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I. Geic. Im Wald Richard Wagner, wach auf! Wach aus! Es nahe! gen den Tag! Ich hör' singen im grünen Hag Ein' wonnigliche Nachtigall, Ihr' Stimm' durchdringet Berg und Tal; j (Lhor aus den Meistersingern.) Die Nacht neigt sich zum Occident, Der Tag geht auf von Orient, Die rotbrünstige Morgenröt Her durch die trüben Wolken geht (Hans Sachs.) 4- Orlandus Lassus. Das Lcho. (Doppelchor.) Hallo! — Welch schönes Echo? — Rusen wirs an! — Versucht es! — Ha, ha, ha, ha, ha! — So laßt uns lachen! — Hör an, mein Lieber! — Was willst du? — Ich will, du sollst uns singen eine Kaiizone! — Weshalb? — Ei, warum? — Warum nicht? — Je nun, ich will nicht. — Warum denn nicht? — Weil ich nicht gelaunt bin! — Nun so schweig doch! — Schweige du! — du Grobian! — Jawohl, Herr! — Ei, laßt es gehn! —Ja gehn wir! — Leb wohl ment Echo! — Gott behüt dich! — Fahr 100hl! — Ade! Heute sei Schluß! — Echo, fahr Robert Volkmsnn. Waldlied. (Männerchor.) Im Wald, im Wald, im grünen Wald, Wie jauchzt mein Herz vor Wonne, Wenn rings der Vogel Sang erschallt Und drüber lacht die Sonne! Im Wald, im Wald, im grünen Wald, Da möcht' ich leben und sterben, Und mir zum ewigen Aufenthalt Ein HauS und ein Grab erwerben. Und soll ich einst begraben sein, Legt mich in Waldes Mitten, Ein Baumstamm sei mein Leichenstein, Der Stamm, drin'n ich den Namen mein, Bor Zeiten eingeschnitten. Dann kommen wohl dis Vöglein all' Geflogen her zur Stelle, Uns abends singt Frau Nachtigall mit Hellem Schall i „Schlaf wohl' du lieb' Geselle!" (Aül'If Schutts.) Oskar Wermann Zigeunerleben. Rings auf den kahlen Bergen jaß Das schwarze Weib, die düstre Nacht, Da hat im Wald, im feuchten Gras, Zigeunervolk geschmaust, gelacht. Em Feuer brannte in nächt'gcr Stund Im herbstlich öden Waldgediet, Da ward gebraten Kap' und Hund Bei Fideltvn und Schelmenlied. Dann ward getanzt. Ha, welche Glut Da über Stirn' und Wangen floß! Das war ein Tanz, bei dem das Blut Im Sturm durch alle Adern schoß; Ein Tanz zum Takt des Geigenspiels, Des Spiels, dem schon der Ahn' gelauscht, Zu dessen Füßen noch des Nils Von Schlamm gefärbte Flut gerauscht. Ein Trunk, ein Kuß! O Lust, o Lust, Wie hat gewogt im wilden Reihn Der Dirnen sonnverbrannte Brust Jni grellen, roten Flammenschein! Wie hat gejauchzt des Südens Kind! Das war ei» Jubeln, ein Getob; Das hat noch übertönt den Wind, Der durch der Bäume Wipfel schnob. Entfernt vom Tanz, im Laub versteckt, Entfernt vom warmen Flammenschein, Da lag, in? Heidekraut gestreckt, Ein krankes, alteS Weib allein. Das hat gestöhnt, das hat geächzt, Das hat gerauft sein greises Haar Vor Pein, doch ob die Eule krächzt, Was kümmert das die Tänzerschar! Das war ein Bild der tollsten Lust, Das war ein Bild an Grause» reich! Dort LiebeSkosen Brust an Brust, Hier dürre Wangen, grabesbleich! Dort gings zur Lust, und hier zum End', Hier Sterberöcheln, dort ein Fluch, Und oben, hoch ain Finnament, Der sturmgepeitjchte Wolkenzug! Die Alte seufzt: „In Todesstund', Maria, hilf in letzter Qual!" Dann hat gepreßt sie an den Mund Das Kreuz, das sie der Kirche stahl. Ein Schrei! Der Puls hat ausgeklopst Das Leben zog aus Brust und Hirn; Und von den Zweigen ist getropft Der Regen auf die Totenstirn. Vernommen hat die Tänzerschar Den Schrei. Es nahte schon der Tag, Doch, ehe eS noch Morgen war, Die Leiche unterm Rasen lag. Dann zog, das Waldestal entlang, Das Volk hinweg im Nebelgrau. Novemberwind und Uhu sang Das Totenlied der alten Frau. (Emil RiUershaus.)