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Dresden, den 19. März. — Die Zweite Kammer hat sich in ihrer gestrigen Sitzung mit der Berathung von Petitionen beschäftigt — 2*2 Königliches Hoftheater. Donnerstag, den 17. März, neu einstudirt: „Die Jäger". Schauspiel in fünf Acten, von Jffland. Wie veraltet dies Familiengemälde Manchen erscheinen mag: es steht der deutschen Anschauungsweise in seinen menschlich wahren Schilderungen doch noch ziemlich so nahe, wie vor achtzig Jahren. Für den Schauspieler ist es noch jetzt unendlich lehrreich und bildend durch die mancherlei Phasen des Gemüthslebens, die es, gesund und unverfälscht, als würdige Aufgabe seiner Nachahmungskunst hinstellt. Man brauchte nur das Verhallen des Publikums bei dieser Aufführung zu beobachten, um sich zu überzeugen, daß die „Jäger" in dem Ernsten und Scherzhaften, das sie enthalten, ihre alte Kraft noch besitzen uns zu rühren und zu erheitern. Der Hauptmangel dieser Auf führung war, daß sich die Rolle des Amtmanns von Zeck (Hr. v Strantz) nicht in den Händen eines gewandten Charakter spulerS befand, der durch eine interessantere Wiedergabe dieses Charakters das Schleppende der zwei letzten Acte weniger fühl bar gemacht haben würde. Die Leistungen der Uebrigen und das Ensemble waren fast durchaus befriedigend. Hr. Winger, als Oberförster, Frl. Berg, als Hausfrau, Frl. Allram, als das boshaft affectirte Kordelchen, Hr. Porth, als Pastor, Hr. Räder, als Gerichtsschreiber, und Frau Perenz, als Wirthin, lieferten Jedes, treu und anschaulich, ein Stück echten deutschen Lebens. Herrn Deitmer hätten wir in der Rolle des Försters sohneS Anton Warbrrger im Affect eine edlere Fassung und etwas mehr Haltung gewünscht. Soll un« der Schauspieler rühren, so darf er nicht in einem Grade selbst bewegt sein, wo wir bemerken, daß er nicht mehr die volle klare künstlerische Besinnung hat. In allen heftigeren Bewegungen, im Schluchzen, Weinen, Lachen, erscheint Hr. Dettmer nicht edel genug. Im ruhig gehaltenen Vertrags ist er dagegen allen jüngern Schau spielern an unserer Bühne überlegen. Trefflich gelang ihm der Ausdruck sanfter elegischer Rührung in den Worten: „Ob sie mir wohl auch eineThräne nachweinen wird? Hin ist hin!" — Der ganze lebhafte Austritt im dritten Act, wi> diese Worte Vorkommen, war überhaupt das Beste in seiner Darstellung. Die Rolle der Friederike wurde von Frl. Henriette Wolfs vom Stadttheater zu Bamberg gespielt. Obwohl in der Grund färbung naiv, greift diese Rolle doch schon durch die zärtlichen und schmerzlichen Rührungen, die darin Vorkommen, in das tragische Fach über. Die junge Künstlerin rechtfertigte darin vollkommen unsere Erwartungen. Obgleich sie eigentlich nur in den zwei ersten Acten Gelegenheit hatte, sich zu zeigen, bewies sie doch hinlänglich, zumal in dem kleinen Monolog im ersten Acte: „Anton, Du bist nicht hier".., und in der schmerzlichen Bewegung, mit der sie, als ihr Oheim von seinem möglichen Lode redet, schluchzend, an seiner Schulter lehnend, ausruft: „Daß ich da« nie erlebte! Niel Niemals!" daß ihr die Mittel des sanfte» Rührung zu Gebote stehen. Ihre Intentionen sind überall richtig, auch wo noch die Vollkommenheit des Ausdruck« fehlt. DaS Naive und H itere in ihrer Rolle kam zu voller Geltung. Die Scene ihrer ersten Begegnung mit Kordelchen wurde durch das gelangweilt beleidigte Auf- und Niedergehen im Zimmer mit verschränkten Armen allerliebst colorvt. Ihre Mitspielerin, Frl. Allram, trug übrigens viel dazu bei, diese Scene recht ergötzlich zu machen. 2*2 Der Lehrer an hiesiger Handelsschule, Herr vr. Horst Keferstein in weiteren Kreisen bereits bekannt durch seine populär wissenschaftlichen öffentlichen Vorträge und seine päda gogischen Schriften, kündigt soeben ein Unternehmen an, das als ein Versuch, die sociale Unabhängigkeit der Frauen fördern zu helfen und ihr L-bensloos zu b ssern^ sicherlich Anspruch auf die allgemeinste und sorgfältigste Beach tung hat. Eine „Fortbildungsschule erwachsener Töchter für das praktische Leben," so wird die Anstalt heißen, die er ins Leben zu rufen beabsichtigt. Ihr Zweck soll sein: die Heranbildung tüchtiger Arbeiterinnen im Felde kaufmännisch-gewerblicher und hauswirthschaftlicher Thätigkeit. Der Lehrcursvs soll einjährig sein und den Unterricht in den Sprachen (namentlich in Corre» spondenz), Buchhaltung, kaufmännischem Rechnen, Länder- und Productenkunde und chemischer Technologie umfassen. Bei dem Unterricht wird eine weibliche Aufsicht gegenwärtig sein. Der selbe ist für alle diese Fächer auf wöchentlich 20 Stunden be rechnet und soll, damit die Theilnahme solcher Damen, die schon einem kaufmännischen oder gewerblichen Berufe vorstehen, er möglicht werde, in de» ersten Vormittags- und in den Abend stunden stattfinden. Wir versäumen nicht, dieses Unternehmen der öffentlichen Aufmerksamkeit angelegentlich zu empfehlen, und erinnern nur daran, welchen wohlthätigen Einfluß, bei den mangelhaften Einrichtungen für den Schutz und das Auskom men alleinstehender Frauen in Deutschland, eine solche Bildungs anstalt haben kann. A Cosmar beklagte sich erst vor Kurzem in einem Aufsatze über das Lebensloos der Frauen, daß solche Mädchen, die im kaufmännischen Verkehr ein Unterkommen suchen, nur so lange gut honorirt werden, als sie jung und hübsch sind. Sollte dieser Umstand wirklich eine traurige Wahrheit sein, so glauben wir, wird ihm nichts wirksamer entgegentreten, als wenn die Frauen sich mit dem nöthigen Wissen ausrüsten, um in Fächern, die vollkommen ihren natür- ichen Fähigkeiten entsprechen, weder durch die Zartheit de« Geschlechts noch durch die weibliche Sitte von ihrer Sphäre ausgeschlossen erscheinen, die Concurrenz mit den Männern iegreich zu bestehen; denn! Missen ist Macht" — ^ — Das vorgestern in Lüvrckes Wintergarten abgehaltene Concert zum Besten der Jnvalidenstifiung ergab die schöne Summe von hundert Thalern. Den lebhaften Besuch in den jerrlichen von Blumen und Pflanzen durchdufteten Räumen »ildete die Elite der Gesellschaft, welcher Gelegenheit gegeben. War, sich hier ungezwungen der Conversation zu überlassen. — Am 17. März warm es 60 Jahre, seit der Besitzer de« in des Annenvorstadt gelegenen sogenannten „Lämmchens ««. ttalMeßa.7 W». W»« M »tr «xpedttio,, WsartenWrätze IR» ^ Hageölatt ^ für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Tbeovor Drodisch «nzeiar» ,. »>«> Watt«. da« ßmZe» >n «»»<»«*'"*- rriwrtnt, finden «in» -ifola»«»<v« N-rdr-<»nna. Mo. V«. Sonnabend, den 19. März 1864.