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Mitredacteur: Theodor Drobisch. Mo. S4S. Montag, den 9. December 18VL Dresden, den 9. December. — Das Dr. Journal berichtet: Nachdem wir in Nr. 281 des „Dresdner Journals" versichert hatten, daß uns von dem angeblichen Bestehen einer „königlich sächsischen Commission" Nichts bekannt sei und wir selbst begierig seien, Aufschluß über deren Existenz und Geschäftskreis zu erhalten, ist die Berliner „National Zeitung" in Nr. 567 endlich mit einer Thatsache hervorgetreten. „Im Sommer 1852", schreibt ein Korrespon dent aus Dresden, „verfolgte die damalige städtische Polizei deputation der Ausweisungen die damals noch unverheirathete 5. L N. aus M., jetzt hier verehelichte K. In den diese Aus weisung betreffenden Polizeiacten befindet sich ein Brief vom 6. Juni 1852, unterzeichnet „Eberhard" — der damals im Ministerium des Innern Referent für Polizeisachen war — an den durch die Herausgabe des „schwarzen Buches" so bekannt gewordene Polizeirath Müller. Dieser Brief war verschlossen ge wesen mittelst eines Petschaftes, das in der Mitte das sächsische Wappen und um dieses die Umschrift in lateinischen Initialen trägt: „Königlich Sächsische Commision". Das „Dresdner Journal" wird im Stande sein, sich Einsicht in diese Polizei- actcn zu verschaffen. Und befindet sich darin ein Brief mit solchem Siegel, so wäre ja wohl die Existenz der „Commission" bewiesen und damit weiterer Nachweis aus Polizei, Gerichts und andern Acten überflüssig? Der Inhalt solcher Schreiben Eberhard's ist aber der Art, daß er dem Verdachte von ge heimer Polizei Nahrung giebt." Wir sind im Stande gewesen, uns Einsicht in jene Polizei-Acten zu verschaffen, und müssen zur Berichtigung zunächst Folgendes constatiren: Eine „städtische Polizei-Deputation der Ausweisungen" giebt es in Dresden nicht und hat es hier nie gegeben. Vielmehr führte diejenige städtische Behörde allein, welcher früher die Verwaltung der Sicherheitspolizei oblag, zur damaligen Zeit den Titel: „die Stadt - Polizei - Deputation zu Dresden." Vor dieser Behörde sind allerdings einmal im Jahre 1852 Acten über die Aus weisung einer gewissen S. L. N. aus M., für welche nach In halt der Acten der hies. Adv. Zacharias als Sachwalter gear beitet hat, ergangen. Allein weder in diesen Acten noch in den auf den Tapezierergehilfen L. B. K. von hier, den nachmaligen Ehemann derselben, bezüglichen Acten findet sich auch nur eine, an Polizeirath Müller gerichtete Zeile, oder ein „Brief" des verstorbenen Regierungsraths Eberhard. Wohl aber enthalten die zuletzt genannten Acten ein amtliches Schreiben Eberhard's an den damaligen Chef der Stadtpolizeideputation, Polizeidirec- tor Amtshauptmann v. Oppell. In demselben wird mitgetheilt, daß der oben erwähnte L. B. K. in den Jahren 1649 und 1850 zu Minden an demokratischen Vereinen sich betheiligt habe und sowohl deshalb, als auch wegen eines Concubinatsverhält- niffes aus Minden ausgewiesen worden sei und nach Dresden zurückgekehrt sein solle, wohin sich auch seine Braut von Min den aus begeben haben dürfte. Es wird nun auf denselben aufmerksam gemacht und um Auskunft über seine persönlichen Verhältnisse und Über sonstige Vorgänge gebeten. Wir über lassen dem Leser, selbst zu entscheiden, ob der Inhalt dieses Schreibens dem Verdachte von geheimer Polizei Nahrung ge ben kann, wollen aber nur beiläufig bemerken, daß nach der infolge dieses Schreibens gegebenen Auskunft das Concubinats- verhältniß, welches schon in Minden mit Anlaß zur Ausweis ung des K. gegeben hatte, in Dresden fortgesetzt wurde, so daß auch hier und zwar gegen die hier nicht heimathsangehörige Concubine, die oben erwähnte S. L. N., ein Ausweisungsver fahren eingeleitet werden mußte. Was aber die Hauptsache, das Siegel, anlangt, so ist das amtliche Schreiben Eberhard's mit einem Petschafte verschlossen, welches zwar nicht die in der „National-Zeitung" angegebene Umschrift, Wohl aber die Worte: „König!. Sachs. Commissionssiegel" enthält. Obwohl wir uns nun erinnern, daß über ein derartiges Siegel schon früher in der Tagespresse verhandelt worden ist, und nicht geglaubt hät ten, daß dieses abgebrauchte Argument noch einmal aus der Vergessenheit hervorgeholt werden würde, so stehen wir doch keinen Augenblick an, über die Bewandtniß, welche cs mit die- ' sem Siegel hat, Auskunft zu ertheilen. In den verschiedenen Ministerien, und bei andern königlichen Oberbehördm, also keineswegs blos im Ministerium des Innern existiren Petschafte mit obiger Aufschrift, oder auch mit der Aufschrift: „Königlich sächsische Commission". Dieser Siegel bedienen sich die Mit glieder der betreffenden Behörde theils bei Amtsreisen, theils bei Erledigung sonstiger commissarischer Aufträge, theils bei solchen amtlichen Schreiben, welche von diesen einzelnm Mitgliedern und nicht im' Namen der Behörde erlas sen werden Der einzige Zweck dieser Siegel ist die Documentirung der amtlichen Qualität des damit verschlosse nen Schreibens und die Erlangung der Portobefreiung für letzteres. Dergleichen Petschafte sind von jeher bis in die neueste Zeit geführt worden und werden auch ferner geführt werden, und wenn in früherer Zeit Niemand auf den Ge danken gekommen ist, dieses Siegel für das Zauberschloß zu halten, hinter welchem das unheimliche Gespenst der „geheimen Polizei" sich unsichtbar zu machen suchte, so ist dies Wohl nur daraus zu erklären, daß die Presse sich heut zu Tage mit besonderer Vorliebe auf den Polizeiscandal geworfen hat. Die „Constitutionelle Zeitung" wird sich hoffentlich dessen bescheiden, daß es gar nichts Merkwürdiges ist, wenn dem Chef des Ministeriums noch heute von jener „Commission" nichts bekannt wurde, und daß der Gebrauch des gedachten Siegels ebensowenig zu den „Liebhabereim" einzelner Beamten, als zu den Dingen gehört, die „nicht in der Ordnung" sind. Im Einverständniß mit der „Cvnstitutionellm Zeitung" wird es uns daher nicht Wunder nehmm, wmn die Gerüchte von geheimer Polizei, mit und ohne Siegel, immer wieder auf tauchen. — Man spricht neuerdings davon, daß auch die vier säch sischen Cavallerieregimenter ihrem Zwecke als leichte Reiter ent sprechender uniformirt werden und namentlich die ziemlich schwe ren Helme mit einer anderen Kopfbedeckung vertauschen sollen,