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Donnerstag. Leipzig. Die Zeitung <r- schetnt mit A»«nahme »t« Sonntag« täglich Nachmittag« für den folgend«» Tag. Preis für da» Vierteljahr lLhlr.; jede einzelne Nummer S Ngr. — Nr. 11. — DkWt AllMim MW. »Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» 14. Januar 1858. Zu beziehen durch all« Pcä" amter de« In- und Au«la»tk«, sowie durch die VrPkdition in Leipzig tOuerftraj» Nr. d). Znsertionrgebühr für den Raum einer Zeile 2 Mgr. Deutschland. Preußen. /Vertin, 12. Jan. Heute fand (wie bereits gestern tele graphisch gemeldet) die Eröffnung d»S Landtags statt. Gegen 11^Uhr trat daS Staatsministrrium ein. Die Mitglieder desselben stellten sich, von der Versammlung begrüßt, zur Linken des verhüllten Throns auf, an welcher Stelle der Ministerpräsident v. Manteuffel vor den den Thron in einem Halttreis« umschließenden Mitgliedern der beiden Häuser des Land tags folgende Rede verlas: Erlauchte, edle und geehrte Herren von beiden Häusern des Landtag«! Seit dem Schluß Ihrer letzten Sitzungsperiode ist durch die schwere Krankheit Sr. Mas. unser« theuern König« und Herrn eine in allen Lyeilen de« Lande« tief und schmerz lich empfundene Heimsuchung über unser Vaterland gekommen. Wir danken Gott, daß er die Gebet« für di« Abwendung der dem hohen Kranken drohenden Gefahr gnädig erhört hat, und daß wir uns der zuversichtlichen Hoffnung auf Allerhvchst- deffen baldige vollständige Wiederherstellung hingeven dürfen. Inzwischen ist durch eine in den letzten Lagen von des König« Majestät erneuerte Vollmacht die obere Leitung der RegierungSgeschäfte Sr. königl. Hoh. dem Prinzen von Preußen über tragen worden. Die bevorstehende Vermählung eines dem Lhrone nahe stehenden königlichen Prinzen mit einer Prinzessin au« einem stammverwandten, mächtigen Königshaus« wird von allen Preußen mit freudiger Lheilnahme begrüßt. Möge Gott die schönen Hoffnungen, die sich an diesen Bund knüpfen, zum Segen für da« königliche Hau« und für da« Land in Erfüllung gehen lassen. In unsern friedlichen Beziehungen zum Auslande ist eine Störung nicht ein- getreten. Die königliche Regierung hat in Gemeinschaft und in voller Uebcrein- stimmung mit dem kaiserlich österreichischen Cabinet der deutschen Bundesversamm lung von dm mit der Regierung Sr. Maj. des König« von Dänemark, Herzog« von Holstein und Lauenburg, behufs Wahrung der Rechte Deutschland« geführten Verhandlungen Vorlage gemacht; wir sind entschlossen, in dieser wichtigen Ange legenheit im Verein mit allen übrigen deutschen Bundesregierungen auf der Gel tendmachung deutschen- Recht« und Interesses zu beharren. Mit mehren Staaten sind Handelsverträge abgeschlossen, welche Ihnen zur verfassungsmäßigen Zustim mung vorgelegt werden sollen. Di« letzte Ernte hat in den meisten Fruchtgattungen einen höher» Ertrag ge liefert, als früher erwartet werden konnte. Infolge dieses dem Lande zur wahren Wohlth-t gereichenden Erntefegens sind die Preise der nothwendigstcn Lebensmittel mehr und mehr gesunken, wogegen bei manchen andern, ebenfalls unentbehrlichen Verbrauch-gegenständen die wunschenSwerthe Ermäßigung der ungewöhnlich hohen Preise bisher nicht eingetreten ist. Ein besonders günstiges Ergebniß hat die vor jährige Weinlese geliefert. Die vorzugsweise auf den Weinbau angewiesenen Lan destheile werden darin Ersatz für die vereitelten Hoffnungen früherer Jahre finden. Die CommunicationSmittel haben durch die Vollendung der Brücken über die Weichsel und die Nogat und durch einige neu eröffnete Eisenbahnlinien nichtige Ergänzungen gewonnen und einer stetigen und bedeutenden Verkehrsentwickelung sich zu erfreuen gehabt. Handel und Industrie sind im allgemeinen auch im verflossenen Jahre, unter dem Schutze des Friedens, in ihrem Gedeihen Nicht zurückgeblieben. Indessen hat in den letzten Monaten eine von Nordamerika nach europäischen Handelsplätzen fortgepflanzte Erschütterung aller Creditverhältnisse i» ihren unvermeidlichen Nach wirkungen auch d«n gewerblichen Verkehr unser- Landes, besonders in einigen Fa- brikdistricten, schwer betroffen. Um die dadurch herbeigeführten Nothstände, ohne tiefere Eingriffe in die bestehende Gesetzgebung, möglichst zu mildern, hat die Re gierung Sr. Maj. de« Königs sich bewogen gefunden, die Beschränkungen des ver tragsmäßig«« Zinssatzes auf drei Monate zu suSpendiren. Diese Verordnung wird Ihnen unverzüglich zur verfassungsmäßigen Zustimmung vorgelegt werden. Außer dem wird der in einer früher» Sitzungsperiode unerledigt gebliebene Gesetzentwurf wegen Schließung der Rentenbanken, sowie ein zur bessern Regulirung des Ansie- delung-wesntS in den östlichen Provinzen der Monarchie dringend wünschcnswertheS Gesetz zu Ihrer Beschlußnahmc gelangen. Au- dem zu Ihrer ungesäumten Berathung bereit liegenden Entwurf de« Staatshaushaltsetats für das laufende Jahr werden Sie, meine Herren, mit Ge nu gthüuna ersehen, daß unsere Finanzlage «ine geordnete ist und daß die Einnah men des StaatS in erfreulicher Weise gestiegen sind. E« ist dadurch möglich ge worden, aüßer Für bic DrGüng verschiedener unabweiSlich nothw«ndlger Mchrbe- dürfniffe auch für die nicht länger auSzusctzende Verbesserung de« Dieysteinkommen« wenigstens einiger der am geringsten besoldeten Beamtenkategorien eine mäßige Summe zu bestimmen. Gleichwol werden sowol auf diesem Gebiet, als auch in mehreren andern Richtungen manche Bedürfnisse unberücksichtigt und manche Wün sche für sitzt anerfüllt bleibe». Meine Herren! Die Regierung Sr. Maj. de« König« glaubt, in ihren ge wissenhaften Bestrebungen für da« Wohl det Lande« unter den schmerzlichen und schweren Verhältnissen der Gegenwart um so sicherer auf Ihren Beistand rechnen zu dürfen. In dieser zuversichtlichen Hoffnung erkläre ich, kraft der mir allerhöchst ertheilten Ermächtigung, die Sitzung deS Landtag« für eröffnet. Dt« Versammlung hörte bis zu der Steve, wo die Differenzen mit Dänemark zur Sprache.'gebracht werden, die Thronrede mit stiller Thcil- nahme an. Aber sobald dieser Passus verlesen war, wurde ein lautes und fast einstimmiges Bravo hörbar. Nach dem Schluß der Rede wurde von dem Präsidenten des Herrenhauses ein dreimaliges Hoch auf den König aus gebracht, in das die Versammlung mit begeisterter Theilnahme «tnsttmmte. ^lberiin, 12. Jan. Die Rede bei Eröffnung des Landtags finden Sie bereits ausführlich in den heutigen Abendblättern. Wir können des halb ohne weiteres auf einige Bemerkungen übergehen, die, wie wir glau ben, wol mit allgemeinen; Interesse gelesen werden dürften. Der kräftigen Erwähnung der holsteinischen Angelegenheit und des stürmischen Bravo, mit welchem dieselbe von der Versammlung ausgenommen wurde, godenken wir nur kurz. Das Wichtige dessen, was wir zu sagen haben, liegt in Folgendem. Der Schlußsatz deS betreffenden Passus: „Wir find entschlos sen" ic. soll, einem äußerlichen Vernehmen nach, in einem frühem Ent wurf der Eröffnungsrede nicht so energisch gelautet haben — wahrscheinlich im Hinblick auf den Umstand, daß die holsteinische Angelegenheit bei der Bundesversammlung ja anhängig und von der letzter» ein den deutschen Rechten völlig entsprechendes Verhalten wol ohne Zweifel mit aller Sicher heit zu erwarten sei. Nun sollen sich aber, wie um» hört, in dem Bun- destagSausschuß, welchem die Berichterstattung über die holsteinische Ange legenheit obliegt, in Bezug ans die schließliche Redaction des Berichts einige Differenzen herausgestellt haben. Hier in Berlin aber, w» man über zeugt ist, daß in der holsteinischen Angelegenheit mit allem Nachdruck vor gegangen werden müße, und wo man, so viel an Preußen liegt, zu einem solchen Vorgehen auch den entschiedensten Willen hat, soll man nun mit dem Berichte, wie derselbe, nach der Fassung deS Berichterstatters, der Bundes versammlung hat vorgelegt werden sollen, darum auch nichts weniger als zufrieden gewesen sein und eine entsprechende Aendcrung des Berichts mit Nachdruck begehrt haben. Bekanntlich wurde die Berichterstattung, resp. Antragsstellung schon in der jüngsten Sitzung der Bundesversammlung, am verflossenen Donnerstage, erwartet. In Vorstehendem hätten wir nun eine genügsame Erklärung für die unerwartet eingetrctene Verzögerung. Auch hörte man nachträglich, daß die kurze Anwesenheit deS sächsischen Ministers von Beust vor einigen Tagen in unserer Stadt — Hr. von Beust war nur wenige Stunden hier, und zwar lediglich zum Zweck einer persönlichen Besprechung mit dem Ministerpräsidenten v. Manteuffel — sich auf die bezeichnete Sachlage bezogen haben dürfte. Diese Sachlage soll nun auch, wie man weiter vernimmt, diesseits Veranlassung gewesen sein zu einer Aenderung des angedeuteten Schlußsatzes in seine jetzige, energischere Fas sung. Auch war heute deutlich zu bemerken, wie der Ministerpräsident die Worte: „Wir sind entschlossen" re. nicht ohne besondere Bedeutung sprach. Für denjenigen, welcher die Worte gehörig abzuwägen versteht, wird es wol kaum noch der besonder» Bemerkung bedürfen, daß der Vordersatz einen solchen Sinn des Nachsatzes nicht ausschließt. Der Vordersatz spricht von „voller Uebereinstimmung mit dem kaiserlich österreichischen Cabinet" mit der der Bundesversammlung in der holsteinischen Angelegenheit gemachten Vorlage; der Nachsatz besagte aber nicht, daß eine solche volle Neberein stimmung zur Zeit auch bereits über den Umfang und die Art und Weise der Geltendmachung der deutschen Rechte bestehe, sondern eS wird in dem selben nur hervorgehoben, daß Preußen entschlossen sei, in dieser wichtigen Angelegenheit in; Verein mit allen übrigen deutschen Bundesregierungen auf der Geltendmachung deutschen Rechts und Interesses zu beharren. Hier bei mag cs in Betreff dieses Punktes für heute sein Bewenden haben, und wollen wir uns der Hoffnung hingeben, daß ein baldiges allseitiges Ein- verständniß des Bundestagsausschusses in dem von Preußen vertretenen rein- deutschen Sinne ein Zurückkommen auf die Sache überflüssig machen werde. — Aus den bis jetzt bereits stattgefundenen Fractionssitzungen hört man bereits Interessantes. Die Linke soll, wie es heißt, beschlossen haben, einen Antrag auf Erlaß einer Antwortsadresse an die Krone zu stellen. In den letzten Jahren ist das außer Gebrauch gekommen. Unwahrscheinlich^ ist eS zwar, daß die Linke mit einem solchen Anträge durchdringen werde; aber man ist der Meinung, daß eine Debatte über den Gegenstand, im Hinblick auf eine nicht unmögliche bessere parlamentarische Zukunft, doch auch schon an und für sich ihr Gutes haben dürfte. — DaS Herrenhaus hat den Prinzen zu Hohenlohe mit 102 gegen 1 Stimme wieder zu seinem'Präsidenten gewählt;; ebenso den Grafen Eber hard zu Stolberg-Wernigerode zum ersten und den Oberpräsidenten v. DüeS- berg zum zweiten Viceprästdenten. Im Hause der Abgeordneten fand die Verloofung in die einzelnen Abteilungen statt. — Aus Berlin schreibt die «Zeit«: „Die wissenschaftlichen Vorträge im evangelischen Verein haben am 11. Jan. begonnen. Der Superin tendent Kirchner auS Gransee sprach über die wichtig« Bedeutung der Klö ster bei Einführung und Ausbreitung deS EhristenthumS in unsern Mar ken. Der Vorwurf, der dem Protestantismus gemacht wurde, daß er lei der die Klöster nur als eine Stätte des Müßigganges und des Lasters zu bezeichnen gewohnt sei, trifft ihn im allgemeinen wol nicht, da er 'sich jen«r Bezeichnungen nur dann bedient, wenn von der Verfallzeit der Klöster di« Rede ist. Daß sic zu ihrer Blütezeit eine hohe Mission erfüllt haben, ist als historische Thatsache zu bekannt, als daß cö zu leugnen wäre. Der Vortrag suchte dies indessen durch eine ausführliche Darstellung der Klo- stergeschichtc noch erst zu begründen und wies dabei den historischen und statistischen Notizen einen verhalnißmäßig sehr großen Raum an. Di» eigent liche Absicht des Vortrags machte sich erst gegen das Ende desselben bemerk bar: von den früher» Klöster», deren Zabl ücb in ver Mark im Jahre