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' Unterhaltung und Geschäftsverkehr. 158 Sonntag dm 5. Juni 1859. Ersch. tagt. Morg. 7 U, — Inserate die Spaltzelle 5 Pf werden bis Ab. 7 (Sonnt, v. 11—2 U ) angenommen. — Abonn. Vierteljahr 20 Ngr. be uncntgeldl. Lieferung in's Haus. Durch die Post. Mertelj. 20 Ngr. Elnz. Nummern 1 Ngr. Expedition: Johanne- - Allee 6 u. Waisenhausstr. 6 pt Dresden, den 5. Juni. — Im weitern Verlauf der am 2. gehaltenen Sitz ung der 1. Kammer sprach Bürgermeister Müller: ES herrsche nur eine Stimme darüber, daß das gute Recht auf Oesterreichs Seite sei. Daher der allgemeine Wunsch, daß man den Feind nicht adwarten, sondern ihm muthig entgegengehen möge, denn in dem Freunde Italiens er kenne man den Feind Deutschlands. Möge daher auch Preußen vorwärts gehen. Er schließt mit dem Horazi schen Ausspruch«: „Kein Sterblicher hat, was die Führung der Waffen und die Ehre anbelangt, vor dem Deutschen einen Vorzug!- Bürgermeister Koch freut sich über den Nationalaufschwung Deutschlands. Dieser Aufschwung müsse dereinst für Deutschland seine guten Früchte tragen, wenn sie auch uns nicht mehr zu Gute kämen. Er mahnt zum Vertrauen auf die Regierung, die schon handeln werde, wenn der rechte Zeitpunkt gekommen. Schließlich beantragt der Redner: „die Kammer wolle dem hohen Kriegsmini sterium ihren Dank für die umsichtigen Maßregeln, welche es in Betreff der Kriegsbereitschaft getroffen, außsprechen.- Hierauf ergriff Herr Staatsminister v. Neust das Wort zu einem langem Vortrage, dem wir nach dem Dr.J Folgendes entnehmen: »Die hohe Kammer hat von dem heute ihr vorlie genden Gegenstand Anlaß genommen, die schwebende po litische Tagesfrage in den Bereich ihrer Berathung zu ziehen. Die Diskussion habe gerade in dem gegenwärtigen Augenblicke in mancher Beziehung ihr Mißliches und Be denkliches. Dir Regierung hat aber die Ansicht gefaßt, daß rin öffentliches Aussprechen der Ansichten, wie sie in beiden Kammern bestehen, einen viel größern Nutzen habe, als von einer andern Seite vielleicht ein Nachthcil daraus entstehen könnte. Insoweit es sich darum handelt, der Kammer Aufschluß über stattgefundene,Verhandlungen zu geben, bin ich leider nicht im Stande, 'diesem Verlangen m dieser Weise zu entsprechen, daß wesentliche Anhalte punkte für vollständig erzielte Resultate daran geknüpft werden könnten. Ich habe es dankbar anzuerkennen, daß die geehrten Redner sämmtlich in einer Weise sich ausge sprochen haben, welche der Regierung gegenüber rin rück haltloses Vertrauen kund gegeben hat. ES giebt wohl meinende Personen, welche der Ansicht huldigen, «in Staat von der Größe Sachsens thue am besten, er schließe sich «in für allemal vertrauensvoll einem größern Staate an, er richte danach seine Politik ein und gehe auf diese Weise «inen sichern Weg Ich gestehe, ich kantt diese Ansicht nicht theilen; denn es würde dies soviel heißen, daß dieser Staat gar keine Politik haben solle. Den größern Staaten fällt die Aufgabe zu, die Initiative in politischen Dingen zu ergreifen und den Ereignissen vorzugreifen; den kleinen Regierungen fällt eine andere Auf gabe zu, ihre Politik muß eine Politik entweder der Unter stützung oder eine Politik der Abwehr sein, eine Aufgabe, die darum nicht minder dankbar ist als erste«. Unbedingt darf die sächsische Regierung für sich Das in Anspruch nehmen,' daß sie ihre moralische Unabhängigkeit jederzeit auf das Strengste aufrecht erhalten hat. Die Ausgabe der mittler» deutschen Staaten hat sich gegen früher seit 1848 in vieler Beziehung geändert. Sie war vor dem Jahre 1848 eine leichte und einfache, weil damals in allen größern Angelegenheiten zwischen den beiden deut schen Großmächten Uebereinstimmung herrschte, während sich seit 1848 dies Verhältniß geändert hat und die Stel lung der übrigen deutschen Staaten eine schwierigere und damit auch wichtigere geworden ist. Gegen die sächs. Re gierung hat man den Vorwurf der Inkonsequenz erheben wollen, als man ihr nachsagen zu können geglaubt hat, sie habe in neuerer Zeit eine sehr entschiedene Vorliebe für die französische Regierung kundgegeben, man habe hier für Frankreich lange gegen Oesterreich Partei genommen und dann auf einmal sei man in die entgegengesetzte Rich tung umgeschlagen. Es haben einzelne Artikel in dem »Dresdener Journal- zu Mißdeutungen Anlaß ge geben und es ist das allerdings in einer Richtung hin zu beklagen. Hätten andere Blätter gehandelt wie das „Dr. I." und wären nicht voreilig, sondern erst später zu einer strengeren Bcurtheilung der französischen Regierung über gegangen, wie daS Journal eS that, so wäre die Beur- theilung des Aufschwunges in Deutschland gegen Frank reich in diesem Lande selbst eine ganz andere und wirk samere gewesen, als es in der Lhat der Fall war. Ich komme nunmehr zu der eigentlichen Hauptfrage, zur Be- urtheilung der Stellung des Deutschen Bundes zum öster reichisch-italienischen Kriege. Es ist heute auch mehrfach der Regierung eines großen deutschen Bundesstaates Er wähnung geschehen und man hat nach dieser Seite hin sein Bedauern darüber ausgesprochen, daß dieselbe nicht schneller und thatkräftiger einschreite. Im Allgemeinen kann ich nur bestätigen, daß Verständigungen zwischen den beiden deutschen Großmächten zunächst im Werke sind, welche einen vollständig gedeihlichen definitiven Abschluß ver sprechen. Man hat den deutschen Regierungen die bündigsten Versicherungen gegeben, daß Niemand daran denke, Deutsch-