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aus. Im Norden grüßt der Kliiigsteinrücken des Kotimar, rechts davon der Oderwitzer Spitzberg und weiter die waldblauen Groß hennersdorfer Basaltberge mit dem Sonnenhübel im Vordergründe. Am schönsten aber ist der Blick nach Süden auf die vielgestaltige Bergkette des Ieschken—Zittauer Gebirges. Greisbar nahe ragt die Glockensorm der Lausche und rechts davon der Warnsdorf« Spitz berg, ein überaus eindrucksvolles Landschaftsbild, wie es bei uns eben nur die Südlausitz zu bieten vermag. Dem Großen Stein drohte nun im Juni diese» Jahres die Ge fahr, durch ein Steinbruchsunternehmen abgebaut zu werden, ob wohl in der Umgegend reichlich Basalt und Phonolith onsteht, so daß an sich kein Bedürfnis vorlag. gerade den Großen Stein zu ver nichten. Gegen diesen Plan erhob sich in der Gemeinde Spitzkun- nersdorf einmütiger Widerspruch. Auch im benachbarten Leuters dorf sand die geplante Bruchanlage keine Billigung. Man wollte eben da» eindrucksvolle Wahrzeichen der Heimat nicht dem Interesse »ine» Einzelnen opfern. Außerdem ist die Umrihsorm des Großen Steines schon seit 1835 im Gemeindesiegel festgehalten. Auch ver- danN seiner spitzen Gestalt der Ort seinen Namen: Spitz kunners- darf. Die Umrisse der kleineren Felskuppe zeigen als Naturspiel deutlich den Schattenriß von Goethes Kopf. Daher wird der Große Stein auch Goethe-Stein genannt. Die Gemeinde bot dem Besitzer eine ansehnliche Summe, um den Stein für sich zu erwerben und als unverletzlich zu erklären. Da aber da» Steinbruchsunternehmen die Summe gewaltig überbot und so der ideale Plan der Gemeinde wieder zu scheitern drohte, wurde in letzter Stunde der Landesverein Sächsischer Heimatschutz um Hilfe angerufen. Auch Herr Amtshauptmann Kahmann in Zit- tau bemühte sich bei ihm und beim Ministerium des Innern um Er haltung dieses für das gesamte südöstliche Grenzland bedeutungs vollen Natur- und Landschaftsdenkmals. So bewilligte der Heimat schutz alsbald einen größeren Geldbetrag zu den Ankaufskosten ter der Bedingung, daß die dauernde Unversehrtheit der Felsgruppe im Grundbuche eingetragen werde. So hat die Gemeinde Spitzkunnersdors unter allerdings immer noch großen Opfern ihren Großen Stein sich und der Nachwelt er halten können und damit eine Tat vollbracht, die nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, vor allem auch deshalb, weil die Ge meinde immerhin ansehnliche Mittel in einem Besitz angelegt hat, der keinerlei künftige Einnahmen verspricht. Alle Freunde der Hei- mat aber beglückwünschen die rührige Gemeinde und ihre einsichti gen und weitblickenden Leiter, die wahrlich kein Opfer gescheut haben, um sich ihren Großen Stein zu erhalten. So wird der Fel» den kommenden Geschlechtern nicht nur als ein hehres Denkmal der Natur emporragen, sondern auch bis in fernste Zeiten als ein Denk mal an die heutigen Einwohner von Spitzkunnersdors dastehen, denen in unseren materialistischen Tagen die Liebe zu ihrem Het- matboden, zur angestammten Scholle mehr galt, als Geld und Gut gewinn. Dem Landesoerein Sächsischer Heimatschutz aber sei auch an dieser Stelle für seine schnelle und tatkräftige Hilfe gedankt. So werden die von ihm vertretenen Bestrebungen zum Schuhe unserer schönen Heimat gegen Raub und Verunstaltung immer volkstüm licher, und der Heimatschutzgedanke gewinnt am besten fruchtbaren Boden! Hans Naumann, Teichnitz b. Bautzen. Vom Bergkirchhof auf dem Oybin. Unter den Totenstätten unserer engeren und weiteren Heimat, ja unseres gesamten deutschen Vaterlandes, zeichnet sich durch seine unvergleichlich schöne Lage aus der Kirchhof auf dem Oybinselsen im Ziltauer Gebirge. Es darf gewiß nicht als übertrieben gelten, wenn ihm Andreas Oppermann 1873 in der „Gartenlaube" folgendes be- aeistrrtes Lob zollt: „Ich habe manche berühmte Gräberstätt« ge sehen. Berauschend wirkt aus die Seele der Blick vom Camposanto Neapels aus den blauen Golf, tiefernst und wie eine Nachtphantasie der Kirchhof in Prag, imposant und würdevoll der Gottesacker Pi sas und der Veronas, reich der Friedhof Münchens: aber eine To- drsstälte, die so von dem vollen Zauber einer üppigen Natur, so von Romantik umwoben ist, wie der kleine Dorfkirchhof auf dem Berge Oybin habe ich nicht wiedergefunden". — Aber auch sonst verdient der Oybiner Totenacker, der ebensowohl als malerisches Altertum der Vergangenheit wie auch nutzbare» Stück des Gegen wartslebens zu bewerten ist, unsere Beachtung. Er birgt in seinen Gräberreihen eine Anzahl „Merkwürdigkeiten" und geschichtlich er wähnenswerter Grabsteine, von denen einige im folgenden in den Kreis der Betrachtung gezogen werden sollen. Das älteste Grabmal, das allerdings starke Spuren der Ver witterung trägt, stammt aus der Mitte de» 16. Jahrhunderts. Es ist ein Rittergrabstein, das Denkmal des „Peter von Döbschütza, der 1550 hier eine Ruhestätte gesunden. Der Verstorbene ist dargestellt in aufrechter Haltung und voller Rüstung, die Linke hält das Wap- pen. Letzteres und die Inschrift sind nicht mehr zu erkennen. Der Stein wurde 1885 von einer Nachkommin .Mbertine Rogalla von Lieberstein" aufaerichtet und bei dieser Gelegenheit die ehemalige Srabschrist (nach einer Zittauer Chronik) daruntergesetzt. Sie lautet: „Anno 1550 am Tage Agnetis ist hier begraben der ehrenveste Peter von Löbschütz bei Kayser, Königen, Fürsten und Herrn wohlverdienter Kriegsmann. D. G. G. Renovatum ist Iussu Nie. Kasp. Sigm. de Löbschütz, equit. slles An. 1742." Dieser beachtenswerte Denkstein wird gekrönt von einem aut ange- paßten steinernen Schutzdach und bildet so eine Zierde unsere» ein- zigschönen Oyblnkirchhoss. Dicht neben ihm steht in einer in den Felsen gehauenen Nische da» Grabmal de» Oberförsters der Zittauer Stadtverwaltung .Hart August Prasse", der, wie der Stein berich- trt, „mit seinem Vater im Grabe ruht, sein bOjährlgr« Ehejubiläum feiern konnte und 52 Jahre der Stadt Zittau al» Förster" usw. diente. Unter der Inschrift steht auf dem Postament nachstehender nur teilweise noch zu entziffernder Spruch: „Ich bebe nicht vor Tod und Grab. Im Grab« ruft der Müde. Auf der Lntseelung.... herab, S' ist schön der Himmelsfrirde." Zwei weitere Strophen sind nicht mehr erkennbar. Auf „Johann Friedrich Seidel»" — „gewesener Inwoh ner und Kammerstricker in Oybin — 18SS errichtetem Grabmal sind dessen Lebensumstände, sowie di« seiner Eltern und Ehegattin mit Erich« Genautgkeit und «uäführlichrett »«rzetchnet und wett« heißt « daraus: „er vermählt, sich mit zu Neujonrdorf, welche « nach sein« yährig--, zufriedenen Ehe durch den Tod verlor: « *«dii^ n»ch dasäbst bia 1880, wo ersann nach Oybin zog und sonach von seiner mühevollen Laufbahn abberufen wurde am usw." Seidel ist der verdienstvolle Erschließ« der „Nonnenfelsen" bei Jonsdorf, des „Ameisenberges" und der „Brandhöhe" bei Oybin und anderer Punkte. Aufmerksamkeit verdient auch das Denkmal der „Familie Pas- sarius", auf dem zu lesen ist: „Allhier fand auch in dieser Grabhöhle seine Ruhe Herr Johann Samuel Passarius, treu verdient gewesener Schulmeister zu Oybin und Hayn". — Einer ganz besonderen Betrachtung wert ist das schöne Rokoko, denkmal des „Michael Zeißig -f 1776" und seiner Zrau -f 1776" am Wege nach dem Gesellschaftsplatz. Es steht in einer in den Felsen gehauenen Nische, vor dem Denkmal befindet sich eine steinerne Ba lustrade, das Ganze bietet in der Felsumrahmung ein äußerst stim mungsvolles Bild. Das Grabmal des „Hübelschen Ehepaares" gibt der Nachwelt Kunde, daß auch diese Leute „in einer vergnügten Ehe lebten", ohne Leibeserben zu bekommen. Hübel (gest. 1797) war Oybiner Lehrer, Fremdenführer und Ortschronist. Auf einem Grabdenkmal von 1884 liest man folgenden Reim: „Ein Unglück, das niemand gedacht, Hat Guter Dich ins Grab gebracht. Wir stch'n am Grab und hoffen doch, Dein Geist Entschlafner lebet noch". Von dem beschwerlichen Erdendasein eines stillen Schläfer» redet eine aus neuerer Zeit stammende Grabschrift: „Wie viel hast Du in stiller Ruh Geduldet und getragen, Bis Gott Dir schloß die Augen zu Und löste Deine Klagen." In ergreifenden Worten vernehmen wir aus Grabinschriften auf kleinen Erdhügeln den Schmerz um den Verlust von Kindern. So hat «ine Mutter auf das Grab ihres toten Lieblings die Worte ge setzt: „Mein selig Kind, wie hast Dus gut". Ein Elternpaar läßt einen kleinen Toten auf seinen Leichensteln tröstend sagen: „Sucht mich nicht in meiner Wiege, Weil ich nun im Grabe liege. In dem schönen Rosengarten Will ich meiner Eltern warten". — Und noch so mancher spruchgezierte Grabstein regt uns auf die sem poesleoerklärten Erdrnsleckchen zum sinnenden Verweilen an, das am „Sonntag der Toten" im Schmuck zahlloser Blumenkränze seinen höchsten Reiz entfaltet und den Besucher unwiderstehlich in seinen Bann zieht. — Druck und Verlag von Friedrich May.S. m. b. verantwortlich für die Zchriftkeitung Mar Niederer, sämtlich in Bischofswerda.