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Elsch. tägl. Mora. 7 Ubr. Inserate werden b. Abends 6, Ponnt.bis Mittags 1L U- angenommen in der Expedition: Johannesallee u. Waisenhausstraße ü. Ä^onn. vierteljährlich 20 Ngr. bei unentgeldl. Lieferung in's Haus. Durch di« K. Post vierteljährlich 22 Ngr. Einzelne Nummern 1 Ngr. Hageblatt fiir UnterhaltuM Md Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. »AS. Sonntag, den t. December Dresden, den 1. December. — In der letzten geselligen Zusammenkunft des Turnver eins wurde von dem Vortragenden eines Mannes gedacht, der sich um die Turnerei bedeutende Verdienste erworben hat und leider noch zu früh aus diesem Leben scheiden mußte. Es ist l>. Schreber in Leipzig, der zum allgemeinen Bedauern der Tur ner und Turnfreundc am 10. Nov. d. I. verstorben ist. Wohl kein Mann hat so sehr aus rein gesundheitlichem Interesse das Turnen empfohlen und dafür gelebt und gewirkt und nach allen Seiten hin Schritte gethan, um dasselbe zu heben und zu ver breiten, als gerade Schreber. Schon die Gründung des Leip ziger Turnvereins war sein und Professor Bock's Werk. Ferner ist ihm zuzuschreiben, daß derselbe 1849 nicht aufgelöst wurde. Daß der Leipziger Verein unter den 600 deutschen Turnverei nen der größte und bedeutendste geworden ist, hat wiederum seine väterliche Fürsorge hervorgebracht. Aber nicht blos für Leipzig sorgte er, nein, überall, auch in den kleinsten Orten wollte er Turnvereine wissen, und gab Schriften heraus, die seine Ansichten kundgaben. Turnen soll Jeder, und wen Ver hältnisse abhalten, in Vereinen zu turnen, für den schrieb er seine Zimmergymnastik. Er wollte Kinderspielplätze eingerichtet wissen, um den Kindern schon, im Spiele Gewandtheit und Muskelkraft beizubringen. Schreber ist gestorben, aber sein Name und seine Thaten werden Allen, die sich für's Turnen interessiren, unvergeßlich sein. — Nach dem Vortrage folgten mehrere recht hübsch ausgeführte Streichquartette, und war der Abend ein recht genußreicher. — Wer an einer derjenigen vorstädtischen Straßen wohnt, durch welche alljährlich an den Nekrutirungstagen die jungen Mannschaften vom Lande hereinkommen und die nicht Ausgeho benen zurückkehren, hat jedes Jahr bisher Gelegenheit gehabt, ebenso sehr über das tumultuirende Verhalten dieser Mannschaf ten auf den Straßen sich zu entrüsten, wie über die Nachsicht der polizeilichen Organe mit solchem'Unsuge sich zu verwundern. Denn was das ganze Jahr hindurch mit Recht keinem Bewoh ner der Stadt selbst gestattet ist, durch rohes Schreien und durch wirkliche oder scheinbare Betrunkenheit mit ihren Folgen Andern Aergerniß zu geben und die gute Sitte vor Jedermanns Augen und Ohren auf das Gröblichste zu verletzen, das haben die jungen Leute vom Lande bei der bezeichneten Gelegenheit seither jedes Jahr regelmäßig gethan und ohne Einhalt thun dürfen. Hoffentlich wird der gerechten Beschwerde hierüber von jetzt an durch geeignete Maßregeln abgeholfen. — Angekündigte Gerichtsverhandlungen: Dien stag den 3. Dec. d. I. Vorm. 9 Uhr Hauptverhandlung Wider den Handarbeiter Carl Gottlieb Peschel aus Lotzdorf wegen Meineids. Vors.: Gerichtsrath Glöckner. — Wenn man die Nahrung eines Menschen in der aller niedrigsten Schätzung täglich auf 2 Pfund Korn oder Äquiva lente von Korn anschlägt, so macht dies per Kopf im Jahre 7'It Centner Korn. Im Jahre 1858 verzehrte die Bevölkerung der Zollvereinsstaaten 14'!« Mill. Centner Korn mehr als 10 Jahre vorher, 73 Mill. Centner mehr als im Jahre 1818, und wenn die Bevölkerung in demselben Verhältniß steigt, so wird der Kornverbrauch im Jahre 1871 um mehr als 50 Mill. Centner Korn größer sein als im Jahre 1851- — Kleine Naubanfälle, welche den Charakter der Stibizerei überschreiten, tauchen jetzt nicht selten in unserer Stadt auf. So geschah es am Freitag früh 6 Uhr, daß das Dienstmädchen vom Vergolder M., als es durch die Quergasse nach der Wils druffer Straße ging, von einem Menschen angefallen wurde, der die Absicht hatte, ihr den gefüllten Frühstückskorb zu entreißen. Das Mädchen, ihre Habe vertheidigend, ringt mit dem Men schen, und es gelingt ihr, den Korb mit Inhalt zu behalten, hat aber dabei den Vorhausschlüssel verloren. — Das in Berlin seit Jahren bestehende scheußliche Ver fahren unbekannter Hände, den Damen in der Stille die Klei der zu zerschneiden oder mit ätzenden Stoffen verderbend zu be gießen, scheint auch bei uns Nachahmung zu finden, denn im Lause dieser Tage fand ein von der Straße heimkehrende Dame ihr seidenes Kleid mit Vitriolöl begossen. Eine gleichfalls in Berlin übliche Gaunerei, sich in ein Logis einzumiethen und andern Tages aus solchen mit Entwendung verschiedener Gegenstände zu verschwinden, .wurde dieser Tage auch hier bemerkbbar. Ein erst kürzlich vom Zuchthaus zurückgekehrter stattlicher Mann, Na mens Kreuz, miethete sich in eine Wohnung ein, und versäumte Tags darauf nicht, sich rerschiedene Dinge anzueignen und da mit in's Weite zu gehen. Der strengen Aufmerksamkeit und Vigilanz unsrer Criminalpolizei gelang es aber sehr bald» des Gauners habhaft zw werden. — In einem Concert der Societät am vergangenen Frei tag Abend, welches in den herrlichen Localitäten stattfand, die als eine Zierde unserer Stadt zu betrachten sind, wurden alle Zuhörer wahrhaft durch' einen Pianofortcvortrag von Seiten eines Kindes erfreut, dessen Naivetät und künstlerische Leistung in lieblicher Harmonie standen und alle Herzen der Hörer ent flammte. Es war die bescheidene Pianistin mit den kunstferti gen Händchen die neunjährige Tochter unseres verehrten Kapell meisters Krebs, Mary mit Namen. Sowohl eine Fantasie über Motiven aus „Lucrezia Borgia" wie Caprice fantastique, von ihrem Vater für Pianoforte componirt, spielte die Kleine mit einer Begeisterung, welche einen Genius ahnen läßt, der viel leicht einmal zum Gedeihen der Kunst eine würdige Priesterin in das Reich der Töne stellt. — Aus Leipzig, 28. Nov., berichten die „L.N.": Gestern Abend ist nnsere Universität vor großem Schaden glücklich be hütet worden. Es war nämlich im Augusteum auf der Seite, auf welcher sich das physikalische Kabinet und ein Theil des zoologischen Museums befindet, auf dem darüber befindlichen Boden eine Oesse geborsten und das Feuer herausgeschlagen. Nur durch die Aufmerksamkeit und Vorsicht des Castellans Vie weg ist größeres Unglück abgewendet worden. — Wenn man die mysteriöse Richtung erwägt, die viele der jetzigen Geistlichen einschlagen, und mit Betrübniß sieht, wie