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Tageblatt für «rsch. tägl. Mora. 7 U. Inserat», b.Gpaltzeile k Pf-, werden b.Ab.7 (Go««t. bt- LN.) angenommen ln der Expedition: JohanneS-Alle« «nd Watsenhau-straße 8. Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Nitredacteur: Theodor Arabisch. >donn. vierteljährlich »o Ng«. bei unentgeldl. Liesenurg tn'S -au«. Durch di« Kal. Post vierteljährlich 7» «gr. Einzelne Rnmmern 1 Rgr Nr. 38. Domerslag, den 7. Februar 1861. Dresden, den 7. Februar. — A?erhöchster Entschließung zu Folge ist die erledigte 2. Lehrerstelle für den praktischen Theil der Forstwissenschaften an der Akademie für Forst. Md Landwirt-« zu Tharandt dem zeitherigen Forstinspector Emil Friedrich Christian Roch vom I. Februar d. I. an übertragen, auch demselben das Diensiprädicat „Professor" beigelegt worden. — Sitzung der ll. Kammer am 7. Febr. Borm.llUhr. I) Berathung des Berichts der 4. Dep., die Petition der Ge- meinden Copitz re. betr.; 2) deSgl. der 4. Dep., die gedruckt« Petition von Heinrich Dietz in Leipzig: I) die Einführung ei ner allgemeinen Wehrpflicht und 2) eine kürzere, praktischere Rechtspflege, mit weniger Zeit- und Geldkosten verbunden als bisher, betr. — Oefsentliche Gerichtsverhandlungen: Der zer knirschte Sünder, der vorgestern sich abermals an der Stelle befand, an der wir ihn bereits früher gesehen, mochte mit schwerem Herzen sich jetzt wieder dahin verfügt haben. Denn er suchte seine Physiognomie mit großer Gefliffentlichkeit den Augen des Publikums durch ein vorgehaltenes Schnupftuch zu verbergen, in das er von Zeit zu Zeit reichliche Thränen träu feln ließ, obschon wir bei einem Menschen, der wegen Eigen thumsvergehen bereits viermal mit Gefängniß und dreimal mit Arbeitshaus bestraft worden, dieselben nicht für Thränen wah rer Reue zu halten berechtigt waren. Die offenbar absichtliche Verhüllung des Gesichts zog ihm zwar einmal die die-fallfige Rektifikation des Vorsitzenden, Herrn GerichtSrathS Glöckner, zu; obschon er augenblicklich das Tuch etwas herunterschob, so war e- doch nach wenigen Augenblicken wie zuvor hoch oben, und wir haben es im Interesse der Oeffentlichkeit um so mehr zu beklagen, daß der Herr Vorsitzende ihm nicht determinirt be fahl, Hand und Tuch vom Gesicht zu entfernen, als daraus die Ungehörigkeit von selbst entstand, daß die Zuhörer auch nicht rin Wort von Dem zu verstehen vermochten, was der Jnculpat in das Schnupftuch hineinmurmelte. Hierzu kam die Unannehmlichkeit, daß die 6, dem Publikum bekanntlich ihre weniger interessante Kehrseite zuwendenden Zeugen, obschon sämmtlich junge rüstige Unteroffiziere, mit sehr wenig vernehm barer Stimme sprachen und zur richtigen Verständigung über die Sachlage deshalb sehr viel verloren ging. Im Interesse der Oeffentlichkeit sprechen wir daher den Wunsch aus, daß von Seiten des geehrten Präsidiums solchen Uebelständen grö- ßer« Aufmerksamkeit geschenkt werde, bei welcher Gelegenheit wir nicht unterlassen, auf die höchst ersprießliche Praxis des als Musterhafter Inquirent bekannten Herrn GerichtSrath Einert hin- zuweisen, Welcher sowohl die Aussagen der Jnculpaten, als die,. jenigen der Zeugen in der Regel mit großer Deutlichkeit re- producirt und dadurch dem Publikum das Verständniß de- Ganzen außerordentlich erleichtert und falsche Auffassungen bei nahe unmöglich macht. — AuS der vorliegenden Verhandlung vermochte man wieder einmal zu erkennen, wie sehr man sich bei Baulichkeiten, Logisveränderungen u. dgl. vor Leuten von zweifelhafter Ehrlichkeit in Acht zu nehmen hat, die bei solchen Gelegenheiten .unsere Hühner und Gänse" kennen zu lernen Ge legenheit haben. Der fragliche Jnculpat, der Handarbeiter Gustav Adolph Kirmes allhier, hatte nach seiner letzten, im Februar 1860 erfolgten Entlassung aus dem Arbeitshause bei einem hiesigen Ofensetzer Arbeit gefunden und in dessen Lohn als Handlanger in den hiesigen Militärcasernen bei Ofenumsetzun gen, Stubenweißen ,c. geholfen. Bei diesen Gelegenheiten mochte er nicht nur die Einrichtung der Lokalitäten, sondern auch dir Gewohnheiten der Inwohner, deren Dienstverrichtungen und di« Zeiten in Obacht genommen haben, zu welchen sie abwesend zu sein pflegten, jedenfalls in der später zu Tage getretenen Ab sicht, für den eintretenden Nothfall sich an deren Befitzthum zu vergreifen. Denn während die Zeit der Arbeit dase, bst nur den Sommer hindurch gedauert batte, so sehen wir ihn doch erst am 29. Nov. v. I. zunächst in der Neustädter Reitercaserne feindselig einkehren. Er wußte, daß der Schlüssel zu der «inen Stube, in welcher mehrere Corporale lagen, an der Kaminthür« hing, schloß damit dieselbe auf und öffnete vermittelst »ine« Schraubenziehers 5 verschlossene Schränke, aus deren jedem er herausnahm, was ihm gerade gefiel und leicht zu tranSportiren war, z. B. einige Hemden, «ine silberne Uhr, mehrere Port», monnaies mit Geld, Cigarrenetuis u. dgl. Ein Gleiches ver» übte er wenige Tage darauf (3. December) zur Mittagszeit in der Kaserne am Palaisplatze, während die Mannschaft der betreffenden Stube sich auf der Wache befand. Auch hier verfuhr er ganz mit derselben Manipulation, öffnete einen Schrank und einen Koffer, in welchem er die darin befindlichen, aber sorg, sam in eine unscheinbare Verhüllung verborgenen 23 Thlr. nicht fand, sowie ein Kästchen, das er fruchtlos durchstöberte, versuchte auch einen Tischkasten zu erbrechen, in welchem gegen 400 Thlr. in Actienpapieren lagen, und gewann von dem Ganzen schließ, lich einige nur wenige Thaler im Werth betragende Effekten. Der Jnkulpat leugnete zuerst, den Schrank erbrochen und die Oeffnung de« Tischkastens versucht zu haben. Bei Vernehmung des betreffenden Zeugen gelang es aber der maßvollen Inquisition-, weise de- Herrn Vorsitzenden, daß derselbe auch in dieser Hinsicht ein offene« Zugeständniß abgab. SS herrschte eine lautlose Stille in dem weiten Saale bis zu dem endlich und nach sichtlichem Ge. wissen-kampfe erfolgten .Ja" d«S Jnculpalrn. — Das Maaß der