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wähnt, daß m Baiern von ultramontaner Seite stark ge gen die Schillerfeier agitirt wird. Alö rin Kuriosum ver- dicnt in dieser Beziehung ein Artikel in dem „Freisinger Wochenblatt" notirt zu werden. .Schiller/ beißt eS da- rin, „verdient eine so großartige Feier gar nicht, denn er ist klein als Mensch, noch kleiner als Christ und selbst als Dichter nicht wahrhaft groß und wahrhaft deutsch." Schil ler sei ein Mann jener traurigen Zeit, behauptet dieser Obskurant, wo der Unglaube und die Revolution überall ihr Haupt erhoben, wo unser deutsches Vaterland in re, ligiöser, sittlicher und politischer Beziehung aufs tiefst« und schmählichste darniederlag. »Er wurde zwar in der pro testantischen Konfession geboren und erzogen, bat aber bald jeden christlichen Glauben abgestre>ft und sich dafür dem flachen Rationalismus der Kantischen Philosophie und zu letzt dem nackten Unglauben in die Arme geworfen. Er war daher so wenig Protestant als Katholik, er war über haupt kein Christ, sondern ein moderner Heide." — Von einem andern ultrafrommen Manne in Baiern ist gegen die Echillerfeier der Umstand geltend gemacht, daß Schil ler an Einem Tage mit Mahomet geboren ist. Kassel, 25. Oct. Heute Nachmittags 3 Uhr ha ben wir Ludwig Spohr zur Gruft geleitet. Eine große Anzahl Männer hatte sich dem Zuge angeschlossen. Bei dem Heraustragen VeS Sarges auS der Gartenwohnung, die der Meister seit 1822 bewohnte, ward von den Mit» gledern des weiblichen Tbeoterchors rin Gesang auS Spobr's „Kreuzfahrern" angestimmt. Den Zug bildeten: d<e Mitglieder VeS Hof Orchesters, die den Beethoven'schen Lrau'kmarsch und dann einen solchen von des Verewig, ten Eomposition vsrtrugen; dann die Prediger; der Lrauer- wagen; die Familienglieter des Verstorbenen; sämmtliche männliche Angehörige des Hostheaters, der General-Jnren- dant, Hofmarschal v. Heeringen, an der Spitze; die Mit glieder hi.siger Gesangvereine; dann die anderweitigen Lheilnehme»; den Wagen, die den Schluß bildeten, fthr der Staatswagen des Kurfürsten voraus. Auf dem Fried- hof angelangk, stellten sich die Theilnehmer vor der vom Magistrat eingeräumten Gruft auf und ein Chorgksang aus Spohr's .P etro von Albano" ward angestimmt. Dann >prach Pfarrer Jalho die Trauerrede, gab eine kurze Darstellung des Lebens des Verewigten und eine Cha rakteristik, die vorzugsweise bei der Hervorhtbung der sitt lichen Eigenschaften des Musikers und des Menschen Spohr verweilte. Eine vom Kapellmeister Reiß compo- nirte Cantate bildete den Schluß, vorgeiragen von Mit gliedern hiesiger Gesangvereine. Der Kurfürst und die Fürstin von Hanau hatten den Zug aus einem Fenster deS PostgtbäudeS mit angesehen. Unzähliges Volk war versammelt und bekundete, wie die ganze Feierlichkeit, daß man empfand, waS Spohr insbesondere unserer Stadt ge wesen Mü » che n.*) Seit mehreren Monaten enthalten alle öffentlichkn Blätter Schilderungen der traurigen Folgen de» K.ieges, also der Erziehung ohne die Grundlage deS Mitleids. All' dies stellt aber natürlich nur einen ganz kleinen sichtbaren Theil deS unendlich großen Ganzen dar. Und von bieslm kleinen Thell wollen wir hier wieder nur ein kleines Theilchen liefern, so daß aus diesem verkleiner ten Maßstabe rin wahrhaft grauenvoller Schluß auf den Umfang des Ganzen sich von selbst aufdrängt. Ein hoch- gestellter und hochgeachteter Staatsdiener auS München, der kürzlich mit zwei Freunden Lyrol durchreiste, schreibt unS: „Wir besuchten das Schloß Rothholz, indem gegen 400 verwundete Oesterreicher untergebracht waren, und der Anblick der vielen leidenden Gestalten, die sich meist in ganz jungen Soldaten der verschiedenartigsten Waffengat tungen unS darboten und als wahre Bilder des Jammers ") Auszug aus einer Bekanntmachung de« dasigen Thierschutz- tvereiir« Und der Verstümmlung erschienen, machte einen schmerz lichen Eindruck auf uns. Auffallend war, daß neben den vielen Schußwunden mit Knochenverletzungen sehr viele Verwundete Verletzungen an den Fingern der rechten Hand hatten, waS davon hrrrühren soll, daß sie bei dem gegen sie im Kampfe unternommenen Bajonette-Angriffe zur Abwehr nach den Bajonetten der Feinde griffen, und weil deren Bajonette dreischneidig und geschliffen sind, an diesen sich die Finger thrilö ab-, theilS durchschnitten. Charakteristisch war der gemeinsame Zug von Gram in den Gesichtern dieser Leute, selbst die unbedeutender Ver wundeten, welcher Zug nicht sowohl Folge der Verwun dung allein, als auch das Bewußtsein zu sein schien, so viel geduldet, so viel gekämpft zu haben — ohne Erfolg. Und der blaue Himmel lachte in sonniger Klarheit über dem herrlichen Lhale, unbekümmert um den Serlenschmrrz von mehreren Lausenden (17,000), die mit ihren körper lichen Leiden darin Unterkunft gefunden haben Der Eindruck (den sonst die Schönheit und die SehmS- würgkeiten von Innsbruck machen) wurde bei unS drei Reisenden durch die Menge der unS auf den Straßen be gegnenden Verwundeten herabgestimmt, bei welchen nicht selten Krücken die fehlenden lebenden Stützen vertraten, und zwar meistens bei jugendlichen Gestalten. Derselbe Zug von Gram auch hier, wie in Rothholz, ja selbst die Stadt schien nicht frei von diesem Zug. denn in Wahr heit, m r ist ein heiteres Gesicht von Innsbruck nicht in der Erinnerung geblieben .... V ele Soldaten marschir- ten (in Italien) 36 Stunden hin und wieder und wur den, ohne menagirt zu haben, ins Treffen geführt, da gegen 16 Siunden dauerte; da ist's doch wohl erkärlich, daß die Leute, von Hunger und der gräßlichen Sonnen hitze, wie durch vieles Marschiren, bis auf den Tod er- lchöpst, umsanken und mit Freuden einer erlösenden Ku« g'l entgkgtnsaben, und der Art ermattete Leute find die M isten der Gefangenen gewesen Ein österreichi scher Offizier erzählt u»S: »Nach der Schlacht von Ma genta. wo er einen keinen edlen Lbeil verletzenden Schuß durch den Unterleib erhielt, und erst infolge eine- an den Schienbeinen empfangenen Prellschusses zu Boden sank, kam während der Nacht ein französischer Offizier mit Be deckung und suchte beim Scheine einer Laterne seine Kampfgenossen hervor. Er bedauerte, bei dem österreichi« sch.n Offizier angekommcn. diesem nicht auch helfen zu können, gab ihm jedoch Wein und Brvd und verließ ihn wieder. Als nun diese Truppe der Franzosen daS Schlachtfeld verlassen hatte, erhoben sich Verwundete aller Art und in allen Stillungen, die in den Sprachen der verschiedenen österreichischen Kronländer um Hilfe und Rettung flehten und, als diese immer noch nicht kommen wollte, allmählig leiser und leiser stöhnend auf ihre schauer lichen Ruheplätze zurücksanken." Diesen Moment bezrich- nrte der verwundete Offister, dem noch Rettung ward, als den gräßlichsten seines Lebens Nach der .AugSb. Ab.-Z." schreibt v. Weinmann von Winterthur, einer der vom Bundesrath nach Italien geschickten Aerzte, über sei nen Besuch in Spitälern: »Die immer noch furchtbaren Verwundungen sind Schußwunden, meistens mit Knochen verletzungen, daher jetzt noch täglich Operationen nothwen- wendig werden. Ich glaube, eS giebt nicht einen Qua dratzoll am menschlichen Körper, auf dem ich nicht auf dieser Reise eine Wunde gesehen hätte, darunter recht scheußliche. (Dazu Spitalbrand, Dysenterie, typhöse Fie ber re. rc. als Zugabe.)' Die .New York-Limes" berich ten: „Die Kranken gehen au» Mangel an ärztlicher Pflege elend zu Grunde. Ich sah einen französischen Soldaten, der einen gefährlichen Schuß in den Schenkel erhalten hatte und noihdürftig verbunden seit 10 Lagen, die er sterbend dalag, keinen Wundarzt wieder erblickt hatte. In einem andern Spital (zur Hälfte mit Orsterreichern ge«