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fassung über dir Justisieation der Rechnungen für da- Jahr 1860 bilden. — (Eingesandt.) Nach einer Mittheilung in diesem Blatte haben die Stadtverordneten kürzlich beschlossen, bei der hohen Staatsregierung einen Antrag auf Herstellung eine- lieber- ganges über den böhmischen Bahnhof, in Richtung der Pra ger Straße, einbringen zu lassen, insofern ein solcher Antrag weg« .des beabsichtigten Neubaues der Bahnhofsgebäude jetzt am eheste» Berücksichtigung finden könnte. — ES ist diese Mit- tbeilung von den Bewohnern ganzer Stadtthcile mit großer Freude ausgenommen worden, indem der böhmische Bahnhof den schönsten und belebtesten Vorstädten die Verbindung nach außen abschneidet, allein es lassen sich auch die Schwierigkeiten nicht verkennen, welche der Realisirung des Wunsches entgegen treten, weil ein Nivcau-Ucbergang inmitten eines frequenten Bahn hofs weniger durch die verkehrenden Züge, als vielmehr durch die ruhenden Wagenparks häufig gesperrt und nicht zu be nutzen sein würde. Allein wenn man will, geht Alles, und das Ausland hat längst bewiesen, wie man Eisenbahnen baut, und doch den Bedürfnissen des übrigen Verkehrs volle Rech nung trägt; es braucht nur London genannt zu werden, wel ches einen großen Theil seiner Eisenbahnen über den Häu sern oder unter der Erde angelegt hat. Kann man aber Eisenbahnen mit ihrem kolossalen Verkehr von der Erdober fläche verdrängen, wie viel mehr muß dies bei einem bloßen Fußwege, um den es sich hier doch nur handelt, möglich sein, und di« Schwierigkeit der Anlage einer Passage hebt sich auf, wenn man sich statt des ebenen Uebergangcs einen kleinen Tun nel von wenigen Ellen Weite (der freilich auch bei Tage er leuchtet sein müßte) oder vielleicht noch besser eine nur Fußweg breite Ketten- oder Drahtbrücke denkt, die durch Treppen in Len Stationsgebäuden oder durch Rampen außerhalb derselben zugänglich gemacht, in angemessener Höhe über die Wagen und Locomvtiven wegführte. Es stehen nach Sachverständiger Er messen solchen Anlagen weder örtliche noch technische Behinder ungen entgegen, zumal auch die Modalität, den Uebergang in sie Verlängerung der Carola- anstatt der Pragerstraße zu le gen, wo er sogar noch zweckmäßiger zu Verbindung der See- vorstadt mit den zahlreichen Gebäuden der Meinert'schen Gär ten läge, noch offen bliebe, und das einzige Hinderniß wäre nur der Kostenpunkt. Rechnet man aber auch die Kosten sehr hoch, so würde doch, wie sich Einsender hat sagen lassen, die taufende Elle Tunnel nur 15 Thlr., mithin der ganze 300 Ellen lange Vau erst 4500 Thlr. und eine lOO Ellen lange Ketten- oder Drahtbrücke, deren Verankerung ohne großen Mehraufwand in den Kellern der neuen Gebäude angelegt wer den kann, nahe ebenso viel kosten. Dies sind aber Summen, die bei der Wichtigkeit eines so nöthigen Verkehrsmittels wirk lich nicht in Betracht kommen können, wenn man besonders erwägt, welche Opfer die Städte unv Dörfer den Eisenbahnen in Folge des Expropriationsgesetzes gebracht haben, wenn auch die Härten desselben bei den sächsischen Staatsbahnen durch seine rücksichtsvolle Anwendung sehr gemildert auftreten. Hof- fcntlich trägt diese Anregung bei, die Aufmerksamkeit der hohen Behörde dem Gegenstände zuzuwende», der ohne Zweifel für Dresden von großer Wichtigkeit ist. — Aus dem oberen Erzgebirge berichtet die ,D. A. Z.- unterm 15. Febr.: In diesen Tagen hat der Stadtrath von Buchholz eine Bekanntmachung erlassen, die mit den Worten anhebt- „Die seit längerer Zeit schon andauernde Erwerblosig- kcit hat die Noth der unbemittelteren Einwohner unserer Stadt auf einen Grad gesteigert, welcher zu den ernstesten Besorgnis sen für die Zukunft Veranlassung giebt, uns daher aber auch die Verpflichtung auferlcgt, schleunige und umfassende Maßregeln zur Linderung der allgemeinen Noth zu treffen" Was aber von Buchholz gilt, das gilt in weit höherem Maße von Anna- berg und mindestens in gleichem Maße von allen den Städten und Ortschaften des Obererzgebirges, deren Hauptcrwerbsquelle die Anfertigung von Posamenten, Fransen rc. ist. Denn unter diesen Städten war seit Jahren Buchholz die beneidete, weil, während anderswo nur wenig und schlecht lohnende Arbeit war, Buchholz sich immer verhältnißmäßig sehr günstiger ArbeitSver- hältnisse erfreute. Und wenn gerade Buchholz zuerst in den gegenwärtigen Zuständen Veranlassung zu den ernstesten Besorg nissen für die Zukunft erblickt, und zu außerordentlichen Maß regeln zur Linderung der allgemeinen Noth greifen zu müssen glaubt, so kann dies nur dadurch erklärt werden, daß Das, woran die anderen Ortschaften schon gewöhnt sind, für Buch- Holz etwas Ungewohntes, etwas Neues ist. Jedenfalls ist diese Bekanntmachung des Buchholzer GtadtrathcS geeignet, als Weck- und Mahnruf auch für weitere Kreise zu dienen, da ja die politischen Verhältnisse ein baldige- Wiederaufblühen der Ge schäfte nicht in Aussicht stellen. — Das „Dr. I." berichtet: In mehreren öffentlichen Blät tern ist die — angeblich aus dem .Meeraner Wochenblatt" da hin übergangene — Nachricht verbreitet worden, daß ein in Chemnitz in Dienst gewesenes, auf der Rückreise in ihre Va terstadt, Neustadt a. d. O., begriffenes Dienstmädchen am 12. Jan. d. I. auf dem Bahnhofe in Werdau von einem Gens- d'armen wegen Legitimationsmangels verhaftet und in das Ge- fängniß gebracht, in diesem aber am anderen Morgen erfroren aufgefunden worden sei. — In Wahrheit beruht, daß die aus Neustadt a. d. O. gebürtige Ernestine Wilhelmine Krauße, welche in Freiberg in Diensten gestanden, diesen Dienst abejc Krankheit halber ausgegeben und am 6. gedachten Monats die Rückreise in ihre Heimath angetreten hatte, am 7. H. auf dem Bahn hofe in Werdau von einem Gensd'armen aus dem vorange- gebenen Grunde angehalten, in das dastge GerichtsamtSgefäng- niß eingeliefcrt worden und hier am andern Tage verstorben ist. Dagegen haben die über die Ursache des Ablebens der selben angcstellten und nunmehr zum Abschluß gediehenen amt lichen Erörterungen — wie wir auf Grund authentischer Mit theilung zu versichern im Stande sind — ergeben: daß die Krauße, nachdem sie — allerdings im- Zustande großer Er schöpfung und anscheinend von der Kälte sehr angegriffen — Abends um oder nach 6 Uhr in die Frohnvcste cingeführt ge wesen, hier sofort auf ein ihr bereitetes Lager gebracht und mit zwei Lagerdecken versehen, — daß die ihr angewiesene Ge» fängrrißzclle die wärmste in der Frohnveste, sofort geheizt und für die Krauße Lindenblüthenthce bereitet, — daß die Gefäng- nißzclle an dem nämlichen Abende, um 10 Uhr, nochmals ge- heizt, — daß vom Gerichtswacktmeistcr das Gcfängniß Nachts 12 Uhr revldirt und dabei die Krauße schlafend gefunden, — daß am andern Morgen frühzeitig die Gesängnißzclle, in wel- cher sich die Krauße befand, wiederum erwärmt und dann in der 8. Stunde, als man wahrgenommen, daß der Zustand der Krauße sich verschlimmert, ärztliche Hilfe herbeigeholt worden, — daß aber letztere erfolglos geblieben und die Krauße gegen Mittag verstorben ist, und — daß, wie die vom Bezirksarzte vorgenommenc Sektion der Leiche zu Tage gelegt, die Krauße ihren Tod lediglich durch eitrige Lungentuberculosc gefunden hat. — Wenn hiernächst weiter das Gerücht entstanden und verbreitet worden, als ob die Krauße im Gefängniß so laut ge schrieen habe, daß ihr Wehklagen auf der Straße gehört wor den und ein Kaufmann, Namens Fickenwirth, dem Gcfangcn- wärtcr deshalb Vorhalt gethan, von Letzterem aber nicht an gehört, sondern kurz abgcwiesen worden sei, endlich auch die Krauße am andern Morgen, als man die Gcfängnißzelle ge öffnet, quer vor der Thür in höchst bedenklichem Krankheits- zustande gelegen habe, so sind auch hierüber die nöthigen Er örterungen angestellt worden. Es hat sich jedoch dabei ermit telt: daß ein Kaufmann Namens Fickenwirth in Werdau gar nicht existirt, — daß die beiden in Werdau aufhältlichen Per sonen dieses Namens von dem in Rede stehenden Vorfälle durchaus keine Wissenschaft haben, — daß ein unmittelbar neben der Frohnveste wohnender Handelsmann und dessen An gehörige etwas, was jenes Gerücht nur irgendwie hätte Hervorrufen können, nicht wahrgenommen haben, — daß ein Mann, welcher während der genannten Nacht als Wechselgefangener in der Frohnveste unmittelbar unter der Gc- 'ängnißzclte, in welche die Krauße gebracht worden, detinirt ge wesen, mit Bestimmtheit versichert hat, daß letzter« den ganzen übend über und auch die Nacht hindurch sich ruhig verhalten; und er keinen Laut von ihr gehört habe, und daß endlich dir