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vmbinirt en Lehre zur Menschenkunde kennen lernen wollen, rund verweisen wir auf die betreffende Anzeige in ünserm Blatte. — 4- Oeffentliche Gerichtsverhandlung vom 8. April. Me heutigen fünf Einspruchsverhandlungen redueiren sich nur auf Weniges. Meist find es Verleumdungen und Be. leidigungen, nur eine Diebstahlssache ist dabei. Die erste, um 8 Uhr anberaumte Sitzung, gegen Joseph Löschke, der des Be trugs angeschuldigt war, fiel aus, weil sie vertagt wurde. Eine andere Sitzung, betreffend eine Privatanklage, welche Friedrich Georgi und Genossen gegen die verehlichte Friederike Luise Ge orgs angestellt hatte, fand unter Ausschluß der Oeffentlichkeit statt. Das geheime Urtel wurde erst gegen Abend durch Herrn Gerichtsrath Ebert, als Vorsitzenden, gefällt. — Um 10 Uhr kam der Handarbeiter Julius Herrmann Zöpfe! an die Reihe, er hatte sich grober Widersetzlichkeit schuldig gemacht. Beim Gast- wirth Pönitz in „Stadt Bremen" war einmal Tanz und Zöpfe! belustigte sich ebenfalls dort. Zufällig fand er im Saale ein Stück Kleiderstoff, das sich wer weiß wie von einer Crinoline im Herumdrehen getrennt hatte. Dieses Stück Zeug hielt nun Zöpfel fortwährend den dasigen Frauenzimmern vor's Gesicht. Er wurde verwarnt, im Guten und im Bösen, er beruhigte sich auf keine Weise. Der betreffende Beamte verwies ihm sein Benehmen, zu dem sagte er: „Sie haben mir einen Dreck zu befehlen, ich kann mir einen solchen Spaß schon machen!" Zöpsel wurde nun mit Hilfe der da stationirten Entree-Einnehmer, des WirthS und des Kanoniers Pester von der 5 Fußbatterie in's Parterre gebracht. Zöpfel erhielt nun Unterstützung und zwar von seinem Vater, einem Schiffszieher, der kurz vorher erst auS Zwickau gekommen war. Dieser und noch ein anderer Schiffszieher wollten den Sistirten befreien. Da er durchaus nicht mit bis nach dem Leipziger Eisenbahnpolizeibureau gehen wollte, so requirirte der Gensdarm mehrere anwesende Soldaten als Hilfstruppen, die sich auch dazu bereit erklärten. Nun ging's fort, aber auf der Straße erfolgten neue Befreiungsversuche. Der Vater Zöpfel schimpfte nun den Gensdarmen noch. Unter Anderen sagte er noch: Sie müssen den Rock auSziehn, den haben Sie am längsten getragen. „Sie müssen noch den Schub karren fahren, Sch .... plumpen. Wenn Sie mit Jemanden j Tonne Bier und s Kanne Schnaps getrunken haben, dem sagen Sie nichts!" Als sie in die Nähe des Hauses des Gou verneurs kamen, sagte der Alte auffordernd zum transportirten Sohne: „Schlage ihm doch in's Gesicht!" Hier wurde er aber auch und zwar von der dasigen Schildwache arretirt und in's Schilderhaus gesteckt. Das Urtel des Sohnes (mit dem Vater haben wir nichts zu thun) lautete wegen Widersetzlichkeit auf 4 Wochen Gefängniß. Er erhob Einspruch dagegen, er fühlt sich unschuldig — aber es blieb beim Alten. — Eine alte Flinte, die fast verrostet auf dem Gerichtstisch liegt, giebt den Stoff zur nächsten Verhandlung. Johann Heinrich Klengel ist beschul digt. diese Flinte gestohlen zu haben Sie gehörte vor mehreren Jahren dem Gutsbesitzer Johann Traugott Meißner zu Liegau. Während der H-uerndte im Jahre 1857 war die Flinte mit auf dem Felde. Es kam plötzlich ein starkes Gewitter, Alles lief weg, nur die Flinte blieb da, bis sich endlich Klengel, der da mals dort mitarbeitete, ihrer erbarmte und sie an sich behielt. Er leugnete zwar und leugnet heute noch. Jndeß, da ihm da mals nachgewiesen wurde, daß er sie für 3 Thaler als Gegen rechnung an einen gewissen Johne geben wollte, indem er sagte, sie rühre auS dem Nachlaß des Prinzen Max her, so erhielt er vom Gerichtsamt Radeberg wegen Diebstahls 4 Wochen Ge fängniß Er erhob Einspruch dagegen und zwar mit Glück; denn heut wurde <r wegen Mangel an vollständigem Beweise freigesprochen. — Zum Schluß noch eine kleine Sache, eine Privatklage des Gensdarm Brendel wieder Jhohanne Christiane Friedrike Süring. Die Süring ist der Verläumdung und fortgesetzten Beleidigung des Gensdarmen beschuldigt und des halb vom Gerichtsamt zu Tharandt zu 12 Tagen Gefängniß und Tragung der Kosten verurtheilt Als sie nämlich einmal vor längerer Zeit am Königl. Bezirksgericht zu Freiberg wegen Partiererei in Untersuchung und Haft war, hatte von ihr der GenSdarm Brendel Bettüberzüge und ein Stück Seife in Beschlag genommen. Das konnte sie ihm nie vergeffen und sagte deshalb stets zu andern Leuten: „Das ist ein Spitz« bube, der hat mir meine Ueberzüge und meine Seife gemaust! 7 SS blieb heute bei den 13 Tagen Gefängniß. — — Gestern Nachmittag hat sich ein anscheinend der Ar- briterklaffe angrhöriger, bis jetzt noch unbekannter Mann ober halb des ersten BahnwärterhäuSch'nS auf der schlesischen Bahn mit dem Hals auf die Eisenbahnschiene gelegt und in dieser Lage den gegen 43 Uhr von Görlitz hier angekommenen Per sonenzug in der Absicht erwartet, sich von demselben überfahren zu lassen. Die Lokomotive hat den Kopf vom Rumpfe in ei ner Weise getrennt, daß Kopf und Rumpf nur noch an einer Flechse zusammenhingen und der Tod unstreitig sofort erfolgt ist. Die Aufhebung des Leichnams ist von der königl. Polizei- Direction erfolgt. — Gestern Morgen gegen 4 Uhr wurde in der Richtung nach Moritzburg ein Feuerschein wahrgenommen, der zur Folg« hatte, daß von hier aus eine Spritze dahin abfuhr. Wie wir später gehört, haben in Reichenberg bei Moritzburg drei Bauer güter gebrannt und sind dieselben durch das Feuer total ein- geäschert worden. Man sprach davon, daß auch einiges Vieh verbrannt sein soll, Menschenleben sind nicht zu beklagen. Ueber die Entstehungsursache verlautet bis jetzt noch nichts. — In einem in Neustadt gelegenen Milchgeschäft über raschte die dortige Verkäuferin vor einigen Tagen einen unbe kannten jungm Mann in dem Augenblicke, als derselbe eben hinter ihrem Rücken das Geldkästchen aus der Ladentafel her ausgezogen und im Begriff stand, einen kühnen Griff zu thun. Der Spitzbube nahm sofort Reißaus, als er sich entdeckt sah, seine hartnäckige Verfolgung ermöglichte aber seine Verhaftung auf der Straße durch einen Soldat, der in Folge des Rufes „halt auf" schon von Weitem auf den ihm entgegen kommenden Ausreißer aufmerksam geworden war, und ihn deshalb auffing, W»e wir nachträglich hörten, soll der Dieb in Betreibung der artiger Industrie, auf der er ertappt wurde, kein Neuling mehr ssein. — Seit einigen Tagen ist wieder etwas Ruhe in unserm Straßenverkehr eingetreten, der durch die zahlreichen Wohnungs wechsel auffallend erhöht wurde. Fast jede Straße war mit Möbelwagen aller Dimensionen und kleineren Transportgeräthen besetzt und wenn wir erwähnen, daß das 1. (rothe) Dienstmann- Jnstitut allein 869 Umzüge <s. Inserate) ausgeführt hat, so läßt sich ermessen, wie gering heut zu Tage das unbequeme Geschäft deS Ausziehens in die Wagschaale fällt. Namentlich sind es unsre freundlichen Vorstädte, welche sich mit Bewohnern Men, während die Lokale in der Stadt meist für Geschäfte und sonstige Etablissements in Anspruch genommen werden. — Meßbericht des Dresdner Journals. Schon in der vorigen Woche trafen viel Walachen und Griechen in Leipzig ein, welche sich mit scheinbarer Geschäftslust in das Rauchwaaren- geschäft warfen. Demnächst führten uns die Eisenbahnen große Züge mit Maaren und Personen aus allen Richtungen zu, und der Meßverkehr fing schon in der Hälfte derselben an, sich zu entfalten. Leider hatten wir am Dienstag anhaltendes kaltes Regenwetter, wodurch der am Montag begonnene Haupt verkehr unterbrochen wurde. Desto lebhafter gestaltete sich aber der Verkehr tags darauf, und obgleich das Wetter seitdem sehr unbeständig, naß und kalt geworden ist, so wird doch in Leder und Tuchen ziemlich lebhaft gehandelt. Von Sohlleder ist feine starke Waare, wie auch in der Frankfurter Messe, gesucht und Wurde ein paar Thaler höhn als in der Neujahrsmefle bezahlt, wogegen geringere Sorten, davon viel am Platze war. eher niedriger als höher bezahlt werden. Die Zuführ von Tuchen ist diesmal etwas schwächer als gewöhnlich, da die Fabrikanten zu Hause guten Absatz hatten. Der Verkauf an unserm Markte ist ziemlich lebhaft und wenn keine Unterbrechung «intritt, wer den die Fabrikanten eine ziemlich gute Messe haben. An Käu fern fehlt eS nicht. — 8. Was vereinte Kräfte vermögen, davon kann man sich überzeugen, wenn man die Ausstellung von Gewinnen zu einer KünstlerhauSbau-Lotterie in Augenschein nimmt, die jetzt gegen ein entsprechendes Eintrittsgeld im AuSstellungSgrbäude auf der Brühl'schen Terrasse geöffnet ist. Wir finden hier eine