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Donnerstag Nr. 273. 30 September 1847. MM Deutsche Allgemeine Zeitung* rtzM «Wahrhest und Recht, Freiheit und Gesetz!» Zur Nachricht. Auf da» am I. Oct. 1847 beginnende neue vierteljährliche Abonnement der Deutschen Allgemeinen Zeitung werden bei allen Postämter« un d ZeitungSexpedittonen des In- und Auslandes Bestellungen angenommen. Der Preis beträgt in wachsen vierteljährlich 2 Thlr., in den übrigen Staaten wird derselbe nach Maßgabe der Entfernung von Leipzig erhöht. Ueve-bliS. »«»Ischl«*». Vorlagen des bairischen Landtags ch Stuttgart. Straf- urtel und Untersuchungen. Petitionen. chAus Württemberg. Die po litische RachahmungSsucht. ^vom Main. Di« Wahl in Gießen. — Der Großfürst-Thronfolger. »Weimar. Hohe Gäste. VremH-N. Klageschrift. — Städteordnung in Mülheim. - Pfarrer Uhlich. Slding. Landtagsabgeordnete nach Berlin berufen. tVeO»»»«ich. Der Kreirhauptmann in Kadols. — Admiral Bandiera. Gh»a«te« Da« Localregiment von Ceuta. Der Advocat La Riva. Cata- lonien. Spanische Offiziere in päpstlichem Dienste. Rarvaez. G»»HHwtt«««ten. Rundschreiben O'Connell s über die Lage Irland«. Di« Kohlenwtrte von Newcastle. Der Bischof von Cork. Sir Harry Smith. Admiral Parker. Besitznahme von Neuguinea. Frankreich. Der persische Gesandte. Die Untersuchung in Havre. Ge bete für PiuS IX. Der Verein für Verweigerung der Steuern. Abfahrt von Kriegsdampfern au« Toulon. Prinz Napoleon Bonaparte. Einsturz. Krüssel. Das Ministerium. Krüssel. Der Pönitentiar- rvngreß. Sried-rlande. Von der holländischen Greife. Das Rheinflußbctte. Italien. DaS sardinische Ministerium. — Der Herzog von Lucca. »Rom. Reue Unruhen in Messina. Griechenland, »»pari«. Kolettis. Lärkei. Konstantinopel- Scheikh Faißal. Cholera. Ghina. Die Lage der Dinge in Kanton. Ategvtzte«. »Alexandrien. Der griechische Consul. Der Vicekönig. Ntardamerika. Deutsche Gesellschaft in Reuorleans. Wissenschaft und Kunst- .^Dresden. Theater. »Weimar. Unter- Pande» und Industrie. Aus dem Srigebirge. Der Gebrauch der englischen Sprache auf den Etiquetten. »Aus Schlesien. Waldmolle. Hannover. Postwesen. London. Fallissement. »Leipstg. Börsenbericht. — Frequenz der Magdeburg-Halberstadter Eisenbahn. — Berlin. «nkündigungen. D-utfchka«». Rach der Augsburger Postzeitung werden die Vorlagen, welche die Vatrifch« Regierung den Ständen machen werde, dreierlei Art sein: I) um den Bestimmungen des h. 1ü des VII. Titels der Verfas- sungSurkunde zu genügen: der Nachweis über die Verwendung der Staats einnahmen in dem Jahr 1844/45; 2) um der Bestimmung des h. 16 desselben VerfaffungStitelS zu entsprechen: der Nachweis über den Stand der StaatSschuldentilgungSkaffe pr. 1844/45, und 3) eine Vorlage be züglich der Eisenbahnanleihe. Außer diesen Vorlagen werde an beide Kam mern gelange» der Rechenschaftsbericht der ständischen Commiffare bei der StaatSschuldentilgungSkaffe pr. 1844/45. Ferner sollen aus der Mitte der Abgeordnetenkammer verschiedene Anträge gestellt werden. 's Stuttgart, 24. Sept. Ein gewisser Reeg, früher Postofficiant, der bei den Ruhestörungen am S. Mai arg compromiltirt war, ist vom königl. Gerichtshof« zu zehnmonatlicher Arbeitshausstrafe verurtheilt wor den, hat aber beim Obertribunal recurrirt. Ein MusikuS Namens Sel ls», der ebenfalls wegen derselben Sache in Untersuchung war, aber bald wieder entlassen wurde, ist neuerdings wieder gefänglich eingezogen wor- dln. Mit den Genannten sind gegenwärtig noch sechs in Haft. Das Urtel über die ulmer Excedenten wird etwa in vier bis fünf Wochen zum Spruche kommen. — Bon mehren Orten unsers Landes laufen Bittein gaben an daS königl. Ministerium des Inhalts ein, daß die kürzlich auf gehobenen Maiverordnungen in Bezug auf den Zwischenhandel beimFrucht- »erkaufe wieder in Kraft treten möchten. -s^US ^Württemberg, 24. Sept. Die Süddeutsche Politische Zeitung debutirt in ihren Probenummern, welche sie im Wesentlichen der linken Seite des linken Centrums, also einem gemäßigten, je doch frischen Liberalismus zuweisen, unter Anderm mit einer Polemik ge- gen den ost gehörten Vorwurf einer politischen Nachahmungssucht der Deutschen. Sie stellt die Lhatsache nicht in Abrede, findet sie aber ganz natürlich und vernünftig, wenn auch Letzteres nicht absolut. Sie sagt: „Die Schlagwörter großer Völker sind politische Thatsachen. Aus- gehend von denjenigen Nationen, welche an der Spitze der politischen Ent wickelung stehen, werden sie allezeit von denjenigen Völkern angenommen werden, welche zu wenig politisches Bewußtsein und zu wenig politisches Leben besitzen, um selbst bestimmend« Begriffe in der Politik aufzustellnr. Hierin liegt der Grund, warum Deutschland oiSher alle politischen Schlag. Wörter adoptirt hat, di« Paris ihm zuschickt, und so lang« adoptirm wird, als es sich nicht zu eigner politischer Einsicht erhoben hat. Wo war die Nachahmungssucht der Deutschen, so lange sie groß und mäch tig waren? Vielleicht in Trachten und im Aeußern der Sitten, in der Politik nie. Das deutsche Reich hatte seine eigne Verfassung, s«ine «ig- ncn StaatSidecn, sein eignes Recht, seine eignen Parteien. Seit dem Westfälischen Frieden dagegen haben wir alle praktischen Vorbilder in England, alle Schlagwörter und Ideen in Frankreich gesucht — ganz ein fach deshalb, weil England in der praktischen, Frankreich in der princi- piellen Politik uns überholt hat. So lange das deutsche Volk weder Begriffe noch Thatsachen von sich aus bekommt, so lange muß eS sie von außen holen, und es ist unter dieser Voraussetzung kein Fehler, keine Acfferei, es ist Noth und Pflicht, von andern Völkern zu lernen, so lange man selbst nichts weiß; denn so lange Geschichte ist, haben minder gebildete Völker von den ausgebildeten gelernt. Wenn also Die, welche berufen wären, dem deutschen Volke politische Begriffe — wenn Die, de- ren Amt es ist, ihm politische Thatsachen zu geben, ihm den Borwurf der Ausländerei machen, so ist dies nur eine Selbstanklage — es wäre denn erwiesen, daß sie ihm gegeben haben, ohne verstanden, angeboten, ohne erhört worden zu sein. Davon aber ist weder bei der Zeitungspresse, die zu Jenem —, noch bei den Staatsmännern, die zu Diesem berufe« sind, viel zu sehen. Deutschland in seiner Gesammthcid"yttt in der Presse bis auf diesen Tag noch keinen wesentlichen Schritt über die Ideen der französischen Revolution auf der einen Seite, über die Ideen des Mit telalters auf der andern Seite hinaus gemacht; in seinen Staatsmänner« hat es nur Eine Thatsache zu Stande gebracht, — und dies noch unter problematischen Bedingungen —, den Zollverein. Wer an der ersten Be hauptung zweifelt, den kann in der einen Beziehung der Inhalt der Deutschen Zeitung, die als Organ der gesammten «liberalen» Opposi tion in deutschen Landen aufgetreten ist, in der andern das bekannte, von der öffentlichen Meinung als Ausdruck der conservativen Staatsmänner aufgefaßte Buch «Gespräche aus der Gegenwart» überzeugen, dessen gan zer materieller Inhalt in der Hallcr'schen Staatslehre zu suchen ist. Die zweite Behauptung wird schwerlich bezweifelt; das preußische Patent — der einzige Schritt, der an nationaler Wichtigkeit dem Zollvereine ver glichen werden kann — kann selbst von seinen Anhängern nur als Ver- such einer eigenthümlichen That, doch nicht als That selbst betrachtet werden." Zn dem Allen ist viel Schein, auch liegt wol einige Wahrheit zum Grunde, es ist aber auch viel Ungenauigkeit, es ist Einseitigkeit und Ueber- treibung dabei, und es ließe sich leicht mit kaum minderm Scheine daS Gegentheil von all den thatsächlichen Voraussetzungen des Artikels be haupten, es ließe sich die Anwendbarkeit seines Grundgedankens, d«r nicht ohne Wahrheit ist, auf Deutschland wenigstens dem Grade nach stark bezweifeln. Hier nur ein paar Andeutungen. „Politisches Bewußtsein", „politisches Leben" und „politische Einsicht" sind drei sehr verschiedene Dinge. Im Alterthum Athen, in neuern Zeiten Polen und Schwedt«, in neuesten Spanien, Portugal, Griechenland, die Schweiz, Südamerika zeigen, daß ein Volk politisches Leben, auch wol politisches Bewußtsei« haben kann, ohne politische Einsicht zu bewähren, während umgekthrt z. B« Norwegen recht gesunde politische Einsicht, ein sehr kräftiges politisches Bewußtsein, aber sehr wenig politisches Leben darthut. Ueb«r das Ber- hältniß d«r Größe und Macht des früher» und des heutigen Deutschlands wollen wir hier nicht streiten, obwol wir auch darüber ganz anderer An sicht sind, als der Verfasser jenes Artikels zu sein scheint. Das wenig stens wird, wer die deutsche Geschichte kennt, nicht läugnen können, daß Deutschland oftmals viel schlimmere Zeiten gehabt hat, als die jetzige« sind, z. B. während des Verfalls der Karolinger bis auf Heinrich 1., wie Ungarn und Normannen es verwüsteten, wie die Slawen seine nördliche und östliche Hälfte besetzt hatten, die Kämpfe zwischen den schwäbische« Kaisern und den Sachsen, die letzten Zeiten der Hohenstaufen, das In terregnum, die Zeiten Adolfs von Nassau, der Luxemburger, Friedrichs M., die Hussitenzeit, die Religionskriege. Dagegen sehen wir nicht ab, daß