Volltext Seite (XML)
Mitredacteur: Theodor Dro-isck- »s«. IS». Mittwoch, dm 16. Juli 1862. Dresden, den 16. Juli. — Se. K H der Kronprinz hat den Besitzer der Side- rolith-Fabrik bei Pirna, welche binnen Kurzem einen so bedeut enden Aufschwung erlebt hat, Herrn C L. Thorschmidt zum Hoflieferanten ernannt. — Das „Dr. I." bringt folgende amtliche Nachricht, welche unsere frühere Mittheilung bestätigt: Se. Maj. der Kö nig hat auf das durch Gesundheitsrücksichten bedingte Gesuch des Polizeidirectors v. Carlowitz denselben dieses Postens, un ter Versetzung in Wartegeld enthoben und ihm zugleich, als Zeichen allerhöchster Zufriedenheit mit seiner Dienstleistung, den Character als geheimer Regierungsrath beigelegt; die hierdurch zur Erledigung gelangte Stelle des Vorstandes der hiesigen Polizeidirection aber dem Vortragenden Rache im Ministerium des Innern, geheimen Regierungsrathe Uhde, unter Ernennung zum Polizeidirector, übrigens mit Beibehaltung seines derzeiti gen DienstprädieatS und drS damit verbundenen Dienstranaes übertragen — Se. Maj. der König hat dem Polizeirathe Schwauß bei der Polizeidirection zu Dresden das Dienstprädi- cat als Regierungsrath verliehen. — Oeffentliche Gerichtsverhandlung vom 15. Juli. Eine wahre Jammergestalt, fast in Lumpen gehüllt, baarfuß und mit Thränen im Auge, tritt heut vor die öffentlichen Schranken Schon oft bestraft, hat sich Christiane Caroline Bernhardt dennoch wieder zum Verbrechen Hinreißen lassen und zwar aus Noch; denn sie sagt selbst, daß sie an dem Tage, an welchem sie diesen letzten Diebstahl verübt, keinen Bissen gegessen hatte. Sie feiert in diesem Monat, leider im Ge« fängniß ihren 25. Geburtstag Ihr Vater, ein Bergmann, bereits geschieden von der Frau, wohnt in Barchelsdorf bei Freiberg, wo sie auch geboren wurde. Sie ist dreimal bestraft und wegen Diebstahl einmal mit 5 Tagen, ein anderes Mal mit 7 Wochen Gefängniß; endlich auch wegen Betrugs und Fälschung mit I4tägigem Gefängniß. In der Nacht des zwei ten diesjährigen PfingstfeiertageS gegen 11 Uhr näherte sich die Angeklagte dem Gehöfte des Erbgerichts zu Herzogswalde, wo sie früher einmal als Magd gedient. Um diesen Hof zieht sich eine beinahe 3 Ellen hohe Umfassungsmauer, welche sie überstieg, durch die offenstehende Thür des Kuhstalls in die Gesindestube gelangte und dort stahl, was sie gerade brauchte: einen Rock, sechs Tücher, ein Messer und eine Schürze. Der hinzugezogene Sachverständige erörterte heut den Nock, auf 6 Ngr., die Tücher je 24, 2, 2, 1, 1 und 1 Ngr, das Messer 14 Ngr., die Schürze 6 Ngr. Der Gesammtwerth beträgt also 23 Ngr. Die Angeklagte war natürlich mit der Taxe und der Aushändigung der gestohlenen Gegenstände an die Verletzten, welche meist Dienstmägde auf dem herzogSwalder Erbgerichtshofe sind, zufrieden. Herr Staatsanwalt Held be antragt die Bestrafung der Angeklagten, indem er bemerkt, daß allerdings die Art und Weise der Ausführung des Dieb stahls, sowie das offne Geständniß der Bernhardt sehr zu ihren Gunsten sprechen, nicht aber die mehrmalige Rückkehr auf den Weg des Verbrechens. Der Gerichtshof verurtheilte die Ange klagte zu Arbeitshausstrafe in der Dauer von 4 Monaten. — Angekündigte Gerichtsverhandlung: Morgen Donnerstag den 17. Juli, finden folgende Verhandlungstermine statt: Vormittags 9 Uhr Wider Johanne Mathilde verw. Martin, geb Langenegger wegen Diebstahl. Vors. Gerichtsr. Ebert. Um 11 Uhr Wider den Handarbeiter Frd. Ferd. Naporali aus Schedewitz, wegen Diebstahl. Vositzender Einert. — * Oeffentliche Sitzung der Stadtverordneten am 16 Juli Nachmittags 5 Uhr: Tagesordnung: 1) Direc- torialvortrag aus der Registrande; 2) Vorträge der Finanzde- putation über s) Veräußerung einiger Commungrundstücke, b) Pensionirung eines Lehrers an der Kreuzschule s. w. ch a ; 3) Vortrag der vereinigten Verfassungs- und Finanzdeputation über das Abgabenverhältniß der Weißbäckerinnuug; 4) Vorträge der Petjitionsdeputation. Zum Schluß: geheime Sitzung .—> Ws welchem regen Interesse der Beschluß des Stadt, verordn etencollegiums, mehrere Gewerbtreibende mit den nöthi- gen Geldmitteln zum Besuche der Londoner Industrieausstellung zu versehen, von den Mitgliedern des hiesigen Bildungsvereins für Gewerbtreibende ausgenommen wurde, zeigte die am 15. d. M im Vereinslocale deshalb stattgefundene Besprechung dersel ben. Der Vorsitzende, Herr Försterling, begann mit Darstellung der Sachlage, worauf die Versammlung nach dankbarer Aner kennung de- in dem Beschlüsse des StadtvrrordnetencollegiumS liegenden Wohlwollen- gegen dm Gewerbestand beschloß, an die mit der Auswahl der betreffenden Gewerbtreibenden betraute Commission chie Bitte zu richten, Vorschläge in Betreff mehre rer geeigneter Mitglieder genanntm Vereins annehmen und in Erwägung ziehen zu wollen. In Betreff der Frage, von wel- chm Gewerben Vertreter vorgeschlagen werden sollen, wurden von mehreren Rednern intelligente Leute aus möglichst umfang reichen Gewerben empfohlen, welche Ansicht von Anderen wi derlegt wurde, da infolge des neuen Gewerbegesetzes auch der Bereich eines an sich weniger umfassenden Gewerbes erweitert werden könne. Nachdem die Versammlung noch die Ansicht ei nes Redners, welcher der ganzen Angelegenheit einen nur poli tischen Charakter beimaß, verworfen hatte, da es sich dabei nur um sociale und speciell gewerbliche Interessen handele, einigte man sich dahin, einen Holz-, einen Metall-, einen Leder, und einen Zeugarbeiter, sowie einen Buchbinder zur Auswahl in Vorschlag zu bringen und von den Vertretern vorstehender Ge werbe die geeignetsten auszuwählen. (Dr. I) — Dgs Fischerstechen, welches heute auf der Elbe nahe an der Ueberfahrtsstation am Wiesenthore von 28 Personen mit 12 Kähnen zur Ausführung kommt, hat lange Zeit geruht, indem das letzte Fischerstechcn vor 22 Jahren vis-a-vis dem alten Gondelhafen und Belvedere geschah. Das Fest, welches vorzüglich in einem Kampfe mit hölzernen Lanzen besteht, die an der Spitze runde Knöpfe haben, wird von den Fischern in leichtem Weißen Costüm auSgeübt, wo zwei der Streitenden ver suchen den Andern durch Ansetzung der Lanze aus die Brust