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- Dresden, den 10 Februar. — Aus dem Erzgebirge schreibt man der deutschen Allge meinen Zeitung Folgendes: „Den trostlosen Berichten gegenüber, welche die Leipziger Zeitung aus Neapel mitzutheilen Pflegt, kann ich Ihnen als Thatsache versichern, daß direkte Handels briefe von dort die Lage der Dinge ganz anders und verhält- nißmäßig sehr zufriedenstellend schildern. Die zerrütteten Ver- kehrsverhältnifse regeln sich durch die Wiederkehr des öffent lichen Vertrauens und das Geschäft belebt sich, wovon neuer dings gleichzeitig von mehrern Seiten eingegangene, gar nicht unansehnliche Ordres an sächsische Häuser praktisch den aller besten Beweis liefern; denn die Kaufleute hüten sich wohl, in Geschäfte einzugehen, wenn die politische Situation nur irgend gefahrdrohend erscheint. Die Artikel der Leipziger Zeitung aus Neapel, die vor Unwahrheiten strotzen und eine so blinde Par- teisucht verrathen, werden in unserm Publikum daher auch schon seit lange sehr übel vermerkt. Ich fühlte mich gedrungen, dies in Ihrem unabhängigen Organ einmal offen auszusprechen " — Der hiesige Gewerbeverein feierte vorgestern Abend sein Stiftungsfest in Meinholds Etablissement, welches fast gleichzeitig von Ernst und Gemüthlichkeit durchdrungen war. Die Reihe der Trinksprüche eröffnete Herr Professor Schubert mit einem Hoch auf S. Maj. den König, während hierauf Herr Inspektor Büttner der K. Ministerien und Behörden ge dachte. Nach dem Gesang eines Tafelliedes erhoben sich Herr Schuldirektor Claus und Herr Wilken, wovon Ersterer zu ei nem Hoch für den Vorstand des Vereines und Letzterer zu Ehren des Herrn Professor Schubert die Anwesenden freund- lichst aufforderte. Freudig wurde dem Rufe Folge geleistet und in darauf folgender Mahnung auch noch beim Klang des Glases der Herren Inspektor Büttner und Cassirer Hoffmann gedacht. Obwohl nun bei dem Feste keine Frauen anwesend, fühlte sich Herr Advocat Siegel dennoch gedrungen, auch ihrer zu gedenken, und zwar als Frauen des Glückes der Vergangen heit, Gegenwart und Zukunft. Nach einigen Pausen, sich den materiellen, doch trefflich bereiteten Tafelgenüssen hingebend, worein noch manches Lied ertönte, tauchten noch mehre Red ner auf. Der Herr Buchhändler Ernst am Ende gedachte der Poesie, Herr Professor Schubert der neuen Beamten im Ge- werbverein und Herr Kaufmann Hänsel wendete seine Worte der Gewerbfreiheit und Freizügigkeit zu. Viel Heiterkeit er weckte eine humoristisch-poetische Improvisation des Herrn Bau meister Günther, welcher der menschlichen Hand gedachte und ihr zugleich die Association mit geistiger Regung wünschte. Herr Oberinspektor Tauberth erging sich in markiger Rede dahin, welch eigentlich schwere Verpflichtung ihm obliege, infolge einer auf ihn gefallenen Wahl seinen tüchtigen Vorgänger zu ersetzen, Wolle jedoch Alles aufbieten, sich des Vertrauens würdig zu zeigen, das man ihm auf so ehrende Weise geschenkt habe. Am Schluß seiner Rede, welche großen Anklang fand, gedachte er der Herren im Verein und nach etlichen Trinksprüchen, Herr D. Wehl auf Dresden u. s. w., geschah im freudig erregten Kreise eine Sammlung zu Prämien für die Zöglinge der Hand werkerschule, welche Spende sich ergiebig zeigte, und somit den Schlußstein des Festes bildete, welches bis spät nach Mitter nacht währte. — Morgen wird auch Herr Musikdirektor Puffholdt mit seiner gut eingeübten neuengagirten Kapelle im Saale des Belvedere ein Concert zum Besten der Wassercalamitosen geben — Von der K. Wafserbaudirection sind, wie wir hören, wöhrend der ersten Tage des Hochwassers über 300 telegra phische Depeschen empfangen und weitergegeben worden. Ueber- dies hat sich aber auch der Telegraphist der Leipziger Bahn, Herr Franke, rühmlichst hervorgethan, denn er versorgte, ange trieben von Menschenfreundlichkeit, die sämmtlichen Ortschaften an der Elbe, von Coswig bis gen Meißen, fortwährend mit Warnungs- und Weckrufen, die er sich erst an geeigneter Stelle einholen mußte, und gewiß nicht ohne Erfolg. — Die heute hier tagende außerordentliche Generalver sammlung des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen bezweckt hauptsächlich, nochmals den Versuch zu machen, eine Einigung in Beziehung auf das Vereins-Güter-Reglement herbeizusühren. Die geschäftsführegde Direktion hat, um für den Fall einer Einigung möglichst eine schleunige Einführung herbeizuführen, die dem Vereine angehörigen Bahnverwaltungen ersucht, ihre Deputirten mit Vollmacht zu versehen, um sich definitiv über das Reglement erklären zu können. — Die königliche Kreisdirection hat heute einen Aufruf zu Unterstützung der auswärtigen Wassercalamitosen des hiesigen Regierungsbezirks erlassen, den wir der wärmsten Theilnahme hes Publikums besonders empfehlen. — In der Nacht vom Donnerstag zum Freitag hatte sich ein frecher Eindringling in die Fleischbänke im Gewandhause eingeschlichen, um daselbst seine Sehnsucht nach einigen Effecten, welche die Fleischer dort zu lassen pflegen, auf eine polizei widrige Weise zu stillen. Mosje Langfinger wurde aber durch irgend einen Zufall in seinen Hanthierungen gestört und mußte sich deshalb, nachdem er bereits zwei Läden erbrochen, mit ei nem alten Pelz und einer wollenen Jacke begnügen. Wie wir hören, ist der Dieb in der Person eines Cigarrenarbeiters be reits ermittelt und in sichern Gewahrsam gebracht. — Im Jnseratentheile der Kölner Zeitung vom 7. Fe bruar d. I. wird dem Publikum ein Anerbieten gemacht, das im höchsten Grade lockend, zugleich aber etwas unglaublich ist. Wir theilen es in folgendem mit: „Personen jeden Standes, namentlich Damen, die lesen und schreiben können, wird gegen 14 Thaler Postvorschuß ein sicherer, sittlicher, gesetzlicher, lang jähriger Erwerb von 2—600 Thlrn. jährlich, der in ein paar Viertelstunden des Tages spielend an jedem Orte verdient wird, nachgewiesen. Anfragen unbeantwortet (?). Briefe frei an 8. l,. posle restante „Deutsch Lissa" In der That ein vor- theilhaftes Anerbieten, für 1j Thlr. sich eine dauernde Existenz zu gründen.