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TageSgefchichte. Da« Aeltesten-Eollegium der Magdeburger Kaufmannschaft hat ven Beschluß gefaßt, durch eine Petition den preußische» Land tag um seine Verwendung für die Beseitigung säinintlicher Elb- zöll« anzngeben. Die „Darmst. Ztg." enthält einen Aufruf des Vorstandes deS DombauvereinS zu WormS, worin derselbe dringend um Bei träge zur Herstellung deS baufällig gewordenen Domes bittet. Derselbe ist 906 gegründet und sowohl in baulicher als in histo rischer Beziehung von nationalem Interesse. In Zürich behaupteten einige wohl unterrichtete Personen, binnen vier Wochen würden die Franzosen Neuenburg im Namen »eS Königs von Preußen besetzen Nachrichten auS Neapel melden, daß alle dort lebenden oder zufällig anwesenden Engländer eine Glückwunsch-Adresse an den König unterzeichnet und in das Palais überbrachl haben Der König hat eine tiefe Rührung bekundet und seinen wärmsten Dank geäußert. Alle Fremden von Auszeichnung haben gleich den Bewohnern der Hauptstadt dem Könige ihren Besuch abgestatlet. Die Siadt Neapel ist während vier Tage beleuchtet worden. Man sagt, daß der Moniteur-Artikel über die Neuenburger Angelegenheit ganz auS der Feder Louis Napoleons herrühre. )n England hat derselbe, wie überall, große Aufregung hervor- gerusen. Von den Pariser Journalen treten nur daS »Sieclc" und die »Presse- gegen denselben auf. Beide nehmen die Partei der Schweiz. Die „DebatS" bleibe» neutral. Die halbosficiellcn Blätter sage» nicht- darüber. Nur drückt der »Eonstitutionnel- seine Entrüstung auS über die feindliche Sprache der englischen Blätter, und namentlich der »Morning Post", gegen den König von Preußen in ihren Artikeln Betreffs der Nenenburger Ange legenheit. Man meint, r«k persisch-englische Krieg werde Europa un berührt lassen. Rußland sammelt Truppen am ArareS für den Fall, als die Fortschritte der englischen Waffe» Persien ernstlich be drohen sollten. Aber gerade England hat das meiste Interesse, die Selbstständigkeit PersieuS zu erhalten; eS wird sich mit einer Züch tigung der Perser und mit der Rückgabe von Herat begnügen. DaS FriedenSbedürfniß in fast allen Staaten ist zu gebieterisch, als daß man eine Ausbreitung des Kampfes bis aufden'euro- päischen Boden zu besorgen hätte. Weihnachtswanderungen. ix. »Fremdling, komm in das große Neapel und steh und stirb!" rief der schönheitbegeisterte Platcn aus, als er Neapel erblickte. »Dresdner, komm ins Cafe franyaiS und sieh und genieße!" ruft der Weihnachtswanderer aus, der es mit dem Schiller'schen Spruche hält, daß der Lebende Recht hat. Die Ausstellung des Hrn. Kretzschmar dürfte wohl verdienen, daß selbst ein Platen einen VerS darauf mache. Wo beginnen und wo enden, muß Derjenige fragen, der sie beschreiben will, obgleich die acht Tage, seit denen sie eröffnet ist, schon große Lücken in dieser Welt von Süßigkeiten bervorgebracht haben. Königsberg, die „Stadt der reinen Vernunft-, über die auch der großkörnige russische Ca- viar seinen Weg nimmt, ist bekanntlich durch sein Marzipan auch dem Gedächtniß und Geschmack der Weihnachtsgourmands Werth, allein Hr. Kretzschmar tritt als ein Rival auf, der es uns nicht beklagen läßt, daß Königsberg so fern liegt. Sein Marzipan darf dem KönigSberger getrost die Spitze bieten, wenn es auch meist nur in Gestalt eines Herzens auflritt und die Vernunft den KönigSbergern überläßt. Und wie süß find diese Herzen, wie huldigen sie alle einem feingebildeten Geschmack« I — Die Marzipantafel verlassend, betrachten wir in der langen Reihe in teressanter Gegenstände, die sich ferner dem Auge darbtet«», mit besonderem Vergnügen dir possierlichen Affen, von denen einer als Flötist, einer als Baßgeiger auftritt, einer als wendische Amme ei» Kind bischt, einer als Mosjeh Saufaus mit schief sitzender Mütze florirt, einer als Kritiker vor einer Staffele, seine Glossen macht, einer statt der Trompete die Klistierspritze an den Mund setzt, und dergl. Narrethelen mehr vollführt, ferner die mit täuschender Ähnlichkeit »achgeahmten Früchte, als Gurken, Spar gel, Schoten, Nüsse, Kartoffeln u. s. w., die niedliche» Hechte, Kaninchen, Tauben, Rebhühner, geschossen und in Nestern, die Kinder in B wcwännchen, die braungcbratenen Coteletts, die Frankfurter Würste, die selbst der geübteste Kenner von Fleisch würstchen kaum zu unterscheiden vermag. Doch nicht blos ein geübter Kenner, sonder» auch eine geübte Feder kommt hier in Verlegenheit. Müller und Schulze, die Herr Kretzschmar so sprechend ähnlich portraitirt hat wie der Kladderadatsch, würden ihre sonst so geheilten Meinungen in dem Punkte gewiß vereini gen, daß hier nur eigne Anschauung ein vollkommenes Bild deS Ganzen gewähren kann Während der Weihnachtswandercr in den verschiedenen bis her besuchten Konditoreien das Bestrebe» wahrnahm, größere Gegenstände en miniature vorzuführen, hat es Hr. Conditor Müller gleich von vorn herein auf das Großartige abgesehen. Bei ihm finden wir die Schinken und Hasenrücken nicht in ver jüngtem Maßstabe, wie anderwärts, sondern in natürlicher Größe aus Brodtorte gebacken. Am deutlichsten aber tritt das Streben deS Hrn. Müller nach dem Großartigen in den, wahrhaft kolos sal zu nennenden Stangenkuchen zu Tage, der uns beim Eintritt in das viel besuchte Local entgegenragt. Während die übrigen rings umher aufgestellten Stangenkuchen nicht unter 3 Thlr. zu habe» sind, kostet dieser Riese, der 36 seiner geringeren Genossen verschlungen hat, nicht weniger als l08 Thlr. Das ist denn doch ein allzu hoher Preis für den Einzelnen und so dürfte am Ende kein anderer Weg nach Küfiuacht führen, als diesen hohlen Kuchen pfundweise unter das Publikuni zu bringen. Als ein weiteres Prachtstück ver Müllerschen Ausstellung verdient der in Gestalt eines auf acht Spiegelsäule» ruhenden Tempels sich prä- sentirenve Tafelaufsatz erwähnt zu werden, auf dem aus Holz ge schnitten die Heroen der Kunst und Literatur: Beethoven, Mozart, Göthe, Schiller, Jean Paul, Peter Bischer, Albrecht Dürer und Guttenberg ausgestellt sind. Zugleich dient das Innere des Tem pels als Springbrunnen. Die französischen Bonbons ver fein sten Art sahen wir nirgends so vollständig und vielzählig, als bei Hrn. Müller, wir summirten deren nahe an 50 Sorten. Blumenkörbchen und Körbchen mit Blumen, nachgemachte und eingemachte Früchte aller Art, Bonbonnieren und Cartonagen in den mannichsachsten Gestalten sind gleichzeitig als besondere Zierde der Müllerschen Ausstellung bervorzuheben, welche sich täglich in erneuter Vollständigkeit repräsentirt, und in diesen Ta gen durch delikate und sinnig decorirte Backwerke »och einen ver mehrten Zuwachs erhalten wird. Da wir einmal auf der Wilsdruffer Gaffe weilen, kehren wir auf einige Minuten bei Hrn. Robert Fischer ein, der eben falls eine Ausstellung seiner berühmten Delikatessenwaaren ver anstaltet hat. W>r finden, nachdem wir an den Schaufenstern die schönen Fasane bewundert, im Innern des stets frequentsten Gewölbes echtes KönigSberger und Lübecker Marzipan, echte Nürn berger Lebkuchen, Tyroler Aepfel, spanische Weintrauben, feine englische Saucen, eingemachte Früchte, als: Spargel, Schoten, Bohnen, Artischocke», Ananas, russischen Thee, Caviarfäßchen in den verschiedensten Größen, Bordeaurliqueure, Gänseleberpasteten und dergl. Leckereien mehr. Im Allgemeinen macht inan >bei Hrn. R. Fischer die erfreuliche Bemerkung, daß, was die Einen als Atrappe, die Andern in Marzipan und Zucker biete», hier in natura vorhanden ist. FrischemObste dürfte zur Weihnachts zeit wohl Jeder vor dem nachgemachlen, sei eS auch noch so süß, den Vorzug geben.