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Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. ^214 Dienstag dm 2. August 1859. Ersch. tägl. Morg. 7 U. - Inserate die Spaltzeile S Pf. werden bi- Ab. 7 (Sonnt, v. 11—2 U ) angenommen. — Abonn. Vierteljahr »0 Rgr. bei unentgelol. Lieferung in'»Haus. Durch die Post. Viertelt.20 Ngr. Sinz. Nummem 1 Ngr. Expedition: Johanne-«Allee S u. Waisenhau-str. k Pt. dem Kellner, er habe seinen — gar nicht existirenden — Großvater aus Pillnitz auf dem Markte getroffen und von diesem einen Thaler erhalten. Erklärend, daß er am fol genden Morgen sich per Dampfschiff zu demselben v-rfü- gen wolle, bezahlte er seine sich auf 28 Ngr. belaufende Zeche, und trank nun noch mit Sommern jo lange fort, bis dieser im zureichend scheinenden Maße fertig war und von ihm und dem Kellner auf sein Zimmer transportirt werden mußte. Dort entkleidete er ihn, erhielt aber von dem Kellner die ausdrückliche Weisung, sich von dem Hausknechte seinen Stubenschlüssel geben zu lassen und niche in dem Zimmer zu verbleiben, sobald Sommer zur Ruhe sein werde. Eben graut der Morgen, als Letzterer wieder erwacht. Da sieht er, wie „Kallenbach' vor dem Sopha steht und den Rock desselben in den Händen hat, in dessen Seitenrasche er beim Niederlegen das Vorhan densein von 34 Lblrn. Silbcrgeld — einer bekanntlich sehr bemerkbaren Last — noch gefühlt Halle. Auf seine Frage, was er da mache, giebt der Freund aber keinen Mucks von sich, sondern verschwindet eiligst durch die Thüre und rennt spornstreichs zum Hause hinaus und nach dem Dampfschiffe zu. Zu dem vi-lleicht vorhande nen physischen Katzenjammer gesellte sich bei Sommern nun auch noch eine Portion moralischer; denn als er jetzt aus dem Bette springt und nach seinem Mammon forscht, findet sich keine Spur von ihm. Sofort macht er zwar Spektakel, Kellner und Hausknecht eilen herzu, und der Letztere jagt dem muthmaßlichen Diebe bis zur Dampf schiffsstation nach. Aber das Schiff streicht mit ihm und der Beute bereits durch die Wellen. Man recherchirt nach Pillnitz, aber dort ist kein .Fallenbach' gelandet, viel we niger kennt ihn da Jemand oder seinen reichen Großvater. Wohl aber spürt ihn sechs Lage später die thätige Gens- d'armerie in Schandau auf, wo er zwar nicht als .Herr v. Kallenbach', aber als .der Koch Pörsch' verweilt und herrlich und in Freuden lebt. Der Mann muß wissen, mit Gelde umzugehen, dmn man fand noch nahe an 4 Thlr. bei ihm vor. Natürlicher Welse war er nach seiner Angabe völlig unschuldig. Ergab an, ein Freund hätte ihm am 8. März 6 Thlr. zugesendet z doch Sommers Geld hatte er, wie er behauptete, nicht gestohlen. Die Gericht« lassen sich je doch bekanntlich keine Mühe verdrießen. Man schrieb an die Behörde inBöhmen, wo Jener sich jetzt aufhält; aber siehe da, der Freund erklärte, er habe Pörschrn kein Geld geschickt, sei ihm überhaupt nicht so viel, sondern blos 1 Thlr. schuldig gewesen, und diesen habe Pörsch auch noch Dre-den, den 2. August. — Se. K. K. H. der Erbgroßherzog von Toscana ist gestern früh s,»2 Uhr von Pillnitz nach VöSlau bei Wien abgrreist. — Se. Maj. der König hat genehmigt, daß der Staatsminister, Frhr. v. Friesen, das ihm von Sr. Maj. dem Kaiser von Oesterreich verliehene Grofikreuz des Franz« Joseph-OrdenS annehme und trage. — Oeffentliche Gerichtsverhandlungen: Der auS Wachwitz gebürtige Koch Friedr. Wilh. Pörsch war bis zum 19. Drc. v. I. im Hotel „zum Forsthause' in Schandau engagirt gewesen, dieses Dienstes aber ent lassen worden, wahrscheinlich in Folge einer ihm wegen Eigenthumsvergehenö auferlegten vierwöchentlichen Gefäng- nißstrase. Diese scheint aber keinen besonderen Effect m seinem Inneren hervorgebracht zu haben; denn er führte sich in der Mitte des vergangenen Februar im Gasthause .zum Ritterhofe' allhier gleich wieder mit einem Schwindel ein, indem er, nur von Person daselbst zeither gekannt, sich den Pseudonamen „Fallenbach' gab und als solcher bei der Polizei anmelden ließ, auch eine wichtigere Bedeutung sich durch die Angabe zu verschaffen suchte, er sei ein aus adeligem Blute stammendes uneheliches Kind und heiße eigentlich .v. Fallenbach'; sein Großva ter, der sehr reich sei, lebe in Pillnitz. Jndeß erreichte er durch diese Vorspiegelungen den Zweck eines unbeschränk ten CreditS nicht; denn da er wenig Baarschaft blicken ließ, hielt ihn der Wirth sammt Kellner kurz, und er be kam zuletzt nichts mehr, wenn er nicht die sofortige Be zahlung in Aussicht zu stellen vermochte. So hatte er bis zum 8. März bummelnd dahin gelebt, an welchem Lage er mit einem im.Rittrrhofe' gleichfalls eingrkehrten Obsthändler aus Lrplitz, Namen-Sommer, Bekanntschaft machte, den er beredete, diesen Lag — es war gerade Fastnachten — in Dresden zu verbleiben und sich mit ihm gütlich zu thun. Beide «änderten selbander früh aus, gingen von einer Wirtschaft in die andere, wo Som mer sich nobel zeigte und ihn frei hielt, sich aber nach wohl vollbrachtem Tagewerke einen ziemlichen Haarbeutel angeschafft haben mochte. Pörsch jedoch hatte sich tapfer geholtem, denn seine Absicht mochte wohl auf etwas ganz Anden s gerichtet sein, da Sommer Geld eingenommen und dem neu erworbenen Freunde dies vertrauensvoll er öffnet hatte. Vielleicht hatte er seinen Zweck schon den Lag über in Etwas erreicht; denn als er Abends 8 Uhr mit Sommern in den »Ritterhos' zurückkehrt,, erzählte er