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DerSächWeLrMer Tageblatt furAWoftwerda Aeukirch und Almgegend Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk! Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Land. Dicht verbreüet tn allen Volksschichten Der Sächsische Erzähler tst das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekannt- Beilagen: Illustriertes Sonntagsblatt / Heimatkundliche Beilage / Fna machungen der Amtshauptmannschafh des Arbeitsgericht, und des Haupt- und Heim / Landwirtschaftliche Beilage / Iugendpost. Dm» und Verla« zollamts zu Bautzen, des Amtsgerichts, des Finanzamts, der Schulinspektion von Friedrich May, G. m. b. H. in Bischofswerda. — Postscheckkonto Ami und des Stadtrats zu Bischofswerda behördlicherseits bestimmte Blatt Dresden Nr. 1521. Gemeindeverbandsgirokaffe Bischofswerda Konto Nr. St Erscheinungsweise: Jeden Werktag abend» sür den folgenden Tag. Bezugspreis sür dir Zeit «ine, halben Monat«: Frei in. 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Jahrgang Tagesschau. * Die außenpolitische Aussprache im Reichstag wurde mit einer Rede de» Außenminister, Dr. Stresemann eröffnet. wie der amtliche englische Funkdienst meldet, ist die Denk schrift, in der die englische Auffassung zur Reparationsfrage dar gelegt wird, der deutschen Regierung durch ihren Botschafter in London mikgetellt worden. Die Nationalsozialisten haben mit Unterstützung der christlich nationalen Bauernpartei im Reichstag einen Antrag cingebrachl, zur Behebung der Arbeitslosigkeit die Arbeiksdienstpflich» einzu führen. Auf einem volksparleilichen Vertrekertag in Thüringen wurde einstimmig eine Entschließung angenommen, welche den Verzicht Thüringen, auf seine bisherige staatliche Selbständigkeit fordert. Freiherr von hünefeld und sein Pilot Lindner sind am Sonn tagvormittag mit dem transsibirischen Expreß vom Ostasienflug nach Berlin zurückgekehrt. Der Generaldirektor der Deutschen Reichsbahngesellschasl, Dr. Oorpmiiller, befindet sich zur Zeit in Paris zur Teilnahme an der alljährlich statlsindendeu Vollsitzung des Internationalen Eisen- bahnverbandes. Die Deutsche Reichsbahngesellschasl ist ebenso wie die übrigen Lisenbahnverwaltungen des Kontinents dort Mitglied, und ihr jeweiliger Generaldirektor ha« den stellvertretenden Vorsitz des Verbandes. * An der japanisch-indischen Grenze ist ein Aufstand ausge- brocheu. der sich gegen di« von König «manullah eingeführlen europäischen Reformen richtet. *) Ausführliche» an anderer Stell«. Rechenschaft über die Außenpolitik. Nicht ohne Bitterkeit stellte der Reichsaußenminister in seiner Reichtagsrede fest, wie wenig die polttifchen Tatsachen denjenigen Forderungen entsprechen, die Deutschland auf Grund seiner loyalen Vertragserfüllung zu stellen berechtigt wäre. Er fand scharfe Worte gegen den Unfug der Rhein landbesatzung und gegen deren Unvereinbarkeit mit dem Geist von Locarno. Dabei nahm er auch gegen diejenige Macht eine Abwehrstellung ein, die stets beteuert, daß ihr an der Rheinlandbesetzung nichts gelegen sei, die aber trotz dem ihre Truppen in Wiesbaden und Bingerbrück stehen läßt. Ueberhaupt darf man wohl sagen, daß der politisch hervorstechendste Zug der Rede des Außenministers die außerordentliche Schärfe war, mit der er sachlich die letzte Entwicklung der englischen Politik behandelte. Man ist in Berliner parlamentarischen Kreisen geneigt, gerade diesen Ausführungen Dr. Stresemanns eine sehr erhebliche politi sche Bedeutung beizumefsen. Es handelt sich um das berühmte englisch-französische Flottenaükommen und um die Abrüstung. Dr. Stresemann nahm zwar Kenntnis davon, daß inzwischen durch die Erklä rungen des englischen Ministerpräsidenten Baldwin dieses Abkommen für erledigt gelten kann. Aber es bleibe doch in Deutschland ein Mißtrauen in die Objektivität der eng lischen Politik zurück, denn wie sei es zu vereinen, mit Eng lands Garantiepflicht im Locarnovertrag, wenn es bereit sei, mit einem der Partner dieses Vertrages in ein näheres mi litärisches Verhältnis zu treten. Selten ist von der Tribüne des deutschen Reichstages durch einen verantwortlichen deut schen Staatsmann eine für Deutschland bedrohliche Situation richtiger gekennzeichnet worden. Aber welche Folgerungen hat der Reichsaußenmimster daraus gezogen? Gar keine. Er erklärt nach wie vor, die von Deutschland getriebene Politik, die über Locarno nach Genf führte, für richtig. Denn — wir kennen die Argumen tation Dr. Stresemanns — eine andere Politik als die seine sei eben nicht möglich. Der deutschnationale Oppositionsred ner, Graf Westarp, hatte es deshalb verhältnismäßig leicht, dein Reichsaußenminister die völlige Erfolglosigkeit dieser Außenpolitik entgegenzuhalten. Immer nur hat Deutsch land Vorleistungen gemacht. Niemals sind die erwähnten Rückwirkungen eingetreten. Wenn Dr. Stresemann sich so viel darauf zugute hält, daß er durch seine Politik die mora lischen und juristischen Voraussetzungen für den Räumungs anspruch geschaffen habe, dann konnte ihm Graf Westarp schneidend erwidern, daß dieser Rciumungsanfpruch gar nichts nütze, wenn er von den anderen nicht erfüllt wird. Leider hat die deutschnationale Politik während ihrer Be teiligung an der Regierung diesen Standpunkt nicht immer ganz folgerichtig einhalten können. Die Zukunftssorgen des Oppositionsführers richteten sich in erster Linie auf die Reparationsverhandlungen. Auch Graf Westarp beklagt« sich darüber, wie es schon wiederholt in der deutschen Oeffentlichkeit geschehen ist, daß man in Deutschland über olle diese Dinge eigentlich nur etwas aus der ausländischen Presse weiß. Was wir allerdings daraus erfahren haben, läßt insofern einen Zweifel an dem Gelin gen dieser Verhandlungen auskommen, als die Franzosen mit aller Energie dabei sind, die Reparationserörterungen bis oben heran mit politischen Vorbelastungen zu beschwe ren. Die Endlösung, dr« der deutsche Reichskanzler im Sep tember in Genf einzuleiten bestrebt war, ist dadurch auch wieder in eine nebelhafte Ferne gerückt. Die Kritik der Op position fordert von der Reichsregierung, daß sie eine Ver handlung auf dieser Grundlage überhaupt ablehnt. Denn man weiß, wie schwer es ist, nachträglich aus einer Schlinge herauszukommen, in die man den Kopf einmal gesteckt hat. In so vornehmen äußeren Formen sich diese außenpoli tische Auseinandersetzung zwischen Regierung und Opposi tion vollzog, so scharf waren die politischen Gegensätze zwischen dem Reichsaußenminister und dem Oppositionsfüh rer, weniger vielleicht in der Beurteilung der Sachlage als solcher, als in den daraus zu zishendcn Folgerungen. Stresemanns Ailanz von Locarno. Berlin, 20. Noo. Vor vollbesetztem Hause, überfüllten Tribünen und den fremden Diplomaten gab in der gestrigen Reichstagssitzung Reichsaußenmimster Dr. Stresemann die Erklärung der Reichsregierung zur auswärtigen Poli tik ab. Der Minister betonte u. a.: „Die deutsche Reichsregierung hat vor der diesjährigen Vollversammlung des Völkerbundes die beteiligten Regie rungen auf diplomatischem Wege davon in Kenntnis gesetzt, daß sie beabsichtige, in Genf die Räumungsfrage offiziell aufzuwerfen. Der Zeitpunkt war gekommen, die Räu mungsfrage aus der Sphäre inoffizieller und ver- traulicher Besprechungen herauszubringen und unseren An spruch den Besatzungsmächten gegenüber in aller Form gel tend zu machen. Nicht nur Deutschland, sondern auch weiteste Kreise des Auslandes empfinden die heute noch fortdauernde An- Wesenheit fremder Truppen aus deutschem Gebiete al, eine« krassen Gegensatz zu der Entwicklung der internationalen Politik in den letzten Jahren. Ueber die Beurteilung der Ergebnisse sind wir uns wohl einig. Es war für das deutsche Volk ein« tiefe Enttäu schung, daß wir mit unserem Anspruch in Genf nicht durch gedrungen sind. Die entscheidenden Argumente, die der Kanzler vorbrachte, haben nicht diejenige Würdigung gesun den, die wir fordern mußten. Unsere Derhandlungsgegner haben vielmehr eine Auffassung vertreten, die wir rechtlich nicht anerkennen können. Diese Auffassung der Gegenseite vermag an unserem eigenen Standpunkt nichts zu ändern. Es kann deshalb für uns nicht in Betracht kommen, für die Räumung politische Belastungen, deren Wirkung sich auf die Dauer der vertragsmäßigen Besatzungssristen er strecken würde, in irgendwelcher Art auf uns zu nehmen. Ebensowenig besteht fiir uns die Möglichkeit, die Räumung mit Gegenleistungen finanzieller Art zu erkaufen. Ich stelle mit Genugtuung fest, daß noch vor wenigen Tagen auch von maßgebender britischer Seite grundsätzlich anerkannt worden ist, daß es sich bei der Räu mung der besetzten Gebiet« und bei der Regelung der Re parationsfrage um zwei völlig getrennte Ding« handelt. Wir müssen erwarten, daß sich dieser Standpunkt nun auch prak tisch auswirkt und dazu führt, Deutschland endlich von den fremden Truppen zu befreien. Es trägt ebensowenig zu Ver Aufgabe des Kriegsgeistes und zum Besten des fried lichen Zusammenwirkens bei, wenn der Wasfenstillstandstag auf deutschem Boden von fremden Truppen parademäßig be gangen wird, um dem deutschen Volke vor Augen zu führen, daß es der Besiegt« eines Weltkrieges ist. Der Außenminister ging anschließend aus die Genfer Verhandlungen ein. In der Oeffentlichkeit seien daran Be trachtungen geknüpft worden, daß sich di« in den letzten Jahren verfolgte Außenpolitik nun endgültig alsverfehlt erwiesen habe. Man wünsche seine Politik zu ersetzen durch «ine Politik nüchterner Wahrung deutschen Rechtes und deutscher Interessen. Der Außenminister fragte, ob sich die fehlend« Großmachtstellung mit negativen Protesten und Kraftworten erreichen lasse. „Ich kenne/ führte Stresemann weiter aus. „kctne festen Bindungen an einzelne Großmächte, di« gelöst werden müßten, um uns die notwendige Bewegungsfreiheit zur friedlichen Verständi gung mit anderen Mäck^n zu verschütten. Ick sehe keine Unterstützung, die uns irgendwie in der Weise gewährt würde, daß sie uns an Stelle des angeblichen Phantom einer Großmachtstellung die tatsächliche politische Machtstel lung gäbe, die andere Mächte immer noch in der Aufrechter haltung ihrer Rüstungen am ehesten gefestigt sehen/ Unsere Politik erweise es immer als notwendig, daß wir unsere Westgrenzcn vertragsmäßig sicherten. Das sei angesichts unserer völligen militärischen Machtlosigkeit not wendig. Die Behauptung, daß die Art de» Berufsheere» die beste Schlagfertigkeit verbürge, könne zwar theoretisch zutresfea, für Deutschland aber stehe sie im luftleeren Raum, da die Voraussetzung für jedes Berufsheer eine Bewaffnung sei, die wir nicht besähen. Ueber di« Wirkung der Verträge zur Sicherung de» Rheinlandes seien in letzter Zeit vielfach Bedenken in Zu sammenhang mit den Verhandlungen geäußert worden, die zwischen zwei Partnern des Rheinpaktes von Locarno stattgefunden hätten. Es sei verständlich, daß die Nachrichten über das sogenannte englisch-französische Kompromiß weitgehende Besorgnisse hervorgerufen hätten. Man habe diese Besorgnisse vor allem auch auf die Möglichkeit neuer, für Deutschland bedrohlicher Mächtekonstella tionen bezogen. Der deutsche Standpunkt des Ab rüstungsproblems sei vom Kanzler und vom Grafen Bern storff in nicht mißzuverstehender Form in Genf öffentlich dargelegt worden. Das erwähnte Flottenkompromiß sei nach den letzthin bekanntgewyrdenen Tatsachen als erledigt anzusehen. Trotzdem müsse man auf einen grundsätzlichen Puntt noch Hinweisen. Die Abrüstungsverhandlungen dürften nicht darauf hia- auslaufen, den daran beteiligten Ländern die Erhaltung derjenigen Rüstungsfaktoren zu garantieren, an deneu ihnen jeweils am meisten gelegen sei. Wenn zwei Mächte, denen nach der Konstruktion des Locarnopakte» eine we sentlich verschiedene Rolle zufalle, auf militärischem Gebiet tatsächlich weitreichende Vereinbarungen getroffen hätten, so würde das an die Grundlagen des Rhelnpakte» von Lo carno rühren. „Ob man militärische Manöver veranstalte", fuhr Stre semann fort, „die sich in ihrer Eventual- Zielsetzung gegen Deutschland richten, ist eine Frage des politischen Taktes. Als Garant eines Paktes aber tatsächliche, weitgehende mi litärische Vereinbarungen mit einer der beteiligten Mächte zu treffen, würde Sinn, Grundlage und Bestehen eines der artigen Paktes widersprechen. Ich halte es aber für meine Pflicht, festzustellen, daß derartigen Bedenken der Boden entzogen worden ist durch die Erklärungen, die von den verantwortlichen Vertretern der Mächte zu wie derholten Malen abgegeben worden sind." Am Schluß seiner Rede ging der Außenminister aus die Reparakionsfrage ein. Die an dem Genfer Beschluß beteiligten Mächte hätten es für richtig gehalten, zunächst em Gremium sachver ständiger Autoritäten zu berufen. Die Frei heit der Entschließung den Vorschlägen der Sachverstän digenkommission gegenüber bleibe den Regierungen selbst verständlich gewahrt. Die Reichsregierung müsse sich einstweilen auf die Betonung eines allgemeinen Grundsatzes beschränken. „Von einer wirklichen Lösung der Reparationsfragv kann nur dann gesprochen werden, wenn sie die wirt schaftliche Leistungsfähigkeit Deutsch lands nicht übersteigt, wenn sie uns die Erfüllung unserer Verpflichtungen dauernd aus eigener Wirtschafts, kraft und ohne Gefährdung der Lebenshaltung unseres Vol kes ermöglicht. . . . Gelingt es eine Em.^ung zu finden, dann ist der wichtigste Schritt zur Liquidierung der unmittelbaren wirtschaftlichen Folgen des Weltkrieges getan/ Die Aussprache. In der Aussprache über die Rede des Reichsauhenministers er hält als erster Redner Abg. Graf Westarp (Deutschnat.) das Wort: Er erklärt: Die an die Namen Locarno, Genf und Thoiry geknüpfte deutsche Friedens offensive hat den erwarteten Erfolg nicht gebracht. Frankreich bedroht Deutschland, Sicherheit. Es steigert seine Rüstungen in» Ungemessene und errichtet an der deutschen Grenze mit Milliarden- auswand, zu dem es die deutschen Reparationszahlungen verwendet, einen gewaltigen Festungsgürtel. Gemeinsam mit England vrran- staltet Frankreich aus deutschem Boden Manöver von ungeheuerem Ausmaß und verlangt, daß die Kontrolle über die Entmilitarisierung einer Zone bis 50 Kilometer westlich des Rheines verewigt werde. Die letzten Verhandlungen haben gezeigt, daß vom Völkerbund hinsichtlich der Abrüstung nicht, mehr zu erwarten ist. Den Abschluß des Genfer Abkommens über den Eintritt in neu« Verb rdü'ngen können wir nicht gu'heißen. Es tst nur geeignet,