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DkrSW»LiM-r ZZMofswerdcrer Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt mannschaft, der Schulinspektion und des Hauptzollamts zu Bautzen, des Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda. Unabhängige Zeitung für alle StüÄßik Stadt und Land. DichtesteVerbreitung inallenVolksschichwn Beilagen: Bilderwoche, Jugend u. Deutschtum, Mode vom Tag«, Kau und Heim, Landwirtschaftliche Vellage. — Druck und Verlag von Friedrich May G.M.H.H. in Bischofswerda. Fernsprecher Nr. 444 und 4« Erschet«una»wets«r Jeden Werktag abends für den folgend. Tag. Bezugoprei« Mr dte Zeit eine« halben Monats: Frei ins Haus halbmonatlich Mk. 1.20, beim Abholen in der Geschäftsstelle wöchentlich SO Psg. Einzelnummer 10 Pfg. 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Die entscheidenden Verhand lungen werden am Donnerstag zwischen den Regierungspar teien und den Sozialdemokraten stattsinden. * Nach Meldungen aus Berlin soll über die Frage der Agrarzölle eine Einigung erzielt worden sein. Die Sätze des deutsch-schwedischen Handelsvertrages sollen in einigen Punkten abgeändert werden. * Im Berliner Lustgarten wurden Mittwochabend kommunistische Demonstrationen zur Verhinderung des Für stenkompromisses, Reichstagsauflösung und Rücktritt der Reichsregierung veranstaltet. * Der Ausnahmezustand in England ist um einen wei teren Atonat verlängert worden. * Der französische Franken ist weiter gefallen. Aus ganz Frankreich werden Kundgebungen gegen die Brotver teuerung gemeldet. An verschiedenen Orten kam es zu Aus schreitungen. Zu den mit * bezeichneten Meldungen finden die Leser Aus- sökrliches an anderer Stelle. Oie zweite Lesung -er Kürstenvorlage beendet. Berlin, 30. Juni. Im Reichstage wurde heute nach vierstündiger Einzelberatung die zweite Lesung des Fürsten abfindungsgesetzes zu Ende geführt. Sämtliche Paragraphen der Vorlage sind mit .wechselnden Mehrheiten teils bei Stimmenthaltungen der Deutschnationalen und Sozialdemo kraten angenommen worden, bis auf den H 2, der gestern der Ablehnung verfiel. Veränderungen an der Ausschuß vorlage wurden nur durch zwei Anträge der Regierungspar teien vorgenommen, die ein Entgegenkommen gegenüber den Sozialdemokraten bedeuten. Der Verlauf der Dleichstagssttzung. Berlin, 30. Juni. Der Reichstag setzte heute die Einzeldebatte über den Gesetzentwurf über die Auseinandersetzung mit den ehe maligen Fürstenhäusern fort. Der 8 8, der zunächst zur Beratung stand, sieht vor, daß säm t- liche Renten entschädigungslos in Wegfall kommen. Die Deutschnationalen beantragen Streichung des Paragraphen, die Regierungsparteien wollten ihn durch einen früheren Antrag ersetzt wißen. Schließlich wurde dieser Paragraph unler Ablehnung des deulschnalionalen Verlangens von den Regierungsparteien und den Sozialdemokraten bei Stimmenlhallung der Deulschnallonalen an genommen. Die 88 9 bis 12 bestimmen, unter welchen Voraussetzungen aus der Streitmasse und aus dem Privatvermögen der Fürsten gewisse Gegenstände aus Gründen der Kultur und der Volksgesundheit den Ländern zugeteilt werden können. Der sozial demokratische Sprecher fand die Vorlage unbefriedigend, die Deutschnationalen beantragten Streichung der ganzen Paragraphen, und die Regierungsparteien traten für die Vorlage ein. Bei der Rede des Kommunisten Pieck kam es dann zu einem aufregenden Zwischenfall. Pieck bezeichnete Wilhelm ll. als einen „erbärmlichen feigen Wicht", der im Augenblick der Not „de sertiert" sei. Auf diese Aeußcrung erhielt Pieck einen Ordnungs ruf, der ihn aber nicht hinderte, nach einem Hinweis auf die den Frontkämpfern gemachten Versprechungen fortzusahren: „Hin denburg hat genau wie Wilhelm erbärmlich sein Wort gebro- chen." Auf diese unerhörte Beleidigung des Präsi- denten der Republik tobte ein Entrüstungssturm durch das ganze Haus. Ordnungsrufe hagelten, und In dem noch lange fortdauernden Lärm wurden dann die Paragraphen 9 bis 12 in der Ausschußfassung und in dem oben gekennzeichneten Stimmen verhältnis angenommen. Es folgten die Paragraphen 13 bis 17, die von Cntschädi- gungs- und Ersatzansprüchen, sowie von der Aufwertung handeln, die Paragraphen 19 bis 25, die die Derfahrensoorschriften enthalten, und der 8 28, die sämtlich angenommen wurden. Damit war die zweite Lesung der Fürstenvorlaae erledigt. Alsdann standen die Interpellationen der verschiedenen Par tien über die Hochwasserschäden zur Debatte. Der Haus- haltausschuß bekanntlich in einem eigenen Antrag an die Re gierung die Aufforderuna aerichtet, im Einvernehmen mit den Län dern die Schäden festzustellen und alsbald für ausreichende Hilfe zu sorgen. Der Ausschuhantrag wurde angenommen. Ohne Debatte wurden darauf der zweit« Zusatzantrag zum deutsch-österreichischen Äirtschaftoabkommen in zweiter und dritter Beratung und die Novell« zum Bankgesetz angenommen. In zweiter und dritter Beratung wurde weiter an- genommen der Gesetzentwurf über den Verkehr mit unedlen Me- tollen Dann felgte die zweite Beratung des Gesetzentwurf« über Ab- Lnderung des zweiten Buches der Nelchoversscherung». rrdnungin Verbindung mtt dem Washingtoner Abkommen über die Beschäftigung von Frou«n vor und nach der Nieder- Ausschuß des Reichstages die Agrarzölle, die also theoretisch auf der Basis von 6 Mark Roggen und 6,50 Weizen steh«» bleiben, herabsetzen muß. Die erweiterte Erwerbslosenfürsorge» Auch für die Ausgesteuerte«. Der Reichstag und sein Volkswirtschaftlicher Ausschuß haben sich in den letzten Wochen, wie berichtet, sehr intensiv mit der nun seit langem andauernden Erwerbslosigkeit be schäftigt. Ein Programm für produktive Erwerbslosensür» sorge hat im Reichstag Annahme gefunden und auch die Regierung will sich um die schnelle Durchführung dieses Programms bemühen. Die bisherigen Sätze für die Kurz arbeiter bleiben bestehen, die Befristung der Bezugsdouer, die sechs Wochen betrug, wird aufgehoben. Bei Unter brechung der Kurzarbeit soll eine neue Wartezeit erst wieder angerechnet werden, wenn die Unterbrechung mehr als sechs Wochen dauert. Für die Erwerbslosen, die infolge der langen Dauer ihrer Erwerbslosigkeit aus der Fürsorge ausscheiden, sollen folgende neue Bestimmungen getroffen werden: Nach 88 Unterstützungswochen soll geprüft werden, ob die Boraus setzungen für eine öffentliche Fürsorge noch gegeben sind. Die Erwerbslosen, bei denen diese Voraussetzungen vorlie gen, sollen vorzugsweise in Beschäftigung gebracht oder Not standsarbeiten zugeführt werden. Gelingt das nicht, fo find zur Fürsorge sür die hilfsbedürftigen Ausgesteuerten die Gemeinden im Wege der Wohlfahrtspflege verpflichtet. In Gemeinden, in denen die ausgesteuerten Erwerbslosen einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung bilden, sollen sie in Ver bindung mit den Arbeitsnachweisen bleiben, und das Reich wird diesen Gemeinden die Lasten bis zur Hälfte abnehmrn. Einigung über die AgrarzSlle? Berlin, 1. Juli. Wie der Lokalanzeiger erfährt, trat der interfraktionelle Ausschuß der Regierungsparteien gestern abend 8 Uhr noch einmal zusammen, um über die Slgrarzölle im deutsch-schwedischen Handelsvertrag zu be raten. Der sozialdemokratische Antrag, wonach die jetzt gel tenden Agrarzölle überhaupt noch nickt erhöht werden sol len, wird von allen bürgerlichen Parteien abgelehnt werden. Al« Ersatz wollen die Regierungsparteien, die Zustimmung der Deutschnationalen vorausgesetzt, eine Regelung in neu- artiger Form Vorschlägen. Die Zollsätze des deutsch-schwedi schen Handelsvertrages sollen abgeändert werden, was man schon insofern kann, da sie Schweden nicht interessieren, und zwar in der Form, daß S Mark für Gerste, 2 Mark für Futtergerst« und S Mark für Braugerste festgesetzt werden. Man will femer «ine Bestimmung aufnehmen, daß, falls di« Preise auf dem Leltmarkt steigen, der handelspolitisch« kunst. Der Sozialpolitische Ausschuß beantragte eine Entschließung, in der die Erwartung ausgesprochen wird, daß die Reichsregierung unverzüglich Gesetzentwürfe zur Anpassung der deutschen Gesetz gebung an den Inhalt des Washingtoner Abkommens vorlegen wird. Die Novelle wurde nebst den Entschließungen des Ausschus ses angenommen. Gegen 7 Uhr abends vertagte sich das Haus auf morgen nach mittag 2 Uhr. Heute entscheidende Verhandlungen Mischen Regierungsparteien und Sozialdemokraten. Berlin, 1. Juli. Nachdem der Gesetzentwurf über die Fürstenabfindung in zweiter Lesung angenommen worden ist, werden am Donnerstag die entscheidenden Verhand lungen zwischen den Regierungsparteien und den Sozial demokraten stattfinden. Die Plenarsitzung am Donnerstag wird nur von kurzer Dauer sein und die Sozialdemokraten werden dann sofort nach dem Plenum zu einer Fraktions sitzung zusammentreten, in der nach einem Fraktionsbeschluß am Dienstag die endgültige Stellungnahme der Sozialdemo kraten festgelegt werden soll. Ueber die Aussichten des Fürstenabfindungsgesetzes in der dritten Lesung am Frei- t a g läßt sich noch nichts Bestimmtes sagen, da selbst bei Zu stimmung der Sozialdemokraten die Besetzung des Hauses ausschlaggebend fein kann. Das Reichstagspräsidium hält nach wie vor daran fest, amFreitag -die Sommerferien eintreten zu lassen, wenn aber die Zollfragen, über die auch noch keine Einigung her beigeführt werden konnte, noch erledigt werden sollen, ist in Aussicht genommen, vom Freitag zum -Sonnabend eine Nachtsitzung abzuhalten. Auch über die Zollfragen werden am Donnerstag nach der Plenarsitzung Verhanlun- gen zwischen der Regierung und den in Betracht kommen den Parteien stattfinden. Von ausschlaggebender Bedeu tung werden die Beratungen des handelspolitischen Aus schusses am Donnerstag vormittag sein, wo im Rahmen der Beratung des deutsch-schwedischen Handelsvertrages eine Klärung der Zollfragen eintreten muß. Kommunistische Kundgebung für Reichstagsauflöfung. Berlin, 30. Juni. (Drahtb.)' Die Bezirksleitung der Kommunistischen Partei Deutschlands, Berlin—Branden burg, der Reichsausschuß zur Durchführung des Volksent scheides und eine Reihe weiterer kommunistischer Organi sationen veranstalteten heute abend im Berliner Lustgarten eine Demonstration für die Auflösung des Reichstages, den Rücktritt der Regierung Marx- Stresemann und die Verhinderung des Fürstenkom promisses. Die Demonstranten boten das übliche Bild. Auch die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands und eine kleine anarchistische Gruppe, die schwarze Fahnen mit sich führte, beteiligten sich an der Demonstration, die gegen 7 Uhr durch Fanfarenstöße eingeleitet wurde. Von der Museumstreppe, der Freitreppe des Domes und der Schloßrampe hielten dann mehrere Redner, darunter Lede- bour, kurze Ansprachen, in denen mitscharfenWorten gegen die SPD. Stellung genommen wurde, der man Sabotage des Volksentscheides und „Zusammengehen mit den Fürstenknechten" vorwarf. Ferner wurde die Auflösung des Reichstages, der Rücktritt der gegenwärtigen Regierung sowie der energische Weiterkampf gegen die Fürstenforde rungen verlangt, da der Wille der Mehrheit der Bevölke rung nicht durch das Parlament gebrochen werden könne. Mit dem Gesang der Internationale fand die Kundgebung ihren Abschluß. 5V Jahre Reichsgesundheilsamt. Der Glückwunsch des Relchspräsidenke«. Reichspräsident von Hindenburg hat dem Präsidenten des Reichsgesundheitsamtes gestern das nachstehende Schreiben zu gehen lassen: „Dem Reichsgesundheitsamt entbiete ich zur Feier feines 50jäh- rigen Bestehens meinen Gruß. Aus kleinen Anfängen hat da» Reichsgesundhcitsamt sich in fünf Jahrzehnten zu einem überragen den Institut der Fürsorge für die Gesundheit unseres Volkes ent wickelt. Wichtige Entdeckungen, die Gemeingut aller Völker gewor den sind, sind aus seinem Schoße hervorgegangen und haben seinen Ruf und sein Ansehen über die Grenzen des Vaterlandes hinaus getragen. In den schweren Zeiten des Krieges und den nicht min der drückenden Nachkriegsjahren ist das Amt seinen großen Auf gaben gerecht geworden und hat im Rahmen des Möglichen die schwersten Schäden von unserer Volksgesundheit abgewehrt. Mein« herzlichen Glückwünsche gelten deshalb am heutigen Tage dem Reichsgesundheitsamt und seiner weiteren Entwicklung. Möge es, seiner großen Verantwortung eingedenk, stets zielbewußt und er folgreich weiterarbeiten für die Gesundheit unseres Volkes und da- mit sür das Wohl und die Zukunft des Vaterlandes." Festrede des Innenministers Dr. Sülz. Berlin, 30. Juni. (Wolff-Telegr.) Aus Anlaß des 50jähriaen Bestehens des Rcichsgesundheitsamtes hielt der Reichsinnenminister Dr. Külz in der Festsitzung, die in Gegenwart der Reichsregieruna, der Vertreter der Länderregierungen und der medizinischen Wis senschaft und Praxis am 30. Juni in Berlin abgehalten wurde, eine bedeutsame Rede, in der er an der Hand der Entwicklung«, geschichte des Reichsgesundheitsamtes die steigende Bedeutung der Hygiene als Wissenschaft und als Faktor der öffent lichen Gesundheitsfürsorge darlegte. Der Minister erinnerte an di« Entdeckung des Tuberkelbazillus durch Robert Koch während seiner Tätigkeit im Reichsgcsundheitsamt und des Erregers der Syphilis durch Fritz Schaudinn. In klarer und gerade Linie habe die Tä tigkeit des Reichsgesundheiisamtes von der alten Staatsarzneikund« über den Weg der Mcdizinalpolizei zur öffentlichen Gesundheit»- ürsorge und zu einem Recht des Menschen aus Gesundheit ge ährt. Mit besonderer Dankbarkeit gedachte der Minister de» gegen wärtigen Präsidenten des Reichsgesundheitsamtes, Dr. Bumm. der am 1. Juli 1026 nach inehr als 20jähriger Tätigkeit au« seinem Amt scheidet. Seine Ruhe rind'Sicherheit in der Leitung der Ge- chäste, sein klug und sorgfältig abwägendes Urteil und sein sein- iihliger Takt in der Behandlung von Menschen und Dingen »aben ihm aufrichtige Dankbarkeit und tiefe Verehrung zugestchert. Der dankbare Rückblick aus die Vergangenheit, so schloß der Mi nister, gibt uns die Gewißheit, daß von der Arbeit des Reichsge- undheitsamtes auch in der Zukunft Ströme des Segen» für da» »rutsche Volk und für die übrigen Völker ausgehen werden. Um- ängreicher und schwieriger noch als bisher werden Aufgaben und Arbeiten dieses Amte» in der Zukunft sein. Aber di« Größe der Idee, in deren Dienst diese Arbeiten stehen, wird Willen und Kraft derer stählen, die zu diesem Dienst am Volk« und zu diesem Mensch- ,«»»dienst berufen sind, und wird sie erfüllen von der schicksaü- »asten Bedeutung de» Sätze», den ich der Arbeit d«, Neichraefuab- heitsamtes als Inschrift setzen möchte: „Gesundheü ist da» Leoen»- glück de» Menschen und der Menschheit." -