welcher aus Paris eigens nach Dresden gekommen ist. um hier, als am Stammsitz der Stenographie, sich über die stenographischen Verhältnisse Deutschlands zu orientircn. — Mehrere von Dresden nach ihrer Heimath zurück kehrende Mitglieder vom Ausschüsse des deutschen Sänger bundes, die Herren Wiedemann aus Stuttgart, Ochs aus Magdeburg und vr. Kiene aus Innsbruck besuchten bei ihrer Reise durch Leipzig den am 27. Sept. Abends im Tivoli ab gehaltenen Sängercommcrs, zu welchem sich ca. 600 Sänger unter Vorsitz des Herrn Roderich Benedix, und unter Direk tion des Herrn vr. Langer vereinigt hatten. Der Abend ver lief in fröhlichster, gehobenster Stimmung, unter Gesang und Rede. Unter den verschiedenen Rednern, wie R. Benedix, vr. Kiene, Reusche, Herzog rc. trat namentlich Herr Med« mann hervor, welcher über di« Dresdner Sitzungen, und über'.di Aufnahme, welche dem Ausschüsse in Dresden und von de Dresdnern zn Theil geworden, sprach. Herr Wiedemann sagt» daß die Aufnahme in Dresden alle seine gehegten Erwar tungen in jeder Mise übertroffen habe, und machte dab« die für uns schmeichelhafte Bemerkung, daß, wenn sich di schon jetzt bewiesene Liebe, Aufmerksamkeit und Gemüthlichke in derselben Weise, wie bei Anwesenheit des Ausschusses wir derhole und steigere, im nächsten Jahre beim Sängerfeste de Enthusiasmus bis in den Himmel reichen müsse! — s „Der Sommer muß scheiden, der Sommer ist hin s So singen jetzt seit wenig Tagen alle Sommerbewohner ring um Dresden. Sie ziehen heim, der Sommer ist ihnen mefi verregnet und Diejenigen, die im Schatten kühler Denkunge art im Sommerlogis ein kühles Plätzchen suchten, die habe dieses Jahr nicht erst lange suchen dürfen, denn die Somme, übende mit ihren Ambradüftcn und Zephirlüften und idy! lischen Rendezvous sind patschenaß und unheimlich geweser Die Möbelwagen für 6 Thaler schwanken stadtwärts, di Achse ächzt und die alten Gäule krächzen. Die Dienstmänne ziehen an ihren Transportwagen, daß das Kinn bis ans Pflaster streift und selbst der einfache, hausbackene Handwc gm bringt die Sommermöbel des Garcon stadtwärts, fre lich eine mindere Last ; denn um als Garyon glücklich zu sei, was braucht man mehr, als einen Stiefelknecht, einen Vale, Mörder und einm — Affenpinscher. Die gemüthlichen Cirk« in den Gärten sind aufgelöst, die schwarzbefrackten, langsame, trinkgeldsüchtigen Kellner wandern aus, der Dörfler breit« sich nun wieder patriarchalisch über Tische und Bänke de heimathlichen Wirthshauses; dmn er kommt nicht mehr i Verlegenheit , einer Crinoline aus dem englischen Viertel de Todesstoß zu geben. Der Madeira ist verbraucht, der Nort Häuser und das „Helfenberger Einfache" blitzt wieder vor de, Sechserlichte. Die Koteletts und Omeletts dampfm nick mehr auf dem damastnen Tischtuche, der Kuhkäse verliert si« jetzt mit Schwarzbrot) vom ungedeckten Tische im Magm d» Dörflers. Der reine deutsche Dialect des Winters hat de englisch-französischen Jargon des Sommers den Hals gebr« chen! Ja! Der Sommer muß scheiden, der Sommer i hin — sagt Schiller! — In der Nähe von Weesenstein fand man am Som ag die Leiche des Kaufmanns L. Baumgarten aus Bur! hardswalde. Jedenfalls dürfte derselbe, welcher früher a, dem Sonnenstein bei Pirna als Irrsinniger untergebrac war, sein Leben in einen, Anfall von Schwermuth gekür haben. — a. Auf eigenthümliche Weise wurde dieser Tage d Urheberin eines Diebstahls in unserer Stadt entdeckt. < einem hiesigen Kurzwaarengeschäftc waren kürzlich auf einm, drei neue Uhren verschwunden. Niemand wußte wohin s gekommen. Der Verdacht eines Diebstahls lag auf der Han wer war aber der Dieb? Man munkelte hin und her vi Diesem und Jenem, kam aber der Sache nicht richtig auf d Spur. Vor einigen Tagen denn besuchte eine Pfandleiher! das fragliche Geschäft, um einige Einkäufe in demselben; besorgen. Dabei erkundigte sie sich unter der Hand über d Verhältnisse einer im Hause wohnenden Herrschaft, welche b ihr eine Uhr versetzt hätte. Eine Uhr? Im Kopfe des b stohlenen Kaufmanns leuchtete plötzlich ein Gedanke, er glaub: dem Diebstahl nun endlich auf der Spur zu sein, und er w« es auch. Die Uhr, welche er sofort, nachdem sie die Pfan leihen» ihm gezeigt hatte, als eine der gestohlenen wiedere kannte, erfuhr er, sei von einen» Dömstmänne zum Versetz« gebracht worden. Zum Glück war der Pfandleiherin dur die Garantiemarke die Nummer des Dlenstmannes bekam Der wurde sofort reguirirt und erklärte, daß die Uhr ih von einem Dienstmädchen übergeben worden sei, mit dem Au trage, dieselbe im Namen einer im Hause des Kaufmam wohnenden fremden Herrschaft zu versetzen. Wer das klu Mädchen war, darüber war jetzt kein Zweifel mehr. Es w, das des bestohlenen Kaufmanns. Unter Thränen gestand a: Befragen das Mädchen, das sich bisher brav und ehrlich d wiesen haben soll, den Diebstahl ein und gab als Grund a sie habe einer guten Freundin zur Abreise behülflich sein wo len. Das bestätigte sich auch in der That. Die beiden a, dern Uhren waren im Keller versteckt. Dort sollten sie lange liegen, bis sie in den Stand gesetzt worden wäre, d dritte Uhr wieder cinzulöscn, um dann alle drei wieder o ihren früheren Platz zu bringen. Die offenen Geständnisse d< Mädchens sollen den Kaufmann bewogen haben, diesmal Gnas für Recht ergehen zu lasten. Ucbrigens lernt man auch a, dieser Geschichte: Es ist nichts so klar gesponnen, cs konm an's Licht der Sonnen. Die Nemesis ereilt Jeden! — Am 1. dieses Monats brach in einer Kammer d dem Holzarbeiter Findeisen in Waldkirchen gehörigm Woh,