Volltext Seite (XML)
mäßig beiwohnt, aber auch über die geheim abgehaltenen, denen er persönlich nicht beiwohnen darf, sich die zur öffentlichen Mit« theilung erforderliche Kunde zu verschaffen weiß, kann versichern, daß der Gerichtshof stet- im vollständigsten Rechte ist, wenn er geheime Sitzungen abhält. Denn di« Gegenstände sind dann ge wiß so delicater Natur, daß sic sich für da» Ohr des gerade in obscönen Dingen nur allzu neugierigen Publikum- keineswegs eignen. So viel über diesen Gegenstand hier gelegentlich. Die Sache, um welche e- sich jetzt handelte, haben wir schon gestern kurz erwähnt. Der benannte Haase war angeklagt, seiner Ehe frau, Joh. Christian« geb. Gärtner, am 2. Decbr. v. I. einen Messerstich beigebracht zu haben, an dessen Folgen sie sich noch an demselben Abende verblutete und starb. Beide waren an dem verhängnißvollen Tage in einem solchen Zustande der Trunkenheit befunden worden, daß Haase selbst sich an gar nichts erinnern konnte, die ihm beigemessene Mssethat daher beharrlich ablcugnete. di« Frau aber in seligem Nichtbewußtsein sich verblutete und des Tode- verblich. Denn beide, so erzählen die Acten, waren dem Trunk« im höchsten Grade ergeben, beide waren aber deshalb ge gen einander aufgebracht, und Haase namentlich mißhandelte in Folge dessen nicht nur seine Frau sehr häufig, sondern zeigte sich auch gegm seine Kinder und die sonstige Umgebung äußerst roh und leidenschaftlich. Dieß artete zuweilen sogar in lebensgefähr lich« Drohungen aus, wie er z. B. sich eines Tages zu den in überschwänglicher Aufregung au-gestoßenen Worten herbeilirß: »In diesem Hause geschieht noch eine Mordthat!' Diese Antecedenzien sowohl als die mit dem Ungläcksfalle sonst verbundenen Umstände führten zu dem Verdacht, daß er, wo nicht der Mörder, doch der Todtschläger seiner Frau gewesen sei. Denn er hatte sich, den Aussagen seiner eigenen Kinder zufolge, kurz vorher mit der Mut ter gezankt, ein Messer, womit er während des Nachmittags ein ihm geschenkte- todtgebornes Kalb abgehäutet, war noch in der Stube vorgefunden worden, und die von den Aerzten selbst aus gestellt« Möglichkeit, daß die Frau sich aus Mangel an Vorsicht selbst mit «mein scharsen Instrumente an jenen edleren Theilen ver letzt, oder gar absichtlich sich die Wunde beigebracht haben möge, wurde weit überwogen von der Ansicht, daß die Verwundung durch fremde Hand der Verstorbenen beigebracht worden sei. Den gegen Haasen auftauchenden Verdacht vermehrte noch sein Verhal ten kurz nach eingetretenem Tode der Frau. Denn er leugnete anfänglich nicht nur — was er später widerrief — sein dama lige- Alleinsein mit derselben, sondern benahm sich auch höchst bru tal gegen den herbeigerufenen Gemeindevorstand, und gab zu, daß er an jenem Tage wegen ihre- vielen Trinken- und weil sie seiner wiederholten Aufforderung, zu Bett zu gehen, nicht Folge geleistet, auf sie »falsch* gewesen, sich mit ihr gezankt und thätlich an ihr vergriffen habe. Alles die- aber konnte gegenüber seinem beharr lichen Leugnen, daß die fragliche Verwundung nicht von ihm her- rühre, nicht seine vollständige Ueberführung bewirken. Denn e- fetzlte an jedem thatsächlichen Anhalt, an jedem für den Juristen maßgebenden direkten Beweise. Möglich, daß ein Geschwornengericht da- »Schuldig* über ihn ausgesprochen haben würde. Hierzu trat, daß diejenigen Zeugen, deren Aussage für ihn hätte beson der- gravirend werden können, seine Kinder, von dem ihnen zu stehenden Rechte der Zeugnißverweigerung Gebrauch gemacht hatten und zur Hauptverhandlung nicht erjchienen waren, wie auch, daß die Aussagen einer Hauptzeugin wesentlich von denjenigen abwichen, welche sie m der Voruntersuchung gethan. So kam «S, daß Hr. Staatsanwalt Heinze unter 99 Wahrscheinlichkeiten, daß Haase schuld an dem Tode seiner Frau sei, die hundertste zur Geltung bringen mußte, daß die Missethat dennoch nicht von ihm verübt worden sein könne, getreu dem juristischen Grundsätze, daß man lieber 99 Schuldigt laufen lassen möge, als einen einzigen mög licher Weise Unschuldigen der Strenge de- unerbittlichen Recht- verfallen lasse. Saß Haase'S Vertheidiger, Herr Adv. v Schaff rath, alle diese Umstände mit gewohnter Schärfe und Energie hervorhob, bedarf keiner weiteren Auseinandersetzung, so daß der Gerichtshof sich veranlaßt sah, den Angeklagten in Mangel aus reichenden Beweises der Schuld klagfrei zu sprechen, war selbst verständlich dessen sofortige Entlassung aus der Haft zur Folge hatte. — Rach dem Rechnungsabschlüsse hat die Leipzig-Dresdner .Eisenbahn im Jahre 1860 eine Gesammteinnahme von 1,825,189 Thlr. erzielt, während die Au-gabe 847,374 Thlr. betrug, so daß die Betriebsrechnung «inen Ueberschuß von 977,815 Thlr. ergirbt. Von dieser Summe sind die Zinsen der Actien. Zinsen und Amor tisation der Anleihen, sowie die Postentschädigung zu zahlen, wo für im Ganzen 366,687 Thlr. erforderlich find, mithin für 1860 ein Reingewinn von 611,148 Thlr. zur Vertheilung übrig bleibt. Zm Jahre 1859 hatte dir Leipzig-Dresdner Eisenbahn 696,556 Thlr. zu vertheilen und gewährte excl. der 4 Proe. Zinsen, den Aktionären 12 Proe. Dividende. — Herr Professor 0. I. Lloyd Wollen wird heute Abend um 74 Uhr seine 12. und letzte Vorlesung halten. (Lord Byron.) — Gestern Abend kurz nach 6 Uhr durchzuckte plötzlich «in greller Blitzstrahl, begleitet von heftigem Donnerschlag di« «in brechende Abenddämmerung — Dem Vernehmen nach werden wir die Osterfeiertage un- sers allbekannten und beliebten Direktor Renz Produktionen be- wundern. Derselbe wird Mittwoch den 26. März mittelst Extra- zugS von Wien hier eintreffen und bringt beinahe ganz neue Mitglieder und ausgezeichnete Künstler mit, und, da er blos aus seiner Durchreise nach Leipzig hier spielt, wohl nur 14 Tage mit seinen Vorstellungen un- erfreuen Seine erste Produetion ist Sonntag den 31. März; sollte uns da- Wetter keine schönen Osterfeiertage schaffen, so haben wir hier wieder schöne genußreiche Stunden zu erwarten. — Bor einigen Tagen und noch jetzt war das Gerächt in unserer Stadt verbreitet, die Carrö'sche Kunstreitergesellschaft sei auf der Ueberfahrt nach Kopenhagen mit Mann und Maus auf der Ostsee im Sturm untergegangen. Wie wir au- ganz sichere rer Quelle wissen, befindet sich die betreffende Gesellschaft wohl und munter derzeit in Posen. Es spukte daher wieder einmal di« bekannte Seeschlange! — Vorgestern Abend um 10 Uhr kam auf der schlesischen Bahn ein sehr hochtrabender Gast au» dem Orient an, der ganz bedeutend in der Wolle fitzt und die Absicht hat, sich für immer hier in Dresden niederzulaffen. Es war der Fremdling ein g«. ße« wunderschönes Kameel, das sogleich nach dem zoologische Garten geführt wurde, auf dem Hinweg dahin aber zum Aergrr seiner Führer gar ernsthaft« Capriolchen machte. — Am Montag wurde zu Glauchau die kurz vorher voll endete, eiserne obere Muldenbrücke, nachdem sie die Probe tüchtig bestanden, dem Verkehr übergeben. Der Bau ist eine Zierde der Stadt und ehrt sowohl Diejenigen, welche ihn anregten und be schlossen, als auch Diejenigen, welche ihn ausführten. Mit diesem Bau wäre so ziemlich die letzte Spur derjenigen Verwüstungen verwischt, welche die Hochfluthen am 1. Aug. 1858 angerichtet haben. — Am Dienstag Abend halb 12 Uhr erschoß sich in Löbau der 20jährigc Lohnschreiber Weder. Tagesgeschichte. Wien, 19. März. Much batte bekanntlich ein Gesuch wegen Errichtung eine- Denkmals für die im März 1848 Ge- fallenen bei dem Kaiser eingereicht, welche- ihm — der offi-- ciösen „Wiener Zeitung^ zufolge — uneröffnet zurückgegeben wurde. Folgendes ist der Wortlaut seines jetzt bei der Statt halterei eingereichten MajestätS-GesucheS: „Eure k. k. apostolische Majestät! Am 15. März, dem bedeutungsvollsten Tage neu österreichischer Geschichte, wage ich es, an die Großherzigkeit Eu rer Majestät eine Bitte zu stellen, deren allergnädigste Gewäh rung ich von jenem Vertrauen hoffe, mit welchem sich am 26. Februar d. I. der Kaiser seinen Völkern zugewendet hat. Eure Majestät! Die FriedenSstätte der am 13. März 1848 kampf los und zu eigenem Bedauern höchster Persönlichkeiten gefalle nen, unter den Thränen von Hunderttausenden in geweihter Erde versenkten Opfer entbehrt seither den Schmuck eine- ein fachen Kreuzes, und gewiß im Einverständnisse mit Millionen Ihrer getreuesten Unterthanen habe ich ein, zu meiner Freude von der öffentlichen Meinung gutgeheißeneS, tendenziöse- Erin- nerungSgedicht auf ihr Grab gelegt. Während Eure Majestät den muthigen Neubau Oesterreichs unter dem Schutze des All mächtigen beginnen, haben Tausende an jener Stelle gebetet,