Volltext Seite (XML)
DerSSGscheLrMer ZStschoMverüaer Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt mannschaft. der Schulinspektion und de« Haupt-ollamts zu Bautzen, des Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda. Unabhängige Zeitung für alle StäMÄStüdkAd Land. DichtesteVerbreitunginallenBolksschichtm Beilagen: Bilderwoche, Jugend u. Deutschtum, Mod« vom Tage, Ara» und Heim, Landwirtschaftliche Beilage. — Druck und Deickag von Friedrich M ay G. M.K.H. in Bischofswerda. FernsprecherRr. 444und 448 Erscheinungsweise: Jeden Werktag abend, wr den folgend. Tag. Bezugspreis für die Zeit eines halben Monat«: Frei in« Haus halbmonatlich MK.1L0, beim Abholen in der Gejchgstsstelle wöchentlich SO Pfg. Einzeinummer 10 Pfg. (Sonnabend- und Sonntagsnummer 15 Pfg.) — Alle Postanstalten, sowie unsere Zeitungsausträger u. die Geschäftsstelle nehmen Bestellungen entgegen Postscheck-Konto: Amt Dresden Nr. 1521. Gemeinde« verbandsgirokasse Bischofswerda Konto Nr. S4. Im Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgend welcher Störung des Betriebes der Zeitung oder der Beförderungseinrich- tungen — hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieserung der Zeitung oder aus Rückzahlung de« Bezugspreises. Anzeisrnsret» (in Reichsmark): Die 43 mm breit« Grundschrtstznle SS Pfg., örUIche AuÄaen SO Pfg, breite Reklamezeil« ltm Tertteil) 70 Pfg- Für da« von Anzeigen in bestimmten Nummern und an Plätzen keine Gewähr. — Rabatt nach Tarif. — Für Sammel anzeigen tarifmäßigen Ausschlag. — Erfüllungsort Bischofswerda Nr. 152 Sonnabend, den 3. Juli 1926. 81. Jahrgang Zwischenfälle, stdoch auf iftreiens der Reichseegi«. zelaeanochverkravltch r soll auf 10 000 aber bereit« wie« lchen Flügel, wieder Einwendungen "erhöben" h«t. Tagesschau. * Die sozialdemokratische Reichskaasfraklion hat mit 73 gegen 8 Stimmen beschlossen, das Fürflenkompromlß la der dritten Beratung abzulehnen. * Das Reichskabinett ist Freitag vormittag 10 Uhr zu einer Sitzung zusammengetreten, in welcher entscheidende Beschlüsse zu der neuen Lage gefaßt werden. In der Frage der Verminderung der Vesahungstrup- pen - deutscher Seite ein neuer Schritt in Paris erfolgt. Zu ar., mit * bezeichneten Meldungen finden die Leser Aus- sübrliches an anderer Stelle. Der Standpunkt des Reichskabinetts. Berlin» 2. Juli. Die Sowjetbotschaft gab Donnerstag abend aus Anlaß des kürzlich erfolgten Abschluss« d« deutsch-russischen Vertrages ein Festessen, an dem Reichs kanzler Dr. Marx mit mehreren Ministern des Reichskabi netts teilnahm. Die Mitglieder der Reichsregierung erhielten di« Nach richt über den Beschluß der sozialdemokratischen Reichstags fraktion auf dem Diner in der russischen Botschaft. Die Minister traten sofort zu einer Besprechung zu sammen, in welcher die Konsequenzen erörtert wurden, di« , sich aus der parlamentarischen Lage ergeben, und man ver einbarte zunächst, formelle Beschlüsse erst in einer Kabinetts sitzung zu fassen, die unter vollzähliger Teilnahme d« Reichsministeriume am Freitag vormittag 10 Uhr stattfin- ! den soll. In den Kreisen des Reichskabinells erwartet mau, dass nunmehr eine Auflösung des Reichstages ebenso wie ein Rücktritt der Regierung vermieden «erd«» kann, da das Fürstenkompromiß nicht an der Haltung der Veulschnatiovalea. sondern an den Sozialdemokra ten gescheitert ist. Der Innenminister hatte die sozialdemo- kritische Fraktion noch tm Laufe des Abends schriftlich da von in Kenntnis gesetzt, daß der Reichstag ausgelöst werd« würde, wenn das Kompromiß an der Haltung der Ventschaatlonalen scheitern würde. Dl« viermu- tvng, daß bereits Besprechungen mit den veutschuatioualen über die Forderung ein« Ermächtigungsgesetzes stattgefuu- den hätten, wird von der Regierung aas das Nachdrück lichste in Abrede gestellt. Vie Sabinettsmltglieder stad d« Meinung, daß die «eitere Entwicklung der Fürsteufrage nunmehr rasch und ohne weitere Zwischenfälle, sedoch auf Grund ein« sebr entschiedenen Auftretens der Reichsrnake- ruug und auf einer lm einzelnen noch verkraullch behandelten neue« Bafl, vor flch.g«hen «iich. jetzt anders als mit schönen Reden operieren. Die Jett ar beitet gegen sie. Der Vorstoß Caillaux' gegen da» Washing toner Abkommen kann gut abgehen, es kann aber auch zu tragischen Geschehnissen führen, wenn die Amerikaner wie Sbylocks weiter auf ihrem Schein beharren und mit sich nicht reden lassen wollen. Mit dem einfachen parlamentarischen Regieren ist « einstweilen aus. Wenn Caillaux nicht das hält, was er oer- sprochen hat, dann ist die Zeit des Marschalls Lyautey, des „früheren Kaisers" von Marokko, gekommen. Man darf die Person Lyauteys nicht unterschihtzeil. Die ser General, der vom linken Flügel der Kammer tödlich ge haßt wird, ist dagegen im Volke, im Heere und in allen na tionalen Organisationen äußerst populär. 84jährig ist der Marschall noch ebenso lebhaft und gelenkig wie ein lunger Mann. Vor kurzem noch, nach einem Bankett in Paris, bewies er seine Jugend dadurch, daß er über den gedecktrn Tisch sprang. Gewiß eine physische Leistung! « Lyautey hat sich seit seiner Rückberufung aus Marokko» aus diesem Marokko, das er «Henhändig nach mühevoller Arbeit gestaltet hat, sehr zurüHaltend gezeigt. Dieser große Organisator hält sich aber bereit Wenn ihn seine Freunde rufen, wird er diesem Rufe Folg« leisten. 4 Das Signal, daß der Marschall die Diktatur zu «raveifett gedenkt, wird dadurch gegeben sein, daß er in einem Pariser Rechtsblatt sensationelle Doku mente veröffentlichen wird, die ein« gang« Anzahl von jetzigen Parlamentariern schwer kompromittieren. Wenn diese Veröffentlichung er folgt, wird der Skandal beinahe ebenso gross wie zur Zeit der Panamageschichte. Bald darauf aber wird der Leiter der Politiker Frankreichs Lyautey heißen. Das Fürsienkompromiß vor -em Scheitern. Die Sozialdemokraten Lehnen av und werden Auflösung beantragen. Berlin, 1. Juli. (Drahtb.) Die sozialdemokratische Reichskagsfraktion hat in ihrer heute abend nach der Plenar sitzung abgehalkenen Fraklionssihung mit 73 gegen 38 Stim men beschlossen, in der dritten Beratung über das Gesetz über die Auseinandersetzung mit den vormal» regierenden Fürstenhäusern mit Nein zu stimmen, also die Vorlage ab zulehnen. Die preußische Landkagsfraktioa der Sozialdemo kraten hat in einem Schreiben die Reichskagsfraktion um Annahme der Vorlage ersuch k. Damit sind alle weikeren Verhandlungen mit den Regierungsparteien über die Frage erledigt. Der Abgeordnete Del, wird morgen bei der dritten Beratung de» Gesetze» den ablehnenden Standpunkt der sozialdemokratischen Fraktion begründen und die Auflösung de, Reichstages fordern. O Berlin, 2. Juli. (Drahtb.) Der Beschluß der sozialdemo kratischen Reichstagsfraktion, die Fürstenvorlage abzuleh nen, wird von den Blättern allgemein als ein Angstvro - duktderKommunisten bezeichnet. Ueber di« Konse quenzen, die sich aus dem nunmehr sicheren Scheitern der Regierungsvorlage ergeben, werden di« verschiedensten Ver mutungen geäußert. Mit einer Auflösung des Reichs tages wird allgemein nicht gerechnet, weil dadurch keine Aenderung der Mehrheitsverhültnlsse und der Lage herbeigeführt würde. Die Vermutung, daß die Regierung ein Ermächtigungsgesetz vorgeschlagen werde, das sie instand setzen soll, von sich aus ein Reichssondergericht einzusetzen, hat nach der „Täglichen Rundschau" wentg Wahrscheinlich keit, da sich dieser Vorschlag auch schwerlich mit einfacher Mehrheit durchführen ließe. Auch die Aussichten eines Er- mächtigungsgesehes für die Länder werden von den Blät tern ungünstig beurteilt. Klarheit über die Konsequenzen vermag erst die heutige Kabinettssitzüng zu bringen - Der „Vorwärts" schreibt in einer lAerm Reckt- fertigung de» Beschlusses der Fraktion: „Ausschlaggebend sei der Gesichtspunkt gewesen, Kegiemngspar- teien hatten eine Vertrauenskrise der p"lam«ntaftsch«n De- mokratie heraufbefckworen. Li« Sozialdemokratie mM« diese Vertrauenskrise verhindern. Vie Regierung hab« gestern gedroht, «M S-lle der Speryeketz zurückzuziehen und damit den yürstrnsorverungen sreten Lauf zu lassen. Tin solcher Schritt würde die Krön undemokratischen Haltung sein, die Regierung und WNGMiMN Whll gegMtzatzer^" «... ->— wollen keine offene oder versteckte Inflation. Caillaux aber wird wenigstens provisorisch, um dem Fälligkeitstermin vom 30. Juni begegnen zu können, die Notenpresse zu Hilfe rufen. Was wird die Kammer tun? Und wenn sie rebelliert, wird er, der Diktator, die Kammer einfach nach Haus« schicken oder gar auflösen? Er wird die Steuern in bisher unbekanntem Maße erhöhen, «r wird Goldsteuern einführen, er wird den Lebensmittelindex auf Weltmarktbasis bringen. Und wenn diese Reformen und die zu erwartende maßlose Teue rung das Volk auf die Straße treiben, wird er dann seinen Freunden Durand und Guillaumat den Befehl erteilen, ihre Polizisten und Soldaten gegen das Volk zu führen? Probleme! Möglich ist, daß das Volk an Hand der positiven Lei stungen des Diktators gar nicht rebelliert. Möglich ist, daß das Volk in Anbetracht der Bestrebungen Caillaux, die Fi nanzen zu sanieren und den Franc zu stabilisieren, durch Schaffung des Llakoncl unique (Zusammenwerfen der Bank noten mit den Bons der Nationalverteidigung), durch Schaf fung einer richtigen Amortisationskasse zur Tilgung der kurz fristigen Schulden, deren Rückzahlung bisher das Gleichge wicht des Budgets regelmäßig zerstört hat, durch Dekretie- rung der von ihm vorgesehenen Einschränkungen, möglich ist, sage ich, daß das Volk dann nicht nur rebelliert, sondern sogar applaudiert. Aber es wird positive Resultate verlan gen. Es wird Caillaux auf den Armen tragen, wenn er Er folge erzielt; aber sollten diese dem Diktator versagt bleiben, dann wehe ihm. Denn im Falle eines Mißerfolges werden ihn auch die Soldaten und die Polizisten seiner Freunde Du rand und Guillaumat kaum schützen können. Er muß sich auch beeilen. Das Volk verlangt Taten und hat es eilig. Hinter Caillaux lauert schon sprungbereit der Ueberdiktator: Lyautey. Briand, der sich für einen König der Politik und Cail laux, der sich für den Napoleon der Finanzen hält, müssen Auch die DoUverharidlungen ergebnislos. Berlin, 1. Juli. (Drahtb.) Di, Verhandlung«,, über die Zollfragen haben beut« abend ergeben, dass die Regie- rungsparteien sich auf folgende Sätze einigten: Roggen 8 ^l, Weizen S,VO N, Futteraerst, 2 '^Braugerste 6 5t, Mat» KL — -«dm. i da» Zentrum untztr dem Einfluss fein« ,, pariser Brief. Don G- B. RenS. (Nachdruck derbvten) In einem Pariser Brief, den ich im April d. Js. in der deutschen Presse veröffentlichte, hatte ich an Hand von Tat sachenmaterial auf Grund der mir zugänglichen Informatio nen auseinandergesetzt daß nach Briand, der von sich aus niemals imstande sein würde, den Frankenverfall aufzuhal ten, nur ein Politiker als Regierungschef möglich fei: Ca'l- laux. Und ich fügte hinzu: dieser Politiker wird mit diktato rischen Vollmachten ausgestattet sein. Die Leser jenes Artikels können diesen ersten Pariser Brief mit den Tatsachen, die ihnen seit einigen Tagen durch den Draht aus Paris übermittelt werden, vergleichen. Sie werden feststellen können, daß die Voraussagen voll einge troffen sind. Und heute? Nun, Joseph Caillaux, der ehemalige Ver räter, der beinahe während des Krieges in den Graben der Festung Vincennes geendet hätte, ist allmächtiger Diktator geworden. Er ist zwar So furo nicht Ministerpräsident, aber in Wirklichkeit ist er es doch. Die jetzige französische Regie rung trägt den Namen Briands, aber es ist in der Tat eine reine Regierung Caillaux'. Caillaux der Diktator! Ich glaube, wir gehen in Frankreich bewegten Zeiten entgegen. Briand firmiert, aber Caillaux regiert. Wie setzt sich di« neue Regierung zusammen? Wenn wir die Liste ihrer Mitglieder mit einiger Aufmerksamkeit und vor allem mit Sachkenntnis betrachten, so stellen wir fest, daß sämtliche maßgebenden Posten des Kabinetts mit Freunden oder Günstlingen Caillaux' besetzt sind. tout ssignour tont kovvourl Unter den gegebenen Umständen und vor allem unter Berücksichtigung der zu er wartenden Ereignisse ist der wichtigste Mann im Kabinett der Kriegsminister Guillaumat, ehemaliger Oberkomman dierender an der Front von Saloniki und bis jetzt Chef der französischen Rheinlandarme«. Guillaumat ist im Heere der Vertrauensmann oder besser noch der Exponent Caillaux'. Neben ihm, der eventuell das Militär zugunsten der Durchführung der Pläne seines Freundes wird einsetzen müssen, wirkt der Innenminister Durand, der Herr und Ge bieter über alle Polizeikräft« des Landes. Caillaux und Du rand ein Herz und eine Seele! Dann folgt Laval, der Justiz minister. Wer ist Laval? Als Schüler und Verehrer Cail laux' war er bisher im Kabinett das Auge des Diktators. Er war, wenn man mich durch Anwendung dieses Ausdrucks besser verstehen sollte, der Statthalter des jetzigen Finanz ministers. Daß der neue Handelsminister Chapsal auch ein Günstling Caillaux' ist, soll nur nebenbei bemerkt werden. Die jetzt in Paris an der Macht sitzende Regierung trögt zwar den Namen Briand»; aber wenn man genau hinsieht, so stellt man mühelos fest, daß dies« Regierung nickt nur eine Regierung Caillaur' ist, sondern daß Caillaux selbst alle wichtigen Ressorts in seinen Händen vereint hat: das Kriegsministerium, das Innenministerium, das Justiz ministerium, das Handelsministerium (das di« Tin- und Ausfuhrverbot« wird durchführen müssen) und nicht zuletzt das Finanzministerium. Gleichgültig, wo man hinsteh): Ueberall trifft man die Person Caillaux' an. Nun dürfte die Sache in Frankreich interessant werden. Was die deutschen Belange anbetrifft, so ist dieser Pariser Szenenwechsel so gut wie bedeutungslos. Briand leitet die Außenpolitik weiter, und diese selbst kann, d«m Wunsche der überarößten Mehrheit der Nation gemäß, nur im Rahmen von Locarno und Genf geführt werben. Aber um so interessanter wird es in inner- und finanz politischer Hinsicht sein. Caillaux hat sich in Wirklichkeit dem Volke mit folgenden Dorten empfohlen: „Gib mir die Macht, die unumschränkt« Macht, laß mich schalten und ural ten, wie ich er will, und ich schwöre es euch, ich werde euern Franken retten!" Nun hat er die Macht und die Diktatur. Jetzt muss er zeigen, was er kann! Die Rückwirkungen seiner Handlun gen werden manchmal gewaltig sein. Volk und Kammer