Volltext Seite (XML)
Tagesgeschichte. ES wird versichert, daß die BundeS-Versammlung sich in ihrer nächsten Sitzung mit der dänischen Frage beschäftigen wer de. ES scheint in Frankfurt demnach mit einem Mal« wieder plötzlich lebhaft werden zu wollen. Nachdem die Nach richt von dem ablehnenden Bescheide auf die Noten der beiden deutschen Großmächte auS Kopenhagen eingetroffen war, hat der französische Gesandte die Stadt sofort verlassen und sich nach Paris begeben, um dort Instructionen «inzuholen für die jetzt un vermeidlich gewordene Verhandlung des dänisch-deutschen Zer würfnisse». Wie die bevorstehende Zoll-Conferenz beweist, geht bereit» Eobden'S Wort in Erfüllung, da» er dem letztjährigen Zoll- Kongresse in Brüssel schrieb: »als die überzeugendsten und pro pagandistischsten Apostel liberalerer Zoll- und Steuer-Politik auf dem Continente sehe er den FiScuS und den Bedarf der Heere an." Auch die A. A. Ztg. stimmt rückstchtlich des Rübenzucker- Schutzzolles den Wünschen und der Hoffnung Cobden'S bei. »Seit Auftreten der Rübenzucker-Industrie" — schreibt sie — »hat sich die Zucker-Auflage vollkommen in einen Schutzzoll ver wandelt und den Charakter deS FinanzzvlleS abgelegt. DieS ist gewiß vom Uebel. Es ist hier nicht der Ort, die allgemeine Eontroverse über Freihandel oder Schutzzoll zu entscheiden. Wir wollen es dahingestellt sein lassen, ob — die Vernünftigkeit deS Schutzzolles zugegeben — gerade auch die Zucker-Industrie An spruch auf Schutz hätte. ... Wir wollen nicht entgegenhalten, daß der schwunghafte Bezug tropischen Zuckers eine Hauptstütze ded nationalen Seefahrt bildet; England schließt auS dieser Rück sicht die Rüben-Zndustrie aus, und gewiß könnte man sagen, die nationale Seefahrt verdiente mindestens eben so gut schützende Berücksichtigung, als rin partieller Zweig der Binnen-Jndustrie, vorausgesetzt, daß man überhaupt von künstlichem Schutze etwas hätte. Obwohl wir nun aber ein Bremen, Hamburg, Triest haben, so gehören sie doch nicht zum Zollverein, wir brauchen ihre Schifffahrt nicht zu stützen; vor diesem patriotischen Ein- wände wollen wir uns somit beugen. Was aber da» Dogma vom Gelde, daS im Lande bleibt, betrifft, von den Arbeitslöhnen, von den beschäftigten vielen Arme», so find die gewichtigsten Ein wände hiergegen zu erheben. Zu schweigen davon, daß rin Stück Boden dem Bau der nothwendigen Gewächse entzogen wird. daß naturwüchsiger« Industrie««, wohl noch gefunden werden könn ten, wollen wir nur auf die rrorbitanten finanziellen Opfer Hin weisen , welche das theure Schooßkind nationaler Industrie-Be förderung bisher gekostet hat. Diese Opfer müssen um so auf- fallenver erscheinen, als doch gewiß Zucker, wenn auch als natio naler Industrie-Artikel anerkannt, nie aufhören darf, ein Haupt- brsteueruNgS-Artikel zu sein." Herr WarrenS in Wien schreibt wieder, und wie! Er sagt über da» Blatt seines College» Herrn Zang, der, wir er selbst, ein eifriger Börsen-Speculant ist: »Die Spartaner hatten Skla ven, welche sich auS »„Menschenfreundlichkeit"" betranken, um in ihrem gräulichen Zustande Anderen al» Warnung gegen daS Laster der Trunksucht zu dienen. Die „„Presse"" rühmt sich einer »„Menschenfreundlichkeit"", welche unbedingt diesen spartanischen Charakter an sich trägt. Wir wissen jetzt, warum jenes Blatt so lange in einem Zustande ver freiwilligen Erniedrigung gelebt hat. Wenn eS das System der Reclame auS einem fremden Boden auf den unser» verpflanzte, wenn e» bet der pariser A«S- stellung die österreichischen Industriellen benachrichtigte, daß sie für 1 Fl. 3V Kr. per Zeile, aber nicht ohne so viele Gulden und Kreuzer gelobhudelt werden könnten, wenn «S Tadel und Droh ungen so gut wie Lob und Schmeicheleien nur als Mittel zum Gelderwerb betrachtet und die Publicistik zu einem Handwerk er niedrigt, welches jedes höheren PrincipS bar und ledig ist, so wissen wir jetzt, daß »»Menschenfreundlichkeit"" allein da» leitend« Motiv gewesen. Die ».Presse will der österreichischen Publicistik zum abschreckenden Beispiel dienen und auS ihrem einsamen Pfuhl als ein unfläthige- WarnungSzetchen hervorragen." Man steht. Herr WarrenS verfährt »ach dem Grundsätze, daß KrebSqe« schwüre nicht mit Rosenwaffer geheilt werden. DI« »Presse" wird die Antwort nicht schuldig bleiben. Man will wissen, daß die Oesterreichische Zeitung nicht weniger als die »Presse" zu Btk- srn-Speculationen mißbraucht wurde. Wa» sonst die Fehler det deutschen politischen Presse sein mögen, im Allgemeinen wird man ihr daS Lob ver Ehrlichkeit, der Unbestechlichkeit nicht vor- rnthalten können. Um so unangenehmer fällt e» auf, wenn di« wiener Blätter in die Fußtapfen der pariser treten. Der thörichtrn Furcht vor dem Kometen ist auch in Krakau ein Opfer gefallen. Am 10. Juni entlud sich über der Stadt ein Gewitter mit Wirbelwind, Hagel und Verfinsterung der Lust. Die plötzlich eintretende Dunkelheit setzte eine Frau, die Mutter von fünf Kindern, in so panische Angst, daß sie, entschlossen, da» schreckliche Schicksal, dem die Kleinen nach ihrer Meinung beim Eintreffen deS Kometen zu unterliegen haben würden, nicht zu erleben — sich erhängte. Der türkische Sultan hat in Pari» für eine seiner Sulta- »innen einen Handspiegel im Preise von 500,000 Fr. bestellt. Derselbe, welcher ein Meisterstück von Juwelierarbeit ist, wird all gemein bewundert und soll auch von der Kaiserin in Augenschein genommen worden sein. Sie soll bemerkt haben, daß der Sul tan, der einen Spiegel um diesen Preis kaust, die Kosten seine» letzte» Krieges nicht habe bezahlen können. Königliches Hoftheater. DaS Repertoir der letzten und vorletzten Woche bot außer den bereits besprochenen Aufführungen wenig Stoff zu ausführ licher» Referaten, weshalb ein kurze» Resume über dieselben ge nügen wird. Zn den »Journalisten" am 9. d. M. mit Hr». E. Devrient', dessen ausgezeichnete Leistung als Conrad Bolz wieder holt gewürdigt worden ist, hatte Frl. Leonhard die Rolle der Adelheid schnell übernommen und ist die mangelhafte Ausführung derselben durch die schon mehrfach bewiesene rasche Bereitwillig keit der jungen Dame um so mehr entschuldigt, als ein Vergleich mit Frau Bayer-Bürk völlig unpassend wäre. — In „Deborah", am 10., erst vor wenig Wochen bei Gelegenheit des Gastspiel» von Frl. Hesse besprochen, hielt diese den 3. Akt diesmal mit Recht weit gemäßigter und errang, waS beim Gastspiel gerade nach diesem Akte nicht der Fall war, die Ehre eine» lebhaften Hervorrufs. — Am 12. erregten die Gesangsvorträge deS Frl. Jung-Buonarotti dir Heiterkeit einer spärlichen, aber lachlustigen Versammlung. Dem hier in Theaterangelegenheiten herrschen den Anstand hat die Sängerin e» lediglich zu danken, daß da» Publikum nicht mitsang und sie schweigend wieder entließ. Da» am selben Abend wiederholte, zwar etwa- antiquirte aber reizende Stückchen »Die Rosen deS Hrn. v. MaleSherbeS" ging vortreff lich zusammen, nur muß Frl. Quanter ein für allemal die zur Monotonie zu werden drohende Weinerlichkeit ihre» Organ» ab schaffen, ehe sie die Sympathie deS Publikum» in Anspruch neh men kann. ES sei ihr die lebendige Frisch«, die Hr. Deitmer an diesem Abend bewies, und noch mehr die ihr näher liegende schön« Natürlichkeit ihres Vaters dringend zur Nachahmung empfohlen. Frl. Leonhard erntete sowohl in der zum Schluffe gegebene» „Hochzeitsreise", wie in der Töpfer'schen Kleinigkeit „Nehmt ein Erempel dran!" durch ihr gewandte» Spiel Hervorruf. Die mehr seitig ausgesprochene Mahnung zu einer bessern Gewöhnung ihre» Organ» scheint bei Frl. Leonhard nicht unbeachtet geblieben zu sein, doch vermag sie den richtigen Mittelton noch immer nicht festzuhalten. Hr. Serstorfer sah sehr fein au» und spielte, ob wohl ihm die schwerfälligen Alerandrtner nicht ganz geläuß,