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»rsch. tägl. Mora. 7 U. Inserate, H Spaltzeite 5 Pf., werden b. Ad. 7 (Sonnt bi» 2 U ) angenommen Inder Expeditione Johannes-Allee u. Waisenhausstr. 6. Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredactcur: Theodor Drokisch. 354. Dienstag, den 30. Dcccmber Abonn. vierteljährlich 20 Rgr. bei nncntgeldl. Lieferung in's -au« Durch die Kal. Post vierteljtchrlich 22Ngr. Einzelne Stummem 1 Ngr. 1856 Dresden, den 20 December. — Oeffentliche Gerichtsverhandlungen: „Die Lüge ist die Krankheit unserer Tage", diese Wahrheit steht man nirgends öfterer bestätigt, als auf der öffentli chen Anklagebank. Auch am Sonnabende befand sich wie der ein frecher Lügner auf derselben, der Knecht G Hen- noch aus Halbendorf bei Bautzen, bis zum 7. Nov. d. I., wo er arretirt wurde, in Diensten bei dem Gutsbc- sitzer und Gemeindrvorstand Palitzsch in Kleinpestitz. Der Mensch scheint ein Feinschmecker zu seili, denn er war be- züchtigt, seinem Herrn in einer Zeit von 4 bis 6 Wochen nach und nach nicht weniger als 50 Kannen Wein aus dem Keller gestohlen zu haben. Nach den Ergebnissen der Hauptverhandlung hatte er sich eines sievenkaynigen Milch- krugs, den er aus "der Wirthschaft heinsstch' brk Seife ge schafft, als Transportmittel bedient, diesen in der Heu kammer unter das Stroh »erborgen, und entweder an die sem Orte selbst, wo er sehr häufig sich auffallend' lange aufzuhalten pflegte, sein Gelüste befriedigt, oder den ge stohlenen Wein aus dem Kruge in eine große Flasche ge schüttet, die er in seiner Lade verbarg, um von dem himm- Itschrn Nectar stets etwa» bei der Hand zu haben. Krug und Flasche fand man bei der später veranstalteten AuS- suchung an den angezrigten Orten vor; beide waren noch mit unbedeutenden Wetnüberrrsten gefüllt Der Diebstahl war durch den Umstand erleichtert worden, daß der Wein nicht in dem Wohnhaus«, sondern in einem Keller de- so genannten Niederguter lagerte, wohin der Dieb um so unbemerkter gelangen konnte, al» er seine Grnirreisen dort hin meistentheilS in Abwesenheit des Herrn oder bei Nacht zeit ausgeführt zu haben scheint. Der Keller war zwar nicht bloS mit einem gewöhnlichen Schlosse, sondern auch außerdem mit einem Vorlegeschlösse verwahrt; aber es er gab sich bei der Entdeckung, daß der Hofthorschlüffel, den Hennoch beständig bei sich trug, auch jenes Lhürschloß, de» Grtreidebodenschlüsskl aber, der dem Herrn schon lange vorher abhanden gekommen war und in Hennoch« Besitz vorgrfunden wurde, das Vorlegeschloß öffnete. Was war daher dem Diebe leichter gewesen, alS in das wohlver wahrte Verließ zu gelangen? Das dem Herrn immer auffallender werdende Manko veranlaßte ihn endlich, »in anderes Vorlegeschloß anzubringe»; und siche da, am an deren Lage fand er es verletzt und mit deutlichen Spuren vor, daß Jemand hinein gewollt, aber nicht gekoynt hatte. Der Dienstherr kam nun auf dir immer bestimmtere Vcr- muthung, daß er rS mit einem HauSdiebe zu thun haben müsse, und lenkte seinen Verdacht zunächst aufHennvchen, weil dieser in auffallender Weise sich fast fortwährend be trunken gezeigt hatte, ohne daß man doch sah oder hörte, daß dies durch den Genuß von Schnaps htrbeigeführt worden sei. Daher wendete er sich zunächst an den zwei ten Knecht, und suchte von diesem zu erforschen/ ob der selbe irgend welche Wahrnehmungen gemacht habe, Die ser hatte erst nicht recht mit ver Spracht herau- gewollt, wahrscheinlich, weil er sich selber fürchtete- endlich iab^r rückte er mit der Eröffnung vor, daß -ihm Hennoch vor einiger Zeit au- einer kleinen Gchnaptflafcht Lein zu trinken gtgebm uitd dabei gesagt habe, der sei aus des Herrn Keller, Ein andermal habe er chm mitgetheilt, hrütt sei der Böttcher im'Keller, da wolle er sich schon eine Güte thun. Die nunmehr erfolgte Aussuchüng «t- gab das obengenannte Resultat. Aber Hittttoch wollte vurchauS von Nichts wissen. Die Trunkenheit sollte vom BrannlweiNgenuß herrühren, den Wein, den «r dem Mit knecht kredenzt, habe er sich in Dresden beim „Vater Kohl' gekauft — man sieht, Hennoch versteht zu leben in der großen Flasche wollte er sich Branntwein geholt haben und fand eS unerklärlich, wie der erwähnte Nest habe Wein sein können; von dem Kruge in der Heukam- mrr hatte er gar kein« Kenntniß, eben so wenig von de« Besitz des Getreidrbodenschlüffels. Kurz, er war'- nicht gewesen Zu den gegen ihn sprechenden vemeistn «Mt nun mitten in der Verhandlung ein etgenthümlicher Wo* stand. Es ließ nämlich aus dem Gesirngmrnhausvchet- über ein Sträfling, Namens Seidel, melden-, er «oll« gen Hennoch Zeugniß ablegrn über ihm von diesem go> machte Geständnisse. Als der Herr Vorsitzende beorstlbm Seidels Namen nannte, schien ein jähe» Schreck durch seine Glieder zu fahren, er äußerte aber dennoch auf Be» fragen, er habe zu Seideln nichts gesagt. Jetzt wmd« dieser geholt, «s war ein Handwerksbursch, der wetzen gehabter Keilerei eine achttägige Gefängnißftrafe absaß, ein achter Typus vom BruderStraubiuger, vielleicht scher aus Berlin, denn an feinet mittleren Rückseite guckte «in obligates Weißbierzeichrn hervor; übrigens war er von ramajsirter Statur, treuherzig und geradezu. Liest», dpt von den Ergebnissen der HauptverHandlung gar Nichts wußte und wissen konnte, erzählte nun aus Mitthcklun- gm, di» ihm von Hrnnochen in einer schönen Stunde, «S sie sich gegenseitig chre Secl'N aufgeschlossen, hatten, ge» , - 0 -d't '.f-g'L itl!" i l' c,