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Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. 83, Donnerstag dm 24. März 18SS. Erich, tagt. Morg. 7.— Inserate dre Epaltzette 5 Pf. werden di« »d. 7 (Sonnt, v. II—?) angenommen. — Ndonn. Vierteljahr r» Rg r. »er un« entgcii'l.vitftmngln'« Hau«. Durck dte PostBtettelf.20 Ngr. Mn,. Nummern 1 Rgr. Expedition: Johannes-Allee« u. Watsenhausstr. < Pt. Local- und Provinzial-Nachrichten. Dresden, den 24. März. — Se. M. der König hat dem Major Reinsch, Mi- litärlehrer bei der Cadettenschule, so wie dem Rittmeister Kreil), v. Beschwitz im Garbereiterregimente die wegen überkommener Invalidität erbetene Entlastung mit der ge setzlichen Pension und der Erlaubmß, die Armeeuniform tragen zu dürfen, bewilligt. — Oeffentliche Gerichtsverhandlungen: Vorgestern Vorm, bald 11 Uhr fand hier die Hauptver handlung gegen den Droschkenkutscher Joh. Ephr. Berg mann statt, welcher unlängst sammt seiner Droschke nach Bautzen zu durchgegangen war. Der Angeklagte gab an, er habe gefürchtet, weil er in der letzten Zeit immer we nig verdient habe, seines Dienstes entlassen zu werden, und habe geglaubt, auf dem betr. Wege Fahrgäste zu er langen. An eine Unterschlagung habe er dabei durchaus n cht gedacht. Die Droschke ist nach den Aussagen des Besitzers unverletzt in dessen Hände zurückgelangt. Nach Abhörung zweier anderer Zeugen und nach Schluß der Beweisführung hielt Herr Appellationsrath Metzler die Anklage gegen Bergmann wegen Unterschlagung aufrecht, wiewohl er manche Zweifel bei Beurtherlung deS vorlie genden Falles nicht ableugnen könne. Am bedauernswür digsten bei der ganzen Sache käme ihm der arme Drosch- kenschimmel vor, der nach ermüdendem Tagewerke noch die unliebsame Abrndtour auf der Bautzner Straße habe machen müssen. Die Vertheidigung (Advocat Schaffrath) hielt das Wesen der Unterschlagung für nicht erwrejen und beantragte Freisprechung, die auch erfolgte. — Unter dem Präsidium Sr. Exc. des Hrn. Geh. Raths 0. v- Lan- genn wurde gestern bei dem K. Oberappellaiionsgenchke das Enderkenntniß gegen den des Raubmordes angeklag- ten und am 17. Nov. v. I. von dem Bezirksgericht Lö- bau zum Tode veructheilten Carl August Wilhelm Ham mel aus Gebelzig gefällt. Am Morgen des 5 Mai 1854 war die 70jährige Hausbesitzerin Johanne Marie v.xw. Eichler in Kittlitz in ihrer Behausung durch Verstopfen des Schlundes und Eindrücken des Brustknochens, so wie durch Zerbrechen von zehn Rippen ermordet worden; von den in ihrem Besitz damals befindlich gewesenen 200 Lha- lern fanden sich nur noch 70 Thaler vor. Bei der Leiche lag die Hälfte einer Protokollabschuft, die von dem K. Preuß. Kreisgericht zu Rothenburg dem indeß verstorbenen Water HommrlS im Jahre 1852 ausgehändigt worden war, wie auch neben einer aufgespr engten Lade ein zer brochenes Einschlagemesser, wie Hommels Later ein ähn liches besessen hatte. Da Hommel mit der Oerllichkeit des der gemordeten Eichler gehörigen HauseS und deren Verhältnissen genau bekannt war, weil er früher öfter zu deren Tochter gekommen, seine eigene Schwester auch bei der Eichler einmal gedient hatte, so fiel der Ver dacht sehr bald auf Hommeln, welcher sich dadurch ver stärkte, daß er sich bei seinen Angaben, wo er zu jener Zeit gewesen, in mehrfache Widersprüche verwickelte, auch nach dem Morde viel Geld gezeigt hatte, über dessen Er werb er sich nicht auSzuweisen vermochte. Alle diese An zeichen brachten bei Hommels standhaftem Leugnen doch nicht die richterliche Ueberzeugung von dessen Schuld her vor, und er wurde von dem Appellationsgericht zu Bau tzen am 13. April 1855 in Mangel vollständigen Bewei ses freigrsprochen. Als er jedoch später wegen Diebstahls zu mehrjährigem Zuchthaus verurtheilt worden war, tauch ten neue Jndicien in Betreff des verübten Mordes gegen ihn auf, namentlich der Umstand, daß eine in der Sache früher abgehörte Zeugin, Jobanne Lachmann aus Gebel- zig, wahrscheinlich von Gewissensbissen, nachher daS Be- kenntniß ablegte, sie habe damals falsch geschworen, und zwar lediglich aus Furcht vor Hommeln. Diese nämlich hatte beeidet, daß Hommel ein rothbunteS baumwollenes Tuch, wie ein ähnliches der alten Eichler von dem Mör der in den Mund gestopft worden war, vor seiner Ver haftung nicht besessen habe, auch, daß ein ganz ähnliche- blauböoiges Tuch, wie es um die rechte Hand der Leiche gewickelt vorgefunden wurde, von ihr bei HommelS mit rhm zusammen wohnmden Mutter nicht geiehen worden sei. Jetzt wurde die Untersuchung von Neuem ausgenom men und Hommel hi.rzu aus dem Zuchthause hersistirt. Die Lachmann widerrief in der betr. Hauptverhondlung ihre früheren Angaben, HoniMtl leugnete jedoch abermals ;ede B.theiligung an dem fragl.ch.n Morde, trat aber be- ziehendlich der damals von ihm besessenen größt, en Geld mittel mit dem Geständniß hervor, daß er damals im Ver ein mit einigen Dreschern auf dem Rittergute Gebelzig nach und nach bedeutende Quantitäten RapS und Korn gestohlen und den Erlös mit jenen getheilt habe. Dies konnte jedoch nicht hindern, daß Hommel am 17. Nov. v. I. von dem K. Bezirksgericht zu Löbau nunmehr als deS Mordes für überführt erachtet und zum Lode verur« theilt wurde. In der gestrigen öffentlichen Sitzung deS K. OverappettationögerichtS handelte eS sich nun um Be-