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«r. L86. Lripstg. aukerSo»»»,« »glich. Prci» »t»«ll»»,lich , khlr., 1«dc etu»kl»« «»«er r Ngr. Deutsche Allgemeine Zeitung. «Wahrheit und Recht, Freiheit Md Gesetz I» Freitag, 9. December 1870. Inserate find an hiasenstem L vogser in Leipzig oder MN deren adrige Häuser zu sende». Insertion,-tbühr siir die Spalteazeile 1 -Igr-, »ater Eingesandt «gr. Leipzig, 8. Dec. Der Zusammentritt der Conferenz in Be treff der Frage des Schwarzen Meeres ist, wie die preußische Provinzial-Correspondenz erklärt, nunmehr allseitig gesichert; die bestimmten Einladungen sollen demnächst seitens der englischen Regierung ergehen. Auch aus Wien schreibt man uns, daß dort in diplo matischen Kreisen nicht bloS der Zusammentritt der Conferenz, sondern auch ein friedlicher Ausgang der selben als ziemlich gewiß betrachtet werde. Die Sensationsnachricht von einem in der Bil dung begriffenen engern Freundschaftsverhält nisse zwischen Rußland und der Pforte ist wol mit Borsicht aufzunehmen. Die Erhebung des als Ver mittler dieser Annäherung auf türkischer Seite be zeichneten Kiprisli-Mehemmed-Pascha zum Großvezier scheint — nach einem Briefe aus Konstantinopel, den wir soeben erhalten und den wir morgen unsern Lesern mitlheilen werden — keineswegs so nahe, ja nicht ein mal so wahrscheinlich, wie sie in jener Nachricht dar- gestellt wird. Der Reichstag hat bei der zweiten Lesung der Verträge mit den Südstaaten zunächst den Vertrag mit Baden und Hessen unverändert genehmigt. Die dabei geführte Debatte bewegte sich größtentheilS um Anträge der Fortschrittspartei, welche hei dieser Ge legenheit gewisse freiheitliche Bestimmüngen (Grund rechte rc.) in die Verfassung zu bringe» suchte. Die Anträge wurden sämmtlich zurückgewiesen, — mehr wol auS dem formellen Grunde, weil im Augenblicke nur eine BerMhung der eigentlichen Vorlagen, nicht eine Totalrevisten der Verfassung an der Zeit zu sein schien, als aus materiellen Gründe«. Der Vertrag mit Wür- lemberg (der jenem gleicht), wurde sodann ohne Debatte angenommen. Die gestern gemeldete Besetzung von Rouen ist inzwischen amtlich bestätigt worden; doch erfolgte sie nicht am 4. Dec., sondern erst tagS darauf, nach dem Manteuffel vorher nochmals eine von Rouen aus vorgeschobene französische Truppenabtheilung geschlagen hatte. Obwol die Stadt verschanzt war, wurde sie von dem zu ihrem Schutz zusammengezogenen Corps nicht vcrtheidigt; dieses zog vielmehr ohne Kampf ab, undj General Goeben rückte in die Stadt ein. Rouen, die Hauptstadt der vormaligen Normandie, an der Seine und an der Eisenbahn (PariS-Havre) gelegen, ist eine der reichsten Städte Frankreichs, insbesondere das bedeutendste Centrum der Baumwollindustrie. Da eS vom Meere gerade so weit entfernt ist wie von Paris (16—17 Meilen), so ist es ein Hauptstapel platz für den überseeischen Handel, der aus dem innern Frankreich nach dem Westen geht. Die demnächst her zukellende regelmäßige Verbindung zwischen unserer Besatzung in Rouen und dem Belagerungsheere vor Paris wird die Sicherheit deS letztern, besonders nach Aus dem dresdener Leben. -e- Dresden, Anfang December. Wir haben ge genwärtig in Dresden mehr als 20000 gefangene Franzosen zu bewachen, und fast scheint es, als ob die ebenso unsinnige wie verbrecherische Fortsetzung des Kriegs von feiten der augenblicklichen Machthaber in Frankreich dafür sorgen wird, daß diese Zahl sich noch vergrößert. Auch der Befehl, daß die Land wehrbataillone von 800 auf 1002 Mann, d. h. auf die Kriegsstärke der Linieninfanterie, erhöht werden sollen, weist darauf hin, daß man auf die Bewachung von noch mehr Gefangenen vorbereitet sein muß. ES hat sich hier übrigens vor wenigen Tagen ein Comit^ gebildet, dessen specielle Aufgabe es ist, die tapfern deutschen Krieger, welche die lebendigen Wahrzeichen der glänzenden Waffenthaten unserer siegreichen Heere zu un« geleiten, in würdiger Weise zu empfangen. Die letzten Siege über die Loire- und Nordarmee der Franzosen haben hier zu verschiedenen patriotischen Demonstrationen Veranlassung gegeben, wodurch aller dings der Zorn der wenigen Anhänger von Bebel und Liebknecht und sonstiger hiesiger Franzosenfreunde wiederum entflammt sein mag. Am 29. Nov. fand die feierliche Einweihung der wirklilb prachtvollen Gewerbehalle statt; dieses impo sante Gebäude ist eine Zierde Dresdens und ein glän- zendeS Zeugniß für den gesunden, thatkräfligen, auf sich selbst vertrauenden und sich selbst helfenden Bür- gersinn der zahlreichen Mitglieder unserS Gewerbe vereins. Das Fest begann mit der von der Puffholdt'- schen Kapelle schön vorgetragenen Ouvertüre „Zur Norden hin, bedeutend erhöhen und die Verpflegung erleichtern. Fast noch mehr gilt alle» dies von Havre, auf das Manteuffel nun in Eilmärschen anrückt. Diese Stadt ist nächst Marseille der größte Handelshafen Frankreichs. Von der Loire wird gemeldet, daß die Verfol gung der geschlagenen Armee fortgesetzt wird. Ein Theil derselben dürfte in südöstlicher Richtung längs der Loire über Gien gegen NeverS hin geflohen, ein anderer mag von Orleans auS gerade nach Süden hin, durch die öde Solsgne, über La Fert^ nachVier- zon und BourgeS zurückgegangcn sein. ES wird Auf gabe unserer Kriegsleitung sein, einer Wiedervereini gung dieser versprengten Theile, etwa in der Gegend zwischen BourgeS und Nevers, zuvorzukommen. Dies wird auch bei der Schnelligkeit, mit der unsere Trup pen vorzurücken gewöhnt sind, nicht schwer fallen. Ob ein Theil der feindlichen Armee versucht hat, sich die Loire abwärts nach Tours durchzuschlagen, -um den Sitz der provisorischen Regierung vor einem Hand streiche zu sichern, wissen wir nicht. Doch scheint es nicht der Fall, da schon am Tage vor der Räumung von Orleans preußische Cavalerie die Straße nach Blois besetzt hielt und auf den Eisenbahnzug, in dem Gambetta von Tours her nach Orleans reisen wollte, schoß. Wenn die Besetzung von TourS nicht schon er folgt ist, so darf sie jeden Augenblick erwartet werden. Eine etwaige Flucht der Herren Provisorischen nach Bordeaux würde ihnen wenig nützen, da unsere Trup pen nach Zurücklassung einer Besatzung in Tours ihren Marsch alsbald nach dem Süden fortsetzen und wahrscheinlich nur wenige Tage später als Gambetta und seine College« in Bordeaux sein würden. Mili tärischen Widerstand dürfte unser Heer auf diesem Marsche so gut wie gar nicht finden. Wie man der Independance belge aus Versailles telegraphirt, ist ein Offizier vom Hauptquartier nach Pari-„.abgeordnet worden, um die Niederlage der Loire armee und die Einnahme von Orleans zu melden. Demselben Telegramm zufolge soll General Ducrot gefallen sein. Aktenstücke betreffs der Behandlung der Kriegsgefangenen. Der Moniteur universel veröffentlicht folgende Actenstücke: I. An die Negierung der Nationalvertheidigung in TourS. La Ferrieres, 4. Oct. 1870. Bei der königlichen Re gierung sind Berichte über die Art und Weise eingelaufen, wie die Mannschaften der von der französischen Flotte ge kaperten deutschen Handelsschiffe behandelt würden, und man möchte denselben keinen Glauben schenken, wenn diese Nachrichten nicht auf bestimmte» und glaubwürdigen Ver sicherungen derjenigen beruhten, welche dabei beiheiligt wa- ren. Friedliche Kapitäne von Handelsschiffen, die nicht einen Augenblick als Kriegsgefangene betrachtet werden konnten, Weihe des Hauses" von Beethoven, worauf Frl. Gui- nand einen vom Hrn. Photographen Kr»ne gedichte ten, schwungvollen Prolog sprach, dessen Schlußverse also lauteten: So sei gesegnet denn für alle Zeiten, Du hehrer Bau, beschirm' dich Gottes Hand Und den Verein; ihm wirst du ja bereiten Sein treu Daheim im lieben Vaterland. Und ob sich draußen die Parteien streiten, Du schlingst um all' ein heilig Bruderband. Steh' unerschüttert, wie ein Fels im Meere, Ein Haus des Friedens und der deutschen Ehre! Nachdem darauf die ganze Versammlung ein „Weihelied" gesungen und Hr. Kaufmann A. Walter, der Vorsitzende des Vereins, eine paffende Festrede gehalten hatte, folgte ein wohlausgestatteteS Festmahl, welches durch verschiedene Lieder und zahlreiche Trink sprüche äußerst angenehm belebt wurde. Die projectirte Säcularfcier Beethoven'S, von der ich Ihnen in meinem letzten Berichte meldete, ist jetzt wol als vollständig gesichert zu betrachten. Wenn ein Correspondent aus Dresden in dem Leipziger Tage blatt vom 26. Nov. darüber klagte, daß hier „die rechten Führer zu patriotischen Demonstrationen feh len", und daran anschließend meinte, die bevorstehende Beethoven-Feier werde „keineVolksthümlichkeit errin gen können", so wollen wir den ersten Punkt nicht ganz in Abrede stellen, glauben aber dem zweiten ganz entschieden widersprechen zu müssen. Allerdings fin den sich auch bei unS einige schwarzseherische Menschen, die ein Gelingen der genannten Feier bezweifeln. Dieser Zweifel gründet sich aber weniger auf das Passende oder Unpassende einer solchen Feier, er geht find nicht wie solche, sondern förmlich wie Verbrecher be handelt worden; sie blieben ohne Vertheidigung gegen die Beleidigungen und MiShandlungen des Pöbel«, sie sollen sogar von ihren Wächtern mishandelt, ins Gesängniß ge- worfen, angekettet und in« Innere von Frankreich geschleppt worden sein, wo sie sich in trauriger Lage zu befinden schei nen. Ich führe unter anderm die Hrn. Heller von Ham burg, Kapitän de« Dampfer« Pfeil, erwiesene Behandlung an, der am 30. Aug. nach Dünkirchen gebracht, sowie die de« Hrn. Dewer« von Bremen, Kapitän de« Schiffs Lanai, der am 6. Aug. nach Brest gebracht wurde, beide inMon- lin« iniernirt, wo sie Gefangene find. In Moulin» befinden sich ebenfalls zwei badische Offiziere, die Herren v. Wech mar und Billier«, sowie ein Dragoner, welche sämmtlich zu Anfang des Krieg« bei einer Recogooscirung gefangen genommen wurden; e« befindet sich dort auch, wie wir vernehmen, ein Preußischer Offizier, der Graf v. Schmet- tow. Diese Gefangenen werden in einer ebenso unwürdi gen wie den Krieg«gesetzen zuwiderlaufendeu Weise behan delt. Da« Nothwendige fehlt ihnen und die Behörden thun nicht« für sie. Sogar die Geldunterstützungen, die ihnen von ihrer Familie geschickt wurden, sind unterdrückt worden. Dieses Verfahren steht im Widerspruche mit den Grund sätzen des Völkerrecht» und der Humanität. Indem ich auf diese Thatsachen die Aufmerksamkeit der Regierung der Na- tionalverlheidigung lenke, erlaube ich mir, den Wunsch aus zusprechen, daß sie diesem Stande der Dinge Abhülfe au« gedeihen lassen und dessen Rückkehr verhindern werde. Im entgegengesetzten Falle und wenn wir nicht unverzüglich die Gewißheit anderer VerfahrungSweisen erhalten, würde Sr. Maj. de» Königs Regierung sich, obwol mit Bedauern, ge zwungen sehen, die kriegsgefangenen französischen Offiziere ganz anders zu behandeln; dies würde als gerechte, durch da« öffentliche Gewissen und die Verletzung des Völker rechts verlangte Vergeltung zu betrachten sein. (Tez.) Bismarck. 11. An die preußische Regier»ng in Berlin. Die Regierung der Nationalvertheidigung hat durch Vermittelung eines Secretärs der Gesandtschaft der Ber einigten Staaten zu London eine von La FerriLreS, 4. Oct., datirte Note erhalten, in welcher der Kanzler des Nord deutschen Bundes auf die schlechte Behandlung hinweist, welche die Kriegsgefangenen au« den deutschen Heeren in Frankreich zu erdulden hätten. Graf Bismarck behauptet zunächst, die Handelsschiffskapitäne, die nach seiner Meinung al« Kriegsgefangene nicht einbehalten werden könnten, seien von ihren Wächtern übel behandelt, gegen die Insulten de» Volks ohne Schutz gelassen und schließlich nach Moulins gebracht worden, wo sie sich jetzt in der traurigsten Lage befänden. Er macht besonders Hrn. Heller von Hamburg, Kapitän des Dampfers Pfeil, und Hrn. DewerS von Bre men, Kapitän der Lanai, namhaft. Nach den Behauptungen des Grafen Bismarck wären die ebenfalls in Moulins in« ternirten Offiziere der deutschen Heere, insbesondere die Herren v. Wechmar,sv. Villiers und v. Schmettow, schlechter Behandlung ausgesetzt, hatten Mangel am Nothwendigen und müßten sehen, wie die ihnen von ihren Familien zu gesandten Geldmittel confiscirt würden. Der Kanzler deS Norddeutschen Bundes, in diesen Thatsachen eine Verletzung der Kriegsgesetze und des Völkerrechts erblickend, erklärt, daß, falls diesem Stande der Dinge nicht abgeholfen würde, die Militärbehörden der verbündeten Regierungen sich ge- nöthigt sehen würden, an den in Dertichland internirten französischen Kriegsgefangenen gerechte Wiedervergeltung zu üben. Zunächst können wir dem Grafen Bismarck darin nicht beipflichten, daß die Kapitäne und Mannschaften der feindlichen Handelsschiffe, weiche von unsern Kapern aufge bracht worden sind, nicht als Kriegsgefangene angesehen vielmehr auS andern Veranlassungen hervor. Es gibt eben Leute, vie mit einer gewissen Vorliebe allen, auch den volksthümlichsten, Unternehmungen einen schlech ten Erfolg prophezeien. Was die Theilnahme des Pu blikums für die Beethoven-Feier anbetrifft, so ist die selbe eine äußerst rege; schon in den ersten drei Tagen, nachdem der Aufruf dazu in den hiesigen Blättern er schienen war, hatten sich gegen 700 Theilnehmer ge meldet. Wir reden hier natürlich wesentlich nur von der Vorfeier, da diese vornehmlich den Charakter eines Volksfestes tragen soll. Es liegt aber auch auf der Hand, daß gerade Beethoven ein Mann ist, für den sich unsere kunstliebendcn, patriotischen Mitbürger in der Jetztzeit gar lebhaft interesstren. Keiner unserer Heroen im Gebiete der Tonkunst hat uns so markig wie er das Kriegsleben geschildert, keiner so erschüt ternde Schlachtengemälbe entrollt, wie er es gethan. Dazu kommt, daß Beethoven, wie es in dem beleg ten Aufrufe heißt, „ein nationaler Charakter war, der deutschen Geist, deutsches Gemüth, deutsche Tiefe und Innerlichkeit bei all seinem Schaffen durchleuchten ließ". Ja, Beethoven war ein deutscher Mann durch und durch, er buhlte weder um die Gunst der Mäch tigen, noch fügte er sich sklavisch der Mode des Tages; seine Muse war echt deutsch, und er zeigte der gan zen Welt, daß die Deutschen auch im Reiche der Musik „das Volk der Dichter und Denker" sind. Die Bevölkerung Dresdens hat den tief sittlich- politischen Kern der Beethovcn'schen Compositionen er kannt, was allerdings oberflächlichen Naturen unmög lich ist; und sie wird eS nicht an sich fehlen lassen,