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- Erscheinungsdatum
- 1942-08-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-194208219
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-19420821
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-19420821
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Der sächsische Erzähler
-
Jahr
1942
-
Monat
1942-08
- Tag 1942-08-21
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Monat
1942-08
-
Jahr
1942
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Aus Bischofswerda und Umgegend Bischofswerda, Sl. August Mut und Entschlossenheit im Luftschutz-Selbstschutz ES leuchtet ein, -ast bet Terrorangriffen an den Selbstschutz weit größere Anforderungen gestellt werben müssen, al- sie bis her angesichts her ungleich leichteren Angriffe gestellt zu werden brauchten. Die Unterscheidung in Selbstschutzrrafte — also die polizeilich herangejogenen — und sonstige Hausbewohner wird völlig gegenstandslos. Jeder einzelne, ob Mann oder Frau, jung ober alt, schwach oder stark, ist zum Kampf aufgerufen und muß sich elnsetzen bis zum Letzten. Mag es draußen noch so knallen, mag die Situation noch so beängstigend sein - daS Haus muß ständig in allen seinen Teilen kontrolliert werden; wenn Brandbomben eingeschlagen haben, müllen sie rücksichtslos angegriffen werden. Niemand darf sich zurückziehen, weil ihm die Sache zu brenzlig wird. Gelingt eS nicht, die» Brandbomben unschädlich zu machen, so müllen die Entstehungsbrände ent- schlossen bekämpft werden; breiten sie sich doch aus, so muß mit allen Mitteln und unter Einsatz aller Kräfte versucht werben, den Brand auf seinen Herd zu beschränken. Auch wenn der ganze Dachstuhl schon in Wammen steht, darf bas noch kein Sig nal sein, den Kampf aufzugeben. Die Ausbreitung über die na türlichen Brandabschnitte — Brandmauern und Decken — muß und kann verhindert werden. Und selbst wenn das ganze HauS in Flammen stehen sollte, mutz wenigstens alles getan werden, damit der Brand nicht auf die benachbarten Häuser iibergreift. Wenn der Selbstschutz so kämpft, rücksichtslos gegen sich selbst, mutig und entschlossen, dann können auch Tcrrorangriffe nicht zu Katastrophen werden. Verdunkeln von Freitag 21.1S bl» Sonnabend 5.S1 llhr —* Zirkus Boßle. Auch gestern tvar die Nachmittags und Abendvorstellung völlig ausverkaust. Viele Kinder konn ten nachmittags keinen Platz mehr erhalten und mutzten sich auf heute vertrösten. Für die Kleinen ist die Welt des ZirkuS immer ein Erlebnis, und gebannt folgten sie den Vorführun gen, bei denen zeitweise Heller Jubel aufklang. Die abwechs lungsreiche Daroietunasfolge hatte eine Aenderung erfahren dadurch, öatz Fräulein Moni auf der Kugel lief und mit Grazie und Eleganz einen Elastiktanz vorführte. Das kleine Künstler völkchen verdiente sich wieder viel Beifall. Mit der heutigen Abendvorstellung klingt daS Gastspiel in Bischofswerda auS. Ter Zirkus wird ab morgen im benachbarten Neustadt seine Künste zeigen. —* Auf die wichtig, amtliche Bekanntmachung des Land rates über Anmeldung zum Bezüge von Gemüse und Obst sei besonders hingewiesen. — —* Die Apfelernte 1V4L: Vorrang für Soldaten, Mütter, Kinder und Kranke. Die Versorgung mit Obst steht unter dem Zeichen der letzten Frostwinter. Bei Aepfeln betragen die Frost schäden im Reichsdurchschnitt rund zwanzig Prozent. Das wirkt sich naturgemäß bei der Ernte aus. Die Erwerbsobst bauer der Hauptanbaugebiete müssen Lis 10. September d. Js. die Ernten ihrer Apfelbestände schätzen und auf besonderen Vordrucken ihrer zuständigen Bezirksabgabesteve bezw. Orts- sammelstelle melden. Unwahrscheinlich anmutende Schätzungen werden nachgeprüft. Auf Grund, der Schätzung wird die Ablie ferung-Verpflichtung festgesetzt. Die Erzeuger können daher erst nach ergangenem Ablieferungsbescheid über diejenigen Apfelmengen frei verfügen, die über das Ablieferungssoll hi naus geerntet worden sind. Den Vorrang bei der Apfelver teilung in diesem Jahre haben die Wehrmacht mit ihren Ver wundeten, die Mütter mit ihren Kindern, die Kranken und die Jugendlichen. —* Mitnahme von Kinderwagen auf Reisen. Die Mit nahme von Kinderwagen zu Eisenbahnfahrten hat so überhand genommen, datz ihre Beförderung nicht gewährleistet werden kann. Die Wagen müssen ost nach vergeblichem Versuch, sie in den dafür, bestimmten Abteilen für Reisende mit Traglasten unterzubringen, nach dem Gepäckwagen geschafft werden, in dem meist wenig Platz verfügbar ist, so datz bei der kurzen Aufenthaltszeit der Züge die Gefahr besteht, daß die Reisenden die Mitfahrt versäumen. Den Reisenden tmrd deshalb empfoh len, Reisen mit Kinderwagen nur in unbedingt notwendigen Fällen zu unternehmen. Gleichzeitig wird darauf aufmerksam gemacht, datz Kinderwagen bei Einstellung im Gepäckwagen wie bei der Auflieferung am Gepäckschalter mit Namen, Wohnort und Wohnung des Reisenden versehen sein müssen. fahrenden Zuge zu nahe und erhielt durch eine Wagentür eine derartige schwere Kopfverletzung, datz sie ohne Besinnung und mit einer großen Wunde am Kopf ins Kreiskrankenhaus Ebers bach gebracht werden mußte. Ter Arzt stellte eine Gehirner- schutterung fest. Zahlreich« ttleiatierdiebstähle waren in der Zeit von Anfang Rovbr. vor. IS. biS Mitte Januar d. I. in Bautzen verübt worden. Diese hatten aber alsbald aufgehört, als ein bei der 44^Jahre alten Auguste Anna verehel. Heinick geb. Kliemand in Bautzen wohnender Bursche festge nommen worden Wär. Es wurde ihm nachgewiesen, daß er in eingezauntc Gärten eingestiegen war und aus teils offenen, teils verschlossen gewesenen Ställen Kaninchen und Hühner gestohlen hatte. Er war deshalb wegen sechs schwerer und vier einfacher Diebstähle zu einem Jahr zwei Monaten Gefängnis verurteilt worden. — Die mit ihm verwandte Heinick hatte, wie sie nach anfänglichem Leugnen zugegeben hatte, von den gestohlenen Tieren zwei Kaninchen und zwei Hühner abgerauft und sie in ihrem Haushalt zur Beköstigung ihrer Familie und mehrerer Pflegekinder verwendet. Sie war wegen Hehlerei vom Amtsgericht Bautzen mit sechs Wochen Gefängnis be straft worden. — Ihre Strafe wurde auch von der S. Strafkammer des Landgerichts Bautzen ihrer bisherigen Unbescholtenheit wegen als ange messen angesehen. Die auf eine Erhöhung der Strafe abzielende Berufung der Staatsanwaltschaft wurde verworfen. Landkreis Pirna SierverteUuug. Auf den vom 27. 7. bis 23. 8. gültigen Bestellschein 3d der Reichseierkarte kommen für jeden Versorgungsberechtigten drei Eier, und zwar auf den Abschnitt a zwei und den Abschnitt b ein Ei zur Ver teilung. Die Belieferung kann sofort nach Eingang der Ware erfolgen. — Abgabe von Sprisekartoffeln. Der Bezuasabschnitt 4 des Bestellscheins 39 der gelben Bezugsausweise wird mit 4 Kilogramm beliefert. Soweit dieser Abschnitt auf Grund der Bekanntmachung vom 7. Aug. 1942 bereits mit 31j Kilogr. beliefert wurde, ist noch '/» Kilogr. durch den Kleinoerteiler ab zugeben. Diejenigen Abschnitte 4, die mit 4 Kilogr. beliefert sind, müssen die Einzelhändler entsprechend kennzeichnen. Betr. Verteilung von Trinkbranntwein und von Sützwaren. Etwa Ende September d. I. soll an Männer über 20 Jahre wieder ein« Flasche Trinkbranntwein ausgegeben werden. Dafür erhalten Frauen, Kinder und Jugendliche bis zu 20 Jahren eine Sonderzuweisung von Schokoladen- oder Znikrrware». — Eine Flasche Trinkbranntwein erhalten alle männlichen Personen, die vor o«n 15. Oki. 1922 geboren sind, einschließlich der Selbst versorger. Die bezugsberechtigten Personen haben sich in der Zeit vom 24. biS 31. Aug. 1942 mit ihrer Trinkbranntweinkarte bei denjenigen Klein verteilern anzumelden, die zum Kleinhandel mit Trinkbranntwein znge- lassen sind.— Wegen der Sonderverteilung von Tüßwaren an Frauen und unter 20 Jahre alte Personen erfolgt noch besondere Bekanntmachung. Die heutige amtliche Bekanntmachung des Landrates zu Bautzen, An meldung zum Bezug« von Gemüs« und Obst, gilt auch für Landkr. Pirna. Deutschlands Gemeinden im Kriege ,Flne der gröhhe» VeWnmAproben Ihrer Geschichte Die deutschen Gemeinden haben im Kriege eine Reihe wich tiger zusätzlicher Ausgaben, besonders beim Familienunterhalt für Soldatenfamilien und bei der Versorgung der Bevölkerung mit Leben-Mitteln und Bedarfsgegenständen zu erfüllen. ES wirkt sich dabei segensreich aus, daß die vor der Machtübernahme so schwer darnieberliegenden Gemeinden inzwischen festgefügte und gesunde Köpper der deutschen Gemeinordnung werden konn ten. Düs verdanken die Gemeinden nicht nur den Erfolgen beS nationalsozialistischen Aufbaues, sondern auch der kommunal politischen Arbeit der Partei, die in diesen Augusttagen auf ihr ISjährigeS Bestehen zurückbuckt. Im August 1SS7 wurde daS .Lommunalpolitische Referat der NSDAP." geschaffen, daS sich mit den wachsenden Aufgaben Wetter entwickelte -um heutigen Hauptamt für Kommunalpoli tik mit seinen Gau, und Kreisämtern. Der Leiter dieses Hauptamtes, Reichsleiter Oberbürgermeister Karl Fiedler, München, hebt anläßlich des 15. Geburtstages der national sozialistischen Kommunalorganisation hervor, daß die Mitarbei ter deS Hauptamtes für Kommunalpolitik und seiner Unterglie derungen als Träger der kommunalpolitischen Schulung, als verantwortliche Ratgeber der Hoheitsträger und aller übrigen mit der Gestaltung des gemeindlichen LeoenS befaßten Dienst stellen von Partei und Staat sowie als Berater der Bürger meister in den unendlich vielfältigen Fragen der Gemetndever- waltung in hervorragendem Matze bekgetragen habest und wei ter Mitarbeiten. Am Ende des dritten Kriegsjahres könne festgestellt werden, daß die Gemeinden bet der Fülle der neuen Kriegsaufgaben eine der größten Bewährungsproben ihrer Geschichte bestanden haben. Die Gemeinden werden sich auch weiterhin als starke Bollwerke der Heimatfront erweisen. Im Rahmen der Rück gliederung der ' " --- - - - - - Aemtern m dH wachsen. Sie , . .. der leitenden Genieindebeamten und führten die kommunalpoli tische Schulung der in den Gemeindeverwaltungen der neuen Reichsstelle zum Einsatz kommenden Männer durch. Jetzt Sohlen Versorgung für den Mnter Immer wieder laufen seitens des Kohlenhandels darüber Klagen ein, daß eine Anzahl von Verbrauchern die Abnahme von Kohlen in den Sommermonaten verweigert. Durch Liese Handlungsweise, die oft auS Bequemlichkeit erfolgt, schädigen sich die Verbraucher vor allem selbst. Wer die Abnahme von Kohlen verweigert setzt sich der Gefahr aus, im Winter nicht über einen genügenden Kohlenvorrat zu verfügen. Nutze also im eigenen Interesse die derzeitige günstige Transportlaae aus und lagere die freigegebenen Kohlenmen gen, soweit Lagermöglichkeiten vorhanden sind, in den Sommer monaten ein. Im übrigen sei nochmals darauf aufmerksam ge macht, datz der Anspruch auf Lieferung erlischt, wenn die be stellten Kohlenmengen dem Kohlenhändler bei Anfahrt der selben nicht ahgenommen werden. Bautzen. Schwerer Verlust. Von einem 14 Jahre alten Jungen wurde aus der Löbauer Straße vom Aeutzeren Reichen tor bis in die Nähe des Carolagartens ein Geldtäschchen mit einem Geldbetrag von 250 RM. darunter vier 50-RM.- und zwei 20-RM -Scheine verloren. Klitten. Kind zu Tobe gestürzt. Ein zweijähriges Mäd chen ging mit anderen Spielgefährten über einen Bahnüber gang, wobei es stürzte und sich anscheinend an einer Schiene oder den Schottersteinen eine Wunde am Hinterkopf zuzog. Es erlitt eine Gehirnerschütterung und wurde ins Krankenhaus gebracht, wo es am nächsten Tage starb. Dürrhennersdorf. Zurücktreten bei einfahrenbem Zug! Am Mittwoch kam eine Frau aus Schönbach, die mit dem 8- Ühr-Zuge nach Ebersbach zum Arzt fahren wollte, dem ein Weiteres zur Mietzinssteuerabgeltung Gestundet« IMekzInssteuer kann bei Abgeltung berücksichtigt «erbe» Der Reichesinanzminister hat in seinem Runderlaß über di« Aus hebung der Mietzknssteurr (Hauszinrsteuer) auch ein« Regelung über die Stundung und den Erlaß der Abaeltunasbeträge getroffen, da e« nicht jedem Haueeigentümer möglich sein wird, die erforderlichen Beträge aufzubringen. In dem Erlaß wird zunächst daraus hingewiesen, daß der Abgel tungsbetrag im allgemeinen nicht gestundet werden kann. Hat jedoch ein Schuldner ohne sein Verschulden Bankguthaben, fest angelegte Gel der oder Darlehen nicht so rechtzeitig kündigen können, daß die Mittel zur Bezahlung des Abgeltungsbetrag« bereu» am 31. Dezbr. 1042 zur Verfügung stehen, so kann Stundung gewährt werden, wenn di« bereits gekündigten Gelder innerhalb angemessener Zett nach dem 31. Dezbr. 1042 zur Entrichtung de» Abgeltungsbetrag» verwendet werden. Bi» zu diesem Zeitpunkt muß der gestundete Betrag vom 1. Januar 1V43 an mit 4^ Prozent verzinst werden. Im allgemeinen ist Sicherheit durch Verpfändung der betreffenden Guthaben zu verlangen. Eine kurzsrkstige Stundung kann in Bettacht kommen, soweit mit einer Aenderung de» Abgeltungrbettagr zu rechnen ist. Wird die Mietzinssteuer wegen wirtschaftlicher Notlage des Schuld ners auf längere Zeit (zum Beispiel bis zu seinem Tod) gestundet, o kann auf Antrag auch der Abgeliungsbetrag bi» auf weiteres, läng sten» bis zum Tod des Schuldners oder bis zu einem Verkauf des Grund stücks, zinslos gestundet werden. Sicherheitsleistung ist in diesen Fällen nicht zu verlangen. Die öffentliche Last bleibt bestehen. Die Finanz ämter wickeln die gestundeten Abgeltungsbeträge in gleicher Weise ab wie die Mietzinssteuerbehörden die gestundeten Mietzinssteuerbeträge. Sie haben zu diesem Zweck mit diesen Behörden Verbindung zu halten. Ein Erlaß des Abgeltunasbetrags aus Billigkeitsgründen kommt im allgemeknen nicht in Betracht. Das Reichsfinanzministerium ermächtigt jedoch die Finanzämter, den Abgeltungsbetrag auf Antrag entsprechend zu erlassen, wenn in der Zeit vpm 1. bis zum 31. Dezbr. 1S42 Aenderungen in den Verhältnissen des Grundstücks eintreten, die bei der Veranlagung der Mietzinssteuer und damit bei der Festsetzung de» Abgcltungsbetrags zu berücksichtigen gewesen wären. Ein Erlaß ist ferner zulässig, wenn bei der Mietzinssteuer Ermäßigungen aus Grün den, die in der Person des Steuerschuldners liegen, gewährt worden sind, die Mietzinssteuerbehörde aber die Gewährung bei der Ermittlung de» Jahresbettags nicht berücksichtigt hat und der Erlaß des Abgeltungs bettags nach den Umständen des Falls gerechtfertigt erscheint. ün als starke iliederüng der Gefreiten Gebiete seien den kömmünalpolitischen ' eseg Bezirken neue, weite Tätigkeitsgebiete er- cken insbesondere Vorarbeiten zur Auswahl haben. Die Gemeinden werden oik renvßv Komsn von 8»i»E»monn (Nachdruck verboten) Erstes Kapitel Als Horje Mailing an einem etwas stürmischen, naßkalten Aprilabend auf dem Kurhausplatz in Wiesbaden das Auto ver ließ und langsamen Schrittes dem Kurhotel zusteuerte, fielen seine Blicke auf ein grotzaufgemachtes Plakat, das folgende Auf schrift trug: Heute 28. April im Kurhaussaal! Großes Konzert zugunsten der NSV.! Leitung: Karl Schuricht. Solistin: Inge Tolmatn, Sopran. Beginn: 20.30 Uhr. Horje Mailing blieb geraume Zeit vor dem Plakat stehen und starrte mit nachdenklicher Miene auf den fettgedruckten Namen Inge Tolmain. Dann wandte er sich mit einem froh lockenden Grinsen ab und betrat daS von tausend Lichtern strah lende Kurhotel. Im Hotelrestaurant begann das Orchester gerade mit einer ungarischen Rhapsodie. Tinen orientierenden Blick durch die weite Halle werfend, ließ Malling sich an einem kleinen, etwas versteckt stehenden Eck tisch nieder, von dem er sowohl die Halle als auch den Aufzug und die Treppe gut übersehen konnte. Da er bereits zu Abend gegessen hatte, ließ er sich nur die Weinkarte bringen. Bei dieser Gelegenheit erkundigte er sich so ganz nebenbei nach der Sängerin Inge Tolmain, die im heutigen Kurhauskonzert auftreten sollte. Der Kellner gab auch bereitwilligst Auskunft und berichtete, datz die Sängerin erst vor zwei Tagen ans Italien zurückgekehrt sei. wöbet er mit erhobener Stimme und der Miene eines alten Haushofmeisters hinzufügte: „Die Künstlerin wohnt selbstver ständlich bei unS im Kurhotell" Malling dankte vcrbindlichst für die freundliche Auskunft und machte sich an da» Studium der Weinkarte. Dann rits er sich einen mit Zigarren beladene» Bov heran. bei dem er mit Kennermiene eine schwarze Erauisit wählte die er zurechtstutzte und anbrannte, worans er sich behaglich in den weichen Polster sessel zunicklehnte nnd in der stilvollen Hotelhalle Ausschau hielt. Tie großen Drehtüren am Eingang bewegten sich nnaufhor- lich. Gntgckleidete Menschen kamen nnd gingen. Eine tiefdekol- letierte. dunkelbärckige Dame lacht? ohre Unterbrech'.!»«. Ein paar blutjunge Ausländerinnen, in prächtige Pelzmäntel ge hüllt und in Begleitung eines schon älteren Herrn, trippelten eifrig plappernd über die Teppiche dem Aufzug zu. Als in diesem Augenblick die Musik verstummte, hörte Mal ling, wie ein ihm gegenübersitzender älterer Herr von einem Be kannten begrüßt wurde: „Guten Abend, Gerlach!" Der ältere Herr sah von seiner Zeitung auf. „Ach — schau mal einer an! Das nenne ich wirklich eine Ueberraschungl" rief er lachend und streckte dem Neuankömmling die Rechte entgegen. „Guten Abend, Wölfchen! Bitte, hier ist noch ein Stuhl. Ich glaubte, du wärest längst gestorben. Hast dich lange nicht bei uns sehen lassen." Der mit „Wölfchen" Angeredete nickte und nahm dem älte ren Herrn Gerlach gegenüber Platz. „Das ist wohl nicht verwunderlich, Gerlach. .Ich war längere Zeit im Ausland. Wußtest du das nicht? Ich sprach kurz vor meiner Abreise doch noch mit deiner Schwester darüber." Gerlach schüttelte den Kopf. „Datum ist mir nichts bekannt. Das entschuldigt natürlich alles. Wo bist du denn wieder einmal herumgepilgert?" „In Italien. Seit gestern bin ich aus Mailand zurück." „WaS du nicht sagst! In Italien warst du!" Gerlach seufzte. „Wep es doch einmal so gut haben könnte wie du! Aber hör mal, Wölfchen; wenn du in Mailand warst, so hast du doch sicherlich auch die Tolmain dort gesehen — oder richtiger gesagt, gehört? Sie soll über ein viertel Jahr in der Scala gesungen haben." „Das bedarf Wohl kaum einer Frage. Natürlich habe ich sie gehört. Und zwar so oft, daß die Mailänder Scala und Inge Tolmain beinahe ein Begriff für mich geworden sind. Ja, ja, mein Lieber. Ihn Stimme ist nicht mit Gold aufzuwiegen!" Gerlach drohte lachend mit dem Finger. „Wölfchen, Wölfchen! Ich glaube, du bist wieder einmal verliebt? — Hast du etwa die Bekanntschaft der Künstlerin ge macht?" Wölfchen wehrte ab. „Mach keinen solchen Unsinn, Gerlach. Die Tolmain ist zwar eine sehr hübsche Frau, aber unnahbar! Gänzlich unnahbar, sa ge ich dir. Im übrigen ist sie leider verheiratet, falls du das noch nicht wissen solltest. Tolmain ist nnr ihr Mädchen- und Künst lername. In Wirklichkeit heißt sie Inge Ferchland. Ihr Gatte ist ein bekannter Wirtschaftler und Direktor einer Bremer Groß handelsfirma-" Gerlach war erstaunt. „Schau, schau, was du nicht alles weisst! Du scheinst ja sehr gut über Inge Tolmain informiert zu sein. Ich hörte etwas von unglücklicher Liebe, stimmt das? Oder bist du darüber nicht im Bilde? Es ist ja schließlich leicht vorstellbar. Künstlerinnen Höchen eben ihre eigenen Launen. Das hat man ja schon so oft gehört." „Komm nicht schon wieder mit solchen Flausen, lieber Freund," antwortete Wölfchen, deutliche Empörung zeigend. „Wenn jemand seine eigenen Launen hat, so seid es ihr alten, versauerten Junggesellen. Was wißt ihr armen Teufel schon vom Leben einer Frau — und gar einer Künstlerin? Doch nichts, auch rein gar nichts! Nein, nein, Gerlach, mit deinen verschro benen Ansichten kannst du keinen Hund Hinterm Ofen hervor locken. Im übrigen glaube ich auch nicht, daß etwas Wahres an dem Gerede ist. Sollte es aber doch der Fall sein, so ist be stimmt nicht die Künstlerin der schuldige Teil. Frauen mit einer Stimme wie die Tolmain, verkörpern die Liebe selbst." Gerlach, der die Zurechtweisung durchaus nicht übel nahm, lächelte wieder. „Ich glaube, ick habe doch recht, Wölfchen. Schon allein daran, wie du die Frau verteidigst, obwohl sie verheiratet ist, läßt sich feststellen, wie sehr du in sie verschossen bist!" Wölfchen widersprach nicht. Für Gerlach ein Zeichen, daß seine Vermutung zutraf. Erst nach einer ganzen Weile des Schweigens fragte Wölf chen unvermittelt: „Last du die Künstlerin überhaupt schon einmal gesehen?" Gerlach verneinte. „Dort kommt sie!" Horie Malling, der bisher andächtig zuaehört hatte, damit ihm ja kein Wort entging, was über Inge Tolmain gesprochen wurde, wendete rasch den Kopf. Eine schlankgewachsene junge Dame, in einen bläulich- schimmernden Nerzmantel gehüllt, glitt soeben durch die Dreh tür herein und trat zur „Rezeption", wo sie sehr zuvorkom mend begrüßt wurde nnd einen ganzen Packen Briefe ausge händigt bekam. Die einzelnen Postsachen durchblätternd, stieg sie langsam die» teppichbelegte Treppe hinauf. Auf dem ober sten Treppenabsatz blieb sie einige Sekunden lang stehen. Malling, der keinen Blick von ihr wandte, sah, wie sie ein kleines, gelbes Kuvert aus der Bricfmenge hervorzog und staunend betrachtete. Dann, als habe sie es plötzlich sehr eilig, kehrte sie wieder in die Halle zurück und setzte sich an einen lee ren Tisch dicht unter der Treppe. Er gewahrte deutlich, wie ihre Finger zitterten, als sie mit ungestümer Hast den gelben Umschlag anfritz. Inge Tolmain, nicht ahnend, von wem sie in dieser glück lichsten und zugleich bittersten Stunde ihres Lebens beobachtet wurde, schlug mit bebenden Händen den säuberlich zusammen - gefalteten Briefbogen auseinander (Fortsetzung folgt"»
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