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O Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. M 872 Donnerstag den SS. September 183k «rsch. tagt. Morg. 7 U. - Inserate die Epaltjeile S Pf. werden bi« Ab. 7 (Sonnt, bis L U > angenommen. — Abonn. Vierteljahr »0 Ngr. bei unentgeldl. Lieferuna in'« Hau«. Durch die Post. Viertelt- »0 Ngr. Linz. Nummern 1 Ngr. Expedition: Johanne«. Allee K u. Waisenhaulstr.« Pt. Lur Auf das mit dem I. Oktober 18SS be ginnende neue Abonnement der „Dresdner Nachrichten" werden von jetzt an »estellun- gen angenommen Der Pränumerat onspreis beträgt mit Einschluß der Zusendung für Dresden vierteljährlich 2« Ngr. Auswär tige haben sich an das ihnen zunächst gele gene Postamt zu wenden. Expedition -er „Dresdner Nachrichten." JohanniSallee und Waisenhauöstraße Nr. 6. Dresden, den 29. September. — I. M. die Königin Marie und I. k. H. di« Prinzessin Auguste besuchten gestern das Etablissement deS Hrn. Handelsgärtner Schneider, um das daselbst in schön ster Blüthe stehende Exemplar der Vuooa glorios» in Au genschein zu nehmkn. Die hohen Herrschaften sprachen sich höchst beifällig über den imposanten Anblick der seltenen Pflanze aus. — Oeffentlich« Gerichtsverhandlungen: Am vorigen Dienstage befand sich der 29jährige Maurer F. O. Presse von hier auf der Anklagebank, ein Mann, der bereits viermal wegen Eigenthumsvergehen mit Ge- fängniß bestraft worden und jetzt abermals eines ausge zeichneten Diebstahls bezüchtigt war. In der Hauptver- handlung fiel den zwischen ihm und seiner Ehefrau schwe benden Verhältnissen eine nicht unbedeutende Rolle zu. Er hatte sie, wenn wir recht verstanden haben — die letztere sprach so leise, daß rS unmöglich war, ihr ein Wirt zu verstehen — im Jahre 1853 geheiralhet; bald aber wa ren Mißhelligkeiten zwischen ihnen «ingetreten, welche eine Scheidung von Lisch und Bett herbeigeführt hatten; im Lauf« dieses Jahres jedoch hatten sie sich dem Ausspruche des Ehegerichts zufolge wieder mit einander vereinigt. Press« hatte in der Zwischenzeit in sogen. Schlafstelle ge wohnt, und zwar seit Anfang Mai d- I. bei dem Hand arbeiter Eisold allhirr. Dort stand sein Bett im Vor- hausr neben der Küche, durch welche man in die gemein schaftliche Wohnstube gelangte. Zu dem Vorhause besaß Presse einen Schlüssel und auch die Küche war ihm zu gänglich, wenn die Sisold'schen Eheleute nicht zu Hause waren. In letzterer befand sich nun u. A. auch rineEom- mode, in welcher der als ein ordentlicher und fleißiger Mann bekannte Eisold sein erspartes Geld zu verwahren pflegte. Pressen war dies bekannt geworden, weil er vor einiger Zeit, als er ihm auf sein inständiges Bitten 2 Lhlr. 20 Ngr. zur Einlösung eines auf dem Leihhause versetz ten Rockes geliehen, mit seiner Frau dabei gestanden hatte, als Eisold dieses Geld aus den Liefen seines dort befind lichen Mammons hervorgeholt hatte. Dieser Umstand vor zugsweise mochte es gewesen sein, der in Eisolden den ver dacht auf Pressen lenkte, als er am Abend d«S S. August d. I. in seine Commode kam und einen darin befindlich gewesenen, mit 1 Zwrithalerstück und 10 neuen Lhalern gefüllten Beutel entwendet sah, die er erst am 31. IM noch darin gesehen hatte. Dieser Verdacht steigerte sich durch den Umstand, daß Presse gerade an letzterem Lage in Folge seines fortwährenden Bummelns und seiner Ar beitsscheu in großer Geldverlegenheit gewesen, auch am Abend dieses Lagrs aus Mangel an Fußbekleidung nicht mit auf die Vogelwiese gegangen, sondern allein zu Hause geblieben war, dennoch aber in den Zwischentagen Geld besessen, sogar sich ein Paar neue Stiefeln gekauft hatte, von denen sich später ergab, daß sie von ihm mit einem Doppel- und einem neuen Lhalerstück bezahlt worden wa ren, über deren rechtlichen Erwerb er aber jeden zuverläs sigen Nachweis schuldig blieb. Genug, nachdem Eisold den Verlust bemerkt, eilte er sofort, Pressen aufzusuchen. Er traf ihn auf der Straße, nahm ihn mit sich nach Hause und hielt ihm dort sein Vergehen vor, mit dem Bedeuten, er solle nur Alles gestehen und ihm sein Geld wieder schaffen, dann wolle er über den ganzen Vorfall schweigen. Anfänglich versuchte Presse die Lhat in Abrede zu stellen, endlich aber rückte er mit dem Geständnisse her aus, er habe das Geld gestohlen, aber größtentheilS wie der verspielt. Hierauf wollte er zuerst in Gemeinschaft mit Eisolden seine Frau bewegen, sich für ihn ins Mittel zu schlagen, versuchte auch, bei deren Unvermögen oder Nichtwollen, bei einigen Bekannten, zu denen ihn Eisold begleitete, das Geld aufzutreiben, jedoch vergeblich. Auch war die verehel. Presse Zeuge gewesen, wie ihr Mann der Frau Eisold um den Hals gefallen war und sie instän digst gebeten hatte, ihn nicht unglücklich zu machen. Da Presse aber nachher Eisolden zu entschlüpfen suchte, ließ dieser ihn noch an demselben Abende arretiren. Trotz aller dieser Lhatsachen stellte er in der Hauptverhandlung die Verübung der Lhat beharrlich in Abrede. Hierin wurde er — man hatte ihn nach geschloffener Voruntersuchung der Haft entlassen und er war indeß zu seiner Frau ge zogen — von eben dieser trefflich unterstützt. Denn od-