Volltext Seite (XML)
Dahlnscheiden traf gestern Abend hier ein und hat, wir dürfen wohl sagen, in allen Kreisen lebhafte Lheilnahme und Bedauern erweckt. Wenn trotzdem einzelne Stim- men laut wurden, die mißgünstig auf früher« Verhältnisse in einer längst vergangenen Zeit zurückkamen, so waren dies eben nur ganz vereinzelte Stimmen. Wie gesagt, und zur Ehre von Chemnitz sei rö gesagt, man weiß hier den Werth deö verblichenen wackeren Mannes zu schätzen, man erinnert sich dankbar seiner langjährigen schriftstelle rischen und praktisch vermittelnden Leistungen im Dienste der Industrie und Technik und daß er einer der wenige» Ersten war, die mit Eifer, Kenntniß und Talent dem Ge werbe und der Industrie mittels der Presse die ihnen ge bührende öffentliche Geltung und Anerkennung zu errin gen unternahmen. Auch ist zu hoffen und zwar mit gu tem Grunde, daß man bei der dankbaren Erinnerung nicht stehen bleiben, dieselbe vielmehr unter angemessener Form zu Gunsten der Hinterbliebenen bethätigen wird. Von mehreren edlen Männern, die dem Verstorbenen Freunde waren und sein nicht geringes Verdienst zu würdigen wis sen, ward die Sache bereits angeregt, nachdem man nä here Kunde über die Unheilbarkeit seiner Krankheit ver nommen hatte. Wieck hat dies noch erfahren und sonach mit diesem tröstenden Gedanken von dieser Welt Abschied nehmen können. — Das «Dr. I." bringt folgendes Eingesandt: »Gift und Krankheit* sind Dinge, dir Jedermann gern von sich fern gehalten sieht. Darum erachtet eS aber auch der Verfasser dieser Zeilen für seine Pflicht, hiermit auf das höchst Gefährliche einer jetzt in der Damen- welt herrschenden Mode aufmerksam zu machen. Nach mehrfach von ihm veranlaßten chemischen Untersuchungen ist nämlich gerade diejenige schöne, lebhafte grüne Farbe, deren man sich gegenwärtig so ungemein, theils in Form von Blumenschmuck als Hauben-, Hut- oder Haarputz (Ballkränze ,c.), theils auf leichte Kleiderstoffe, z. B. Lar- latan in Form von Tupfen, Streifen rc. gedruckt, zu Ball kleidern bedient, — zumeist nichts anderes, als lener schädliche Farbstoff, den wir schon bei Tapeten oder Stu benmalerei fliehen und vor dessen unvorsichtiger Anwen dung das K Ministerium des Innern erst noch unter dem 16. Febr. 1856 dringend gewarnt hat. Da diese Farbe jedoch insbesondere von derartigen Kleidungsstücken noch viel leichter abblättert und abstäubt, so reichen nach Be finden schon wenige solcher Damenkleider vollkommen hin, die Luft eines großen Ballsaales zu vergiften und Arsenik- Krankheit zu erzeugen, nur daß diese nicht immer so plötz lich und auffällig hervortritt, wir es z. B. erst neuerlich bei einem Gesellen deö hiesigen Schneidermeister H. der Fall war, welcher 14 Tage lang schon davon erkrankte, daß er ein solches Ballkleid hatte anfertigen müssen. Weg also mit einer Mode, die so leicht die erheblichsten Gr- sundheitsverletzungen herbeizusühren vermag! An die Her ren Aerzte endlich aber die Bitte, daß auch sie diesem be denklichen Gegenstände ihre besondere Aufmerksamkeit wid men und größeres Unglück noch rechtzeitig abwenden möchten. — Man schreibt aus Leipzig: Von Kamenz aus, dem Geburtsorte Lessings, aufgefordert, für das dortige Lessingdenkmal eine Liebesgabe Leipzigs zu veranlassen, hat sich der Vorstand des Gchillervereins mit dem hiesi gen Schriftsteller- und Künstlerverein ins Vernehmen ge setzt und wird dem Leipziger Publikum eine Festfeier ge boten werden, deren Reinertrag dem angedeuteten edlen Zwecke zufließen soll. Zur Vorfeier von LessingS Geburts tag hat Herr Lheaterdirector Wirsing für den 21. d. M- ein« Festvorstrllung im Theater zugesagt, zu welcher Herr 0. Theodor Apel einen Festprolüg bietet. Sonntag den 22. Jan. wird in den mit den Büsten Lessings (von Kngur) und seiner großen Zeitgenossen geschmückten Sä- j>W- len de- Hotel de Pblogne eine Festfeier stattfinden. Fest reden von den Herren 00. Wuttke und Toldschmidt. Chorgesang ä vspvUa, geleitet vom Henn Musikdirektor Riedel. ^ Festprolog, gesprochen von Herrn Alex. Kökert. Der Künstlerverein wird eine Aufstellung von Kunstgegen ständen veranlassen. — Der in dem Dorfe Horburg bei Schkeuditz seit vorigem Jahre als Wunderdoktor ausgetretene Hutmann daselbst treibt dem Vernehmen nach sein Wesen noch im mer fort und hat so viel Zulauf und Zufuhr von Hilfe suchenden, daß diese manchen Tag auf 200—300 Perso nen sich belaufen sollen und der AeSculap sich genöthigt gesehen hat, sowohl das Eintrittsgeld von 2j Ngr. auf 10 Ngr. zu erhöhen, als auch einen besonderen Billeteur, sowie einen besonderen Pflasterstreicher anzustellen. Er cu- rirt nämlich alle nur möglichen Leiden mit einem und demselben Pflaster unter gleichzeitiger Anwendung des ani malischen Magnetismus, den der Mann in nicht unbedeu tendem Grade besitzen soll. Die betr. Behörde läßt ihn noch immer ruhig gewähren. — Einen Beitrag zur «Naturgeschichte stiller Durchgeher- in Echänklokalen lieferte dieser Lage so ein Bruder Spiegelberg in einer Restauration der Neu stadt, der aber am Schluß die Worte: «Drin Register hat ein Loch!" sich selbst zurufen mußte. Der gute Bonvi vant hatte gegessen und getrunken, das ist in der Ord nung, der Mensch will leben, aber — der Wirth will auch leben und da ist das Ende vom Lied: Bezahle deine Zeche! Diese lief etwas hoch hinaus, aber mit «Sollen und Haben- schienen sich in seiner Lasche Differenzen zu entwickeln, weshalb der Redselige einen stillen Charakter annahm und die Stelle observirte, wo der Zimmermann daS Loch gelassen. Endlich hieß es: „die Gelegenheit ist günstig!- — «Leise wie Feentritt- schlich er hinaus und jubelte vielleicht schon: «Freiheit, Roller! du bist im Trock nen!- als der Wirth wie ein Stechsinke auf die Thür loSschoß und nach zwei Minuten das gedächtnißschwache Herrchen zur Belustigung der Gäste am Rockkragen zu rückbrachte. Das Wort: .Bezahlen" spielte jetzt in der hitzigen Disputation ein« Hauptrolle. Hier war nun freilich Holland in Nöthen; es gab's nicht her, wie man so zu sagcn pflegt und so wurde im Nu das kleine gr- mülhliche Kneipchen eine Art öffentlicher Gerichtssaal, wo der Wirth als Kläger und Richter in Einer Person auf trat. Ohne weitere Berathung im Nebenzimmkr wurde sofort das Urtheil gefällt, welches dahin ging, daß der Schuldige als Pfand einen Rock zurücklaffe, was denn auch geschah. — Freilich etwas schroff, aber, da eS nur den Rock galt, immer noch besser, wie in manchen Schweizer-Hotels, wo, wenn es die Zeche gilt, man nicht selten biß auf's Hemd ausgezogen werden sott. Tage-geschLchte. Aus Schleswig, 13. Jan. Welch geringen Er folg die bisherige dänische Politik im Herzogthum Schles wig gehabt hat, zeigen die Lhatsachen. Im Herzogthum Schleswig, vornehmlich auch im nördlichen Theile dessel ben, ist der Widerwille gegen Dänemark entschieden im Wachsen; die fortwährende Ungewißheit des Zustandes, die vermehrten Abgaben, die Anmaßungen und der Hochmuth der dänischen Prediger und Beamten rufen diese Wirkung hervor. Einzelne Züge sind bezeichnend. Ein angesehener Bauer, der früher zu den Häuptern der dänischen Partei gehörte und wegen seines trotzigen Benehmens im Jahre 1848 von bayerischen Soldaten derb adgeprügelt wurde, hat vor Kurzem bei einem großen Leichenbegängnisse im Amte Haldersleben laut erklärt: ES sei eine schwere Zeit gewesen, als das Land von deutschen Truppen besetzt ge wesen, sie hätten durch Fuhren und andere Lieferungen viel zu leiden gehabt und er habe gehörige Prügel bekom-