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— Der Schauspieldirektor Herr Ludwig Kramer (Vater des hiesigen Hofschauspielrrs Kramer) hatte da» Unglück, einen The'l eines angellebten Barte» zu verschlucken, Folge dessen sich eine Lungenkrankheit entwickelte, welche ärztlichem Ausspruch nach den Tod herbeiführen wird. — An dem Wege, der von der Königsbrückerstraße nach Klatsche führt, ist vorgestern ein Erhängter aufgefunden und vom k Gerichtsamt Dresden aufgehoben worden. Seine Person ist bisjetzt noch nicht bekannt. — In den letzten Tagen haben unS viele hier aufhältliche Polen freiwillig verlassen. Wie wir erfahren, ist ein großer Theil derselben in die Heimath zurückgekehrt, andere sind nach der Schweiz, Italien und Frankreich abgereist, um sich dort Beschäftigung und Unterkommen auSzumitteln. — Am 11. d. M. Vormittags, brannte das Wohnhaus des Bandmachers Senf in Ohorn bi» auf den Grund nieder. Durch den Gendarm ist ermittelt worden, daß der 15 Jahr alte Sohn Senf'S „die alte Bude" in Brand gesteckt hat, „um ein neues Haus zu erhalten". Der jugendliche Brandstifter wird diesen Frevel schwer büßen müssen. — H OeffentUche Gerichtsverhandlung vom 15. Juli. Heut ist über fünf Einspruchsverhandlungen Bericht zu erstatten, die sich meistens <>ls Privatanklagesachen darstellen. Die erste stammt vom Gerichtsamte Tharandt her. Da steht der Gemeindevorstand Carl Gottlieb Knäbel dem Carl Friedrich Patzig gegenüber. Beleidigung ist der Grund des Prozesses. Es wurde nämlich einmal am 18- November 1862 in der Be hausung des Lottericcollectevrs Müller zu Mohorn eine An klageschrift gegen den Knäbel vorgelesen und als dabei Patzig zufällig gefragt wurde, ob er diese Schrift bei Gericht einreichen werde, da soll er geäußert haben: „Ei ja, das versteht sich, der Knäbel ist ein betrogener K«rl!" Darüber sind Zeugen ver nommen worden, ein gewisser Wiesner (?) und die Frau des Lotteriecollecteur Müller zu Mohorn. Bei der Confrontation Patzig's mit dem Gemeindevorstande äußerte Elfterer: „Ich habe nicht gesagt „Kerl", sondern „Karl". DaS ist so meine Gewohnheit, ich spreche das e immer wie a aus!" Aber es wurde durch Zeugen constatirt, daß dies nicht Patzig's Gewohn heit sei und das Gerichtsamt zu Tharandt bestrafte ihn mit 8 Thaler Geldbuße und Tragung der Kosten. Dagegen erhob er Einspruch und versucht namentlich beut dem Gemeindevorstand Knäbel viele Geschäftsnachlässigkeiten nachzuweisen. Herr Ad- vocat Fränzcl will sich als Verlheidiger Patzig's kurz fasten. Auch er spricht von Geschäftsnachlässigkeiten Knäbels und bean tragt schließlich die Freisprechung seines Clienten, eventuell die sehr wesentlich« Herabsetzung der Strafe. Von den 8 Thalern ging aber nichis ab. — Um 10 Uhr spricht sich der Gerichtshof wieder einmal über Hausfriedensbruch und Beleidigung au?, welcher Vergehen der Töpfergeselle Christian Friedrich Wilhelm Hoch angeschuldigt ist. Der ehemalige Kaufmann Carl Hein rich Buschmann in Deuben ist der ZÜäger. Hoch entnahm bei dem Kläger Bictualien und hatte Credit bei ihm. Eines Tages kam er zu Buschmann in den Laden und wollte seine Rechnung bezahlen, äußerte aber dabei, daß die Rechnung um 2 Ngr. nicht stimme. Er sagte (es war am 23. Juli 186)3: „Ich kenne S e schon als Einen, der den Leuten zu viel aufschreibt, das kann ich svgrr Nachweisen! ^ Hierauf forderte der Kauf mann den Töpfergesellen einige Male auf, den Verkaufsladen zu verkästen. Das that der aber nicht. Da half sich Busch mann, rahm den Beharrlichen beim Kragen und steckte ihn zur Thüce hinaus. Fernere V:rsuche Hoch's, wieder in den Laden zu gelangen, blieben fruchtlos. Buschmann denuncirte nun den Hoch w gen Beleidigung und gewaltsamen Hausfriedensbruchs beim Gerichlsamt Döhlen und dies verurtheilte den Beklagten zu einer Geldbuße von 4 Thalern oder zu 8 Tagen Gefängniß im N chlzahlungsfulle und Tragung der Kosten. Es wurden Zeugen vernommen, die Bergleute Fischer und Hofmann, Vater , und Sohn. Die haben allerdings Alles so bekundet, wie Busch mann es angegeben. Gegen obengenanntes Urtel erhob Hoch Widerspruch, weil er gar nicht die Absicht gehabt, den Haus frieden zu brechen. Er wollte blos seine Schulden bei Busch mann bezahlen, da aber Letzterer durchaus kein Veld von ihm annrhmen wollte, so sei er im Laden verblieben. Di« Beleih digung giebt Hoch zu. Herr Staatsanwalt Heinz« hält die Strafe für gering genug und meint, es könne deshalb von ei ner Herabsetzung derselben keine Rede sein. Da« Gericht b». stätigt auch dies Urtel.—Bei der dritten Sache hat die König!. Staatsanwaltschaft nichts mehr zu thun. Sie spielt wieder am Gerichtsamt Döhlen und betrifft eine Privatanklage, die Fried rich Ernst Judenfeind gegen die 31jährige, noch nicht bestraft« und verehelichte Marie Auguste Weißbach zu NiederhäSlich we- gen Beleidigung angestrengt. Letztere soll nämlich am 28. Fe bruar 1864 in der Wohnung des Schmiedemeisters Förster ge sagt haben, die Ehefrau Judenfeind» sei eine Dreckpuppe, eine scheinheilige Schlange und Andere- noch mehr. Von „Bande« soll sie auch gesprochen haben Da- kam zur Anzeige und schließlich so weit, daß da» Gerichtsamt Döhlen die Marie Au guste Weißbach wegen Beleidigung der Frau Judenfeind zu ei ner Geldstrafe von „Zwanzig Neugroschen" und Tragung der Kosten, eventuell mit I Tagen Gefängniß belegte. Dagegen erhob sie im Allgemeinen heut Einspruch. Die Angeklagte wurde heute freigesprochen.— Noch einmal kommt das Gericht-- amt Döhlen an die Reihe. Da stehen sich zwei Frauen ge genüber, die in Polschappel in einem Hause wohnen und sich nie vertragen konnten. Einmal ging'S aber ordentlir, loS. Da geäethen sie an einander. Die verehelichte Anna Ernestine Louise Rudolph sagte zu der Frau Johanna Regine Müller: „Komm nur raus, ich schmeiß Dich gleich die Treppe runter! Altes Thier I Die sieht au-, wie eine Hexe, sie hat ganz rothe Augen! s Dagegen soll nun die Müller auch geschimpft, von „Lappenzeug" gesprochen und der Gegnerin schlechte Führung der Hauswirthschaft vorgeworfen haben. Zwei Zeugen wurden vernommen, der Ortsrichter Herrmann Heinrich in Polschappel und Emil Julius Wilhelm Kadm. Das Gerichtsamt verur« theilte die Rudolph zu 1 Thlr. 15, Ngr. Geldkosten. Dagegen erhob die TöpserSfrau Rudolph Einspruch. Sie giebt zwar Vieles zu. Daß die Müller damals rothe Augen gehabt, da- sei wahr, die Frau war Wöchnerin und da sei dies kein Wun der. Das erste Erkenntniß wird heut vom Gerichtshof bestätigt. — Die letzte Sache betrifft wieder eine Beleidigung, die Fer dinand Otto Rudolph Guthe gegen die verehelichte Marie Rr»> do>ph ausgestoßen. Guche hat nämlich bei der Rudolph 3 Kin der auf der Ziehe und war Ziehgeld schuldig. Da schickte die Frau eines der Kruder zu Guthe und ließ ihn mahnen. Er hatte kein Geld. Er kam selbst mit dem Knaben, seinem 10jährigen Sohne Wilhelm zu der Frau Rudolph und soll vor ihr ausgespieen, sie ein „freche- Weib" genannt und soll aus dm Tiscy geschlagen haben, daß eS, wie der kleine Wilhelm sagt, „gepumpert" hätte. Auch die Thüre soll er so zugemacht haben, daß rS im ganzm Hause zu bemerken war. Die Ru dolph verklagte den Guthe und da- Gericht verurtheilte ihn vorläufig nicht, sondern legte ihm einen Reinigungseid vor. Wenn er den schwört, wird er sreigesprochen, schwört er ihn nicht, zahlt er 3 Thlr. Strafe und die Kosten oder geht ein» Woche in's Gefängniß. Gegen dieses Urtel erhob die Klägerin Einspruch. Sie will den Eid schwören. Auch Zeugen wmden in der Sache vernommen, die 67jährige Wittwe Johanne Ro- sina Rochwitz, da- 16jährige Dienstmädchen Emilie Marie Müller und der kleine Wilhelm. Die Parteien waren zum heutigen Termin erschienen. Heut wird der Klägerin der Eid zugeschoben. Im Uebrigm wird da- erste Urtel bestätigt. — Angeiündigte Gerichtsverhandlungen: Mor gen, den 18. Juli finden folgende Verhandlungstermine statt: Vormittags 9 Uhr (unter Ausschluß der OÖffentlichkeit) wider Elisabeth Florentine Quaas wegen Widersetzlichkeit und de» in Artikel 354 des Strafgesetzbuchs gedachten Verbrechens; 10 Uhr wider Emilie Auguste Beckert wegen DiebstahlSbegünstigung; 11 Uhr (unter Ausschluß der Orffentlichkeit) Gerichtsamt Rade berg Privatanklazsache Carl Bernhard Mittag's wider Bertha Caroline Reinicke; halb 12 Uhr Privatanklagsache der verw. Auguste Caroline Wilhelmine Koblenz Wider Johann Franz Braun. Vorsitzender: Gerichtsrath Ebert. — Wochen-Repertoir des königl. Hoftheaterst Dienstag: Minna von Barnhelm. — Mittwoch: Pindar'is