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- Erscheinungsdatum
- 1942-09-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-194209111
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-19420911
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-19420911
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Der sächsische Erzähler
-
Jahr
1942
-
Monat
1942-09
- Tag 1942-09-11
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Monat
1942-09
-
Jahr
1942
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Ritterkreuz für Dresdner Aliegerhelden Er versenkte amerikanischen Schweren Kreuzer — Vom letzten Einsatz'nicht zvrückgekehn Verl in, 10. Sepibr. ver Führer verlieh da, Ritterkreuz de» Eisernen Kreuze, an Leuinani Hennemann, Flugzeugfßhrer in einem Kampfgeschwader. Leutnant Konrad Hennemann, am 1. März 192V zu Dresden geboren, hat al» Kampfflieger besonder« Erfolge errungen. Er führt« zahlreiche Angriffe auf Hasenanlagen, sowie Flak' und Scheinwerfer- Stellungen der englischen Ostküste durch und zeichnet« sich besonder» im Einsatz gegen feindliche Kriegsschiffe und die Handelsschiffahrt de» Gegners kn der nördlichen Nordsee bei den FarSer-Jnseln und an der norwegischen Küste au». Trotz stärkster Gegenwehr in der Lust, von Schiffsslak und durch Ballonsperren gelang es ihm in kurzer Zeit, sie ben feindliche Handelsschiffe und -wek Zerstörer mit SS LOO BRI. zu versenken. — Seine bedeutsamste Waffentat ist die Versenkung des amerikanischen Schweren Kreuzers, der den im Eismeer vernichteten Srotzgeleitzug begleitete, am 4. Juli 1942. In kühnem Tiefflug griff der junge Kampfflieger, sein Leben gering achtend, den Krsuzer an. Von diesem Einsatz ist der tapfere Leutnant Hennemann, wie schon der Wehrmachtbericht vom 8. Juli 1942 bekanntgab, nicht zurückgekehrt. Ritterkreuzträger General von Chappuis Berlin, 1«. Sept. Am 27. August verstarb in Magbe. bürg Ritterkreuzträger General der Infanterie Friedrich Wil- Hel« von Chappuis, zuletzt Kommanbierender General eine- Armeekorps im Osten. Das Soldatenleben eines hoch- verdienten Offiziers, der sich sowohl im Kriege 1914/18 als auch im jetzigen grotzbeutschen Freiheitskampf yeworragenb ve. währte, ging zu Ende. General der Infanterie Friedrich Wilhelm von Chappuis entstammt einer alten Soldaten- und Beamtenfamilie und wurde am IS. Sept. 1886 in Schubin in der Provinz Posen geboren. Als Zwanzigjähriger trat er in das Garde-Grenadier-Regt. 5 in Spandau ein und zog 1914 als Ober leutnant ins Feld. Zweimal wurde er als Kompameführer auf den Schlachtfeldern im Osten und Westen verwundet. Er nahm an den Schlachten bei Lodz und an der Bzuna, an der Somme wie an der großen Schlacht in Frankreich 1918 teil und erhielt als BataillonSführer beide Eisernen Kreuze, das Ritterkreuz des Hausordens von Hohenzollern und andere hohe Auszeichnungen. Nach dein Zusammenbruch führte er als begeisterter Soldat ein Frei korps. Die Verdienste des Generals uni die Niederschlagung verschiedener Spartakistenausständr, so die Befreiung Spandaus, sind in die Geschichte der Nachkriegsjahre eingegangen. Nach seiner Kommandierung in das Reichswehrministeriuin und seiner Verwendung in höheren Stäben wurde er 1935 als Oberst Kommandeur deS Jnf.-Regts. 5 in Stettin, 1938 zUm Generalmajor befördert, wurde er ein Jahr später zum Kommandeur einer Division ernannt. Als Generalleutnant zog er in den Westfeldzuq und erzwang schon Anfang Juni in schweren Kämpfen den Uebergang über den Aisne-Kanal und die Aisnc. Als erste Truppe seiner Armee konnte die Division eine große Kriegsbrücke bauen, die dann von Teilen der Nachbardivision.mit benutzt wurde. Der hervorragende Angriffserfolg des Generalleutnants von Chappuis, für den er Mitte August 1910 mit dem Ritterkreuz ausge zeichnet wurde, trug wesentlich zur erfolgreichen Kampsführung in diesem Abschnitt bei. Im Ostfcldzug führte er, inzwischen zum General der In fanterie befördert, als Kommandierender General ein Armeekorps und hatte durch seinen tapferen persönlichen Einsatz und seine überlegene Füh rung wesentlich Anteil an den Gesamtoperationen im Kampf gegen den Bolschewismus. Ritterkreuzträger Hauptmann Kaiser gefallen Berlin, 10. Sept. Der Abteilungs-Kommandeur in einem Panzer-Regiment, Ritterkreuzträger Hauptmann Erich Kai ser, fand am 26. August 1942 im Kampf gegen den Bolschewis mus den Heldentod. Für seinen tapferen Einsatz im Kamps gegen schwere bolschewistische Panzerkampfwagen verlieh der Führer im Februar 1942 Hauptmann Kaiser, damals noch Oberleutnant und Chef einer Panzerkompanie, bas Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes, nachdem dieser vorbildliche Offizier schon im Januar 1942 mit dem Deutschen Kreuz in Gold ausgezeichnet wurde. Hauptmann Kaiser hatte den Auftrag, einen örtlichen Panzer einbruch zum Stehen zu bringen und den eingedrungenen Feind zurück- znwerfen. Bald hatte Hauptmann Kaiser die Panzerlampfwagen gestellt, erkannte jedoch, daß der Beschuß durch die leichten Panzerkampfwagen sei ner Kompanie ohne ausreichende Wirkung sein würde. Kurz entschlossen brachte er seinen einzigen schweren Panzerkampfwagen bis auf 400 Meter vor den feindlichen Kampfwagen in Stellung, arbeitete sich selbst bis auf 50 Meter an diese heran und leitete von dort aus das Feuer seiner Pan- zcrkampfwagen so erfolgreich, daß beide feindliche Kampfwagen schon mit sechs Schuß in Brand geschossen wurden. Noch am gleichen Kampftag wurde ein weiterer Durchbruchsvcrsuch von vier feindlichen Pauzerkampf- wagen abgewiesen und alle vier abgeschoffen. Der nächste Kampftag brachte beim Durchbruch durch starke Feindbefestigungen wieder einen har- PerRstGe der mehrere Orte tel« der Stadt Sach- und Gel beschallet li^e« IUied"t - nach Bombentreffern schwer Bet einem «ngrfff englischer Schnellboote aus ei« deut sch« ««leit im »nu« erzielten die deutschen Sicherunasstreit miste aus, einem, der, ««-reisenden Boote so si — datz mit """ *" - E- wurde« de-MWL^ von Stalingrad nimmt di« - — , wurde» Be- Der heutige WehrmachtVertGt Die Wolga auch südlich Stalingrads erreicht Aus de« Sübrerhaudlauartier, N. Setzt. Das Oberkommando mr Wehrmacht gibt besannt: Bei Sroworosfiisk und am Terel-Abschnitt -e. winnt der Angriff deutscher und Verbündeter Truppen in schwe. ren Kämpfen «eiter Rau«. Im Feftungskamtzsfeld von Stalingrad Schlacht ihre« Fortgang. I« barten Kämpfen festigungsanlaaeu südlich der Stadt durchbrochen und nunmehr auch dort die Wolga erreicht. Entlastungsangriffe des Gegners scheiterten. «amPffliegerKste führte« Heftige Angriffe gegen Schwerpunkte des sttndlichen Widerstandes und bekämpfte« Truptzenbereitstellungen der Sowjets. Im Raum vm» Rschew führten ewene Angriffe zu Sri- lichea Erfolge«. Gegeuangriffe de- Feindes wurde« blutig ad- gewiesen und dabei 22 Panzer abgeschoffen. Südlich des Ladoaa-Sees und vor Leningrad scheiterte« erneute «n^ifffe des Feindes. I« diese« Ktmtzfe» wurdep bet Uebersetzversuchen über die Skew« A> Boote der Sowjets vernichtet. Romm wirkungslose« Lagesstörflügen griffen i Luftwaffe in der vergangene« Nacht ands an. vor allem in Wohnvitr- eldorf entstande« zahlreiche Brände sowie Sach- und Gebäudeschäde«. Die Zivilbevölkerung hatte ver- löste. Rach bisherigen «üldungen schaffe« Nachtjäger und Flakartillerie »1 der <ngreise«de« Flugzeuge ab. Außerdem wurde« i« Kanal, über der Rordste und aber der Deutschen Bucht durch Leichte deutsche Seestreitkräste und Marinrartil- lerte drei feindliche Flugzeuge zu« Absturz gebracht. An der englische« Süöküste griffe« Leicht, deutsche Kampfflugzeug« ein brmUw Borpostenboot a«, das nach Bombentreffern schwer Sicherunasstreit- ... /Giere Treffer, Verlust gerechnet werben kann. Weitere Boote ten Einsatz. Von 20 feindlichen Kampswaaen wurden Innerhalb «ine» zweistündigen Kampfes von Hauptmann Kaiser «nd seiner Kompanie 14 in Brand geschossen. Damit hatte Hauptmann Kaistr innerhalb »Weier Kampftage 23 bolschewistische Panzerkampfwagen außer Gefecht gesetzt und einen entscheidenden Erfolg für die gesamte Kampfführung errungen. Englisches U-Boot im Mittelmeer versenkt Rom, 10. Sept. Das italienische Torpedoboot „Polluce" versenkte unter dem Befehl von Korvettenkapitän Tito Burat- tini im Mittelmeer ein englisches Unterseeboot. Italienische Jäger griffen über Ragusa vier feindliche Jagdflugzeuge an und zwangen eins von ihnen zur Landung. Der Pilot, ein Amerikaner, wurde gefangengenommen.. Wachsender Sowjetterror im Ira« Sofia, 10. Sept. Reisende, die aus dem Iran in der Türkei einaetroffen sind, berichten von einem zunehmenden Druck der sowjetischen Besatzungsarmee auf die iranische Bevöl kerung. Seit dem deutschen Angriff auf den Kaukasus habe sich dieser Druck erheblich verschärft. Zum Tobe verurteilte Iraner würden vor der Vollstreckung des Urteils gezwungen, ihre Gräber selbst zu schaufeln und sich zu.entkleiden. Die Reifenden berichten auch, daß von den britischen Be hörden im Iran die Ueberführung des Kronschatzes an einen sicheren Ort gefordert worben sei. Augenblicklich befindet sich der Kronschatz in einem Tresor der NationalSank in Teheran. Neuer britischer Uebersall auf Madagaskar Mcha, 19. Sept. Starke englische Strektkräfte griffen am Don nerstag früh mehrere Häfen Madagaskars an und landeten unter Ein satz von Flotten- und Lüsternheiten Truppen. Am 8. Sept, hatte« be reits gaullistische Streitkräfte einen Landungsversuch unternommen- der jedoch gescheitert war. Es brodelt «eiter in Men St ockholm, II. Sept. Reuter meldet. Laß der Poli-ek- inspektor und Befehlshaber -er Polizeitruppe vor der Polizei- statt»« von Sabot verbrannt worben ist. Das GteEbüro, auS dem die Schergen Churchills auf Inder geschossen Hakten, wurde in Brand aefteckt. Der vizekönigliche Palast und das Regierunasgebäude in Neu-Delhi wurden durch Barrikaden und Stacheldrahtverhaue in einen festungsähnlichen Zustand versetzt. Man befürchtet eine Ausdehnung der indischer Freiheitsbewegung. In Allahabad ging die britische Polizei am Donners tagabend mit Lahtis gegen eine Menschenmenge vor, die eine Versammlung abhalten wollte. Frau Indira Gandhi, die Toch ter Nehrus, und deren Gatte Feroze Gandhi, die eine Rede halten sollten, wurden mit einem Dutzend weiterer Personen verhaftet. Der Aufstand der Kurs in Sindh dauert in alter. Heftig keit an. Die HurS bedienen sich dabei einer neuen Taktik, in dem sie die Kanalgänoe zur Bewässerung der Felber zerstören und dadurch das militärische Vorgehen der Bmten gegen die Aufständischen behindern. Weitere neun Aufständische wurden yingerichtet. , Trotz der oben wiederaegebenen neuesten Meldungen be hauptete Churchill gestern im Unterhaus, daß die Lage in In dien sich gebessert habe. Die Zahl der für ihren Freiheitskampf bereits hingemordeten Inder gab er bescheidenerweise mit rund SOO an. Ein Unterhausabgeordneter stellte die bezeich nende Frage, ob man in Indien nicht besser täte, nur in den Fällen oaS AuSpeitschen anzuwenden, in denen eS im englischen Mutterland angewandt wird. Amery, der Jndienmittister, erwiderte, daß das Auspeit schen ein wirksames Abschreckungsmittel für die Unruhestifter darstelle. Das AuSpeitschen wäre zur Eindämmung von sehr ernsten Unruhen erforderlich. Seines Erachtens solle die Alt wendung des Auspeitschens in Bombay der „Umsicht der dorti gen Behörden überlassen" bleiben. Zum Schluß erklärte der Knbienminister Amery, daß mit den Indern nicht mehr ver handelt werde. Das bedeutet also, daß daS britische Schreckensregiment un vermindert fortgesetzt wird. In Kü rz e ASA- Klacheuschaften gegen deutsche« vlqrpe.Flstn. Die Stock holmer Zeitung „Folkets Dagblad" brandmarkt „amerikanische Ma chenschaften" gegen die deutsch« Wochenschau mit den Aufnahmen von dem mißlungenen Jnoasionsversuch der Engländer bei Dieppe. Ame rikanische Ftlmgesellschasten hätten ein förmliches Ultimatum an die schwedischen Kinobesitzer gerichtet und auch erreicht, daß von 2S Licht spielhäusern 22 den. Dieppe-Film absttzten. Das Blatt fordert ein Eingreifen der Behörden. Lw groß« britischer Tanker wmde in den letzten Tagen im In dischen Ozean von einem japanischen U-Boot »«senkt. Neues auS aller Wett — Gipfel ber Dlebesfrechhett. Die Kathedrale von Beau vais. eines der berühmtesten Baudenkmäler der französischen Gonk, war in der Nacht zum Montag das Ziel einer Einbre- cherbande. Die Einbrecher hätten sich Nachschlüssel zu der Kirche verschafft. Sie erstiegen nachts die Orgelgalerie und montierten mit, vieler Sachkenntnis nicht weniger als 450 Or gelpfeifen ab, die ein Gewicht von 2 bis 25 Kilogramm haben und auS reinem Zinn sind. Die Orgelpfeifen wurden auf einen Lastwagen verladen, der schon am Wend in der Nähe der Kirche gesehen worden war. Die gestohlenen Pfeifen haben einen Wert von zwei Millionen Franken. aut- Irme zog. wenn du . hueu ntniS zu 'tcip u Wer sich selbst bezwang Erzählung von Norbert Jacques Doktor Harbecke kam einen Tag früher aus Zürich zurück, wo er sich eine Woche wegen der Verwertung von Patenten seiner Diktiermaschine aufgehalten hatte. Er wollte Lizzie überraschen und hatte sich nicht angesagt. Aber als er in seine Pilla am See eintrat, sagte ihm das Mädchen, Frau Doktor sei mit dem Mittagdampfer nach Lindau gefahren und komme erst mit dem Abendzug um halb acht Uhr zurück. Harbecke ging in den Raum, den er sich zum Experimentieren eingerichtet batte. Er war enttäuscht, daß seine Ueberraschung ins Leere gegangen, und weil er nichts anderes mit sich anzufangen wußte, ließ er die Sprechmaschine laufen, mit der er vor seiner Ab reise Versuche angestellt hatte. Er hatte den Versuch gemacht, einen Rundfunkvortrag auf den magnetischen Draht aufzunehmen, hatte dazu den Rundfunk apparat aus dem Wohnzimmer in diese Werkstätte genommen und ihn aufs Geratewohl auf eine Station eingestellt, welche die Deklamation eines Schauspielers gesandt hatte. Der hatte mit großem Pathos die Verse vorgetragen: Tapfer ist der Wüstenjäger, Tapfer ist der Weltbezwinger, Tapfrer, wer sich selbst bezwang. Dann hatte cs Hardecke gelüstet, selber diese Verse in sein Diktaphon zu sprechen, und zwar mit der Stimme und in dem Vortrag des Schauspielers. Denn Hardecke hatte die Bega bung, Stimmen nachzuahmen, und damit schon manche Gesell schaft aufs lustigste unterhalten... Nun von Zürich in das leere HauS zurückgckehrt, lies; er die Sprechmaschine laufen und hörte den Schauspieler und dann sich selber, lachte, wie gut er das fette Pathos in der Nach ahmung getroffen hatte, und wollte, noch immer lachend, wie der abschalten, als er wahrnahm, daß der Apparat wciterlies. Er wußte aber genau, daß er ihn nach dem letzten Pers: „Tapf rer, Wer sich selbst bezwang . . abgestellt hatte. Erstaunt und neugierig horchte er zu. Erst kamen etwas verwischte Geräusche, durch die man eine Stimme hörte. Aber dann drang diese plötz lich klar verständlich durch, und Hardecke hörte die vor Leiden schaft erregt flüsternde Stimme eines Mannes wilde Liebes erklärungen sprechen, in die leise und wie anfeuernd das Lachen einer Frau klang. Und auf einmal, mitten in die Liebesbeschwö rungen hinein, sagte die Frauenstimme mit einem seligen Seuf zer: „Oh, Peter, ich fühle dein edles Herz!" Hardecke war bis ins Herz hinein getroffen, denn er kannte die Stimme des ManneS — es war Peter CorvinuS, ein Ju gendfreund von Lizzie, der sic alle zwei Jahre einmal an den Bodensee besuchen kam, und er kannte auch die andere Stimme. Es war die seiner Frau. Er stellte gleich ab und setzte sich nieder. Er riß die Fäuste an die Brust. Einen Augenblick faßte eine verwilderte Gier seine Muskeln, den Apparat zu zerfetzen. Aber er fing, sich auf Er fühlte: du darfst dich nicht gehen lassen ... die Zügel deines Daseins nicht aus der Hand fallen lassen. Er ging ins Wohn zimmer und läutete dem Mädchen. ' »Ist Herr CorvinuS schon äestern abgereist?" fragte er, als sei er über einen Besuch von CorvinuS auf dein laufenden. „Nein, Herr, bereits vorgestern mit dem Mittagschnellzng." Das war, waS Hardecke zur Gewißheit noch gefehlt hatte: Nun brauchte es nicht mehr viel Phantasie, um herauszusin- ben, wie der Auftritt in das Diktaphon gekommen war. Einer der beiden hatte den Löserkontakt berührt, ohne es wahrgenom men zu haben; die Maschine war Mitwisser geworden. Hardecke merkte bald, daß seine FaflungSkräst recht unsicher war. Die Lust der Zimmer, Zeugen der Dinge, die in seiner Abwesenheit sein Glück urtd seine Ehe zerstört, ward ihm uner träglich. Er lief hinaus, durch den Garten an den See, der sich weit vom Ufer zurückgezogen hatte, und er begann den steini gen Strand hinzurasen. Der Wind fuhr Hardecke wütend an. Er riß ihm den Hut vom Kopf, in dem es kein klares Ordnen mehr gab, sondern nur ein Hin- und Hertoben von Vorstellun gen, die ihn zu zerfleischen trachteten. Er war zuletzt einen Feldweg gegangen. Jetzt dunkelte es, und er kam auf eine kleine Erhöhung. Die Nacht vor ihm war vdn den Lichtern der Villen von Schachen gepunktet. Er sah, von unten angeleuchtet, einen sehnigen schmale« Turm hocki- geheu. Er kannte ihn. Der gehörte zu dem alten alemanni schen Schlößchen, dessen getäfelte Weinstube er manchmal auf suchte. „Aber", sagte er dann mit Galgenhumor, „ich werde meinen Kummer in Wein ersäufen!" Und hinter dem Weinglas im Schlößchen kam ihm dann der Einfall, wie durch eine einfache Probe die Lage durchsichtig zu machen sei. Es ist jetzt halb neun und sie ist gerade zu Haus an gekommen. Das Mädchen hat ihr gesagt, daß er zurück sei . . , Er wird mit der Stimme Corvinus' telefonieren, er, CorvinuS, habe die Trennung nicht ausgehalten, er müsse den einen Tag, die eine — ein Schnitt sauste quer durch Harbeckes Herz — Nacht des Alleinseins noch nutzen . . . Hardecke hüllte sein Ge müt in einen Sturm von Martern, als er sich ausdachte: Wie sie im Entsetzen mit verhohlenem Flüstern antworten wird: „Mein Gott, bleib fort! Er ist unerwartet zurückgekommen!" Hardecke ließ sich den Schlüssel zur Telefonkabine geben. Er nannte seine Nummer. Als er wartend daS Hörrohr auS Ohr hielt, schlugen seine Pulse so, daß die Membrane in der Kapsel mitklang. Ein feiner dunkler Strom schoß durch sei» Herz und in die Augen, die er schloß. Fast zugleich hörte er: „Hallo!" Da begann er, wie er cS sich hinter dem Wein zurechtge legt: ,Lier Peter Corvinus. Ist die gnädige Frau selbst am Apparat?" Lizzie erschrak. Wie war so etwas möglich? Es mußte ein Rätsel sein, denn sie hörte aus dem Arbeitszimmer ihres Man nes zugleich den Rundfunk, den sie angedreht hatte, weil Corvi nus um halb neun in Frankfurt im Radio las, und sie hörte die Stimme CorvinuS' im Lautsprecher und hörte sie zugleich aus dem Telefon! Beklommen und verwirrt sagte sie: „Ja, ich selber!" Als Hardecke die Stimme aus dem Unsichtbaren empfing, ging eine schroffe Wandlung in ihm vor. Ihm war, als ob die unsichtbare Stimme im Telefon von ihrer an die Zeit gebunde nen Persönlichkeit befreit sei, als ob sie wie der Pulsschlag menschlichen Gewissens von Geheimnissen klopfte, deren Quell gebiet im Unbegehbären lag. Da schien es ihm, als sei er auf den Rand einer verborgenen Schlucht zugetreten und ein Fuß stünde schon in der Leere. ES durchzuckte sein Hirn: Muß man alles wissen? Alles ... von den anderen, wo ein Mensch so wenig von sich selber weiß? .Er schaute zu Boden, als sehe er in den Abgrund. Dort unten lagerten Gefahren. Kein Menschlicher war ihnen gewach sen. Keiner durste den eigenen Menschen verraten ... Es stand eine Grenze zwischen Mensch und Mensch, über die keiner in daS Leben des anderen eindrmgen durste, selbst wenn er cs ver- möchte. Ja, ein Schild stand vor jeder Seme: ES ist verboten... und achtet man eS nicht, wird man in den Abgrund stürzen und sich alle Knochen des Herzens brechen. Lizzie hörte am anderen Ende des Fernsprechers statt der gespenstischen Doppelstimme auf einmal ihren Vater in seinem schwäbischen Dialekt sagen: ,Z bi wieder von Stuegert do .. Sie stotterte: „Aber nun weiß ich wirklich nicht .. . erst Corvinus ... jetzt der Battr ..." Plötzlich brach jedoch ein fröhliches Lachen auS der Hörmuschel in HardeckeS Ohr: „Ach, du bist's Alfred!" - ... Er ließ gleich einen Wagen kommen und fuhr heim. Als sie beim Nachtessen saßen, erzählte Lizzie, Corvinus sei da gewesen, aber schon mit dem Mittagszug nach Stuttgart wei tergefahren. Er habe abends im Rundmnk lesen müssen .... „Ach, es war zum Piepen! Weißt du, wirklich komisch, so eine Liebesgeschichte, und wenn er pathetisch wurde, hat er immer geflüstert, wie ein alter Bösewicht ber sich auf der Bühne hm- ter einer Kulisse versteckt, die einen Wald barstellt..." „Und du hast ihn verspottet, pfui!" unterbrach Hardecke sie. „Woher weißt du daS?" machte sie mißtrauisch. „Ich hab' eS in Zürich mit angehört. Stuttgart hat es doch mitgesendet." ,Ho, Lüge!" ,Hu hast selig geseufzt: Oh, Peter, ich fühle bein edles Herz!" Lizzie schaute ihn entgeistert an. Hardecke nickte ihr zu. „Sag'S!" drang sie in ihn. „Woher? „Liebe Lizzie, ich habe «ine Erkenntnis Zerrungen wartete schließlich Hardecke, indem er sie tu seine Arm „Man darf nicht alles voneinander wtffen, könntest, wie teuer mir Kenntnis - -... kamen, würdest du von selber darauf verzichten, zu .rjah>cu, woher ich eS weiß."
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