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dl' Mtttag» 1» U. «mg««». Sonnt.»» <mgtno««»«t» '»« «rpedttto«: «ar1enstra,e 1,. ot » ««r. für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. M ». »S«. Mittwoch, den 25. Juni 1862. Dresden, den 25. Juni. — Ihre Maj die Königin isind mit Ihrer k. Hoheit der Prinzessin Sophie gestern Nachm s2 Uhr von Pillnitz nach Sans souci, Ihre k. Hoh. die Prinzessin Amalie gestern früh H7 Uhr nach Wiesbaden gereist. — Mit Genehmigung Sr. Maj. des Königs ist die er ledigte Stelle des ärztlichen Beisitzers bei der KreiSdireetion zu Dresden dem Medicinalrathe 0. Gustav Heinrich Warnatz hier übertragen worden. — Ein Gerücht, welches den Rücktritt des Herrn Ministers der Justiz, vr.-v. Behr, als nahe bevorstehend und als seinen Nachfolger Herrn Finanzminister v. Friesen, der durch Herrn Kreisdirector v. Schimpfs in Zwickau ersetzt werden solle, be zeichnet, wird von gut unterrichteter Seit» dementirt. — Die Erste Kammer hat in ihrer gestrigen Sitzung die Berathung der Verträge zwischen dem Zollverein und Frankreich beendigt und in der Schlußabstimmung dieselben nach den An trägen ihrer Finanzdeputatio» und conform mit den Beschlüssen der Zweiten Kammer einstimmig angenommen. — Die Zweite Kammer beschäftigte sich mit Petitionen, genehmigte sodann die Anwendung des Expropriationsgesetzes für den Bau einer Eisen bahn von Greiz nach der sächsisch-bayerschen Staatseisenbahn, und erledigte die einzige bei den Verträgen mit Frankreich be stehende Differenz hinsichtlich der Chemnitzer Spinnerpetition durch Beitritt zu dem Beschlüsse der jenseitigen Kammer. — M. Auf der Tribüne der Ersten Kammer erregte gestern der bekannte Wolf Gras, welcher sich für einen Sohn Napoleons I. und der Gräfin Kielmannsegge ausgiebt, eine gewisse Teil nahme. Derselbe schien zu glauben, daß seine bei der Stände versammlung eingereichte Petition gestern zur Verhandlung kom men würde; er wird sich aber noch bis morgen zu gedulden haben, wo in der letzten Sitzung die Stände Gelegenheit haben werden, sich darüber auszusprechen. — OeffentlicheGerichtsverhandlung vom24.Juni. Ein Lohnkutscher als Ankläger, ein Lohnkutscher als Angeklagter — und der Ort des Verbrechens ein Pferdestall, — das ist die Situation, die der heutigen Verhandlung angehört. Gott lieb Benjamin Meyer auS Radeberg lebte und wohnte längere Zeit mit seinem College», dem Lohnkutscher Menzel, in einem und demselben Stalle auf der Terrafsengasse Nr 4. Sie hatten ein Compagniegeschäft gemacht. Meyer überließ dem Menzel sein Pferd und seine Wagen zur Benutzung gegen ein tägliches Entgeld von 10 Ngr. Meyer schlief auf dem Heuboden. Menzel im Stalle Alle ihre Habseligkeiten, die bei dem Angeklagten eigentlich in Nichts bestanden, lagen offen ohne Verschluß da. Jeder hatte einen Schlüssel. Im Uebrigen wurden mehrere Schlüffe! angeschafft, da Menzel einige verloren haben soll Gr hatte als einziges Möbel im Stalle eine Lade, deren Schlüffe! er immer bei sich trug. In dieser Lade lag Wäsche, einiget Silber- und Papiergeld. Im Februar d. I. trennten sich die Kameraden^ Am 16. Mai fuhv Menzrl mit seiner Droschke nach den Bahnhöfen, um d§n Nachtdienst zu versehen. Vorher besah er sich noch einmal seine Schätze in der Lade, namentlich seine harten preußischen Thaler, die in einem Strumpfe in einem Seitenkästchen der Lade lagen, dann seinen Siegelring, den er für 2 Thlr. 10 Ngr. gekauft hatte, und auch noch 5 Ellen blaue Schürzenleinwand, die im Ganzen 35 Ngr. Werth war. Als er Sonnabend früh nach Hause zurückkehrte, kam die verw. Engelmann, die in der Nähe Menzels wohnt, zu ihm und sagte Meyer wäre dagewesen, er möchte doch einmal Nach sehen, ob nichts gestohlen wäre. Zuerst hatte er keinen Argwohn, denn er fand den Stall und die Lade verschlossen. Erst nächsten Sonntag merkte er den Diebstahl. Der Verdacht mußte auf einen Menschen fallen, der hier bekannt war, der «inen Schlüffe! hatte, der auch wissen konnte, daß der Besitzer nicht zu Hause war. Es fehlten dis 5 Ellen Schürzenleinwand, der goldene Siegelring und 12 Thaler baares Geld. Meyer weiß von nichts, er hält sich für durchaus unschuldig, obgleich doch die verw. Engelmann ihn am genannten Abend mit dem Schlüffe! den Stall öffnen und hinein gehen sah. Jndeß Meyer giebt auf das Zeugniß der Engelmann, di« sich oft in Widersprüchen ergeht, nichts, im Gegentheil, er beschuldigt sie der Privatrache, „weil er die Fresserei und Wamperei seiner Frau bei ihr nicht bezahlt habe." Aehnliche Einreden hat Meyer gegen die Aus sagen des Menzel, dem er Rache, Liederlichkeit, Nachlässigkeit, schofles Wesen, ewige Trunkenheit vorwirft. Sehr nachtheilig für den Angeklagten zeugen drei Knaben, von denen der eine, wie er zur allgemeinen Belustigung selbst sagt, „uf die Vogel wiese" 12 Jahr alt ist. Dieses kleine Triumvirat hat Meyern am genannten Abende ganz genau aus dem Stalle herauS- kommen sehen. Meyer hat auch gegen diese Zeugen viel einzu wenden, die er als die „loseste Straßenbrut von der Münzgaffe" bezeichnet Er will um jene Zeit bei Apitz in der Schenkwirth- schaft gewesen sein. Herr Staatsanwalt Heinz« beantragt trotz des Läugnens des Angeklagten sxine Bestrafung. Her» Advo- cat Fränzel vertheidigt seinen Clienten in höchst interessanter, feuriger Rede brantragt die Freisprechung, beziehentlich thun- lichste richterliche Milde, da zum bitteren Weh Meyers der Menzel ihm sein ihm gehöriges Geschirr verkümmert habe. — Meyer wurde zu einer Arbeitshausstrafe in der Dauer von 1 Jahr und 3 Monaten verurtheilt. — Des Angeklagten Ehe frau, die oben auf der Tribüne der Verhandlung beiwohnte,, brach bei der Bekanntmachung des Urtels in lautes Schluch zen aus. — Angekündigts Gerichtsverhandlung. Morgen, Donnerstag, den 16 d. M., Vormittags 9 Uhr Hauptverhand lung wider den Handarbeiter Carl August Boden aus Rade berg wegen Diebstahl und Unterschlagung. Vorsitzender Ge richtsrath Ginert. — Oeffentliche Sitzung der Stadtverordneten den 25. Juni 1862 Nachmittags 6 Uhr. Tagesordnung: I) Direetorialvortrag aus der Registrande; 2) Vorträge der Peti tionsdeputation; 3) Vorträge der Finanzdeputation siher den Ambau der Schleuß? in der Süftssträße H einige Rechnungen;