Volltext Seite (XML)
Lhatbestand mit. Ignaz Dotzauer in Schönau bei Gres- litz in Böhmen hegt seit Jahren den Wunsch, reich ^zu werden. Er hofft, dies Ziel auf dem »oft mit Glück be tretenen" und nicht unangenehmen Wege einer reichen Hei- rath zu erstreben Seines Herzens Sehnsucht gelangt zur Kenntniß einer Gaunerbande in Böhmen, bekannt unter dem Namen der „Bähringer Goldmänncr" oder auch ^ „Bähringer Lumpen", welche seit Jahren in Böhmen Hunderte der arglistigsten Gaunerstreiche verübt haben und jetzt, nahe an 40 an der Zahl verhaftet und in Untersu chung, bei dem K. K. Kreisgericht Egcr dem Wahrspruch österreichischer Strafrechtspflege entgegcnharren. Diese Bähringer haben dem Dotzauer unter allerlei Schwindel, namentlich unter dem Vorgeben, ihm eine reiche Frau mit einigen Rittergütern zu verschaffen, nach und nach die Summe von fast 900 Fl. abgenommen. Unter ihnen sind besonders Wenzel Eisenmann, Abdecker aus Platten, und dessen Bruder Joseph Eisenmann, Riemer ebendaher, her vorzuheben, und ihnen hatten Auguste Wilhelmine Schä fer aus Zschopau und Freudenreich Uhlmann ebendaher wesentlich behilflich zur Seite gestanden. Schon vor meh- rern Jahren hatte ein Uhrmacher aus Joachimsthal dem genannten Bauer weiß gemacht, er sei der Beauftragte eines Rittergutsbesitzers in Sachsen, welcher ihn zum Erben mehrerer Güter cinsetzen wolle, wenn er Jenes Tochter, Karoline, zu heirathen geneigt sei. Später veranstaltete I. Eisenmann eine Zusammenkunft zwischen Dotzaucrn und dem angeblichen Baron Joseph v. Hornburg (den ein ge wisser Hofmann aus Bähringcn spielte). Letzterer offerirte wieder dem D. (Dotzauer) seine Tochter zur Ehe und ver sprach, ihn zum Erben seiner Güter Falkenburg und Lehm- bcrg einzusetzen. Auch soll Hofmann hierbei D. in den Freimaurerbund ausgenommen, für „die Agentschaft" 51 fl. erhalten und an D- als Aufnahmediplom ein Titelblatt aus einem Werke über Freimaurerei überreicht haben, „für den der Orden überdies bereits Falkenberg angekauft hatte". Einige Zeit darauf verbreitete sich die Nachricht von des alten Barons v. Hornburg Dahinscheiden, der denn auch seine Tochter Karoline mit den Gütern Lehmberg und Fal kenburg seinem Eidam D. testamentarisch zugcdacht hatte. Um die nöthigen Besitzdocumente zu erlangen, wird Wenzel Eisenmann von D. beauftragt — ein Mann, wie geschaffen zu solcher Sendung. Er präsentirt seine Geliebte, die ge nannte Schäfer, im Sonntagsstaat dem liebedürstcnden Bräutigam in seiner (D's.) Wohnung als Karoline Gräfin v. Hornburg auf Lehmbcrg und Falkenburg und erschwin delt hürbei Geld von D. zum Ankauf von Vieh, Knochen mehl, Guano rc. für der gnädigen Fräulein Rittergut Erl bach. Im Monat Mai 1855 erscheinen bei D. der Bäcker Hammerschmidt und der Brauer Hahn aus Bähringen, als „Rath und sächsischer Advocat" und „Rechtsrichtersvhn", Administratoren der Rittergüter Lehmberg, Falkenburg und Erlbach und erschwindeln von D. — Herrn Ignaz v. Hornburg benamset — aus 200 fl. Gutstaren 100 fl., sowie das Versprechen der Nachzahlung. Eine solche er folgte auch später an Hahn und Wenzel Eisenmann, der unterdeß zum zweiten Mal mit der Schäfern bei D. in Schönau gewesen war, begleitet von Freudenreich Uhlmann. Dieser ertheilte hierbei, als König über jene Rittergüter, seine königliche Genehmigung zu deren „Einverleibung" für D. und zu dessen Vermählung mit dem anwesenden Fräu lein v. Hornburg, ließ sich 60 fl. Gebühren zahlen, erhielt das Versprechen, daß D. eine gleich hohe Summe für seine Braut zahlen wolle und schenkte D. seine Sporen, ein silbernes Band und sein — allerdings in Erlbach zu r rückgelassenes — Reitpferd. Der überglückliche D. beglei tet Braut und Umgebung mit nach Sachsen, übernachtet mit ihnen in Klingcnthal, erhält dort auch ein gefälschtes pfarramtliches Zeugniß aus Erlbach, wonach seine Ver mählung auf nächsten Sonntag genehmigt ist, vorgelegt und hat endlich auch noch die Genugthuung, des alten Barons Testament vorgelesen zu erhalten. Es folgen der Schwindeleien noch mehrere. Briefe der Braut um Geld zur Förderung der Heirath, weil sie um derentwillen von den Verwandten leiden müsse. Theuere Abbildungen auf Pergament von Lehmberg und Falkenburg. Nachricht vom Großmeister Ncumann vom Freimaurerorden, aus Chem nitz, daß der alte Joseph die Kasse des Freimaurerordens um 20,000 Thlr. bestohlen habe und mit seiner Tochter verhaftet sei, daß man aber gegen Erlegung von 200 fl. D. im Besitz von Falkenburg belassen wolle und derglei chen mehr. Der Gerichtshof hat Uhlmann zu 2 Jahr Arbeitshaus (darin 3 Monat auf den Creditbetrug), die Schäfer zu 2 Jahr 6 Monat Arbeitshaus verurtheilt. — Versammlungen: Heute Nachm, halb 5 Uhr in den Gewächshäusern des Hrn. Handelsgärtner Rölke (Roseng. 25) Flora; morgen Monatsversammlung der Isis, Herr Landschaftsmaler Papperitz berichtet über seine Reise in Norwegen.,ß — Vergnügungen: Heute letztes Kränzchen der Malwina; Theater der Amicitia im Reußischen Garten; zweites Abonnementconcert und Ball im Schießhause; Sonntag letzter Ball der Erholung. — Auktionen: Freitag den 20. März gr. Brüdcr- gaffe 27: ein ziemlich neues herrschaftliches Mahagoni- Meublement; Sonnabend den 21. März Vorm. 11 Uhr Lüttichaustr. 10: ein großer Concert-Flügel in Nußbaum- Gehäuse; Montag den 23. März u. f. T. Anneng. 33: die zum Cvncurse des Kaufm. Pätz gehörigen Material- Waaren; den 23. und 24. April durch den Hrn. Auktio nator Bautzmann: die Oelgemäldesammlung des Hrn. v. Schrickell in Görlitz, größtenteils in Frankreich zu Ende des vorigen und Anfang des jetzigen Jahrhunderts erworben. Taqesqeschichte. Die Werrabah», die Hoffnung eines große» Theils von Thüringen, soll, wie jetzt mit größerer Bestimmtheit versichert wird, bis zum Spätsommer 1858 in ihrer ganzen Länge dem öffentlichen Verkehr übergebe» werbe». Während des ganzen Winters haben die Sprengungen in dem gewaltigen Felsenkörper, den man zu durchschneidcn hat (namentlich von Eisenach bis Salz ungen), ununterbrochen fortgedauert, und Tag für Tag donnerte und krachte eS um die Wartburg herum wie im heißen Sommer bei schweren Gewittern. Die jüngst ausgesprochene Anficht, daß Herr von Scheel- alles Ernstes damit umgehe, Holstein und Lauenburg von Deutsch land loSzureißen und beide Herzogthümer mehr und mehr an Dä nemark hinanzuziehe», könnte Manchem als daS Vroduct einer Gcspensterseherei erscheinen, während eS sich um einewirkliche und ernstliche Gefahr handelt. Die Herzogthümer sind in den letzten Jabren, außer bei den ElbschifffahrtSkonferenzen, bei keiner einzi gen Zusammenkunft mehrerer oder vieler deutscher Staaten offiziell vertreten gewesen. Dies gilt ebenso gut vom Münzkongreß in Wien, wie vom Postcongreß In München und von der Nürnber ger Handelskonferenz. Auch dem Gothaer Vertrage in Betreff der Heimathsberechtigung und dem Paßkartenvertrage find die ge dachten Herzogthümer nicht beigetreten. Trotzdem bleibt das Ge fühl der Zusammengehörigkeit mit den übrigen deutschen VolkS- stämmen bei den Bewohnern Holsteins und LauenburgS lebendig,