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Ersch. tj,l. Morg. 7U. Insert ^Spaltzeil« 5 Pf., werden b. Ab.? (S»n«t. bis LN.) angenommen >» der Expedition: JohanneS-Allt> und Waisenhaurstraße 6. 881. Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Sonntatt- den 7? Oktober Abonn. vierteljährlich r» Ngr. Be.- unentgeldl. Lieferung in'« -aus« Durch dir Kgl. Post vierteljährlich 2» Ngr. Einzelne Nummer» 1 Ngr. " 18««». Dresden, den 7. October. — Se. Maj. der König hat dem Geh. Legationsratbe Grünler im Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten die Erlaubniß ertheilt, das von Sr. k. Hoh..dem Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach ihm verliehene Comthurkreuz des groß- herzogl. Hausordens vom weißen Falken anzunehmen und zu tragen. . , — Se. Maj. der Kaiser von Rußland hat dem jetzt hier anwesenden Herrn' Lippold, Lehrer der Malerei an der kaiserl. Porzellanfabrtk, in Anerkennung seines Verdienstes einen pracht vollen Brillantring durch dir hiesige kaiserl. Gesandtschaft über reichen lassen. Oesfentliche Gerichtsverhandlungen: Vorgestern Nachm. 4 Uhr fand eine Hauptverhandlung statt. Unsere Leser werden sich erinnern, daß am 21. des vorigen Monats die ge gen den Fabrikarbeiter 3oh. Frdr. Weise aus Chemnitz anbe- raumtt Hauptverhandlung deshalb vertagt werden mußte, weil er damals läugnrte, wegen Eigentum-Vergehen bereits dreimal mit Gefängniß belegt worden zu sein, wodurch die Anwendung des im Verweisungsbeschlusse angeführten' Art. 309 unmöglich gemacht worden wäre. Da dies in Mangel der Acten augen blicklich nicht zu constatiren war, so wurde beschlossen, vorerst hierüber authentische Nachricht vom Gerichtsamt Chemnitz ein- zuziehen. Diese war nun unterdeß eingegangen, und es hatte sich aus dem von dorther eingelieferten Sündenregister Weise's ergeben, daß derselbe seit dem Jahre 1847 in der Thal vier mal Gefängniß und anderthalb Jahr Arbeitshaus erlitten hatte, außerdem aber auch vom Jahre 1847 an 2 Jahre lang im Corrcctionshause zu Bräunsdorf . detinirt gewesen war. Er hatte am 29. August d. I. Chemnitz in der angegebenen Ab sicht verlassen, um in Dresden Arbeit zu suchen Mit einigen 20 Thalern kurz vorher aus einer Erbschaft erlangten Geldes versehen, paßte ihm die gerade begonnene Vogelwiese ganz char mant; denn schon nach wenigen Tagen war die schöne Summe in alle Winde verstreut. Wahrscheinlich von allerlei genossenen Spirituosen schon enragirt, flüchtete' er sich am Abend des 3N August bei einem abermaligen Besuche der Vogelwiese vor dem strömenden Regen in die düsteren Hallen des Reimschüssel'schen Circus und fand da noch mehrere ander« lustige Brüder vor, welche gar bald auf die Idee kamen, in die lockenden Myste rien der daselbst befindlichen, jedoch verschlossenen Büffetbude «inzudringen. Gedacht, gethan! Es wurde ein Stein hergenom men und mit demselben das Schloß aufgeschlagen. Mit den Worten: „die wollen wir einmal auszahlen" oder: „der ihr Bierfaß wollen wir einmal leer machen" ging es nun an ein entsetzliches Essen und Trinken. Die wiederholentlich auf und ab gegessene und getrunkene Karte der Wirthin führte z. B. 3 Flaschen Wein, 1 Flasche Nordhäuser, 1 Flasche Haftman- nicus, 1 Flasche Himbeerlimonade, 1 Flasche Citronenliqueur, diverse Töpfchen Feldschlößchenbier ic. auf, außerdem waren ihr auch noch mehrere Effecten bei der nächtlichen .Orgie abhan den gekommen. Während die Gesellschaft in ihrem Bertilgungs- kampfe tapfer sortfährt, schlummert Weise auf einem dastehen den Kasten ein und erwacht nicht eher wieder aus den Armen de« Morpheus, als bis am Morgen ein in dem Circus er scheinender Knecht Herrn Reimschüssels eintritt und ihn fragt: „Nu, Sie haben hier wohl die Wache gehabt?- Da« bejaht er natürlich bestens und macht sich aus dem Staube. Wie erstaunt er aber, als er draußen von GotteS freier Lust, an geweht sich wiederfindet und in seiner Tasche das Vorhanden sein einer Clarinette fühlt. Wie diese hineingekommen, weiß er nicht, und nur dunkel schweben di« Vorfälle der durch schwelgten Nacht vor seiner dämmernden Seele. Da ergreift ihn, so versicherte er, eine entsetzliche Angst; nirgends läßt eS ihm Ruhe; er irrt allein, aus je nen Augen brechen Thränen und in dem Vorgefühle, daß die Sache so nicht unentdeckt blei ben , könne, saßt er einen kühnen Entschluß, verfügt sich auf die Polizeiwache und zeigt die ganze Geschichte. selber an. So kam nun die Sache zur Untersuchung und Verhandlung. Die Complicen konnten nicht ermittelt werden, denn Weise hatte auch nicht Einen davon gekannt. Bei ihm aber fand man auch nicht einen einzigen der entwendeten geringfügigen Gegen stände vor, und er läugnete natürlich, außer der noch vor Entdeckung des Geschehenen zurückgebrachten Clarinette etwas bei sich gehabt zu haben. Die Besitzerin des Büffets hat nun da mals im ersten Eifer sich dem Strafverfahren gegen Weise an geschlossen. Da sie aber in der Hauptverhandlung denselben be züglich der genossenen Victualien wieder zurückzog, bezüglich der Clarinette aber außergerichtlicher Ersatz geleistet war, so wußte alle diese Umstände der Vertheidiger des Angeklagten, Herr Adv. Fränzel, mit gewohntem Geschick so zu benutzen, daß Weise auf seinen Antrag bezüglich des Victualiengenusses straf frei, bezüglich der Effectendiebstähle klagfrei gesprochen wurde. Jubelnd eilte der Mann von dannen. — Oesfentliche Gerichtsverhandlungen: Morgen Montag Einspruchsverhandluygen: 1) 9 Uhr gegen die verehel. Joh. Magd. Geißler wegen Vers. Betrug- und eins. Diebstahls; 2) 11 Uhr gegen Ludw. Ferd. Händler in Döhlen wegen Be trugs. — Dienstag früh 9 Uhr Hauptverhandlung Joh. Carl Friedr Hersel wegen auSgez. und versuchten eins. Betrugs. — Von dem nun bereit- so sehr geschmolzenen Häuflein ^Veteranen der Napoleonischen Zeit standen am 3. October die meisten — nebst einer zahlreichen Begleitung activer Generale und