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Ersch. tLgl. Morg. 7 Uhr. Inserat« werden b. Abends 6, Tonnt, bis Mittags 12 U. angenommen in der Expedition: Johannesallee u. WaisenhauSstraße 6. Abonn. vierteliShrlich rv Ngr. bet untntgtldl. Lieferung tn'SHau». Durch die K. Post vierteljährlich 22 Ngr. Einzelne Nummern 1 Ngr. Hageklatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. «o S4« Donnerstag, den 12. December Tambour schlag an! Tambour schlag an! Nach manchen trüben Jahren Zum Erstenmal der altbekannte Ton, Der da erklungen ernst und schlachterfahren Durch unsre früh'stc Jugend schon. Tambour schlag an! Tambour schlag an! Es gilt dein Erstes Rollen Dem Landesvater, wie es sich gebührt, Dem heute mit der Stimme, mit der vollen Sein treuer Kriegsmann gratulirt. Tambour schlag an! Tambour schlag an! Die Zeit, wo du geschwiegen, Wir wünschen sie nicht mehr zurück, Mag sie in ihrem Grabe liegen, Heut richtet sich nach Vorwärts unser Blick. Tambour schlag an! Tambour'schlag an! Du machst die Luft gesünder Mit deinem Ton und das giebt Wohlgedeihn — So mögst du denn für alle Landeskinder Und das Geburtstagskind ein gutes Zeichen sein. Tambour schlag an! Tambour schlag an! Und trommle tapfer nieder Den letzten Mißklang einer trüben Zeit — Der alten Liebe, treu und bieder, Sei Sachsens erster Trommelschlag geweiht. Tambour schlag an! 8. Dresden, den 12. December. — * Oeffentliche Gerichtsverhandlung am 10. Dec. Sehen wir so oft Physisch und moralisch verkümmerte Menschen wegen gemeiner Eigenthumsverbrechen auf der An klagebank, wahrhaft arme Sünder, denen wir beim gerechten Verdammungsurtheil doch ein gewisses Mitleid nicht vorenthal ten mögen; so muß es uns andererseits geradezu mit Indigna tion erfüllen, wenn wir eine zierlich junge Dame, modisch ge kleidet, des elendesten Schwindels angeklagt vor uns sehen, noch dazu, wenn diese Dame Stirn und Mundwerk gerade genug hat, ihre Anklagebank, in eine Schau- und Nednerbühne zu ver wandeln. Dies war der Fall bei Friederike Henriette Demuth, 22 Jahre alt, aus Jena gebürtig. Von ihrer Mutter, welche selbst gedient hat, auch wieder zum Dienen angehalten, zog es die Angeklagte vor, zunächst ein Handelsgeschäft zu gründen und zwar zu Neuschönefeld. Von ihrer Tante will sie 100 Thlr. zu Anlage eines Geschäfts erhalten haben. Wenn sie dagegen bei ihrer nachherigen Umsiedelung nach Dresden, wo sie ein Putzgeschäft mit Frl. Wilhelmine Bertha Nötiger anfangs in Compagnie betrieb, später unter dem Vorgeben, sie bekomme von ihrer Mutter noch 300 Thlr. ausgezahlt, jenes Geschäft für den Preis von 450 Thlr. mit nur 20 Thlr. Anzahlung käuflich an sich brachte, so stellt sich aus beschworenen Zeugen depositionen heraus, daß die Mutter der Angeklagten dieser nichts schuldig sei, ihr vielmehr nur eine Summe Geldes zu 5 Procent geliehen und geäußert habe, die „Dirne" könne von ihr nichts mehr kriegen und möge nur dienen, wie sie selbst ebenfalls habe dienen müssen. Auch hat die Angeklagte der Böttger von großen Außenständen vorgefabelt und unter so trügerischen Auspicien im Herbst 1860 das Geschäft übernom men, unter dem 19. Februar 1861 aber schon ihre Insolvenz mit 1674 Thlr. Passiven, den Hauszins nicht mit eingerechnet, angezeigt. Damals schrieb sie an eine Frau Semmig in Leip zig, von welcher ihr die Böttger empfohlen worden war, einen Brief des Inhaltes, daß die Böttger keine Spur von Ehre, vielmehr nur Schulden und keinen Credit habe u. s. w. und ist wegen dieser Verleumdung, beziehendlich Beleidigung von Frl. Böttger denuncirt und im gesammten Erkenntniß auch mit bestraft worden. — In Dresden hat die Angeklagte dem Schnei dermeister Ed. Fr. Hebenstreit und dessen Ehefrau vorgelogen, daß sie über 1000 Thlr. zu verfügen habe, welche beim Advo- cat Hartung in Leipzig deponirt wären, daß sie ferner noch 1500 Thlr. Außenstände in einem Handschuhgeschäft habe, daß sie nur zu teleqraphiren brauche, um von ihrer Mutter und ih rem Oheim sofort Geld zu erhalten, daß sie mit hohen Herren in Verbindung stehe und bei ihrem Creditwesen ein Minister sich für sie verwendet habe, weiter, daß die Gräfin Holtzendorff (bei welcher ihre Mutter früher gedient hatte) ihr eine zweite Mutter sei u. s. w. und lediglich durch diese Vorspiegelungen hatte sie das Hebenstreit'sche Ehepaar vermocht, ihr Logis und Kost zu gewähren, auch Kleider für sie anzufertigen. Heben- streit's haben schließlich Sachen von ihr behalten und trotz ei ner Gegenrechnung über Kinderkutten, Mützen, Hut, Schleifen u. s. f., welche Hebenstreit's zwar ursprünglich als Präsente von ihr erhalten zu haben behaupten, ist die Angeklagte doch noch mit 7 Thlr. 21 Ngr. für gefertigte Kleider und mit 34 Thlr. 13 Ngr. 1 Pf. Hausrechnung (darunter baare Verläge und Darlehen) in Rest verblieben. Ja, die Angeklagte hat sich der maßen auf das hohe Pferd gesetzt, daß sie den Hebenstreit'schen Eheleuten sogar durch ihre hohen Connexionen ein Darlehen von 300 Thlr. zu verschaffen versprochen. Obschon sie nun alles dies, namentlich ihre Vorspiegelungen läugnet, so wurde sie doch durch die vereideten Aussagen der Hebenstreitschen Ehe leute, sowie der bei Letzteren arbeitenden Nähterinnen Auguste Emilie Krause und Henriette Müller endlich zum Schweigen ge bracht. — Andere unerhörte Betrügereien und Fälschungen hat die Angeklagte, als sie später nach Leipzig zurückgekehrt, dort ausgeführt Sie wohnte daselbst im Nöte! gsrni beim Gast- wirth Löwe und vericbwand eines Tages unter Hinterlassung