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— Da- MaturitStr» Examen auf der Realschule zu Neu« stadt-Dresden fand am 10. März mündlich nach vorausgegan- gener schriftlicher Prüfung unter Vorsitz des k Commiffars Geheimrath 0. Hülße statt. Die Zahl der Examinanden be. trug 2l; 20 derselben konnte das Maturitätszeugniß gegeben werden; die Censuren über das sittliche. Verhalten ebenso als über die wissenschaftlichen Leistungen waren höchst zufrieden stellend. Von den Abiturienten gehen 8 auf die Forstacademie, 6 aus das Polytechnikum, 1 auf die Bergacademie, die übri gen in andre Fächer über. — In den letzten beiden Jahren sind hier Neubauten mit grö ßeren und mittleren Wohnungen weit über Bedarf ausgeführt worden, wie die fast an jedem Hause der neuen Straßen kle benden Vermiethungszettel Nachweisen. Da ein sehr großer Theil dieser Neubauten von Leuten mit ungenügenden, oft so gar ganz ohne eigene Mittel ausgeführt worden sind, so lag auf der Hand, daß bei den geringsten Stockungen auf dem Geldmärkte die Existenz solcher Bauunternehmer gefährdet sein mußte. Jetzt, wo der umdüsterte politische Horizont das sonst für Spekulationsbauten nöthige Geld verschwinden macht, wo ferner nicht wenige Hypotheken nicht verzinst werden können, weil die damit belegten Häuser aus Mangel an Abmiethern keinen oder nicht hinreichenden Miethzins gewähren, treten auch noch lokale, vielmehr persönliche Ursachen hinzu, die Lage manches Bauspekulanten zu verschlimmern. Es sind eine auffällige Zahl von Hypotheken durch ängstliche Gläubiger gekündigt worden. Die Erben eines kürzlich verstorbenen reichen Privatmannes St haben fast sämmtliche von diesem hinterlaffene Hypotheken im Betrage von 200,000 Thalern gekündigt. Ebenso haben die Söhne des in dem sogenannten Englischen Viertel mit Hypo theken in noch bei weitem höheren Betrage betheiligten hochbc- tagten Hrn v. L. fast alle nicht an erster Stelle eingetragenen Hypotheken gekündigt. Bei der Schwierigkeit, ja Unmög lichkeit, die gekündigten Kapitale in nächster Zeit ander weit zu beschaffen, muß man auf eine große Zahl von Sub- hastationen sich gefaßt machen, wenn mcht die Gläubiger selbst sich überzeugen, daß ihre aus zu weit getriebener Vorsicht ent standene Handlungsweise eben die Gefahr auf sie herabzieht, der sie entgehen wollten. (V A.) — Der vorgestern Nachmittags in Gegenwart von 136 Mitgliedern abgehaltene Generalconvent der hiesigen Handels innung hat die Verfassungsreform dadurch zum Abschluß ge bracht, daß er die von den Vorgesetzten Behörden für erforder lich gehaltenen Abänderungen, Zusätze und Weglassungen ohne specielle Debatte einstimmig annahm. Er sprach sich ferner der Ansicht der Administration beipflichtend dahin aus, daß der Bei tritt zur Dedekind'schen Grabekasse für alle Jnnungsmitglieder obligatorisch sein solle, ermächtigte und bez. beauftragte die Ad ministration, die Herren Jordan u Gehe wiederum zur Re daction und zur Durchführung der Verfassung mit hinzuzuziehen, nahm den Bericht über die Kassenverhältnisse der Innung (wo nach die Jnnungskasse einen Bestand von 46,536 Thlr. 26 Ngr. 5 Pf., die der Dedekind'schen Grabekasse einen solchen von 44,274 Thlr. 15 Ngr. 5 Pf., die der milden Stiftung von 11,241 Thlr. 19 Ngr., die der Collenbusch'schen Stiftung von 442 Thlr. 12 Ngr. 8 Pf. hat) entgegen und bestätigte schließ lich die Rechnungsrevisoren und Schulvorstände bis zum Ein tritt der neuen Verfassung. — Am nächsten Sonntag wird im Marionetten-Theater und Iliestrum munüi (Gewandhaus) zum ersten Male „Die Schlacht bei Mssunde" zur Aufführung kommen. Herr Bo- neschki, der Director des Theaters, giebt sich große Mühe, stete Neues zu schaffen und bieten seine Vorstellungen überhaupt für Groß und Klein vieles Interessante. — Am 5. d. früh 1 Uhr brannte in Mulda die an der Chemnitzbach gelegene und dem Müller Löffler gehörige Groß mühle, bestehend aus den Wohn- und Wirthschastsgebäuden, sowie der Mahl> und Oelmühle, nieder. Da von den Vor- räthen fast gar nichts, von dem Mobiliar aber nur ein gerin ger Theil gerettet werden konnte und Nichts versichert war, so hat Löffler einen bedeutenden Schaden erlitten. Uebrigens konnte derselbe nebst seiner Familie leicht in die größte Gefahr gerathen, wenn nicht seine zufällig auf Besuch anwesend« Schwiegermutter von dem ungewöhnlichen Geräusch erwacht wäre und Lärm gemacht hätte. Ueber die Entstehungsursache ist nichts bekannt geworden. — Am 6. d. M. Abends 8 Uhr brannte das dem Ortsrichter Schöniger in Abhorn gehörige, von diesem aber verpachtete Spinnereigebäude vollständig nie der. Dar Gebäude war unbewohnt und waren nur Vormit. tags die beiden Pachter in demselben beschäftigt gewesen. Da- Feuer brannte zuerst in einer Ecke der ersten Etage; auf wel che Weise dasselbe aber entstanden, ist nicht ermittelt. — Oeffentliche Gerichtsverhandlung vom 11. März. Vier Einspruchsverhandlungen von geringer Bedeutung beschäftigen heute die Richter. Eines vermeintlichen Betrugs ist der Steuerbeamte Friedrich Wilhelm Theodor Schill beschul digt. Ein Kassenbeamter vom Steueramt Namens Meinhöfer, der in Folge von Trunk schon zweimal auf dem Sonnenstein in der Irrenanstalt gewesen, bat Schill eines Tages, mit ihm die Kaffe durchzurechnen und siehe da, es fehlten 12 Thaler. Meinhöfer bat, er möge ihm diese kleine Summe borgen, um das Deficit zu decken. Schill begab sich zum Hausmann 'des Steueramtes, Namens Liepscher, und ließ sich 12 Thlr. als Darlehn geben und verabfolgte sie dem Meinhöfer. Mittler weile kam Meinhöfer auf den Sonnenstein, kehrte aber, an scheinend von seinem Delirium tremens geheilt zurück. Schill wollte die 12 Thaler haben, um sie den Liepscher zurückzuzah- len, Meinhöfer verweigerte aber diese Rückzahlung, indem er behauptete, seine Kasse habe gestimmt, er habe gar nicht nöthig gehabt, ein Deficit von 12 Thalern zu decken. Der Kassenbe amte Gustav Adolph Meinhöfer kam wieder auf den Sonnen- stein und kehrte nicht mehr zurück, er starb dort. Schill wen dete sich nun an die Frau des Verstorbenen und gab vor, es sei eine Zechschuld damit zu berichtigen. Die Frau gab auch die 12 Thaler her und Schill bezahlte den Hausmann. Schill'S Beschuldigung geht nun dahin, daß er die Frau Meinhöfer um die 12 Thaler betrogen habe, namentlich unter falschen Vor spiegelungen, weil er gesagt, es sei eine Zechschuld; jedenfalls hat der Beschuldigte in diskreter Weise nicht von dem Kafsen- defekte ihres Mannes sprechen wollen. Es kam zur Anklage gegen Schill wegen Betrugs — aber das Gericht sprach ihn in erster Instanz wegen Mangel an vollständigem Beweise klag- frei. Dagegen erhob er Einspruch. Er fühlte sich ganz un schuldig, er wollte ohne Bedingung freigesprochen sein. Dafür war auch heute Herr Staatsanwalt Held, der die gänzliche Freisprechung Schill'S beantragte, die auch unbeschränkt erfolgte.— Die nächste Anklage geht auf Thierquälerei, die an einem schwarzen Pudel von dem Maschinenputzer Carl Heinrich Lud wig Heschel verübt wurde. Es war im August vorigen Jahres, da stand Heschel am Elbufer und hatte seines Bruders Hund, einen allerliebsten schwarzen Pudel bei sich, den er wohl 20 Male in die Elbe jagte und als das Thier vor Müdigkeit nicht mehr konnte, so fing, wie die Akten bekunden, Heschel mit einer Knute barbarisch das Thier durchzubläuen an, so daß er nicht blos den Unwillen der Nahestehenden erregte, sondern daß auch sogar vom linken Ufer herüber lautes Zurufen erfolgte, er solle doch den Hund nicht so mißhandeln. Ja, einer schrie sogar: „Werst doch den Hundeschinder in's Wasser!" Aber dasj half Alles nichts, trotzdem der Hund furchtbar wimmerte. Heschel. noch unbestraft, 29 Jahre alt, stellt Alles in' Abrede, Er will den Hund nicht gemißhandelt haben, sondern er sagt, er hätte ihn wegen deS Ungeziefers mit grüner Seife gctvafchen und ihn deshalb des Abspülens halber in's Wasser gejagt. Mit einer Knute habe er ihn nicht gehauen, sondern nur mit einer Kinderpeitsche (?). Er ließ anderen Tages den ,Rappo" in der Thierarzneischule vom Thierarzt Dr. Erker untersuchen und dieser soll keine Verletzungen vorgfeunden haben. Er will diesen als Zeugen vernommen wissen, aber das Gericht geht nicht darauf ein. Der Fährmann Carl Gottlieb Herr mann Oehmig und der 48 Jahr alte Goldarbeiter Georg August Oehlschlägel, der in der Nähe angelte, haben die bar barische Mißhandlung bekundet vor Gericht. Heschel wurde in erster Instanz wegen Thierauälerei zu 4 Thaler Geldbuße und Tragung der Kosten verurtheilt. Dagegen erhob er Einspruch,