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ein gutes Geschäft dabei, während der arme Privat« und Handwerker dadurch auSgezogen wird. Ich will Ihnen einen Beleg hierfür liefern. In den letzten Lagen ist unsere Stabt von Berliner Banquier-Eleven besucht wor den, welche gutgefüllte Reisetaschen mit sich führen. Da rin befinden sich jene Papiergeldsorten, die man in Berlin den Unwissenden mit 4—5 Z Verlust abgehandelt hat, vvrgebcnd, daß deren Einlösung gegen Baar sehr proble matisch geworden sei. Braunschweiger Leihhauöscheine l unser gut fundlrles Staatspapiergeld) werden des Um standes halber, daß sie mit den Scheinen des gefallenen (Kasseler Instituts das Wörtchen .Leih-" gemein haben, mn 4—5 ff Verlust aufgekausi! Hier an der Lasse prä- sentirt, erhalt der Berliner Banquier-Eleve sofort preuß. (Kassenanweisungen oder klingend Evurant dafür ausbe zahlt. Daö wird bei diesem Institute immer so gehal ten w-rden, und wenn man noch so große Summen von Scheinen zur Einlösung präsenlirt. — Der Banquier- Eleve holt nun aus seiner Reisetasche die Noten der hie flgen Bank hervor. Auch diese l ai er mit 2—3 " Ver lust «usgekauft. An der Bankcassc erhält er sehr prompt klingend (Kourant oder Preußische Valuta dafür, wenn letziere vorrälhig. So wurde die Einlösung der Noten von jeher bei der Bank beweikstevigt, und ich kann Sie versichern, daß sich darin auch in der Folge nicht das Geringste ändern wird. — Hier seine Geschäfte rasch be endet, setzt der Eleve seine Reise nach Hannover, Bücke burg re. weiter fori, denn er hat dort dasselbe Geschäft zu machen wie hier. Aber auch dort wird er, wie ich höre, coulant bedient. Nach einigen Tagen trifft er wieder in Berlin ein. Die Reise hat sich bezahlt gemacht: an den 50,000 Thlrn. verrufenem Pa piergelde ist ja ein Gewinn von 1500 bis 2000 Lhlr. realisirt worden! — »Solche Z'iten lob' ich mir, da kann man doch wieder mal etwas verdienen!" sagte ein reisen der Eleve. Ich aber möchte hinzufügen; armes Publi kum, ich bedaure dich, daß du dich von den Sortenhänd lern so arg ausziehen lassest! — Die Verwirrung ist groß, die industrielle Presse muß jetzt mehr denn je in die Schranken treten. — Wer leben, schreibt man von Leipzig, im förmli chen Stillstand der Geschäfte, und die Michaelismesse wird um kein Haar besser werden, als die eben beendigte Ju- bilatemcsse, die wahrlich alles Jubels entbehrt. Sechs Budenleuie aUf dem Augustusplatze, die mit ordinären baumwoIIeneu.Waacen handeln, versicherten mir hoch und theuer, ^daMsie<seil acht Tagen auch nicht einen Pfennig kingechhviNM harten. In einer Kunstreiterbude wird nicht der,verhalt für die Pferde eingenommen. — Die Thü- ringer^Äank tauscht ihre Noten jetzt nur noch in Son- dcchtftrgftn «in. Unsere 4procentigen Staatspapiere, die voe-Mlzrm noch 101 standen, stehen jetzt sogar nur 04. Aber pas ist ein Unsinn, die einfältigen, furchtsamen Leute werfen das seine Dinkclmehl unter die gemeine Kleie. — Der Geheimsecretär des Königs Ludwig, der mit 40,000 Gulden durchgebrannt, ist in Darmstadt angehalten wor den. Ist denn nur die ganze Menschheit so verfault? — Am 18. d. wurde die Haupiverhandlung des Leipziger B zirksgerichls wider Salomo Ernst Osc.Banck- wltz zu Ende geführt. Der wichtigste Ankiagepunkt gegen Banckwitz beruhte auf der Beschuldigung des verublen Be'rugü. 70s Banckwitz sich bereits >n der größten Ver legenheit befand und mehrere seiner Gläubiger dringend Deckung verlangten, wendete sich derselbe im Juli l857 an einen scmer Bekannten, welchen er INI Besitz von Ber lin-Anhalt schcn Eisenbahnactien wußte, und theilte dem selben mit, .einer seiner auswärtigen Geschäftsfreunde, der Ultimo Juli einige Hundert Stück Berlin-Anhaltische Ei- senbahnactien zu liefern habe, habe ihn gebeten, ihm einst weilen die Stücke darzuleihen. Er, Banckwitz, habe sei nem Freunde auch sofort Alles, was er an Berlin-Anhal- tischen Eisenbahnactien besitze, zur Disposition gestellt; eS fehlten aber noch 50 Stück, und es werde ihm Vergnü gen machen, seinem Bekannten die ca. 100 Lhlr. betra genden Leihgebühren verdienen zu helfen." Durch diese und ähnliche Angaben ließ sich der Besitzer der Actien be wegen, Banckwitz anfänglich 50, später noch 40 und kurz vor Banckwitz's Austreten noch 25 Stück Anhaltische Ei- senbahnactien zu vbgedachkem Zwecke unter Stipulation der Rückgabe in natura anzuvcrtrauen, um so mehr, als Banckwitz bei Erbvrgung der letzten 25 Stück sich unter Anderem dahin ausgelassen: »Sollten Sie geneigt sein, noch 25 Stück Anhaltische Eisenbahnactien auf 3 Monate zu den bisherigen Bedingungen zu verleihen, so kann ich sie sicher unter meiner Garantie placiren; ich glaube schwer lich, daß mehr zu erzielen ist, namentlich von Leuten, wo man ruhig sein kann; ich ziehe einen kleinen, aber sicheren Gewinn einem größeren, aber riskanten jederzeit vor." Auch ließ Banckwitz wiederholt einfließen, daß er selbst seinem Committenkkn einen noch weil größeren Betrag solcher Actien geliehen habe. Gleichwohl waren, wie Banckwitz emraulnen mußte, alle jene Angaben erdichtete Vorspiege lungen gewesen. Er selbst besaß ga» keine dergl Actien mehr; auch entlieh er die Aciien keineswegs für einen Dritten, son dern für sich, und hatte auch nach dem jedesmaligen Em pfange nichts Eiligeres zu thun, als seine dringendsten Gläubiger damit zu befriedigen. Das Gericht erkannte tn dieser Handlungsweise des Angeklagten um so mehr das Verbrechen des Betrugs, als der Verletzte in glaub hafter Weise darzuthun wußte, daß er Banckwitz selbst zum eigenen Gebrauche die Actien nicht geliehen haben würde, am wenigsten, wenn er gewußt hätte, daß Banck witz seine eigenen Aciien gar nicht mehr besitze und daß er bas Gelb haben wolle, um sich aus der Verlegenheit zu helfen. Banckwitz wurde deshalb wegen sämmtlichcr wider ihn erhobenen Anlagen, wegcu Betrugs, böslichen und leichtsinnigen Bankrotts zu einer Gksammtstrafe von vier Jahren Arbeitshaus vcrurtheftk. Tagesgesch'uite. Vom Kriegsschauplatz. Die französische Fcld- batterie scheint lediglich aus den sogenannten Haubitzka nonen von 12 Pfund und den neuen gezogenen Kanonen zusammengesetzt zu sein; letztere sind kleine zierliche Piecen von 5' Lange und 6^ Clnr. Gewicht. Die Mündungen derselben sind sorgfältig verschlossen und Niemanden wird es erlaubt, hineinzuschauen. D'e Soldaten sprechen von Wunder und mit Ehrfurcht von deren Tragweite, die sie bei horizontaler Flugbahn auf 4 und bei höchster Eleva tion auf 9 Kilometer angeben; das Geschoß, in der Form einer Spitzkugel, soll zwei Bänder von Blei ha ben, welche den Zügen der Bohrung angepaßt sind. Die Spitze oder die vordere Hälfte des ProjectilS soll die Eonsistenz einer Vvllkugrl, die Hintere Hälfte hingegen die Eigenschaft einer Granate besitzen. Jede Piece trägt ihren Taufnamen, das Datum des Gusses und den Na men der Gießerei, nebst dem Zeichen !>i mit der Kaiser krone darüber. Die gezogenen Kanonen tragen das Da tum: »18. Nov. 1858." Berlin, 17. Mai. Als der heute Vormittag von hier abgegangene Güterzug in die Gegend zwischen Burg und Magdeburg gelangte, wurde eme in der Nähe des Fahrdammcs weidende Heerde von Kühen durch das Pfeifen und Brausen des Zuges wild gemacht. Zwei Kühe nahmen auf der Flucht ihren Weg über die Bahn, wurden aber sofort von der Locomvnve ergriffen und zerstückelt. Glücklicherweise blieb dieser Unfall für den Train ohne weitere Folgen. Paris, 18. Mai. Man bemerkt seit gestern, daß Schildwachen der verschtedenen Posten der Armee von