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wir seinen mit d,S in vorgestrigem Blatte von uns ge- schilderten Schwindlers Weise ganz identischen Namen ohne alle nähere Bezeichnung im Jnculpatenverzeichmsse angegeben hatten. Er habe, so sagte er, eine Masse Ver druß deshalb überstthen müssen. ES wird das geehrte Gericht aus solchen Vorgängen und im Interesse ganz unbescholtener und unbetheiligter Leute für die Zukunft wohl gern die Veranstaltung treffen, daß nicht blos die Namen der Jnculpaten, sondern auch deren Stand und Wohnort dem öffentlichen Anschläge stets beigefügt werden. — Vorgestern Abend ist der in Mittweida in Con dition stehende Uhrmachergehille Hillner beim Baden in der Zschopau über die abgesteckten Schranken hinausge- gangen und ertrunken. Tagesgefchichte. Wien, 30. Juni. Von I. Maj. der Kaiserin ist in den jünasten Tagen eine Sendung von mehr als 200 E>mern W>in für die Verwundeten in Verona eingetrof- fen. Die Erzherzogin Charlotte Hai 1000 Fl., der Erz herzog Ra-'ner ebenfalls 1000 Fl. dem patriotischen Hilfs vereine gespendet. — Ein gestern aus Verona eingelang- t«s Telegramm bringt die traurige Gewißheit, daß Oberst Fürst Wiodischgrätz den Tod auf dem Schlachtfeld« zu Cavriana grfunden. — (So meldet die „Autogr. Eorresp.') — Fürst Richard Metternich ist wieder nach Verona ab gereist. Paris, 29. Juni. In Cavriana war daS Toilet tenzimmer d^ Kaisers Napoleon nach der Schlacht nur durch einen Vorhang in einem Saale d,S einem reichen Italiener gehörigen Hauses gebildet, dessen Kinder am Morgen vom österreichischen und Abends vom französischen Kaiser geliebkost und beschenkt worden sein sollen. Turin, 30. Juni. (Tel Dep. d. „Dr. I ") Mit dem Uebergang der Alliirten über den Mincio wird fort gefahren. Der Kaiser besuchte bereits das linke Ufer. Die Position Valeggio wurde occupirt Die Franzosen stellen die von den zurückgegangenen Oesterreichern zerstörten Brücken wieder her. Mailand. Die Jesuiten-Vät/r, welche in der hies. Vorstadt S. Damien ein HauS besaßen, sind, wie das Mailänder „Eco della Borsa' meldet, mit allem Mobiliar von dort abgezogen. Wien, 27. Juni. Vom Kriegsschauplätze giebt es heute nur die Privatnachricht, daß die österr. Armee ihre Position zwischen Verona und Mantua ea rnas5v fest hält und große Verstärkungen an sich zieht. Lhatsächlich passiren hier fast jede Stunde seit einigen Tagen bereits aus Ungarn, Böhmen, Galizien die vierten Feldbataillone der in Jta'ien stehenden Regimenter ohne Aufenthalt durch. Die Verluste an höheren Offizieren in der letzten Schlacht sollen sehr bedeutend sein. Man nennt allein fünf Brigadegeneralc unter den Gefallenen. Im Allge meinen sollen die Verluste der Alliirten den unsrigen die Waage halten. Auch sollen die Franzosen eine ganz re spektable Portion von Gefangenen in unfern Händen ge lassen haben. Es sollen übrigens wegen Auswechslung dcr beiderseitigen Gefangene-, und gleicher Behandlung der letzteren Verhandlungen bereits im Zuge sein. — Es herrscht auch auf französischer Seite nur Eine Stimme darüber, daß die Oesterreicher in der Frühe des 24. Juni gegen den rechten Flügel der Verbündeten Vortheile er rungen hatten, und daß sie die eingenommenen Positionen mit bewunderungswürdiger Zähigkeit bis 5 Uhr Abends behaupteten Sie mußten weichen, weil sie im Verlaufe -es Kampfes ihre Schlachtlmie zu sehr ausgedehnt und das Eenlrum geschwächt hatten, dessen Durchbrechung durch die Franzosen daS Schicksal des LageS entschied. In Betreff der Verluste herrscht noch innmer die Wahr- fcheinlichkeit-berechnung, die in Schlacht^erichten oft un gemein trügt. Man will wissen, die französische Armee habe 8000 bis 10,000 Kampfunfähige; über dir Verluste der pumontesischen Heere hat man noch gar keine Andeu tung ; da die Oesterreicher aber jedenfalls mehr Tobte und Verwundete als die Verbündeten haben, so ist es wohl nicht übertrieben, wenn die .Jndrpendanc«' den anteiligen Verlust auf 30,000 Lobte und Verwundete schätzt. — Der Kaiter Napoleon erwartet, bevor er zu der Belager ung schreiten kann, noch eine neue Schlacht am linken Ufer des Mincio und trifft dafür letzt Vorbereitungen. — Prinz Napoleon wird bis zum 28. oder 29. Juni mit seinem Armeecorps am untern Mincio erwartet. — Der „Jndcpmdance Belge" wird auS Paris vom 24. Juni geschrieben: „Aus allen bis jetzt hier eingetroffenen Be richten erhellt, daß dcr Kaiser der Franzosen während der Schlacht bei Solferino sich so sehr, wie Victor Emanuel, der persönlichen Gefahr ausgesetzt habe. L. Napoleon wurde durch ein Wurfgeschoß die eine Epaulette fortgr, rissen; zwei Pferde vom Corps der Hundcrtgarden wu- den aanz in Napoleons III. Nabe getöeiet. In Betreff dcr O stcrreicher erfährt man, daß der Kaiser Franz Jo seph alle italienischen und ungarischen Regimenter inrsiits des Mincio gelassen hatte, so daß nur'Deutsche und Slaven im Feuer waren. Hieraus erklärt sich zum Tb'il die Erbüterung, mit der die Oefterreicher fochten. Auf Seiten der Franzosen fand die grsammte Kaisergarde keine Gelegenheit, sich activ am Kampfe zu brtheiligen." Vom Kriegsschauplätze. Recht Interessantes berichtet ein englischer Artillerieoffizier, der mit in der Krim gefochten hat, aus Italien. „Auffallend ist cs, wie wenig der Name Louis Napoleon von den Truppen ge. nannt wird. Skandalöse Geschichten in Menge wurden über viele vornehme Persönlichkeiten aus des Kaisers Um gebung mitgetheilt. Da muß eine arge Zuchtlosigkeit der Sitten herrschen! Von der Kaiserin Eugenik hörte ich nur Gutes und ihre geistige Energte wurde sehr gelobt. Der Prinz Napoleon ward von den Offizieren Allgemein als Poltron verhöhnt und eine Menge skandalöser Ge schichten über ihn erzählt. Seine junge Gemahlin, die arme sardinische Prinzessin, ward sehr beklagt. Von den höheren Generalen genießt Bosquet unbedingt das g-ößte Vertrauen bei allen Truppen, doch ist er noch sehr lei- dend. Marschall Canrobert ist sehr geachtet, wird aber, als nicht kühn und energisch genug, häufig getadelt. Sehr beliebt ist Niel, dem man Tüchtiges zutraut und dann vor allen als Divisionsgeneral Mac Mahon, dem wahr scheinlich eine glänzende Zukunft bevorsteht. Daß Mar schall Pelissier nicht die italienische Armee befehligt, hörte ich oft bedauern. Ein alter vielfach decorirter Sergeant, den ich schon von Sebastopol her persönlich kannte, fällt über Pelissier folgendes Urtheil: .Der Marschall. unter dem, ich schon in Algerien ein Dutzend Jahre diente, ist ein wahrer Schinder, und fährt er einmal zur Hölle, wird der Teufel seine große Freude daran haben, ihm den dicken Speck auszubraten; aber für uns Soldaten hier im Krieg ist er doch der beste Obelgeneral, wenn er freilich das Menschenfleisch auch verzweifelt wohlfeil verkauft. Die Hälfte von uns läßt er vielleicht auf dem Echlachtselde liegen, die andere Hälfte führt er aber zum Sieg und das ist das Beste. Der alte Hallunke soll jetzt am Rhein commandiren und wird dort diesen dreimal verdammten Preußen schon gehörig einheizen. Irente äe stisn! Ich möchte wohl dort unter ihm gegen dieses deutsche Vieh zeug kämpfen.' Dieses Urtheil des altm Schnauzbartcs über Pelissier ist zwar soldatisch derb und zeigt uns zu gleich die Brutalität französischer Soldateska, — eS ist jedoch diele Ansicht, allem Anscheine nach, sehr richtig und bezeichnend." , Dem .Moniteur" wird auS Cavriana vom 25. Juni nachstehender Bericht über die Schlacht von Solferino