Volltext Seite (XML)
f»r h.tägl.Mora. 7U. d^paltttile k Pp, werden b.«b.7 (Gönnt. biSL«) angenomme« t» der ExpeMon: Johanne--»!!«« un»Wais«nbau«straße «. Unterhaltung und Geschäftsverkehr. «itredacteur: Theodor pröbisch. O Abon». vierteljährlich >0 Rgr. bei unentaeldl. Lieferung in'« Ha«S. Lurch bi» Kgl. Post vierteljährlich »» Rgr. Einzelne Nummern 1 Ngr. Nr.23. den 1861. Dresden, den 23. Januar. — Oefsentliche Gerichtsverhandlungen: Aus der am vorigen Donnerstage vertagten und am vorgestrigen Abende wegen rinfallender Erkrankung des Herrn Staatsanwalt Heinze fortgesetzten und rollendsten Hauptverhandlung gegen zwei hiefitze achtbare Bürger, die Herren V. und K., sowie gegen des erster«« Oheim, vermochte man wieder einmal den Werth der Oeffentlich keit und Mündlichkeit in seiner ganzen Bedeutung zu erkennen. Denn während di« in den Acten niedergelegten Ergebnisse der Bor Untersuchung gegen alle.drei ein solche- Resultat geliefert hatten, daß gegen sie dir Anklage resp. auf Unterschlagung und Wucher gestellt werden konnte, verbreiteten die durch Abhörung zahlreicher, selbst aus dem Auslande herbeigeruftner Zeugen in öffentlicher Sitzung stattgehabten Erörterungen rin solches Acht über den Sachverhalt, daß dieselben in Betreff der Hauptanklage, um welche «S sich vorzugsweise hier handelte, und die im Fall eines unglück lichen Ausgangs allerdings höchst benachtheiligend aus die bürger lichen Verhältnisse der Angeschuldigten hätte einwirken müssen, frei gesprochen, in Betreff aber des ihnen beigemessenen Wuchers resp. der Beihülfe zu selbigem, den wir in vorliegenden Falle nur für eine einfache Geschäftsmanipulation einem schlechten Zahler gegen über zu halten geneigt waren, mit einer für den Einen etwas höheren, für den Anderen verhältnißmäßig sehr unbedeutenden Geldbuße und zur theüweisen Erstattung der Kosten verurtheilt wurden. Bei der eigenthümlichen Lage der Sache fleht überdem zu gewarten, daß auch nach dieser Richtung die vorzunehmende Berufung an die höhere Instanz sür die Bethriligten nicht ohne erwünschtes Resultat, bleiben werde. Wenn wir uns in Folge des AuSgangeS, welchen die Anklage genommen, ein näheres Ein gehen in die äußerst verwickelte Angelegenheit, deren erschöpfend« Darstellung den für unsere Mittheilungen gewährten Räum allzu weit übersteigen würde, gern ersparen, so haben , wir mit um so größeren Rechte die erfolgreichen Bemühungen hervorzuheben, durch welche sich die Sachwalter der Angeklagten, die Herren Adv. 0. Schaffrath, Gräffe und Adler ausgezeichnet haben. Alle drei ha ben ihre Defendenden mit einer Energie und Kraft der persönli chen Ueberzeugung sowie mit einer so schlagenden RechtSkenntniß vertheihigt, daß man den vorliegenden Fall als einen Triumph des neuen Gerichtsverfahrens zu bezeichnen sich für befugt erach ten kann. Die thatkräftige Vertretung dieser Männer verdient um so größere Anerkennung, je leichter Jemand im geschäftlichen Leben in Dingen eine nachtheilige Beurtheilung erfahren kann, bei denen er anfänglich durchaus nichts Arges beabsichtigte, die ihn abet schließlich in ein Labyrinth von Verlegenheiten bringen können, welche feine sonstige Ehrenhaftigkeit in ein zweifelhafter Licht zu stellen geeignet find. Dir ausgezeichnete Humanität de« Herrn Vorsitzenden, Gerichtsrath Groß, zeigte sich während der ganzen lange andauernden Verhandlung in glänzendem Lichte, und die große Gewissenhaftigkeit des Gerichtshofs trat um so sprechender an den Tag, je weniger sich andrerseits Herr Staatsanwalt Heinze seiner aufhabenden Pflicht als öffentlicher Ankläger in seinem wohl« durchdachten und die ganze Sachlage scharf entwickelnden Schluß« vortrage zu entschlagen vermochte. Je strengere Bestrafung jeder Staatsbürger für die raffinirte Schlechtigkeit, den gewerbmäßigrn Vthelthäter und die unverbesserliche Rückfäüigkeit von der Rechts pflege zu erwarten befugt ist. mit desto größerer Befriedigung wird er auf Vorkommnisse blicken, wo duxch die Macht der Oeffentlich« keit entweder der üble Schein von dem Haupte der Angeschuldig ten verscheucht wird, oder eine etwaige Bestrafung in Modifieatio- nen tritt, welche die sonstige gute Meinung, die man über den Bethriligten hegen darf, in keiner Weise beeinträchtigen können. — Oefsentliche Gerichtsverhandlung: Heute Mitt woch, den 23. d. M., Vormittag- 9 Uhr Hauptverhandlung wi der den Conditorgehilfen Clemens Alexander Ost wegen ausge zeichneten Diebstahl. Vorsitzender Gerichtsrath Ebert. — Gotthold Ephraim Lessing, sein Andenken wurde gestern an seinem Geburtstag im Dresdner Hoftheater durch Vor führung von .Nathan der Weise- würdig gefeiert. Das ist eine Libation, welche der Geist, welche da- Genie zu fordern be rechtigt ist, denn es ist vielleicht in unserer ganzen Literatur Nie- mand ohne Poesie so poetisch berühmt geworden, als Lesfing, der Herkules der deutschen Halbgötter, denn auch dieser war die poe tische Prosa der griechischen Heroin. Jede- Wort LesfingS ward eine That und die Summe der Thaten gab einen großen Mann. Lessing hatte die stärksten NerveN unter den deutschen Schriftstel lern, er ist der Artillerie- und Genie-General unserer beginnenden Literatur, er hat unsere Poesie formirt und den Rationalismus in Vers« gebracht. ' Lesfing war'-, der das erste deutsche Lustspiel schtieb, welches heute noch als mustergültig dastrht. Lessing war's, der unsere Bildung courfähig machte in den europäischen Salon-. Ja, Lesfing war, wie Heinrich Heine sagt: „dir literarische Ar- minius, der da- deutsche Theater von der Fremdherrschaft befreite. Er zeigte dir Abgeschmacktheit jener Nachahmungen des französi schen Theaters, das selbst wieder dem griechischen nachgeahmt schien. Abet nicht bloS durch seine Kritik, sondern auch durch seine eige nen Kunstwerke ward er Stifter der neuen deutschen Originallite ratur. Alle Nichtungen des Geistes verfolgte er mit Enthusias mus; Kunst, AlterthumSwiffenschafi, Geschichte, Theologie, Theater kritik, Alles trieb er mit demselben Eifer und zu demselben Zwecke. Mehr alS man ahnte, war Lesfing auch politisch bewegt, eine Eigenschaft, die man bet seinen Zeitgenossen gar nicht findet; wir merken jetzt erst, was er mit der Schilderung des Duodez-Despo- tismu- in .Emilia Gollotti- gemeint hat. Man hielt ihn da mals nur für einen Bekämpser der klerikalen Intoleranz; denn