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Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. ^ 127 Sonnabend den 7. Mai 1859. Ersch. tägl. Morg. 7 U. — Inserate die Spaltzelle 5 Pf werden bis Ab. 7 (Sonnt, v. 1l—2 U) angenommen. — Abonn. Vierteljahr 20 Stgr. be unentgeldl. Lieferung in's Haus. Durch die Post. Viertels. 2V Ngr. Einz. Nummern 1 Ngr. Expedition: Johanne««Allee« u. Waisenhausstr. 6 pt. U Local- und Provinzial-Rachrichtm. Dresden, den 7. Mai. — Se. M. der König hat den RegierungSrath bei der Kreisdirection zu Zwickau, Julius Hans v. Thümmel, als Vortragenden Rath in das Finanzministerium versetzt. — I. K. H. die Prinzessin Amalie nahm gestern Mittag den Thiergarten des Vereins für Hühnerzucht in einem längeren Besuche in Augenschein. — Se. Exc. Hr. Staatsminister v. Wehr ist von der am 27. v. M. angetretenen Inspektionsreise vorgestern Mittags zurückgekehrt. — Hr. Hoskapellmeister A. Dreyschock wird nächsten Dienstag eine Soiree im Hotel de Saxe veranstalten. Frau Bürde-Ney und Hr. Concertmeister Schubert haben ihre Mitwirkung zugesagt. — Vorgestern Nachm, halb 3 Uhr beehrte Se. M. der König das Atelier des Prof. I. Hübner im Zwinger mit einem Besuche. Außer den, in demselben aufgestell ten Arbeiten des Künstlers geruhten Se. M. insbesondere zwei soeben vollendete Glasmalereien, von C. Scheinert in Meißen nach Cartons von Hübner ausgeführt, in Au genschein zu nehmen und sich auf das Beifälligste wieder holt darüber auszusprechen. Beide Glasmalereien sind (wie von uns schon gestern erwähnt) für die Fenster der Krypta der Kathedrale von Glasgow in Schottland be stimmt, wohin bereits zwei dergleichen aus denselben Werk stätten abgelicfert wurden, welche wegen Mangel an Zeit auch nicht einmal für wenige Tage, wie die obengenann ten, hier ausgestellt «erden konnten. — Das gegen die Passage des Johanniskirchhoss zeither gerichtet gewesene Verbot, welches für das dort verkehrende Publikum längere Zeit unangenehm fühlbar gewesen, ist nunmehr wieder aufgehoben; wenigstens wurde dem Schreiber dieses der ungehinderte Durchgang gestern gestattet und auch sonst war die Passage belebt wie sonst. Die auf dem Kirchhofe befindlich gewesenen Bäume sind sämmtlich beseitigt und eine große Menge von Sternen sieht man theilS in Quadern, theils in Platten zerhauen und beziehendlich in Ordnung gesetzt. Nur einzelne grö ßere Grabdecken erwarten noch der beseitigenden Menschen hand. Man sieht jetzt recht, was für ein freier, schöner Platz zur Disposition gestellt worden ist, und hält «S für wünschenswerth, daß derselbe als solcher verbleibe, da Dresden überhaupt nicht eben einen großen Uebrrfluß an freien, im Innern der Stadt befindlichen Plätzen hat. Nun aber möge eS doch etwas rascher mit Wegschaffung der Steine und der etwa erforderlichen Planie gehen! — Wiederholt hört man davon sprechen, es gehe in Dresden und Leipzig daö Gerücht, es seien in Chemnitz Arbeiterumuhen ausgebrochen. Es wird von dort aus auf das Bestimmteste versichert, daß an diesen Gerüchten auch nicht ein wahres Wort sei. Jedenfalls infolge einer hierauf bezüglichen Anzeige hat sich auch die K. Staats anwaltschaft zu Chemnitz verpflichtet erachtet, an dir ge setzliche Vorschrift des Art. 130 des Strafgesetzbuchs zu rrinnem, nach welcher Derjenige Gefängniß bis zu 6 Mo naten zu erwarten hat, welcher wissentlich falsche Nach richten ausstreut oder verbreitet, die im Publikum Besorg- niß von Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Wohl fahrt, des Friedens oder der bürgerlichen Freiheit, oder endlich Unzufriedenheit mit den Maßregeln der Regierung zu erregen geeignet sind. (Dr. I.) — Der „Saxonia" schreibt man aus Leipzig vom 2. Mai: Von Prof. Lindners Untersuchung verlautet nicht eben viel, sie hat im Stillen ihren ungestörten Fortgang; es soll jedoch die Vermuthung nicht ungerechtfertigt sein, daß er sein eigenthümlichcs Raubsystem auch noch auf an dere Bibliotheken erstreckt habe, als auf diejenige unserer Universität. So viel erfährt man mit Bestimmtheit, daß er allenthalben mit der vollsten Wahrheit hervortritt und mehr gesteht, als man bereits weiß. Selbstverständlich ist man hier sehr gespannt auf den Ausgang dieses Criminal- Prozesses und die in einiger Zeit stattsindende öffentlich« Hauptverhandlung. — Auf meiner Reise von Dresden nach hier wollte es der Zufall, daß ich einen daS Deutsche recht gut sprechenden, direct aus seinem Vaterlande kom menden Russen zum nächsten Nachbar bekam. Wie leicht zu erachten, vertiefte sich unser Gespräch sehr bald in die politischen Verhältnisse der Gegenwart. Er versicherte mir, daß man in ganz Rußland den festen Glauben hege, der Kaiser werde in dieser traurigen Angelegenheit fest an Preußen, dem so treu gebliebenen, nahe verwandten Hause, halten; eine Aufstellung von russischen Armeecorps an der österreichischen Grenze sei lediglich als eine Art von Re vanche gegen Oesterreich anzusehen, das während desKrim- kriegeS sich nicht eben dankbar für die in der ungarischen Revolution von Rußland geleistete Hilfe gegen letztere» gezeigt habe. Der Moskowiter, der in seinem Leben viel herumgekommen sein mochte, versicherte in Bezug auf Sachsen, daß ihm noch kein Land so wie dieses gefallen habe; namentlich sei das „liebe Volk" so ausgezeichnet,