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Mitrrdacteur: Theodor Drobtsch. !m». A». S-Mita». den 14. Februar 1884. Dresden, den 14 Februar. —. Se. König!. Majestät hat dem Herzoge Joseph von ! Sachsen-Altrnburg, Hoheit, den Charakter einer Generalleut nant« der Reiterei beigelegt und den, vormaligen Privatiörster Wilhelm Zschinsch zu Brambach, ingleichen dem Schäfer Johann ^ Daniel Hänsel zu Porschendorf, in Rücksicht auf ihre langjäh rig« treue Dienstleistung die zum Albrechtorden gehörige silberne Medaille verliehen. - — 8. Circus Suhr. J.J. k.k. H H. der Kronprinz und die Frau Kronprinzessin beehrten am Freitag die Vorstel lung mit Ihrem Besuch. Am Schluß wurde der jetzt viel be sprochene Ringkampf -wischen dem Maschinenbauer Knapper und Jean Lüttgens zur Entscheidung gebracht, er endigte mit der Besiegung des Knapper zum großen Le.dwesen der „höheren Regionen," die den mit großer Spannung verfolgten Kämpfen sicher einen anderen Ausgang gewünscht haben mochten. — Je mehr sich die Vorstellungen ihrem Ende zuneigen, desto mehr scheinen sie an Interesse und Zuspruch zu gewinnen. Noch nie hat Referent die hohe Schule in dieser Art und in solcher Vollendung von einer Dame reiten sehen wie es durch Frau Linna Suhr geschah — Da nächsten Montag der Bruder dieser Dame, Herr B. Hüttemann, einer der elegantesten Und besten Schulreiter, sein Benefiz hat, so steht den Freunden der Reitkunst und den vielen Verehrern dieses jungen Künstlers ein genußreicher Abend bevor, um so mehr als an demselben das berühmte „Blumenpferd," die hohe Schule ohne Sattel und noch mehrere neue und interessante Prodrctionen zur Auf führung gelangen werden. — 4*2 Königliches Hoftheater. Die Darstellung deS „Othello" am Abend des 12. Februar verdient in Hin sicht auf die beiden Hauptrollen: Othello und Desdemona, als «ine der glänzendsten und großartigsten Erscheinungen in den Annalen unseres Theaters verzeichnet zu werden. Wir denken hierbei vorzugsweise an die Scene der Ermordung Desdemonas, die durch die ergreifende Wahrheit, mit der sie gespielt wurde, den Beschauer in eine Illusion versetzte, so einzig, groß und erschütternd, daß ihm der Athen, stockte und jeder Laut der Bewunderung auf seinen bebenden Lippen zurückge- d ängt wurde. ES war eine jener Erschütterungen durch die tragische Kunst, wo das ganze Selbst des Beschauers in dem aufseht, was er sieht und empfindet. — Wir können uns hier nicht bei Details aufhalten, sonst würden wir hervorheben und zu begründen suchen, was uns anfänglich in dem Othello des Herrn Dawison befremdete. Wir würden geltend machen, daß ihm in den ersten Acten die ruhige Haltung des Kriegers fehlte, daß zumal die schöne Erzählung von dem Hergang sei ner Liebe zu DeSdemonen nicht schlicht genug von ihm vorge tragen wurde, daß seme Sprache von vorn herein zu ein schneidend, scharf und trotzig war, daß er zu rasch und zu ver- lrtzewd bei den ersten Einflüsterungen deS Jago den kreischen de« Laut des Mißtrauens vernehmen ließ. Shakespeare will i-i«n Helden als einen wirkliche« Krieger, gelassen männlich, obwohl voll Leidenschaft; — trotzdem, daß er ein Mohr ist. Dieser Hauptzug der in sich gefestigten edrln Männlichkeit, als Resultat des Umgangs und der Gewöhnung auch bei einem Neger sehr wohl denkbar, mußte bei Herrn Dawison einer Individual listrung Platz machen, die uns anfangs alle Illusion verdarb. Mochte sie auch aus dem Gesichtspunkte einer ethnographi, scheu tktudi« bis auf das Zähneblecken und das Sichtbar^ werden-läff« des Weißen Augapfels vollendet genannt werdend so verlor doch eben durch diese gleich anfänglich hervortretend« barbarisqe Fremdartigkeit des äußern Wesens die nachherig« innere Umwandlung des Othello an rein menschlichem Interesse. Die europäische Bildung und Sitte sollten, wie uns scheint, di« nationalen Eigenthümlichkeiten Othellos anfangs ganz zurück» treten lasse«. Erst von dem Momente an, wo er ein Spiel ball seiner Eifersucht wird, wo er unter ihren Zweifeln sich qualvoll krümmt und windet, erst dann mag er den cholerischen Afrikaner in seiner ganzen Wildheit zeigen. Die Wirkungen dieser Leidenschaft werden sich dadurch noch furchtbarer gestal ten, losgebunden von allen Rücksichten der Convenienz, und darum menschlich interessanter. In diesem zweiten Theile seil ner Darstellung war denn auch Herr Dawison überaus groß und durch die Kraft des tragischen Ausdrucks zu mitfühlender Begeisterung hinreißend. Etwas Aehnliches von nervöser gei stiger Anspannung ist uns noch bei keinem Schauspieler sicht bar geworden. Auch wenn wir, was wir nicht einmal zuver sichtlich behaupten wollen, mit unseren obigen Einwendungen Recht haben, war seine Leistung ohne Zweifel außerordentlich und verdiente den Kranz, der dem Künstler zugeworfen wurde. Sein« Costümirung war, bis auf den ersten Act, wo sie uns etwas zu geputzt schien, vollendet und malerisch prächtig. — Fräul. Ulrich, als Desdemona, ist schon durch ihr« Erschei nung vorzugsweise befähigt, diese Rolle m edler Weise zu gestalten. Die kindliche Unschuld, Sanftmuth, Ergebung, Fröm migkeit, das stumme Dulden und Mitleiden, — alle diese Züge konnten nur von einer Schauspielerin, die so zart empfindet, wie Fräul. Ulrich, zu einem so rührenden Bilde vereinigt werden. Ihr Spiel am Schluß des vierten und im fünften Act übertrifft Alles, was wir noch von der talentvollen Künstlerin kennen gelernt haben. Wir müssen bedauern, daß ihr überhaupt erst das dritte Mal Gelegenheit gegeben worden, in dieser Rolle aufzutreten. Entschieden zu tadeln ist die Kürzung der beiden Gespräche DeSdemona's mit Jago (im 2ten) und mit der Kam merfrau (im 4ten Acte). Das Gespräch mit Emilien zeigt die ganze Seelenreinheit und Unschuld Desdemonas, das mit Jagü offenbart, um dieser Unschuld ein höheres Interesse zu ver leihen, ihren aufgeweckten Geist und feinen lebhaften Witz dev der bornirten Ränkesucht des Jago weit überlegen ist, aber zu lichtgrboren und zu rein, um in's Dunkle zu sehm, wo di» Augen de- Raubthiers sich schärfen. — Herr Kramer spielte den Jago so gut, als es sein Naturell verstattet, das sich einer scharfen Ausprägung de- Lauernden, Listigen und Aufhetzendcn in diesem Chqraetrr entschieden weigert, und den