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Tageblatt ftlr Unterhaltung «nd Geschäftsverkehr. ^ 339. Sonnabend den 25 Decembcr 1888. Ursch. tägl..Morg. 7. — Insekte die tzPa>tj«lr » Pf. werden dt« Ad. 7 (Sonnt.». 11—r) angenommen. — Abonn. Vierteljahr bet un» «Ntgeldl. Lltfemng t«'«-au«. Durch die Most Viertelt. SO Ngr Ein, Nummern 1 Rar. Lrvedition: Iobannet'Allee «i u. AlaisenhauSstr. S »t' Local- und Provinzial-Nachrichten. Dresden, den 25 Deeember. — Am vorigen Dienstage stand ein ehemaliger Zögling deS Arbeitshauses vor Gericht, der Schneidergeselle C. H. Kummer aus Döhlen. Er hatte den eigenthümlichen In dustriezweig ergriffen, die Kleider oder Stoffe, welche ihm von seinen Kunden übergeben worden waren, als gute Prise zu erklären, und eS war zu Lage gekommen, daß «r zu zwei verschiedenen Malen solche nicht nur auf dem Leihhause versetzt, sondern auch die darüber empfangenen Scheine wieder verpfändet hatte, ohne im Stande zu sein, den andrängenden Eigenthümern selbige wieder zu ver schaffen. Am Morgen de- 18. Ott d. I. bemerkt der HypothrkenbuchfÜhrrr Herr Krause in Döhlen, daß an dern Kleiderschrankr einer im Hinterhaus« befindlichen Par terrestube seine sämmtlichen guten Sachen und ein Paar ganz neue Stiefeln spurlos verschwunden seien. An dem offenen Fenster finden sich die Anzeichen, daß der Dieb durch dasselbe hrreingekrochrN sein müsse, und obgleich die ses sehr schmal war, so bewies Herr Staatsanwalt Metz ler später doch sehr schlagend, daß ein so dünner Dchnei- dergeselle, wie Kummer, recht wohl habe hindurchschlüpfen können. Sämmtliche Effecten waren nun bei dem israe litischen Klriderhändler Jacob in Dresden am Morgen deS 18. Ott. von einem schmächtigen Menschen, der sich „Körner auS Niedersedlitz' genannt und sie aus einer ihm zugefallenen Erbschaft erlangt haben wollte, für 7 Thlr. verkauft worden (der gerichtliche Laxwerth betrug 10 Lhlr.). Hatte nun derselbe — waS wir dem sehr leise sprechen den Herrn Zeugen nicht zu verstehen vermochten — von seiner Frau auf den wahrscheinlich unredlichen Erwerb der Sachen aufmerksam gemacht, selbst Anzeige bei der Poli zei erstattet, oder- hatte diese auf erfolgte Nachforschung, sie entdeckt, genug, es waren die sämmtlichen bei Herrn Krause gestohlenen Effecten, und da der betr. GenSd'arm erfuhr, daß der ihm wohl empfohlene Kummer an jenem Morgen in Dresden gewesen sei und die Beschreibung des Händlers überhaupt, so auch durch di« Angabe auf diesen paßte, daß er eine Mütze mit einem Riß in der Blende getragen habe, so wurde er festgenommen. Letz- terer recögNoScirte ihn auch sofort als den Verkäufer der Sachen, aber daS Geld war.schon weg. Kummer leug nete jedoch, den Diebstahl begangen zu haben und bei dem Händler gewesen zu sein, dieser aber sowohl, wie des sen Ehefrau, erhärteten rö eidlich brz. an Eidesstatt, daß der auf der Anklagebank befindliche Mensch derselbe sei, von dem sic die Effecten erkauft hätten. Da bei dem hartnäckigen Leugnen des Jnculpaten und der unbestimm ten Deposition des Beschädigten Krause nicht zu ermit teln war, ob Kummer durch Einsteigen oder durch die etwa unverschlossen gelassene Thüre in die Stube gelangt sei, so konnte das Gericht nur auf einfachen Diebstahl er kennen und Kummer kam mit 4 Monaten Arbeitshaus weg. — Ehristbescherrungen haben vorgestern stattgefunden: Abends 5 Uhr im hiesigen katholischen Waisenhaus», — im Schulgebäude des Vereins zu Rath und Lhat, erhöht durch die Anwesenheit der Herren Staatsm. v. v. Fal kenstein Exc. Usid StadtgenchtSralh v. Stübel als Di rektorium, sowie mehrerer Mitglieder deS Verwaltung«- auSschusses, — am 22 Dec. im Stadtfindelhause in An wesenheit deS Hm. StadtrathS Kürsten und der übrigen Deputationsmitglirder für milde Stiftungen. — Im Pe stalozzistift ist d»e Festfreude der Zöglinge dadurch erhöht worden, daß die hohe Protectorin der Anstalt, I. M. die Königin Marie, abermals der 18 Waisen noch mit beson« dercr Huld an. diesem Abend gedacht hatte. — Die Herren Schwimmmeister M. Gasse und R. Krüger haben im Verein mit Hrn. Adv. Leucher da« in der Ostra-Allee gelegene umfängliche Ellezinguer'sche Grund stück käuflich erworben, um mit Hilfe einer Aktiengesell schaft eine große Wasch- und Badeanstalt zu begründen, und es steht die Ausgabe de« ProspecteS in nächster Zeit zu erwarten. — Eine neue Eomposition von Moritz Siering in Dresden, Lied fürDopran oder Tenor, (Verlag von Hein rich Matthes in Leipzig) hat soeben die Presse verlassen. Wir freuen uns, Künstlern, wie auch geübten Dilettanten «in wirklich gediegenes Werk empfehlen zu können Sie ring ist ein Künstler von hoher Bjegabung, und Alle«, was er schafft, sind Ergüsse seines ttefpoetischen inneren Wesens. Wir begegnen in dem in Rede stehenden Werke nichts Gemachtem, keiner kranken, krampfhaften Verzer rung, sondern nur tief Empfundenem der Seele. Siering, welcher schon durch seine größeren Eompositionen für Kam mermusik rühmlichst bekannt ist, hat nicht nur durch die ses neue Opus seinen guten Ruf bewährt, sondern er zeigt uns (eine Seltenheit in der Jetztzeit!), wie man Lieber componiren muß, und reiht sich dadurch den besten Mei stern würdig an. Möge' er fortfahren, auf diesem schlecht bebauten Felde gute Früchte zu erzeugen!