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- Erscheinungsdatum
- 1926-07-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-192607210
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-19260721
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-19260721
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Bemerkung
- vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Der sächsische Erzähler
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-07
- Tag 1926-07-21
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Monat
1926-07
-
Jahr
1926
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n, die der Ostmark durch werfe dafür erbring«,, daß I Neues aus aller Mett. — Gesundheitliche Schädigung durch das Hochwasser in Schlesien. Die „Schlesische Zeitung" meldet von einer neuen bisher unbekann ten Krankheit, die nach dem Rücktreten des Hochwassers im Kreise Ohlau festgestcllt worden ist. Die Krankheit, vermutlich eine durch Mückenstiche übertragene Sum pf kran kh eit, äußert sich in sehr hohem Fieber und großer Erschöpfung. Die Erkrankten, etwa hundert an der Zahl, sind zumeist landwirtschaftliche Arbeiter aus den an den Sümpfen gelegenen Ortschaften. Die Acrzte sind damit beschäftigt, den Erreger der bisher unbekannten Krankheit festzustellen. Ein Vertreter des Reichsgesundhcitsamtes ist in Ohlau cingetroffen. , — Dos Ende des Wunders von Sunnersreuth. Um die Oster- zeit dieses Jahres ereignete sich in dem an der Grenze unweit van Eger gelegenen bayrischen Orte Kunnersrcuth ein angebliches „Wunder", inde», sich an der häuslcrstochter Theresia Neu mann, die plötzlich von langem Siechtum genesen war, die „Wundmale Christi" zeigten. Monatelang bildete Kunncrsreuth das Ziel von Wallfahrern. Wie jetzt die „Egerer Zeitung" mitteilt, hat die Kirchcnbehörde den weiteren Besuch und die Propaganda des „Osterwundcrs von Kunncrsreuth" untersagt. Die Einstellung der Angelegenheit sei, wie das genannte Blatt behauptet, aus Grund der bei der'letzten Firmung dort vom Bischof durchgeführten Unter suchung erfolgt. Es dürfte sich bei der Neumann um einen Fall religiöser Hysterie handeln. beiin Beginn der Kornernte auf freiem Felde und betet fünf Vaterunser und das Glaubensbekenntnis. Ist der Gutsherr krank, so vertritt ihn ein Kind unter fünf Jahren. Unschul dige Kinderhände schneiden die ersten Halme. Man glaubt, daß dann die Ernte einen gesegneten Fortgang nehmen werde. Es wird auch gesagt, der Ernteertrag könne gestei gert werden, wenn die Hände der Unschuld das reife Ge treide zuerst berühren. Kinderhände sollen auch das erste Strohseil winden. In Hessen muß ein Kind unter sieben Jahren die erste Garbe binden. Im hannoverschen schmückt man die erste Garbe mit bunten Bändern und überreicht sie dem Herrn. Der älteste Knecht sagt dabei folgendes Derschen: „Die ist gebunden dem Herrn zu Ehren, Seinen Segen zu vermehren, Und sich nicht lange zu bedenken, Und uns ein kleines Trinkgeld zu schenken!" Dabei bringen ihm die Schnitter ein „Ständchen", indem sie mit dem Wetzsteine an die Sensenklingen schlagen. — In Thüringen sammelt, man die Halme, die beim ersten Streich fallen, um sie zu einem Kranz zu wkttden. Der Besitzer spendet dafür einen kühlen Trunk. — Eine beliebte Sitte ist es auch, den Gutsherrn, wenn er zum erstenmal das Korn feld betritt, mit einem Strohseil an einen Baum oder an eine Wagendeichsel zu binden. Nur durch ein Lösegeld kann er sich befreien. Solch harmlose Scherze würzen die Arbeit. Den ersten drei Aehr en, die sich fast jeder Schnitter abschneidet, schreibt man eine besondere Wirkung zu. In Thüringen lehnt man die ersten drei Halme an das Hintere Scheunentor. Diese Aehren seien für die Engel be stimmt. — In der Oberpfalz nagelt sie der Bauer kreuzweise an die Haustür«. Dadurch will er schädigende Geister von seinem Gehöft fernhalten. — Hier und da in der Lausitz und in Mecklenburg sieht man bei Landleuten drei Aehren hin ter dem Spiegel stecken. Man glaubt, sie bringen das ganze Jahr Glück für Haus und Hof. Doppel-Aehren deuten auf ein besonders segensreiches Ereignis. Auch sollen sie das Haus vor Blitzschlag schützen. Allgemein ist der Glaube an die Heilwirkung der ersten drei Aehren. Um die Hüften ge- bunden, behüten sie vor Kreuzschmerzen, auch vor Verwun dungen durch Sense oder Sichel. Die Körner der Aehren gegessen, schützen vor fieberhaften Erkrankungen. In man- chen Gegenden soll man in die erste Garbe ein Mvt und ein Osterei binden. Damit will man sich eine reichgesegnete Ernte für das künftige Jahr sichern. In Thüringen wirft der Landwirt die erste Garbe auf di« Tenne. Er will sich dadurch vom Drachen und von der MSuschrlage loskaufen. Muß man nicht darüber staunen, welche absonderlich« Wüten einfältiger Aberglaube getrieben hat? Es ist wohl richtig, daß aus vielen Sitten der Glaube an eine höhere Macht spricht. Nicht lange mehr wird er dauern, so erst mqn die Sensen durch moderne Mähmaschinen. Und damit verdrängt man Sitte unk? Krauch zur «rntegest. OieLagedersächflschenGiaaisfinanzen Die amtliche Sächsische Staatszestung veröffentlicht einen ausführlichen Bericht über die Entwicklung der sächsischen Staatsfinanzen in den letzten Jahren. Danach ergab sich beim Staatsvermögen an Küssenbeständen (einschließlich der Außenstände) am 30. Juni 1926 eine Passivität von 10 Mil lionen Mark. Die Darstellung kommt zu folgendem Schluß: daß die im wesentlichen seit der Stabilisierung der Wäh rung eingetretenen Zugänge im Sassenvermögen gegen wärtig nicht nur aufgezehrt sind, sondern neuetdings bereits durch den Erlös aus der Begebung von Schahanweifungen haben verstärkt werden müssen. Mik Hilfe der Erlöses aus diesen Schahanweifungen war es allein möglich, das am 30. Juni 1S26 bereits entstandene Minus von 10 Millionen Mark im Sassenvermögen auszugleichen, und wird er mög lich sein, die etwaigen weiteren Ausfälle (Mehrausgaben gegenüber den Einnahmen de» laufenden ordentlichen Etats) in den künftigen Monaten zunächst zu decken. Mik solchen Ausfällen ist um so mehr zu rechnen, als die Steuereingänge immer mehr nachzulafsen beginnen. Nachdem von den vom Landtage bewilligten 60 Millio nen Schahanweisungen 38 Millionen Mark bereits begeben worden sind und einen Erlös von 37 Millionen Mark ge bracht haben, weisen die Sassenbestände am 30. Juni 1S2ss — nach Abzug der eingetretenen Passivität von 10 Millio nen Mark — einen Betrag von rund 27 Millionen Mk. auf. ein Betrag, der im Hinblick auf den Rückgang der Steuer und die dadurch voraussichtlich bedingte Passivität der näch sten Etaksmonate keineswegs zu hoch sein dürste, wenn man bedenkt, daß ein regulärer Sassenbestand von rund 20 bis 25 Millionen Mark als Betriebskapital der Landeshaupt kasse tunlichst dauernd verbleiben möchte, um in der Staats wirtschaft plötzlich auftretenden Bedürfnissen gegenüber jederzeit gerüstet zu sein. U! . - Aus dem Gerichtssaal. Hungerkünfiler Nelson verurteilt. Leipzig, 20. Juli. Vor dem hiesigen Schöffengericht hatten sich der Hungerkünstler Nelson alias Reinhold Ilm er, früher Osfizvrstcllvcrtrctcr, aus Berlin, stellungslos und zur Zeit in Hast, sein Manager, der Kaufmann Stützendübel aus Ber lin, und der Wächter Wilhelm Müller aus Leipzig wegen Be trugs zu verantworten. Nelson war im März d. I. iw Leipziger Kristallpalast als Hungerkünstler ausgetreten und wollte dort -15 Tage hungern. Am 32. Tage hatte ein Kriminalbeamter entdeckt, daß der Hungerkünstler längere Zeit Hühncrbouillon sowie Biomalz genommen hatte, was ihm von dem Wächter Müller im Einver ständnis mit dem Angeklagten Stützendübel zugestellt worden war. Nelson und Stützendübel hatten nach den 32 Tagen des Hungerns des ersteren eine Gesamteinnahme von 32 000 ^t. Nach Abzug aller Unkosten war ein Reingewinn voy 15000 geblieben, den sie ge teilt hatten. Das Gericht verurteilte die Angeklagten wegen Be trugs, und zwar Jlmer (Nelson) zu 4 Monaten 2 Wochen Gefängnis, Stützendübel zu 4 Monaten Gefängnis und 400 Geldstrafe und Müller zulWochc Gefängnis. 2^-'— . Kleine politische Mel-ungen. Ein Sanzlerkelearamm an Vr. Seipel. Reichskanzler Marx hat an den ehemaligen Bundeskanzler Prälat Dr. Seipel anläßlich sei- ne» SO. Geburtstage« ein Telegramm gerichtet, in dem er ihm seine herzlichsten Glückwünsch- ausspricht. Vie Privatisierung der belgischen Staalsbahn. Die belgische Kammer nahm gestern in dritter Lesung die Bill für die Uebertra- gung der belgischen Staatseisenbahn auf die belgische National. Eisenbahngesellschaft an. Verpachfung d« portugiesischen Eisenbahnnetze»? Wie Havas au» Lissabon meldet, beabsichtigt der Handelsminister das Eisen bahnnetz an'Privatunternehmen zu verpachten. Aus Sachsen. Dresden, 20. Juli. Zum Mord In Rasseböhla. Wir haben gestern berichtet, daß sich die Dresdner Kriminalpolizei und Staats- anwoltschast seit einigen Tagen mit der Aufdeckung eines Mordes beschäftigen, der im Jahre ISIS In Nasseböhla von dem Gutsbesitzer Risse an seiner Ehefrau begangen worden sein soll. Während man bisher än einen Selbstmord glaubte, haben sich die Verdachts moment« gegen Risse nunmehr so stark verdichtet, daß er unter Mordverdacht festgenommen wurde. Wir erfahren hierzu folgende Einzelheiten: Die kleine Landgemeinde Nasseböhla, in der sich vor reichlich sieben Jahren der Gattenmord ereignet haben soll, liegt an der Reichsbahnstrecke Dresden—Berlin, anderthalb Stunden von Großenhain entfernt; der Ort zählt jetzt ISO Einwohner. Der hier unter dem dringenden Verdacht des Sattentnorde» festgenommene Gutsbesitzer Oswin Riss, ist am 18. Mai 188» zu Raffeböhla heiratete im Jahr« 1907 di« Tochter -ine» Werk- meister, Meyer in Mülbttz bei Goßenhaln. Die LH« worein den ersten Jahren glücklich. Im Frühjahr ISIS wurde Riff« «ingezogen, snfosg« einer Kriegsverletzung al» garnisondi »u d«n darüber Har, daß der ZusammmchrwH im Vesten auch den Verlust de» Osten» bedeutete. Erfreulicherweise haben sich die Verhältnisse in den westlichen Gebieten-in der letzten Zeit etwas gebessert. Wir verkennen keineswegs, daß die Lage der Bevölkerung auch jetzt noch keine rosige ist, aber es ist doch immerhin Vie unmittelbare niederdrückende Gefahr be seitigt. Demgegenüber befinden sich die Verhältnisse im deut schen Osten noch> immer in Fluß. Trotz immerwährender Treubekenntnlste zum »deutschen Vaterland und der Ableh nung aller polnischen Lockungen versucht der Pole noch im mer, seine Hand vor allen Dingen nach der bereits vom Mutterland« abgetrennten Provinz Ostpreußen auszu strecken. Cs ist kein müßiges Gerede, wenn die Polengefahr im Osten auch von deutschen amtlichen Stellen als tatsächlich vorhanden hingestellt wird. Die polnischen Zeitungsstimmen der letzten Wochen, die sich wieder vermehrt mit dem Ost- >- wollen immer wieder die Be weise dafür erbring«:, daß man Polen und Ostpreußen be trogen habe, und daß die polnischen Wünsch« erst erfüllt sind, wenn Königsberg, Danzig, Stettin und Breslau zu dem gro ßen polnischen Reiche von ehedem gehören. Auch für Polen gibt es ein ostpreußisches 'Problem. Cs ist gegenüber diesen polnischen Bestrebungen von außerordentlichem Wert, daß endlich einmal mit derartiger Deutlichkeit darauf hingewiesen wird, wie wichtig die Be handlung der ostpreußischen Frage ist. Es gibt eben für jeden Deutschen nur das eine Bekenntnis, daß Ostpreußens Angelegenheiten die Angelegenheiten ganz Deutschlands sind. Die Hilfe, die Ostpreußen für sich beansprucht, wird nicht im Interesse der einzelnen Provinz gewährt, die kommt dem gesamten Deutschland zugute. Würde es nicht möglich sein, die ostpreußische Wirtschaft zu erhalten, die deutsche Kultur m der abgeschnürten Provinz zu pflegen und fiele infolge eines wirtschaftlichen Zusammenbruchs die Provinz den Polen in die Hände, dann wäre das Bollwerk des Deutschtums im Osten vom Gegner genommen, die slawische Flut würde sich weiter westwärts vorschieben und bald vor den Toren Ber lins stehen. Wir glauben nicht, daß die einzelnen deutschen Länder einer Sonderunterstützung der Provinz Ostpreußen ernsten Widerstand bereiten Bezeichnend ist es, daß dos vreußische Innenministerium sich noch in letzter Zeit hinter der Ausflucht verbarg, daß es sehr schwierig sei, Präzedens- fälle zu schaffen. Außergewöhnliche Erscheinungen rechtfer tigen außergewöhnliche Maßnahmen, sagte der Reichsinnen minister in Allenstein. Wer daran zweifelt, daß in Ostpreu ßen außergewöhnliche Verhältnisse vorhanden sind, der be suche die abgeschnürte Provinz und überzeuge sich an Ort und Stelle von der Richtigkeit dieser Behauptung, ebenso wie es die Reichsratsmitglieder getan haben. Inzwischen sind die Vertreter der deutschen Länder im Reichsrat wieder in ihre Heimat zurückgekehrt. Die Zukunft wird lehren, wie weit es ihnen möglich sein wird, die notwen dige Hilfe für Ostpreußen bei den in Betracht kommenden Stellen im Reich und Staat zu erwirken. Mit großem In teresse verfolgt unser Nachbar jenseits der weiß-roten Grenz pfähle die Weiterentwicklung der Dinge in Ostpreußen. Ihm ist es nur recht, wenn die abgeschnürte Provinz in ihrem wirtschaftlichen und kulturellen Kampf keinerlei Unter stützung erhält. Eine Nichtberücksichtigung der ostpreußischen Forderungen bedeutet ja zugleich eine Förderung der polni schen Absichten, hofft man doch noch immer, daß der Zusam menbruch der abgeschnürten Provinz dieses Gebiet mühelos' Polen in die Hände spielt. Unsere polnischen Nachbarn sollen sich in der ostpreußi- schen Bevölkerung getäuscht haben. Die Bewohner der deut schen Ostmark werden auf ihrer vorgeschobenen Stellung auszuharren «Men, gleichgültig, ob Hilfe au» dem Reich« kommt oder nicht. In Ostpreußen selbst gibt Ä über di» Zu. tunst keine Frage, da gibt es nur die eine Gewißheit, daß Ostpreußen deutsch bleibt und daß sein« Bevölkerung sich bewußt ist der Verantwortung, di« ihm au, feiner vor- Postenstellung im Osten für das ganze deutsche Vaterland erwächst. Wenn die Halme falten ... Volkskundlicher Streifzug beim Beginn der Ernte. ' Dis Erntezeit ist für den Landmann die Zeit größter An strengung und mühevollsten Schaffens. Größte Eile ist ge boten, um goldene Aehren unter Dach und Fach zu bringen. Vor Tau und Tag stehen sie auf, die nimmermüden, braun gebrannten Schnitter, und rühren ihre kräftigen Arme bis zur späten Stunde, bis sich Tag und Nacht die Hände rei chen. Mancher Schweißtropfen rollt von der Stirn. Trotz schwerster Arbeit herrscht im Kreise der Schnitter eitel Freude und Fröhlichkeit. Und am Abend ziehen sie unter dem Gesang altbekannter Weisen heim. Oft ertönen ern stere Lieder; denn der Schnitt der Halme stimmt ernst und nachdenklich. Sie sind sich bewußt geworden, daß sie mit Sense und Sichel Leben rauben. Die Aehren neigen sich, reif zum Tode. Halm bei Halm sinkt dahin. Ein stilles Sterben ist's. Ja, Erntezeit ist eine Ernste, heilige Zeit. Und heilig Land ist's, das des Schnitters Fuß betritt: Denn unser täglich Brot reift auf dem Felde. Erntezeit ist eine festliche Zeit. Frohe Festtage winken, wenn die letzte Garbe gebunden, wenn das letzte Fuder heimgebracht. Schon in alter Zeit galt die Erntezeit als heilige Fest zeit. An Festtagen hielt man keine Gerichtsverhandlungen ab. Dehalb durfte im Altertum niemand zur Erntezeit vor Gericht geladen werden. — Don manchem Brauch, jahr hundertealt, läßt sich berichten. Schon an den Schnitt der ersten Aehren ketten sich hier und da in deutschen, Landen mancherlei Sitte und Brauch. In der Döbelner Gegend und in Oldenburg beginnt man mit dem Schneiden des Kornes an einem Freitag, um den Mäuseschaden zu ver hüten. In Mecklenburg schmücken sich Schnitter und Schnit terinnen für den ersten Gang zur Kornernte mit einem Blumensträuße. Die Mädchen tragen weiße Schürzen mit Brustlatz. In Thüringen hält man fast überall kurz vor Be ginn der Ernte einen besonderen Gottesdienst ab. Die Schnitter legen vor der Kirche ihre Sensen nieder. Im Gotteshaus erbitten sie sich den Segen des Höchsten zu ihrem Tagewerk. In Siebenbürgen gehen die Erntearbei ter in Sonntagskleidern hinaus aufs Wld; zuvor besuchen sie gemeinsam den Gottesdienst. Die erste Garbe, die in der Gemeind« geschnitten wird, trägt der Bauer zum Pfar- rer. Am nächsten Morgen ruft der Geistliche alle Glieder feintr Gemeinde zur Andacht. — Besonders sinnig ist die Sitte einiger Gegenden in Nord- und Westdeutschland, di« Ernt« einzuläuten und des Mittags langer als sonst zu lau- ten, solange Garben auf den Feldern stehen. In katholischen Gegenden bitten die Landleute, bevor sie den ersten Gang zum Feld« tun, in der heiligen Messe um Gottes Segen. In Süddeutschland witd der Dauer den ersten Sensenfkich ni« andrr» als mit einem gläubigen „Das walte Gott!" oder „«^» Sott!" beginnen. — Inder Gegend um Schwäbisch- SenMtz und Ulm tzitet -« G^rhrrr mit sti«n Kenten PbfchIM Marienwerder. IS. Juli. Dl« Reis« der Reich»rat»mllgli«d«r durch Ostpreußen sandgestern nach einer Fahrt von Allenstein über Hohenstein, Osterode, Weißenberg, die Montauer Spitze und Kruze- krot mit einem Esten im hiesigen Zivilkasino, an dem zahlreiche Vertreter der Landwirtschaft, des Handels, der Industrie und des Handwerk» teilnahmen, ihren Abschluß. Die Begrüßungsansprache hielt Regierungspräsident Dr. Büdding, der den Relchsratsmit- gliedem den Dank ganz Ost- und Westgreußens für ihr Kommen aussprach. Ihm schloß sich im Namen der städtischen und Kreiskör- perschoften Bürgermeister Görheler-Marienwerder an. Für di« Ritglieder de» Reichsrates erwiderte der sächsische Gesandte Dr. Grad nauer, der in Würdigung des großen Erlebnisses dieser vstpreuhenreise u. a. ausführte: Ostpreußen hat ein Anrecht darauf, l« befonderer Weise behandelt zu werden. Bei den Landesregie- Atzngen werden die Reichsratsmitglieder sich bemühen, autzer- «»»entkiche Hilfsmaßnahmen s" " ken. In kurzer Zeit wird hoffentlich manches das einen Ausgleich gibt für die Schäden, die . Krieg und Grenzziehung zugefügt sind. Ostpreußen das deuifche Problem. Gelegentlich der Ostpreußenreise der Mitglieder des Roichsrats hat Reichsinnenminister Dr. Külz in einer Rede in Mlenstein das Wort geprägt, daß Ostpreußen das deutsche Problem sei. Weiter sagte der Minister: Außergewöhnliche Ersche-ipungen rechtfertigen außergewöhnliche Maßnahmen. Auch diese Worte sind zweifellos mit Bezug auf die beson deren wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Verhältnisse tftr abgeschnürten Ostmark gesagt worden, die der Minister aus eigener Anschauung kennengelernt hat. In mancherlei Reden ist weiter von einer Reihe von Vertretern der einzel nen deutschen Länder im Reichsrat mit wohltuender Wärme und Ueberzeugung versichert worden, daß die Mitglieder des Reichsrats, die Ostpreußen gesehn haben, sich dafür einsetzen werden, daß berechtigte ostpreußische Wünsche ihre Erfüllung finden. Cs hieße falsche Hoffnungen wecken, wollte man an diese Reise der Reichsratsmitglieder durch Ostpreußen für die ab geschnürte Provinz nun die Gewißheit knüpfen, daß nun mehr die langersehnte Hilfe in umfassender Form gewährt werden wird. Der Reichsrat ist nicht diejenige Körperschaft, die über derartige Fragen allein oder auch nur ausschlag gebend befindet. Gewiß ist es wertvoll, daß die einzelnen Liindervertreter sich davon überzeugt haben, daß Ostpreußen mit. seinen Wünschen keine Bevorzugung verlangt, sondern nur einen Ausgleich von Nachteilen beansprucht, der ihn: ohne sein Verschulden durch die Grenzziehung auf Grund des Mckedensvertrages zugefügt worden ist. Unendliche und mühevolle Kleinarbeit wird noch zu leisten sein, bevor die Ueberzeugung, daß' Ostpreußen eben das deutsche Problem kst, in alle die Kreise getragen wird, die entscheidend sind für Vie Mitnahmen, die der Provinz die notwendige Hilfe ge währen können. Esther nicht ohne besonderen Grund hat der Reichs innenminister in aller Oeffentlichkeit erklärt, daß Ostpreußen das deutsche Problem ist. Wir haben in den letzten Jahren immer wieder gehört, daß über die Zukunft des deutschen Volkes der Gang der Dinge qm Rhein entscheidet. Wie die Verhältnisse damals lagen, war es nur natürlich, daß vor allen Dingen der Westen in seinem schweren Kampfe unter stützt werden mußte. Die Ostmark hat es als selbstverständ lich hingenommen, daß zunächst einmal bei Unterstützungen die westlichen Provinzen berücksichtigt wurden. Dem Westen gehörten auch die Sympathien des Ostens, denn man war sich
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