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den usttn Verdacht, daß er dies«« Diebstahl verübt habe. In beispiellos frecher Weise war er ferner in Her Nacht vom 12. bis IS. Juni v. I. bei dem Gutsbesitzer E. G. Franj in Leuteritz eingebrochen, woselbst er früher einmal in Diensten gestanden batte, daher »it den Lokalitäten vertraut war. Er hatte hierzu sich abermals ein« außerordentlich stürmische Nacht auserkoren. Rach Dtgab« der Verletzten hatte zwar der ange- kettete Hofhund »inen greulichen Spektakel verführt, so daß die selben zu» Fenster heraus, nichts Arges ahnend, denselben zu beschwichttgen versucht hatten. Dennoch ging Richter frech an das »Grgaiommen» Werk. Am Weinspalicr hinaufkletternd. war er zunächst in eine im oberen Gestock auf der Giebelseite ge legene Kammer nach Eindrückung einer Fensterscheibe «ingestie- gen und hatte von da 4 weiße Frauenröcke, L Schürzen und 2 Handtücher (zusammen S Thlr. 10 Ngr. tarirt) mitgenom men. Nach wohlgelungener That hatte er sich trotz allen fort- gesetzten Hundegebells auf die entgegengesetzte Giebelseite verfügt, dort eine aus der Scheune erholte Leiter angelegt und war m dir sogenannte Rüstkammer eingestiegen. Hier gelang es ihm, sich zur Atzung für die bevorstehenden Feiertage mit S geräu cherten Blutwürste« zu versehen, die zusammen gegen 16 Pfund G«»icht hatten, von da war er auf den vberbodcn gegan gen und hatte dort 2 hausbackene Brode und wahrscheinlich zm besseren Bergung der gestohlenen Gegenstände zwei Säcke mitgenommen (zusammen auf l Thlr. 6 Ngr. gewürderl). Lei dieser Gelegenheit hatte er auch noch mehrere in der eben -Mächten KaMmer stehend« verschlossene Schränke, sowie die aus dieses in die nächste Kammer führende, ebenfalls verschlossene Thür gewaltsam aufzubrechen versucht, was ihm jedoch nicht gelungen war. Mit alledem noch nicht zufrieden, hatte er nun auch noch vermittelst der angelegten Leiter in die letztgedachte Kammer einzusteigen, sodann in die im Parterre befindliche Wohnstube zu dringen alle möglichen Versuche gemacht. Aber nachdem er an letzterer ein Fenster eingedrückt, hatte der darin befindliche kleine Hund einen so wüthenden Lärm erhoben, -aß er von weiterem Beginnen Hütte absehen müssen. Die Be stohlenen versicherten, das treue Thier habe die bei dem Fen ster befindliche Stelle der gerade mit frischem Sand b-streuten Stube so gekennzeichnet, daß man von ihrer verwählten Be schaffenheit auf die Wuth des Hundes hätte einen Schluß ziehen können. Für die Dertheidigung des Herrn I). Schaff- rath blieb bei den nunmehr unumwundenen Geständnissen de- Angeklagten nichts übrig, als eine mögliche Minderung des Strafmaße- herbeizuführen. Der Gerichtshof erkannte auf 4 Jahre und 3 Monate Zuchthaus. — Sitzung der I. Kammer am 12. März Vorm. 11 Uhr. 1) Berathung de- Berichts der I. Deputation über den Gesetz entwurf, da« Verfahren in Bausachen betr. - ES liegt un- das Einladungs-Programm vor zu den am 18. und 19. Marz I8s1 abzuhaltenden öffentlichen Prüfun gen an rer Lehr- und Erziehungsanstalt für Töchter gebildeter Stände zu Friedrichstadt-Dresdcn (Löbtaucr Straße Nr. 13). Den beigefügten Nachrichten entnehmen wir, daß der gegenwärtige Be stand dieser Anstalt 59 Pensionärinnen und 132 Tagesschülerin nen. zusammen 191 Zöglinge beträgt. Hierunter sind 9 Frei- Pens. (3 Just'sche Freistellen, 1 Noth'schc, l Gcrstkamp'sche, 4 auS den Erträgnissen und dm von Mitgliedern der Loge zum gol denen Apfel geleisteten Beiträgen erhaltene) und 8 Frcischülcrin- nrn inbegriffen. Der im verflossenen Jahr: verewigte Ritterguts besitzer Herr Gottlob Schütze aus Schweta hat der Anstalt eine ui 3 Jahren zahlbare namhafte Summe testamentarisch vermacht. Dem trefflichen Vorworte des Hrn. Dir. Krumbholz über „Ver ziehung" der Kinder entnehmen wir folgende beachtenswerthen Worte: „Weit mehr als über zu große Strenge haben wir in »>er modernen Erziehung über die entgegengesetzte Verkehrtheit zu klagen. Sicherlich ist es zwar ein Fortschritt unserer Zeit, daß die mancherlei Züchtigungsinstrumente, welche man ehedem als un entbehrliche« Zubehör der Kinderstube ansah, immer mehr in Ab gang -erathen und es kann hieraus keineswegs «in Verfall der Kindtszucht abgeleitet werden, aber wenn man so weit geht, jede handgreiflich« Zurechtweisung de« Unverstandes für ungehörig zu halten, wenn man mit der Zuchtrulhe auch die Zucht selbst ver« schwinden läßt und die Kinder nur in Güte erziehen zu können meint, dann befindet man sich offenbar auf Irrwegen, di« zur Verziehung führen. Und diese Irrwege müssen wir für nach weit gefährlicher erklären, als die vorerwähnten. Daß der Jrrthum au« Lieb« entsprungen ist, kann zu seiner Entschuldigung dienen; aber e- kann ihn nicht rechtfertigen. Elternliebe soll kein« blinde und thörichte sein. Wenn der Liebe selbst keine Vernunft beiwobnt, wie will sie dann Kinder zu vernünftigen Menschen erziehen? Un verständige Liebe ist es aber, wenn man die Fehler, die doch frühe genug an dem Kinde zum Vorschein kommen, nicht sieht und nicht sehen will. Kein Kind ist frei von Fehlern; denn — seine Er- zieher find Menschen. Ist es nicht oft, als wollten die Eltern schonen, was sie mit eigner Hand gepflanzt haben? Daß eins mehr zu Fehlern geneigt ist, als das andre, lehrt die tägliche Ersah- imig; wer aber sein Kind für einen Engel hält, wird es nur zu bald dahin bringen, daß cS keiner mehr ist. Daß ein« Mut ier ihr Kind trotz seiner Fehler, ja selbst trotz schwerer Vergehun gen liebe, ist ein herrlicher Zug ihre- Herzens, der göttlichen Liebe gleich; wenn sic es aber mit seinen Fehlern, ja vielleicht sogar um seiner Fehler willen liebte, dann darf man wohl von Ver- blcndung und Thorhcit reden. Daß solch« Liebe nichts als Schwäche sei, beweist sie am sichersten durch ihre Empfindlichkeit. Nicht genug, daß es eine Art von Anstand-Pflicht geworden ist, in Gegenwart der Eltern nicht von den Untugenden ihrer Kinder zu sprechen, weil man jene dadurch zu verletzen fürchten muß; auch den durch Amt und Pflicht Berufenen, den Lehrern und Miterziehern der Kinder, wird cS zuweilen recht übel auSgelegt, wenn sie dem Muttersöhnchen eine heilsame Strafe angedeihen lassen oder das Goldtöchtrrchcn über seine schlimmen Neigungen schelten. Wer wohlmeinenden Rath verachtet, handelt unklug und wer sei nem unartigen Kinde die Brücke tritt, ist ein Verzieher desselben. Oft genug schon füllten sich die in Liebe verblendet gewesenen El ternaugen mit Kummerthränen! Jene Liebe zeigt sich auch darin als Schwäche, daß st« selbst gegen erkannte Pflichtwidrigkciten de- Kindes nichts vermag. Sic kann es schon nicht über fich ge winnen, seinen ungehörigen Wünschen mit Festigkeit entgegen zu treten. Man weiß recht wohl, daß manche« de» Kinde »eigent lich- nicht gestattet werden dürfe; aber der kleine Liebling bittet gar so sehr oder er will «S .durchaus- haben und so wird ihm diese« eine Mal noch gewährt. Aller Anfang ist klein, heißt c- aber in der Erziehung. Der über die bessere Ueberzeuguug der Eltern gewonnene kleine Sieg ermuthigt zu neuen Versuchen Der Liebling benutzt die frohe Laune des Vater«, um ihm Zugeständ nisse abzuschmeicheln; er tritt gegen die schwache Mutter mit ver mehrtem Ungestüm auf; man giebt noch einmal und wieder nach und ehe man es sich versieht, ist der Trvtzkopf fertig. Noch weit weniger hat solche Liebe die Kraft, gegen hervvrbrechende Unarten strafend auszutreten. To wenig auch da« Geschäft der Er ziehung der Hauptsache nach in der Anwendung von Strafen be- steht, so machen fich diese doch gerade unter solchen Verhältnissen am ersten nothwendig. Denn jene überschwengliche Liebe lockt, gleich einem schwülen März, die Triebe de« kindlichen Herzens zei tig hervor und oie Klage wird nicht selten gehört, daß die gütig sten Eltern die unartigsten Kinder haben. Nicht trotzdem, daß du ihnen immer so gütig warst, liebe Mutter, sondern weil du cs warst, sind deine Kinder aus der Art geschlagen. Heißt es nicht: Welchen der Herr lieb hat, Len züchtigt er? Wer cs nicht über das Herz bringen kann, ungehorsame Kinder zu strafen, dem werden sie zu Kopfe wachsen. Steigert sich die Nachsicht der El tern gegen des Kindes Fehler noch durch die Sorge über seine schwächliche Gesundheit; ist es vielleicht das einzige, da« ihnen verliehen worden oder nach, schmerzlichen Verlusten noch geblieben ist; werden Vater oder Mutter selbst durch andauernde Krank heiten heimgesucht, daun vermehrt sich auch die Gefahr der Ver ziehung. Man will beschwichtigen, Aufregung vermeiden, Aerger ersparen und drückt zu den bedenklichsten Dingen die Augen zu. Gewiß ist die Erziehung unter solchen UtnstäNden doppelt schwie rig; umsomehr soll aber die Liebe dabei den Verstund zu Rath« ttthmen." — Ein k. sächs. Erfindungspatent erhielten auf 5 Jahre;