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-M 7 Zn!' MeMgeldl. «ch«»g t»'«^ K. Po« »terUM ^ ZI N«, Niilitlitt 1P«r. ni'. - Hagektatt für UnttthMmg M Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Droblsch. !*«». 1S8. Sonutaq, den 18. Mai 1882. Anzeigen i. dir!. Blatte, das zur Zeit in S 500 Exempl. ersaieint, finde-' eine erfolgreiche B«rb«itung.. Dresden, den 18. Mai. — Se. Maj. der König haben dem geheimen Regierungs rathe a. D. Reiche-Eisenstuck auf Schönfeld das Ritterkreuz des Verdienstordens verliehen. — Oeffentliche Gerichtsverhandlung vom 17 Mai. Wir sehen wieder eine Nähterin, Laura Petermann, die Tochter eines Gastwirths, evangelischer Confession und unver- heirathet, auf der Anklagebank und deshalb auch unter der heute etwas zahlreicheren Zuhörerschaft einige Damen. Die Angeklagte ist nett, aber ganz schwarz gekleidet; ihre Haltung ist eine sehr von Schuld niedergedrückte, das Weiße Taschentuch trocknet fortwährend die thränenvollen blauen Augen. Die vor« geladenen 7 Zeugen gehören zumeist in das Reich der Frauen Es liegt eine besondere Art von Dieberei vor, eine gewerbs mäßige, und zwar handelt es sich um eine Reihe von Bettdieb stählen, unter denen 13 schon früher von der Angeklagten mi 1 Jahr 7 Monat Arbeitshausstrafe verbüßt sind. Anderweitige Gefängnißstrafe ist bei ihr auch schon wegen Diebstahl und Unterschlagung dagewesen; sie ist also trotz ihrerer Jugend und Liebenswürdigkeit kein Neuling im Gerichtssaale mehr. Neuer dings liegen schon wieder 6 Bettdiebstähle vor, die einen Ge- sammtbetrag von etwa 92 Thlr. erreichen. Ihr offenes Ge- ständniß erregt Theilnahme und spricht für ein ihr gewiß noch innewohnendes Gefühl von Reue über die begangenen Sünden. Die Geschichte ihrer Diebereien ist einfach. Ueberall, wo sie die Betten und die dazu gehörige Wäsche gestohlen, hat sie früher verkehrt, war also mit den Räumlichkeiten genau bekannt In der Dunkelheit schlich sie in die verschiedenen Behausungen und stahl die Betten, die sie dann theils verkaufte, theils verpfän dete Große Noth war der Grund dazu; denn die Nähnadel allein ist nicht immer hinreichend, den murrenden Magen zu stillen, und der Herr Vertheidiger hatte Recht, wenn er sagte, daß die Petermann sich auf einen andern leichtsinnigen Verdienst, der in der Jetztzeit bei Nähmamsells als modern gilt, nicht ge worfen, sondern dafür lieber gestohlen hat. Interessant ist da bei der Umstand, daß sie bei ihren Diebstählen sogar einmal das gestohlene Object durch ein anderes ebenfalls gestohlenes Object ersetzt hat. In der Stube nämlich, wo sie auf Schlaf stelle war, standen zwei Betten, in dem einen schlief sie, in dem andern Niemand. Aus dem letzteren stahl sie das Oberbett, verkaufte es, stahl ein anderes und legte es an Stelle des elfte ren Dazu kommt noch, daß sie in der ernstesten Stunde des Lebens, da wo eigentlich Jeder im Geiste auf Vergangenheit und Zukunft, auf Weh und Lust, auf Sünde und Besserung zurückdenken muß, mit ihren Diebstählen begonnen — nämlich in der Sylvesternacht — und so hat sie sich in Wahrheit aus dem alten Jahr in das neue hineingestohlen! — Die Staatsanwaltschaft, vertreten durch Herrn Heinz«, stellte den Antrag auf Bestrafung wegen ausgezeichneten Diebstahls — nicht so dachte der Herr Vertheidiger, Adv. Fränzel; er spricht nur von einfachem Diebstahl. Er bezeichnet mit kräftigen Worten die Petermann alt ein weh- und reumüthige» Opfertet? allge meinen Noth, die bei Personen ihres Standes, welche sich durch Händearbeit nähren, gewöhnlich sich zeigt und nicht ausbleibt. „Verbinden Sie, meine Herren Richter," schließt der Vertheidi ger, „diesen Nothstand mit der Reue, die Sie heut im Herzen der Angeklagten und auch in ihren thränenvollen Augen lesen, dictirm Sie ihr eine möglichst milde Strafe und ich bin über zeugt, sie wird ausreichen, die Verbrecherin zu bessern und sie nach der Rückkehr vom Ort der Strafe einem ehrlicheren Wandel auf dem Lebenspfade zuzuführen. Ich empfehle meine Client!» ihrer Milde!" — Und diese Milde trat auch ein. Laura Petermann wurde nur, trotz der wiederholten zahlreichen und umfangsreichen Diebstähle, zu 2 Jahr und 3 Monat Zuchthaus vrrurtheilt. Wieder in Thränen gebadet hörte sie dieSErkennt- niß an. Wird sie auch wirklich die Prophezeiung des Ver- theidigers erfüllen — und nach den 27 Monaten der Strafe gleich den ersten Monat der Freiheit zur Besserung benützen - Gott weiß es; denn er will ja nicht, daß der Sünder sterbe, sondern sich bekehre und lebe. — Der seit ^ Jahren wegen Erpressungen, Unterschla gungen, Fälschungen rc. in Untersuchung befindliche vormalige Advocat Finger zu Zittau ward Donnerstag Abend halb 9 Uhr nach fünftägiger Hauptverhandlung zu 5 Jahrm Zuchthaus verurtheilt. Die Vertheidigung führte Herr Adv. Streme!. — Wir sind schreibt das Dr. I. in den Stand gesetzt, über den Stand der Wahlen für die in Dresden zu errichtende Handels- und Gewerbekammer, deren Bezirk der Regierungsbe zirk Dresden, mit alleiniger Ausnahme des an den Leipziger Kammerbezirk gewiesenen Gerichtsamts und der Stadt Großen hain, umfassen wird, Nachstehendes mitzutheilen: Die Zahl der in die Wahllisten eingetragenen Urwähler zur Gewerbekammer abtheilung betrug im Ganzen 13,166, und es waren von die sen 442 Wahlmänner zu ernennen. Diese Wahlen sind nun mehr insgesammt vollzogen, und zwar haben dabei 8729 der Urwähler ihr Stimmrecht wirklich ausgeübt. Von den Wahl männern gehören 282 dem städtischen Gewerbestande an, 160 dem ländlichen. Weitere Mittheilungen behalten wir uns vor. — Gestern Morgen wurde unter dem Geläute der Glocken eine im hohen Greisenalter stehende sehr würdige Frau zur irdischen Ruhe gebracht, die Wittwe des 1835 verstorbenen Superintendenten Dr. Seltenreich. Dieser steht gewiß noch bei vielen Bewohnern hiesiger Stadt als würdiger Geistlicher und -esonders als Kinderfreund in gutem Andenken. Er war auch Mitbegründer der evangelischen Freischule auf der Reitbahngaffe und widmete derselben große Liebe und Sorgfalt. Auch nach einem Tode behielt die Wittwe genannte Schule in freundlichem lndmken und deshalb gaben die ersten Klassen derselben ihrer Wohlthäterin das letzte Geleite. Auch sonst war die Verstorbene eine wohlthätige Frau und war insbesondere auch der Gustav- ldolph-Stiftung in thätiger Liebe zugethan. — Am Grabe 'prachen Diaconus Döhner und Schuldirektor Petermann. — Unterstützt durch das Laade'sche Musikchor «ab vor gestern Abend imSäake des Lincke'fchen BädtzS M hiesige >9