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vormalige Advocat Herr Karl Friedrich lLonstan- tin Gautzsch, jetzt in Dresden, ist zur advocatorischen Praxis wieder zugelassen und als Advocat verpflichtet worden. — In der erweiterten Sitzung des kgl. stenographischen Instituts am I.Mai wurden dem Vorsitzenden desselben. Herrn Geh. Regierungsrath Häpe von den hiesigen Stenographen in Anerkennung seiner großen Verdienste um die Stenographie und insbesondere um die erweiterten Jnstitutssitzungen, deren Jahres tag demnächst gefeiert werden soll, ein kostbares Alhum über reicht Dasselbe enthält 38 Portraits (Visitenkartenform) hie siger Gabelsbergerianer. Die höchst gelungenen Poxtraits selbst sind aus der rühmlich bekannten photographischen Anstalt von N. Eich ans der Pragerstraße hcrvorgegangen. — Die Mitglieder des früheren Stadtmusikchors spielen jetzt unter der Bezeichnung , Kirsten'sches Musikchor" und haben den Musikdirektor Louis Schubert, welcher seine Studien in seiner Geburtsstadt Dessau gemacht hat und auf größer» Reisen Städte, wie Berlin, Petersburg rc. besucht hat, darauf als Concertmeister und Musikdirektor am Königsberger Stadttheater jahrelang fungirte, als ihren neuen Dirigenten gewählt. Schu bert ist bereits mit Glück als Componist zweier in Königsberg aufgeführten Opern aufgetreten, hat auch eine Anzahl von Liederheften, die sich durch Gangbarkeit und melodiöses Wesen auszeichnen, der Oeffentlichkeit übergeben Das erstgegebene Concert dieses neuorganisirten Orchesters fand an vergangener Mittwoch im großen Garten sehr beifällig statt. Möge das Publikum dem heute im Lincke'schen Bade stattfindenden Sin- fonie-Concerte seine volle Beachtung schenken, — Wir müssen unsere Leser und Freunde darauf auf merksam machen, daß anonyme und pseudonyme Einsendungen, falls dieselben Thatsachen enthalten, welche geeignet sind, die genannten Personen dem Hasse oder der Verachtung Preis zu geben, aus leicht begreiflichen Gründen k ine Berücksichtigung finden können. Denn wollten wir die Thatsachen ohne Nennung der betreffenden Personen mittheilen, so würden sie als erfunden verdächtigt werden und dadurch jedes Interesse verlieren. — Nachträglich sei noch zur letzten Wassercalamität be merkt, daß aus den unterhalb Blasewitz gelegenen Wiesen durch die Wasserfluth einige menschliche Knochen nebst Schuhwerk auf gewühlt worden sind, Blasewitzer Einwohner erinnern sich, daß vor 8 Jahren daselbst ein unbekannter männlicher Leichnam angeschwemmt und beerdigt worden ist. Obiger Fall läßt auf's Neue es wünschenswerth erscheinen, menschliche Leichname, wenn sie auf geweihtem Boden beerdigt werden können, in der Nähe von Flüssen wenigstens so tief zu begraben, daß sie nicht zur öffentlichen Schau später wieder ans Tageslicht kommen. — Gestern Abend fand zu Ehren des Direktors der po lytechnischen Schule, Herrn Professor v. Hülße, ein solenner Fackelzug statt, veranstaltet von den Schülern dieser Anstalt bei Gelegenheit seines 25jährigen Ehejubiläums. Der Zug be wegte sich, ein Musikchor an der Spitze, nach der Wohnung des Direktors in der Röhrhofsgasse mit über 100 Fackeln zur Begrüßung durch Musik und Rede. — Nach einer Bekanntmachung des Gerichtsamtes zu Waldheim hat neulich Jemand während der Nachtzeit die Ring mauern der dasigen Strafanstalt von außen her erstiegen, je doch nachdem er von dem in der Nähe befindlichen Wachtposten gesehen worden, alsbald sich wieder zurückgezogen. Das Ge- nchtsamt warnt vor dergleichen Unternehmungen mit der Be merkung. daß die Wachtposten angewiesen sind, in solchen Fäl? len sofort von der Feuerwaffe Gebrauch zu machen. — Von dem Empfange, welchen die Berliner Meßbesucher auf ihrer Reise und in Leipzig gefunden haben, giebt der Brief eines von ihnen ein interessantes Bild. «Leipzig, 29 April, Nachts 2H Uhr. Unsere Fahrt war ein vollständiger Triumph zug. In Bitterfeld wurden wir durch ein Telegramm der leip ziger Bürger und Studenten benachrichtigt, daß sie uns berli- ner Urwähler auf dem Bahnhofe erwarteten. Die Bürger Bit terfelds waren auf dem Bahnhofe versammelt und brachten uns ein kräftiges Hoch, ein Jubel, der von beiden Seiten bis zu unserer Abfahrt fortdauerte. In Delitzsch wurden wir mit ei nem Fackelzuge und nicht enden wollendem Jubel empfangen; erall wurde un« versichert, daß die Fortschrittspartei gesteg Nun kamen wir endlich 12 Uhr Nachts auf dem leipziger Bahn hofe an, wo wir von Tausenden bewillkommnet wurden. Bür ger und Studenten bildeten ein Spalier, um uns nach dem großen Bahnhofssaale zu geleiten. Dort wurden wir von ei nem Gesangverein auf's Froheste überrascht. Nach Beendigung des ersten Liedes hielt ein Herr eine Ansprache an uns --> worin er besonders darauf hinwieS, wie wir deutschen Stämme nur ein Ziel 'vor Augen hätten, und sprach die Hoffnung aus, daß die preußischen Wahlen im Sinne des Fortschritts ausgefallen sein möchten. Es eiHriff darauf, ein Berliner das Wort und erwiderte den leipziger deutschen Brüdern, wie die Wahlen in Berlin, so weit ihm bekannt geworden, nur vortheilhaft aus gefallen, indem die Parole unter den Männern des Fortschritts nur „Wiederwahl" geheißen, d. h. nur diejenigen zu Wahl männern zu wählen, von denen wir mit Bestimmtheit gewußt, daß dieselben in unserem Sinne gestimmt. Bemerkenswerth ist die gryße Betheiligung der Studenten an dem herzlichen Em pfang, welcher den Urwählern Berlins bereitet war." — Wohl selten oder noch niemals hat der große Uebel- stand, daß die Ostermesse alljährlich nicht an einem bestimmten Tage ihren Anfang nimmt, derselben so geschadet, als diesmal, wo sie so spät anfing, die Verkünder des Frühlings aber so früh eintrafen, und die Vegetation gegen die meisten früheren Jahre um bald einen Monat voraus ist. Wenn in andern früher angegangenen Ostermessen der Frühjahrs- und Sommer bedarf zum großen Theile auf die gegenwärtige Messe ange wiesen war, können jetzt nur noch Sommerartikel gekauft werden, indem sich die Consumenten mit Dem, was für die Frühjahrssaison gebraucht wurde, schon vor 1—2 Monaten durch direkte Beziehungen versorgen mußten, weshalb auch die Fabrikanten aller Ellenwaaren vor der Messe gut beschäf tigt waren. Dessen ungeachtet sind viel fremde Einkäufer, darunter viele aus dem Orient und auch aus Nordamerika ein getroffen und das Gewühl auf den Straßen kann man fast ein ungewöhnliches nennen. Der Ledermarkt namentlich ist sehr belebt und mit heute ziemlich beendet; doch sind, wie man hört, die Preise von fabricirter Waare gedrückt, was auch nicht ohne Wirkung auf die bedeutenden Lager von rohem Leder bleiben kann. Das Tuchgeschäft ist bis jetzt nicht sehr belebt, nament lich sind Winterartikel vernachlässigt, und weil man sich schon früher mit Frühjahrs- und Sommerartikeln versorgen mußte, so scheint sich der Umsatz nicht so günstig zu gestalten, als wohl hin- und wieder erwartet wurde. Von dem bis jetzt Verkauften hat nur ein Theil die Preise der Mchaelismesse gehabt, während im Allgemeinen nicht mehr dafür bezahlt wird, als in letzter Nenjahrsmesse. Amerika hat zwar Bedarf, weni ger aber in Tuchen, als in andern Manufacturwaaren, und darum ist später ein Drücken der Preise von den dortigen Ein käufern und sonstigen Grossisten zu erwarten. (Dr. I.) — Vorgestern hat in Leipzig ein Kaufmann aus Leipzig eine Summe von circa 4000 Thalern verloren, die er, in einem Papier eingeschlagen, in der Brusttasche bei sich getragen. — Ebenso wurde daselbst einem Kaufmann aus Dessau vor der Güterexpedition des Magdeburger Bahnhofs eine Brieftasche mit 100 Thalern aus der Brieftasche entwendet. — Die hiesige Arbeit- und Arbeiternachweisungsanstalt hat im Monat April d. I. 118 männlichen und 447 weiblichen, zusammen 565 Arbeitern lohnende Arbeiten nachgewiesen, — ein Resultat, wie es bis jetzt noch nicht erreicht worden ist. — Die kolossalen Riesenhirschgeweihe, welche Herr Con- servator Schulz in der Schloßstraße ausgestellt hat, sind zufolge eines vorgestern durch Herrn Hofrath Neichenbach in der Isis gehaltenen Vortrags allerdings sehr sehenswerth, und soll es noch zweifelhaft sein, ob der kräftige Träger desselben, dessen schönerhaltener Kopf dabei befindlich, ein außerordmtlich altes Exemplar von der Art gewesen ist, deren schönes Skelett sich im Zwingermuseum befindet, oder eine eigne, mehr dem Elen thier ähnliche Art. Die ungeheueren Schaufelgeweihe messen, wie wir schon mitgetheilt, nebst der Stirnbreite des Kopfes 14 Fuß und wiegm 250 Pfund. Ein prachtvoller Tiger und Leopard liegen daneben.