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Rr. 276. Neunter Jahrs. Sonntag, 2. Octbr. 18-4 Erscheint: Täglich früh 7 Uhr. Inserate wrrden angenommen: bi« Abend» 6,Sonn tags bis Mittag» 12 Uhr: Marienstraße 18. Abonnement: «iertcljLhrlich 2V N' bei uncntgrldlicher strunz in'« Han«. Durch die KSnigl. P vierteljährlich 22 .N Einzelne Numme, 1 Ngr. Anzeig, in dies. Blatte, da« jetzt in 19,060 Exemplaren erscheint, finden eine erfolgreiche Verbreitung. Tageblatt für Unterhattmig und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Inseratenpreis« Für den Raum ei gespaltenen Zeit, 1 Ngr. Unter „Cir sandt" die Zeile 2 «gr. Druck und Eigenthum der Herausgeber: Likpslh Sr Nktchardt. — Verantwortlicher Redacteur: IntlUS Reichaldt. Dresden, dm 8. Oktober. — Se. Majestät der König hat dm Oberbibliothekar an der Königlich öffentlichen Bibliothek, Hofrath vr. Klemm, in Folge seines Augenleidens, mit Belaffung seines Titels und Ranges und unter Bewilligung der gesetzlichen Pension, in den Ruhestand versetzt. — Gestern Nachmittag wurde die Ankunft Sr. Excellenz des Herrn Staatsminister von Beust, der vorgestern Abend aus Wien abgereist sein soll, hier bestimmt erwartet. — Seiten des Publikums sind uns mehrfache Klagen darüber zu Ohren gekommen, daß fast bei allen auf der Leipzig-Dresdner Bahn hier ankommenden Personcnzügen die Verabfolgung des Passagiergcpäcks an die rcsp. Reisenden häufig über alle Maßen verzögert wird. Als Grund dafür scheint angenommen werden zu müssen, daß die Zahl der mit der Aushändigung des Gepäcks beauftragten Beamten eine ungenügende ist. Insbesondere ist uns ein Fall mitgetheilt worden, wo ein Passagier vor einigen Tagen bei Ankunft mit dem Abends 10 Uhr hier eintreffenden Zuge eine halbe Stunde lang vergeblich auf sein Gepäck warten mußte. Zu fälligerweise hatte dieser Herr seinen Gepäckschein einem Dienst mann übergeben, und wollte nur den Grund der verzögerten Gepäckaushändigung in einer seiner Meinung nach wahrschein lich vorhandenen Eifersüchtelei der Bahnhofsbeamten auf den Verdienst der Dicnstleute finden, eine Annahme, die wir frei lich nicht glauben mögen. — Die wegen ihrer Munterkeit früher so beliebte, seit langer Zeit aber schon kranke Löwin des zoologischen Gartens ist nun gestorben, dafür aber ein schöner Ersatz durch die kräftige nordafrikanische Löwin gewonnen worden, welche Herr Inspektor Schöpft von seiner letzten Reise soeben mitgebracht hat. Dieselbe nimmt nun den Vorderplatz im Raubthierhause . ein, während der verwittwete „Pascha" sich mehr in den Hin tergrund hat zurückziehen müssen. — In der Nacht vom 29. bis 30. September in der ersten Stunde ereignete sich vor dem Hause Seestraße 13 ein abscheulicher, die Ruhe störender Auftritt. Ein Mann ver langte in dasselbe äüf die ungestümste Art und Weise Einlaß, wurde aber durch den Hausmann abgewiesen. Er setzte aber die Hausklingcl in die stärkste Bewegung, brachte auch die Hausthüre und das Schloß in fürchterliche Erschütterung. Von einem Bewohner der ersten Etage davongewicsen, ent wickelte der nächtliche Ruhestörer die allergemeinsten Reden, und Einsender beobachtete die ganze Scene mit dem sehnlich sten Verlangen nach einem Nachtwächter oder dergleichen ruhc- stiftenden Organen, aber leider vergebens. Da kamen zwei Hausbewohner, wiesen den Lärmenden weg, doch der Ruhestörer schlug mit schonungslosem Ungestüm auf beide Männer los. Ein vorübergehender, fremder Herr drohte dem Ruhestörer, jworauf dieser mit einem gräßlichen Geschrei fort lief. Nach einer halben Viertelstunde erschien der Urian aber mals und klingelte einige Male, worauf ein We»b, wie cs schien, in den mittleren Jahren, mit etwas gebeugtem Rücken, aus dem Hause zum Vorschein kam, welche den Mann unter den Arm faßte, ihn eiligst nach der Mauer zog und ver schwand. Wer war das Weib? Vielleicht dient diese Notiz zu Ermittelung des frechen Ruhestörers. — Ein schöner Geist des Mitleides und der Menschen liebe wohnt doch in den Dresdnern, wenn es gilt, der wah ren Armuth oder da. wo Unglücksfälle gewaltet, ein kleines Opfer zu bringen. Die Worte unserer Darstellung von dem schnellen Tode der armen Marketenderin sind auf ein frucht bares Feld gefallen, denn bis heute sind in unserer Expedition allein 116 Thaler für die armen Hintcrlassenen eingekommen. — Im sogen. Pieschener Winkel hat sich gestern Vor mittag ein anscheinend dem Arbciterstand angehöriger und bis jetzt nach Namen und Wohnort unbekannter Mann ertränkt. Derselbe hatte sich am dortigen Ufer zuvor entkleidet, war darauf in die Elbe gesprungen, und nachdem er sich im Wasser erst noch überschlagen, im Schlamme, der sich an dem frag lichen Platze in Masse angesammelt, versunken. Bis Mittag war sein Leichnam noch nicht aufgcfundcn worden. — So unpraktisch wie am Ncumarkt, sind wohl in der ganzen Stadt nicht die Häuser numerirt. Es wird fortwäh rend darüber geklagt und es ist auch schon in diesem Blatte darauf aufmerksam gemacht worden, jedoch ohne Erfolg bis jetzt. Statt daß der Ncumarkt schlechthin als Neumarkt gilt, > hat man ihn noch von Alters her in drei Untcrabtheilungcn getrennt, nämlich in „am Ncumarkt", „am Jüdenhof" und „an der Frauenkirche". Da sind denn also am ganzen Neu markt die Nummern 1 — 6 dreimal vorhanden und noch dazu in den buntesten Quersprüngen. Erst kommt von „Stadt Berlin" an am Neumarkt Nr. 1. 2. 3. Dort hört es schon wieder auf und kommt nun Nr. 1—22 an der Frauenkirche. Unmittelbar neben Nr. 32 steht wieder eine Nr. 4, das soll nämlich die Fortsetzung von dem vorhin unterbrochenen „am Neumarkt" sein. Nun folgt wieder Nr. 6—13 am Neumarkt. Hier ist aber dessen Bereich ebenfalls wieder alle und beginnt Jüdenhof mit Nr. 1 — 6. Da finde sich Einer zurecht! Wer z. B. am Neumarkt Nr. 6 sucht, findet eine 6 an der Landhausstraße, eine 6 an der Münzgasse, eine 6 an der Sporergasse und zum Ueberfluß auch noch eine 6 unmittelbar neben „Stadt Berlin"! Es ist dringend nöthig, daß endlich einmal der ganze Neumarkt in fortlaufender Zahl numerirt und die Intermezzos von Jüdenhof und Frauenkirche beseitigt werden. — ff Heute findet in dem geschmackvoll arrangirtm Körnergarten in Neustadt ein Conzcrt zum Besten der Schles wig-Holsteiner statt. Da es zu mildem Zwecke ist, so werdm Mehrbeträge dankend angenommen. - — Auf einer vor dem Leipziger Bahnhöfe, gegenüber der Ankunftshalle befindlichen Rabatte ist in diesen Tagen der Bau eines Eiskellers in Angriff genommen worden, den die Direction der Bahn für den dortigen Restaurateur Her stellen läßt. — Am 28. d. Mts. Abends halb 7 Uhr brannte die Scheune des Gutsbesitzers Geißler in Naundorf bei Oschatz bis auf den Grund nieder. Der Betroffene verlor hierdurch sämmtliches Getreide, Stroh und Futter und wird diesen Un glücksfall sehr hart empfinden, da er nicht versichert hatte. Obgleich gegen Niemand Verdacht vorliegt, so wird doch bös willige Brandstiftung vermuthet. — Aus Kamen; schreibt man dem „Dr. I.": Am 24. September gegen Mittag fand in der Knochcnstampfmühle zu Neustädtel der 28 Jahre alte Zeugarbeitcr Karl August Hor- nuff aus Pohla seinen Tod durch einen unglücklichen Scherz, Während derselbe, auf dem einen Mühlrade stehend, an dem n dasselbe mit den Kämmen eingreifenden zweiten Rade ar beitet, hatte eine dritte Hand, fern vor jeder bösen Absicht, dm fraglichen Schützen gezogen und es wurde Hornuff, durch die hierdurch entstandene Drehung zwischen beide Näder kom mend, sofort getödtet. — 7 Oesfentliche Gerichtsverhandlungen vom 30. September. Die erste Sitzung bezieht sich auf eine zuge- gefügte Ehrverletzung Seiten des Pächters des Lincke'schen Bades, Louis Gehlhorn, gegen den damaligen artistischen Di rektor des Bades, Rudolph Hahn (nicht Starke). Gehlhorn soll nämlich in Erfahrung gebracht haben, daß Hahn nach Berlin fahren wollte und da soll er einem rothen Dienstmann, Na mens Weiße, den Auftrag gegeben haben, dem Hahn zu sa gen, er möge doch erst seine Schulden bezahlen, ehe er zu seinem Vergnügen nach Berlin fahre. Das ist die Sache, wegen welcher Hahn den Gehlhorn verklagte und der letztere zu 4 Thlr. Geldbuße, eventuell 0 Tage Gefängniß und Tra gung der Kosten vcrurtheilt wurde. Der Dienstmann Weiße wurde als Zeuge vernommen und bestätigte Alles, was Hahn denuncirt. Gehlhorn aber bestreitet, daß er gesagt habe, Hahn reise „zum Vergnügen" nach Berlin. Er erhob nun gegen obiges Urtel die Nichtigkeitsbeschwerde und auch Einspruch. Das erster? Rechtsmittel wurde verworfen, das letztere kam heut zur Anwendung. Für den Beklagten war Herr Advocat Prölß erschienen, der von dem Vorsitzenden der Lincke'schen Badegesellschast, Hern. Advoeat Judeich, eine Bescheinigung bei Gericht nicderlegte, daß Rudolph Hahn mit Hinterlassung so und sovieler Schulden „spurlos verschwunden" sei. Weiter hatte die Vertheidigung nichts anzuführen. Heute wird Gehlhorn klagfrci gesprochen und Hahn bleibt „spurlos verschwunden". — Die nächste Privatanklage hat der Kauf mann Gustav Robert Fischer wider den Kaufmann Emil Adolph Mörbe angestrengt. Es handelt sich um Verleumdung. Der Kläger Fischer dcnuncirte durch den Hofrath Advocat Ackermann, daß Mörbe ihn in Sachen der hiesigen sächsischen Champagnerfabrik der falschen Buchführung beschuldigte. Jn- deß, das Gericht sprach Mörbe klagsrei, bezichendlich straffrei und verurtheilte den Kläger in die Kosten. Dagegen erhob er Einspruch. Advocat Richard Schanz ist für den Kläger er schienen und erörtert das Vcrhältnih desselben zu der gedach ten Champagnerfabrik. Wider besseres Wissen habe Fischer nicht falsche Abschlüffe gemacht er habe überhaupt keine fal schen Abschlüsse gemacht und doch treffe ihn der Vor wurf. Das Gericht änderte das Urtel heut dahin ab, daß der Kaufmann Mörbe wegen Verleumdung mit 6 Thlr. Geldbuße belegt wurde. — Die vierte Sache ist dieselbe, wie die dritte. Die Personen sind dieselben geblieben, nur wech seln sie ihre Rollen. Kläger wird Beklagter und umgekehrt. Auch handelt sich cs wiederum um dieselbe Sache. Streitereien die herüber und hinübcrgingcn, namentlich ist cs die dir. 115 der Dresdner Nachrichten, welche Verleumdungen in einem Inserat enthalten soll, durch die Mörbe sich sehr getroffen fühlt. Fischer hatte nämlich in genanntem Inserate eine Er widerung auf einen Aufsatz gegeben, den Mörbe abgcfaßt. In dieser Erwiderung kommt namentlich eine Stelle vor, in welcher gesagt wird, daß Mörbcs Feder käuflich sei. 5 ließ sich der Kaufmann Mörbe nicht gefallen. Er verkl« den Fischer und dieser wurde mit 5 Thaler Geldbuße Tragung der Kosten, eventuell einer Woche Gefängniß best: wogegen natürlich der Verurtheilte Einspruch erhob. AdW Schanz findet in dem Artikel keine beschimpfende, oder b digende Form, er sei nur eine Antwort auf einen vorhe gangenen Aufsatz. Es liege nu: der nnimus se äekenä« darin, nicht otlenckeuili. Das Gericht hält aber die St für gerechtfertigt und bestätigt das erste Erkenntniß. — diesem Urtel schließen für heut die Privatanklagesachen. Es ersch die Königliche Staatsanwaltschaft und mit ihr zu gleicher ^ Friedrich Ernst Grimm, Letzterer der Unterschlagung best digt. Grimm'n hatte vor 4 Jahren schon im September 1 ein gewisser Ulbrich einen Rock zum Ausbessern geg< den er auf 8 Thaler würderte. Grimm besserte ihn ; aus, gab ihn aber dem Eigenthümcr nicht wieder, sondern ihn selber an. Grimm, 28 Jahr« alt und noch unbest gesteht das Alles offen zu. Er sag:, er sei damals in ! gewesen, habe von Dresden fortgew)llt und sei auch wi', fortgegangen. Nur gegen die Taxe hat er viel einzuwe und gegen diese richtet sich auch heute der erhobene Einsp Der Rock soll nur 3 Thaler Werth and namentlich am gen sehr schadhaft gewesen sein. TaS heutige Urtel st die Hälfte der früheren Strafe weg. Die acht Wochen ken auf nur 4 Wochen Gefängniß herab, aber die Ger kosten haben sich vermehrt. — Die letzte Verhandlung be eine Unterschlagung, deren das Dienstmädchen Agnes Ä beschuldigt ist. Die Sache beruht auf einer Anzeige des lizei-Jnspectors Tauscher. Die Rahle hatte sich bei « Bäcker vcrmiethet. Da soll sie zwei Bwde im Gesammtw von 11 Ngr. 4 Pfennige unterschlagen haben. Mit Rü auf den theilweise geleisteten Ersatz hatte sie der erste R nur mit einem Tage Gefängniß und Tragung eines 5 theils der Kosten belegt. Dagegen erhol sie Einspruch. Staatsanwalt Held hält eine Verurtheitung der Rahle, die Sache jetzt liegt, für bedenklich und i2 sehr für eine sprcchung der Angeklagten gestimmt, die auch gegen 1 erfolgt. — Angekündigte Gerichtsverhandlung. M den 3. d. M. finden folgende Verhandlungstermine statt. 9 Gerichtsamt Döhlen Privatanklags. Friedrich Anton L Wider Moritz Käppler. 10 j Uhr: Johanm Christiane v< Urban wegen Diebstahl. IIj Uhr: Privatamlags. JulieH Rudobcn wider Carl Gottfried Agsten. 1l? Uhr: be) Antrag Carl Gotthelf Rudolph wider Carl August 5 wegen Beleidigung und Hausfriedensbruch. Vorsitz. Gei rath Ebert. — Dienstag, d. 4. Oktober, Vormittags 9 gegen den vormaligen Bcidiener beim hiesigen Königl. Ger amt Carl Gottlieb Uhlig wegen Unterschlagung. Vorsi' richtsrath Einert. — Wochen-Repertoir des Königlichen > theaters: Dienstag: Prinz Lieschen. (Neu emst.) — woch: Fidelio. >— Donnerstag: Z. E. Pietra. Tragödie Acten, von Mosenthal. — Freitag: Kleine Mißverstän, Die rothe Kappe. — Sonnabend: Uriel Acosta. Uriel: Emil Devrient. — Sonntag: Margarethe. Tagesgefchichte. Grottkau, 26. September. Gestern wurde zu Bahnhof Grottkau und Bahnhof Neisse ein für die 2 schüft, wie auch für den Laien interessanter Versuch ge Der hier stationirtc Bahnmeister Vug sang auf dem Hofe Neisse unter Benutzung des dortigen Telegraphen« 1 tes auf einem von ihm erfundenen und gefertigten, noij unvollkommenen Instrumente einige Lieder, und diese v auf Bahnhof Grottkau durch Vermittelung der Eick" in allen ihren Tonarten und Modulationen rein und d> jedes Lied mithin vollständig gehört. Diese wichtige düng dürfte auf eine ganz neue Verwendung der Telex von großem Einfluß werden. Die Wiener „Presse" läßt sich aus London telegratz „Amerikanische Blätter melden nach einem Berichte de vollmächtigtcn der Vereinigten Staaten in Wien, das v. Bismark den Plan zur Ausführung einer Politik der linie vorgelegt habe, nach welchem Deutschland in zwei tcn, eine protestantische und katholische, zu theilen wäre.« König von Preußen würde Kaiser von Norddeutschen Kaiser von Oesterreich Kaiser von Süddeutschland p Um dem Plane die europäische Zustimmung zu gewinn; Frankreich das linke Rhcinufer, Italien Venelien, Nußle Stück von Polen erhalten." — Es wird kaum der ? kung bedürfen, daß man cs hier mit einem Phantafief thun hat, das beiläufig nicht zum ersten Male in dir L schwärze tritt.