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griffen und nach barbarischen Mißhandlungen enthauptet. Gleich zeitig fielen mehrere einheimische Chinesen als Opfer der Verfol gung. Zur Beherzigung. Mit den langen Abenden kommt auch das Bedürfniß der Lectüre, insbesondere auch bei dem jugendlichen Alter, das ja so empfänglich für diese Art Unterhaltung ist Wenn es nun vom Standpunkte der vernünftigen und geistlichen Erziehung aus nicht gleichgiltig sein kann, was die Heranwachsende Jugend liest, so stellt sich sofort für Aeltern und Erziehung die ernste Ver pflichtung heraus, die Lecture der jungen Leute gehörig zu über wachen. In den meisten Schulen giebt es Bibliotheken zum Ge brauche der Kinder und insofern man annehmen kann, daß Seiten der Lehrer beim Ankauf neuer Bücher mit Sorgfalt zu Werke gegangen wird, würde man Kindern unbedenklich die Schriften zur Lectüre überlassen können, welche sie aus der Schul bibliothek entnehmen. Aber in vielen Familien läßt man Kin dern auch unbedenklich d i e Bücher zur Einsicht offen liegen, de ren sich die Erwachsenen bedienen, ja man läßt Kinder zuhören, wenn irgend ein Roman dem Familienkreise vorgclesen wird. In diesem Verfahren liegt eine Unbedachtsamkeit, welche minde stens die geistige Frühreife der Kinder befördert und hcrbeiführt, nicht selten aber den größten Nachtheil für die Sittlichkeit und das Gefühlsleben des Heranwachsenden Geschlechts hat. Am schlimmsten ist cs mit der reiferen Jugend bestellt. Die Jugendschriften im engeren Sinne des Wortes interessiren dieses Alter nicht mehr, für das Alter von >4 — >8 Jahren giebt es aber nur sehr wenige Schriften, so reich auch im Allgemeinen das Feld der Jugendliteratur bestellt ist. Was bleibt nun übrig, als aus dem Gebiete den Bedarf zu nehmen, welches zunächst doch nur für die Erwachsenen bestimmt fein kann. Aber wie viel giebt cs unter den Erzeugnissen dieser Gattung der Literatur solche, welche unbedenklich dem Jugendaltcr in die Hände gegeben werden könnten, dem Alter, in welchem das Gemüth so empfäng lich, die Phantasie so lebendig, der Charactcr so bildsam ist ? Daher werden gewissenhafte Aeltern und Erzieher die Lec türe ihrer Heranwachsenden Söhne und Töchter wohl überwa chen und diese nicht nach Gefallen aus dem Kataloge der Leih bibliotheken wählen lassen Freilich wird diese Uebcrwachung für Viele mit Schwierigkeiten verbunden, vielleicht in manchen Fällen, z. B. bei Geschäftsleuten, die viel aus dem Hause sind, geradezu unmöglich sein. Deshalb wäre es ein sehr zeitgemäßes' Unternehmen, wenn irgend Jemand, der dazu Befähigung hat, vielleicht irgend eine Corporation, welche einen wohlthätigen Zweck verfolgt, eine Leihbibliothek für dieJugcnd errichtete, welche I) Bücher für das Kindesalter (bis zum 14. Jahre), 2) Bücher für die reifere Jugend enthielte und wohin Vater und Mutter ihre Kinder ohne Sorgen hinsichtlich deren Lectüre adressiren könnten. Der mögliche Ueberschuß, den ein solches Unternehmen brächte, könnte einem milden Zwecke zufließen. Denken wir daran, wie viel in manchen, oft sogar so hoch- gepriesenen Romanen und ähnlichen Productionen geradezu Niedriges und Unsaubres sich findet, das um so verführerischer wird, je mehr es mit allein Glanz einer schönen Darstellung um kleidet ist, dann müssen wir allerdings ernstlich davor warnen, der Jugend solche literarische Erzeugnisse nahe zu bringen, die sie in ihrem innersten Leben vergiften, — gewiß, es wird auch von den Erwachsenen im Allgemeinen, viel zu wenig Ucberlegung darauf gewendet, ob das, was sie lesen, ihnen auch wahrhaft gut und heilsam, oder ob es ihnen verderblich ist. In der Aus wahl der l e i b l i ch e n Speise für sich sind sie überaus sorgsam, und bedenken wohl, ob das, was sie genießen, ihnen auch bekommen werde, oder ob nicht. Aber ihrer Seele jede, auch die fadeste, auch die giftigste Nahrung darzubringen, tragen sie kein Beden ken, als ob es leichter sei, eine verpestete Phantasie zu reinigen, als einen verdorbenen Magen zu curiren! Geistige Diät zu hal ten, verstehen so Wenige, und dies thut doch in der gegenwärti gen Zeit um so mehr Noth, da so viel Nachtschatten un^ Tau melt ochl und anderes giftiges Zeug heranwächst. Es ist m den Apotheken Sitte, diejenigen Gefäße, in welchem giftige Medika mente aufbewahrt werden, äußerlich mit einem Todtenkopfe zu bezeichnen; gar vielen literarischen Erzeugnissen der Neuzeit und besonders vielen aus Frankreich herübergekommenen könnte mit gleichem Rechte dies warnende Symbol aufgedrückt werden! Oertliches. Die Logisnoth. Es sind Heuer im Vergleiche zu den letzten Jahren eine große Anzahl Neubauten im Tange, zum Theil auch schon vollendet. Demungcachtet herrscht hierorts eine Lo- gisnoth, nicht in Beziehung auf Etagen von 15V bis 500 Thlr je nach der Lage, auch nicht hinsichtlich der kleineren Wohnungen denn deren giebt es in der Wilsdruffer - und in der Antonstadt noch in ziemlicher Anzahl, obgleich eine eintretende Concurrenz, durch eine Menge Neubauten kleinerer Grundstücke auch wohlthä- tig cinwirkcn würde. Die Logisnoth bezieht sich hauptsächlich auf Familienwohnungen von 50 — 70 Thlr. und größere von 80— 100 Thlr. Wer als Geschäftsmann, als Beamter mit mittlerem Gehalte oder sonst als Privatmann mit nicht hohem Einkommen eine Wohnung von etwa 2 Stuben und 2 Kammern oder 3 Zimmern nebstZubehör sucht, dem ist viel Geduld zu wün schen, zumal den übermäßigen Forderungen mancher Haus- wirthe gegenüber. Aber die Sache hat auch noch andere sehr ernste Gesichtspunkte. Viele Geschäftsleute und Beamte sind jetzt notorisch gezwungen, einen erhöhten» Logisaufwand zu machen, als es ihr Einkommen gestattet. Man muß sich daher oft an den nöthigsten Bedürfnissen ungebührlich beschränken, um zum Quartalschluß Miethzins und Miethzinsabgabe pünktlich entrich ten zu können. Viele Familien aber, welche gezwungen waren, eine für ihre Verhältnisse zu theuere Wohnung zu nehmen, wol len den Ausfall dadurch decken, daß sie eine Stube möblirm und anderweit in Untermiete geben. Daher man an so vielen Häu sern das ganze Jahr über dergleichen Offerten findet. Abgesehen davon, daß der Gewinn oft illusorisch ist, so ist auch eine derglei chen Untermiete in den meisten Fällen für das Familicnlebeg höchst störend. Dabei mag zugleich erwähnt sein, wie wcnin zweckmäßig man bei vielen Neubauten verfährt. In der Regel z B. fehlt bei den »meisten Quartieren zwischen 50 — 70 Thlr. eine Kammer für das Dienstmädchen; ferner fehlt gewöhnlich ein Speisegewölbchcn. — Ja, Einsender sah vorKurzem eine Wohn ung für 70 Thr. in einem eben vollendeten Neubaue, wo weder Küche noch englischer Heerd zu sehen war und auf Befragen wurde auf einen kleinen Ofen gezeigt, welcher im Sommer im Vorhause stehen und als Sommermaschine, im Winter aber als Winter termaschine dienen sollte. Natürlich weil der Bauunternehmer so billig als möglich wegkvmmen wollte. . Es würde demnach ein höchst zeitgemäßes Unternehmen sein, wenn sich eine Aktiengesellschaft bildete, (nicht mit directen Wohlthätigkeitszwecken) die sich zur Ausgabe machte, Häuser mit zweckmäßigen Wohnungen zu bauen. Zunächst würde sich die neue projectirte' Straße von der Post nach dem Löb- tauer Schlage dazu eignen. So viel ist gewiß, daß den Ak tieninhabern eine Dividende von 5 pr. Cent sicherer wäre, als dies bei einigen anderen Unternehmnngen der Fall ist, zu welchen in der letzteren Zeit hiesige Kapitalisten ihre Gelder hergaben.