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DerMWeLrMer Nr. 2S1 Dienstag, den 1. Oktober 1V28. Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadkünd Land. Dicht verbreitet in allen Volksschichte Beilagen: Illustrierte» Sonntagsblatt / Heimatkundlkhe Beklage /jD und Heim / Landwirtschaftliche Bellas " " " von Friedrich May, G. m. b. H. in Bist, . Dresden Nr. 1521. Gemeindeverbandsgirökasse BtschofsweüurRmMNr. enden Lag. Aernjprecher Aml Bischofswerda Nr. «4 und 445. in, Hau, 8m Kaue höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgendwelcher !lch!istsst«lli Störung des Betriebe, der Zeitung oder der Besörderungseinrich. , .. iveno« und tungen — hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieserong oder Anzeigen in bestimmten Nummern und au bl Nachlieferung der Zeitung oder aus Rückzahlung des Bezugspreise».keine Gewähr. — Erfüllungsort Mscho Tagebülü stirIisthoßwer-a Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Der Sächsische Erzähler ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekannt machungen der Amtshauplmannschast, des Arbeitsgerichts und de» Haupt zollamts zu Bautzen, des Amtsgerichts de» Finanzamts, der Schulinspektion und des Siadtrats zu Bischofswerda behördlicherseits beftmrmtr Blatt Erscheinungsweise: Jeden Werktag abend, für den folgenden Lag Bezugspreis für die Zeit «ine, halben Monat«: Frei halbmonatlich Mk. 1.t». beim Abholen in der Sei wöchentlich tiv Pfg. Einzelnummer 10 Psg (Sonnai Sonntagnmmmrr IS Psg ) Anzeigenpreis (In Reichsmark): Die 44 ww br»U» MtzMi» Millimeterzeile 10 Psg , örlliche Anzeigen 8 Psg» Im LezÜeit di» SO mm breite Mlllimeterzelle L0 Pfg. Für das Erscheine« »an ' "lummem und au bestimmten VStztt Erfüllungaort Bischofswerda. SSVWSSSSSSSSSSSi-SS—S-E—— 8S. AchhrOMtz- Tagesschau. * Der Geueralral der Reichsbauk hat deu Reichsbankpräst- denlen vr. Schacht für eine neue Aml,douer von vier Jahren ein stimmig wiedergewShlt. * In Geesthacht bei Hamburg kam e, am Sonntag bei deu Stadtverordnetenwahlen zu blutigen Zusammenstößen zwischen Kommunisten und Reichsbannerlenken. * In Berkin wurde eine nationalsozialistische Kundgebung von kommunistischen Demonstranten gestört, wobei e» zu schwe ren Zusammenstößen kam. Es wurden SV Verhaftungen vor genommen. * Bei der Bundesgeneralversammlung de» Reichsbanner» äußerle sich Reichsinnenmlnister Seoering zu dem Volksbegehren de» Stahlhelms. Er stellte in Aussicht, daß er möglicherweise genötigt sein werde, da» Volksbegehren abzulehnen. * Spanien wurde wieder von zwei Katastrophen heimgesucht. Bei Saragossa stürzte ein im Bau befindlicher Tunnel ein und begrub IS Arbeiter unter den Trümmern. Acht Leichen sind be reit» geborgen. Aus der Strecke von Madrid nach Andalusien ftie- ßen zwei Schnellzüge zusammen, wobei 12 Reisende gelötet und 12 schwer verleht wurden. u *) Ausführliches an anderer Stelle. Zur Wiederwahl Gchachft. Schacht, der bei seinem Antritt als Präsident der Reichs^ bank soviel umkämpfte Demokrat und Direktor der Darmstäd ter Bank, der Gegenspieler Helfferichs bei den damaligen Vorschlägen um die Besetzung dieses nach den Feindbund- Verträgen so wichtigen Postens, ist in diesen Tagen einstim mig auf vier weitere Jahre wiedergewählt worden. Das will in einer Zeit viel besagen, da sonst die Ansichten in großen und kleinen Dingen weit auseinandergehen und sachliche Er ledigungen meistens gegenüber parteipolitischen Vorherr schungen zurückzustehen haben. Wir konnten schon vor eini ger Zeit an dieser Stelle die Gewißheit ausdrücken, daß an der Wiederwahl Schachts nicht zu zweifeln sei und wir haben damals kein Bedenken für diese Wiederwahl gehabt. Nicht als ob uns die Persönlichkeit Schachts in ihrem politischen Ausmaße und Wertung besonders zusagte, zumal wenp man an die politische Tätigkeit des Reichsbankpräsidenten zurückdenkt, als er einem Helfferich gegenüber das Feld be haupten konnte. Seinerzeit war es unsere feste Ueberzeu- oung, daß Helfferich der richtige Mann auf dem Posten des Reichsbankpräsidenten gewesen wäre. Nicht der Reichsprä sident Ebert allein, sondern auch einflußreiche Kreise der gro ßen Privatbanken entschieden sich für Schacht. Inzwischen lind nach der menschlichen und amtlichen Seite manche Oppo- Htionen gegen Schacht erwachsen, teilweise in sehr häßlichen Kämpfen an der Barriere des Gerichtes. Aber so wenig wir uns politisch mit der Ideenwelt Schachts identifizieren möch ten, so sehr muß anerkannt werden, daß er in einem — und gerade dem wichtigsten — Punkte starke und der Vokkswohl- sahrt zuträgliche Politik getrieben hat. Wenn wir in Luther Und Helfferich die Schöpfer der Währung sehen, wenn wir in der Finanz- und Steuerpolitik des damaligen Reichsfinanz- ininisters und späteren Reichskanzlers Luther den Erhalter -er Währung jenseits aller billigen Volkstümlichkeit erken nen, so müssen wir in der Amtstätigkeit Schachts schätzen, -aß er auf seinem Posten die Fortsetzung jener Währung schützenden Tätigkeit verkörperte. Man weiß, daß Schacht leine Aufgabe bis zu ernsthaften Kämpfen mit der Reichs regierung vortrug und daß er dem Reichskabinette gegen über Sieger blieb. Der „Vorwärts" schreibt in seiner gestri gen Sonntagsausgabe, daß Schacht die Belange der Arbei terschaft nicht richtig erkannt hätte. Niemals ist ein Vorwurf leichtfertiger begründet worden, denn wie dem ganzen Volke !o bedeutet auch insbesondere für die deutsche Arbeiterschaft -ie feste Währung die Grundlage des staatlichen und wirt- chaftlichen Lebens, also des deutschen Volkes selbst. Es ist iennzcichnend, daß die Finanzwelt, von der es hieß, daß sie lmter der Diskontpolitik der Reichsbank vielfach hätte leiden Müssen, in ihren führenden Bankiers der Wiederwahl Schachts einstimmig zustimmte. Man muß auch eine Per sönlichkeit sachlich werten, wenn man mit ihr parteipolitisch nicht immer einig geht. Denn die Maßstäbe für Sache und Mann würden sich zum Nachteil des Volksganzen ver wischen, wenn wir in unserem Vaterlande, das seinen Auf bau erst jetzt eigentlich beginnt, es uns nicht endlich abge wöhnen wollten, alle Geschehnisse des Tages unter der Parteibrille zu sehen und zu prüfen. Wir gehen Zeiten ent gegen, die es jedem einzelnen Deutschen zur Pflicht machen, sein Verhältnis zum Staate ernst zu prüfen und sich zu fra gen, ob er für seinen Teil stille, wertvolle, sachliche Arbeit Oer Diener -es Volkes. Zum 81. Geburtstage des Reichspräsidenten von Hindenburg. „Was wir wollen, ist die Gesundung des Staates nicht dadurch auf Menschenaller hinauszuschieben, daß zunächst in Verblendung und Torheit jede Stühe unseres wirtschaftlichen und sozialen Lebens zerstört wird!" Hindenburg. „Mein Leben liegt klar vor aller Welt, ich glaube, auch in schweren Zeiten meine Pflicht getan zu haben. Wenn diese Pflicht mir nun gebietet, auf dem Boden der Verfas sung» ohne Ansehen der Partei, der Person, der Herkunft und des Berufs als Reichspräsident zu wirken, so soll es nicht an mir fehlen!" Diese Worte sprach der Generalseldmarschall Hinden burg, als ihm das höchste Amt angetragen wurde, welches das Deutschland der Nachkriegszeit zu vergeben hat. Und wenn an seinem 81. Geburtstage, der größte Teil des deut schen Volkes sich zusammenschließt in der Huldigung und Be glückwünschung seines einstigen Kriegshelden und heutigen Reichspräsidenten, dann ist dieser Teil des deutschen Volkes auch darin einig, daß der Feldherr wahrgemacht hat, was er damals zusagte: unter anderen Voraussetzungen und mit anderen Mitteln im alten Geiste zu wirken, nämlich im Geiste treuester Pflichterfüllung! Sicherlich war es für einen Mann wie Hindenburg nicht leicht, sich äußerlich so weitgehend umzustellen, als es die Pflichten des neuen Amtes von ihm verlangten. Sicherlich trat er, der bereits damals ein Greis war und ein Anrecht darauf hatte, der Ruhe zu pflegen, vor ganz neue Aufgaben, in die er sich nicht ohne Mühe einarbeiten mußte und die nur zu oft von ihm Entscheidungen forderten m weiterhin fordern werden, welche schwerste Sorgen und schwerste Gewissens kämpfe mit sich brachten. Er nahm all das auf sich und trägt seitdem die Last der Pflichten und die Fülle der Ver antwortung treu und unermüdlich. Mit Recht dankt ibm dies der beste Teil des deutschen Volkes und bringt diesen Dank in beispielloser Verehrung überall da zum Ausdruck, wo sich eine Gelegenheit bietet, Hindenburg zu scheu und zu grüßen. Doch die Heldenoerehrung in der Form des Hostanna- rufens allein genützt nicht! Heldenoerehruna muß zur Nach eiferung führen! Dann erst ist es rechte Heldenverehrung. Und sicherlich ist Hindenburg der letzte, dem eine nur äußere Umjubelung seiner Person, ein nur äußerlicher Kult mit sei ner Person recht wäre. Den wahren Dank und die wahre Verehrung bringt ihm das deutsche Volk darum dar, wenn es über olle ftkneMmv- des- und Stammes- und Parteiunterschiede antmch hinaus- wächst und sich zusammenfindet in einem neuen, starken- le bendigen Nationalismus, in pflichttreuem Dienste für do» Vaterland! Ls muß endlich sich das erfüllen, was Hinden burg schon damals wünschte, als er das Kriegsschwert em» der Hand legte und sich in die Stille nach Hannover zurück zog: jeder mag über die Novemberereignisse denken »ie er will, wir werden da niemals alle einer Meinung sein, aber für jeden deutschen Menschen darf es nur e»»e Richt schnur in seinen Handlungen geben, das Wstdhl de» Vaterlandes! Mögen viele Deutsche mit solchem Ge lübde den Feldmarschall und Reichspräsidenten Hindeickur- an seinem Geburtstage beglückwünschen! Das wäre Deutsch lands Segen! Hindenburgs Präsidentschaft hat es vermocht, dem deutschen Volke wieder den Glauben an sich selbst zprückzp- geben, denn er ist es gewesen, der die Brücke zur Vergangen heit geschlagen hat, und ein Volk, das sich geschichtslos feh len will und seine Vergangenheit leugnet, kann nicht wahr haft weiterleben. So verdankt das deutsche Volk seinem jetzigen Führer im ureigensten Sinne die Fortdauer seine» staatlichen Daseins, und die spätere Geschichte wird einmal verkünden, daß seit den Tagen von Hindenburgs Präsident schaft die Deutschen wieder angefangen haben, sich ak Deutsche zu fühlen. Dies alles mag in den politischen Kämpfen der Gegen wart gelegentlich verdunkelt werden, aber das ständige Wir ken des deutschen Reichspräsidenten für die Einigkeit des Volkes in den großen Lebensfragen, für das Zurückstelle» überflüssiger Gegensätze ist schon auf fruchtbaren Bode» ge fallen. Seine Autorität hat es vermocht, Persönlichkeiten und Verbände an den gemeinsamen Derhandlunasüsch zu zwingen und sie veranlaßt, sich gemeinsam in Reih uud Glied zu stellen. Diese Saat, die der Reichspräsident in die Herzen des deutschen Volkes gelegt hat, wird zweifellos auf gehen und tausendfältige Frucht tragen. Gerade in den letzten Wochen ist die politische Haltung des Reichspräsidenten häufig auch von denjenigen Kreisen angegriffen worden, die einst am stärksten seine Wahl befür worteten. Man hat feststellen zu müssen geglaubt, daß seit Hindenburgs Präsidentschaft nichts besser, vieles aber schlech ter geworden ist. Diese Kritik mag sachlich kn manchem richtig sein, trotzdem aber trifft sie nicht den Kern der Ding«. Denn die Politik des Reichspräsidenten von Hindenburg ist gebunden an die Voraussetzungen der von ihm beschworenen Verfassung, und in diesem Rahmen muß er es als nüchtern denkender Mensch ablehnen, seinen Namen für Experimente herzugeben, deren Erfolg um so unsicherer erscheint, al« die gesamte deutsche Rechte gegenwärtig in einem Zustande der Krise und damit der politischen Aktionsunfähigleit ist. Ehe in Deutschland ein Reichspräsident eine starke eigene Politik machen kann, müssen gewisse Hindernisse au» dem Wege ge räumt werden, die heute die Macht des Reiche» fast zu einer Schattengewalt herabdrücken. Das Durcheinander der Ge walten, besonders im Reich und in Preußen, das immer mehr als der Krebsschaden unserer politischen Zustände er kannt wird, müßte auch einem mit mehr Machtmitteln aus gestatteten Reichspräsidenten unüberwindliche Schranken ziehen. Hier heißt es, den Hebel anfetzen und Besserung schaffen. Bis dahin aber darf da« deutsch« Bolt gerade am Geburtstag des verehrten Reichspräsidenten seiner inneren Freuoe und Genuatuug darüber Ausdruck geben, daß dieser Mann an der Spitze des Reiche« steht, dem der Dienst am Vaterlande die höchste sittliche Pflicht bedeutet. leisten oder ob er sich dazu hergeben will, zu dem scheuß- lichen Tam-Tam Bravo zu rufen, den nun schon seit zehn Jahren sogenannte politische Führer schlagen, über die man im Auslande nur milleidig lächelt und die man bald auch im Inlands erkennen sollte. Millerand gegen eine Vorzeitige Munmng de« Rheinländer. Clermont-Ferrand, 30. Sept. In einer Versammlung der Notlonalrepublikanifchen Partei in Clermont-Ferrand ergriff der ehemalig« Ministerpräsident der Republik, Mille rand das Wort zu einer Programmrede. In außenpolitischer Hinsicht wandte er sich scharf gegen eine vorzeitige Räumung des Rheinlandes. Er begründete diesen Standpunkt mit der in Deutschland und „sxlbst in Frankreich" geführten Kam pagne gegen den Schuldparagrap^en 231 hetz Bexfailler Friedensoertrage«, durch die sich Deutschland von feiner Straft befreien wolle, mit der Propaganda für den Anschbrß Oesterreichs an Deutschland, mit der Unzulänglichkeit der Lo carnoabkommen für die deutsch« Ostgrenze und mit dem un genügenden Schutz, den der Kelloggpakt gewähre. Man dürfe unter keinen Umständen da« letzte wirksame Pfand aufgeden, das der Versailler Vertrag Frankreich nochmals«, um so weniger als die Rheinlandbesetzung nicht nur Frank reichs Sicherheit, sondern die Sicherheit aller Signatarmächle von Versailles und vor allem Polen« und der Tschechoslowa kei garantieren solle. Millerand deutete in diesem Zusam menhang« unter Berufung auf Artikel 429 de» DenaSer Vertrages die Möglichkeit an, daß die Räumung -0»WH" lande» nach Ablauf der festgesetzten 15 Jahre hinausgescho- ben(!) weichen könne, falls Deutschland« Garantien -egen einen nicht provozierten Angriffs!) al» ungenügend betrach tet würden. « -'"'4