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Einzige Tageszeitung im Amtsgerichisbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Lies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt mannschaft, der Schulinspektion und des Hauptzollamts zu Bauherr des Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda. dcrgeSccrlL» Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. DichtesteVerbreitung inallenVolksschichten Beilagen: Sonntags -Unterhaltungsblatt und Lmümrirtschastllche Beilage Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt 1L — Druck wld Verlag von ; " Friedrich May G.m.b.H. in Bischofswerda. Fernsprecher Nr. 444und 4-45 Ersch i>u»ng«weise: Irden Werktag abend« für de» folgend. Tag. Bezugspreis für die Zeit eine« halben Monat«: Frei ins Haus halbmonatlich Mk. 1.20, beim Abholen in der Geschäftsstelle wöchentlich SV Psg. Einzelnummer 15 Psg. — Alle Postanstalten, *wie unsere Zeitungsausträger und die Geschästsstell- nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. Postscheck-Konto: Amt Dresden Nr. 1521. 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Im preußischen Landtag kam es bei Besprechung der Polizeiaktion gegen prominente Persönlichkeiten der Rechts parteien zu stürmischen Tumultszenen, als der Regierungs vertreter die Maßnahmen als gerechtfertigt hinzustellen ver suchte. * Die französische Sammer hat den Antrag der Links parteien auf sofortige Besprechung der Interpellationen über das Finanzprogramm der Regierung mit Z1Z gegen 147 Stimmen abgelehnt. Der Präsident der portugiesischen Republik ist zurückge treten. Die Aufständischen beabsichtigen, eine Militärdikta tur nach spanischem Muster zu bilden. * Tschitscherin beabsichtigt im August eine neue Europa reise anzutreten, die hauptsächlich einer Zusammenkunft mit Mussolini gilt. * Nach der Ablehnung Pilsudskis wurde dessen An hänger Professor Mosclcki mit 281 gegen 201 Stimmen zum polnischen Staatspräsidenten gewählt. Zu den mlt * bezeichneten Meldungen finden die Leser Aus führliches an anderer Stelle. Um die Rückwirkungen. Eben noch hat Herr Dr. Stresemann in Rostock mit vollem Eifer seine Locarno-Politik verteidigt, gerade so als wenn sie von einem außerordentlichen Erfolge begleitet wor den wäre. Aber schaut man nach diesen Erfolgen aus, so ist nur eine Fehlanzeige am Platze. Und das Auswärtige Amt sieht sich auf der anderen Sekte gezwungen, die Vertrags partner von Locarno immer und immer wieder und bis her leider vergeblich an die Einlösung der von ihnen über nommenen moralischen Verpflichtungen zu erinnern. Vor allem im besetzten Gebiete ist nichts geschehen; im Gegen teil sieht es gerade so aus, als wenn es eher schlechter denn besser geworden wäre. Statt der Verminderung der Be satzungsstärke auf die Zahl der in Friedenszeiten in den deutschen Garnisonen stehenden Truppen ist eine Art Zu sammenballung der fremden Heeresmacht erfolgt, die es fast unmöglich macht, die genaue Zahl der fremden Gäste festzustellen. Die zuverlässig gezählten 80 000 Militärange hörigen werden ja noch von einem Troß begleitet, der nicht nur aus Weib und Kindern besteht, sondern gewissermaßen nochmals eine kleine Reservearmee darstellt, und die die Kosten für die Besatzung ganz erheblich erhöht. Hält man sich vor Augen, daß diese Gesamtkosten beinahe ein volles Sechstel der Gesamtzahlungen aufzehren, die von Deutsch land seit Inkrafttreten des Dawespakts entrichtet worden sind, so sollte man meinen, daß wirtschaftliche Gründe wenig stens die oalutakranken Staaten Frankreich und Belgien veranlassen würden, einen energischen Abbau vorzunehmen. Kommt man doch ohnedies in Frankreich auf die absurdesten Gedanken, um den deutschen Reparationsfonds — sei es durch eine Deoisenübertragung oder sei es in einer anderen Form — für die Stützung des französischen Franken nutzbar zu machen. Wenn man trotzdem in keiner Weise daran denkt, die in Locarno gegebenen Versprechungen zu erfüllen, die Truppenstärke herabzumindern, und die für die Aufrecht erhaltung einer allen Ideen der Abrüstungskonferenz und der völkerkundlichen Verständigungspolitik widersprechen den Besatzungsmacht aufgewandten Mittel nützlicheren Zwecken züzuführen, so wird man sich durch „gewisse psycho logische Momente", von denen unser hohes Auswärtiges Amt das Heil erhofft, erst recht nicht dazu bestimmen lassen, die Rückwirkungen von Locarno in der Tat eintreten zu las sen. Hält man uns aber diese Rückwirkungen offensichtlich vor, wie kommen wir dann dazu, den Locarnovertrag als effektiv zu betrachten, der, wenn er auch im innerpolitischen Kampf von seinen Vatern noch so eifrig verteidigt wird, doch auch selbst in der Umgebung des Herrn Stresemann nicht unbedingt als ein Jdealabkommen gllt? Diese Frage muß immer und immer wieder gestellt werden. Und sie muß umso offenherziger endlich eine Antwort finden, als die Ver handlungen, die das Auswärtige Amt gegenwärtig in Pa ris über das endliche Einsetzen der Rückwirkungen führt, doch offensichtlich jeder Aussicht auf irgendwelchen Erfolg entbehren, wenn nicht von deutscher beste anstelle psycholo gischen Wunderhoffens nun der Druck gesetzt wird, den die Gegenseite spürt und der nach Lage der Dinge einfach in der ernsten und ernstgemeinten Drohung zu bestehen hat, daß Deutschland dem Völkerbünde solange fern bleibt, bis die Rückwirkungen, die eigentlich Voraussetzung für den Ab schluß des Vertrage» überhaupt sein sollten, redlich erfüllt sind. Briand vor der Kammer. Die unerwünschte Erörterung der Finanzlage. Paris, 1. Juni. (W. T. B.) In der heutigen Kam- mersitzung, der von allen Seiten größtes Interesse entgegen gebracht wurde, wurde die Festsetzung des Zeitpunktes der Beratung der eingebrachten Interpellationen über das Finanzprogramm der Regierung auf die Tagesord- nung gesetzt. Zu Beginn der Debatte ergriff Ministerpräsi dent Briand das Wort und erklärte u. a., daß die Gründe, die die Regierung veranlaßten, eine so ernste Debatte abzu lehnen, sich verstärkt hätten. In der jetzigen Lage müsse vor ollem die Autorität der Regierung unversehrt bleiben, sonst wäre es besser, ihrer Existenz ein Ende zu machen. Die Ab geordneten müßten sich als gute Franzosen zusammenschlie ßen, um der Regierung zu helfen, über die schwierige Lage Hinwegzukommen. Gelinge es der Regierung nicht, vorüber gehend die Einigkeit herzusköllen, dünn müsse sie zurück- treten. Die beste Mitarbeit sei die der praktischen Maß nahmen und nicht die der Rederei. Die Ausführungen Briands wurden von der äußersten Rechten bis zur Mitte mit starkem Beifall ausgenommen. Im Anschluß hieran traten die Interpellanten in längeren Erklärungen für die sofortige Beratung ihrer Interpella tionen ein, worauf die Sitzung um eine halbe Stunde unter brochen wurde. Nach ihrer Wiederaufnahme ergriff Mini sterpräsident Briand noch einmal das Wort und warnte dis Kammer vor_einer sofortigen Besprechung der vorliegenden Interpellationen. Darauf wurde der Antrag der Interpel lanten auf sofortige Besprechung ihrer Interpellationen, nachdem die Regierung die Vertrauensfrage gestellt hatte, mit 313 gegen 147 Stimmen bei etwa 80 Enthaltungen abge lehnt. Es wäre verfehlt, das Abstimmungsergebnis als eine stabile Mehrheit für das Kabinett Briand ausfassen zu wol len und es liegt auf der Hand, daß das starke Eintreten der Rechtsparteien für das Kabinett die Lage der radikalsoziali stischen Kabinettsmitglieder noch mehr erschwert. Immerhin hat das Kabinett Briand für di« nächste Zeit Ruhe. Die neue Entscheidung wird erst am Ende oes Monats bei der Eröffnung der sachlichen Finanzdebatte fallen. Italien im Ostpakt? Eine neue Guropareife Tschitscherins. Moskau, 2. Juni. Von gut unkerrichkeler Selle wird milge- lelll, daß Tschitscherin Anfang August «ine neue Europoreise an- lrelen wird, wobei er u. a. Berlin, Pari» und Rom einen Besuch abstatten wird. Wie der Vertreter der Telegraphen-llnion er führt, gilt die neue Reise Tschitscherins hauptsächlich einer Zusam menkunft mit Mussolini, mit dem er über die Oslpaktprobleme ver- handeln will. Der russische Botschafter in Rom Serschenzow habe, wie es heißt. Anweisung erhalten, mit der italienischen Regierung bereits zu unterhandeln, um Italien für den Ostpakl zu gewinnen. Dagegen wolle sich Rußland Italien gegenüber verpflichten, es in seiner kolouialpolitik zu unterstühen. Grrgttsch-chinestscher Dufour ostost in der Opiumkommisston. Berlin. 2. Juni. Wie die Vossische Zeitung aus Genf berichtet, kam es am Dienstag in der Sitzung der seit einigen Tagen im Völkerbundshause versammelten Opiumkommission zu scharfen Auseinandersetzungen zwischen dem englischen und dem chinesischen Vertreter. Die Debatte drehte sich um Ausfuhrstatistik und ähn liche nicht sehr aufregende Fragen, als der englische Delegierte Sire Malcolm Delevigue erwähnte, daß kürzlich von Deutschland nach China 200 Kilogr. Morphium und Heroin auf Grund eines Einfuhrzertifikates der chinesischen Regierung angeblich für medi- zinische Zwecke eingeführt worden seien. Die englischen Hafenbe hörden hatten die große Quantität auffällig befunden und sestge- stellt, daß der Einiuhrzwcck aller Wahrscheinlichkeit nach falsch an- gcgeben worden sei. Der deutsche Deleg erte in der Kommission er- klärte darauf, -aß die deutsche Regierung unmöglich untersuchen könne, ob die Angaben in den von einer fremden Regierung aus- gestellten Ausfuhrzertifikaten auch wirklich der Wahrheit entspre- chen. Darauf richtete Sire Malcolm Anklagen gegrn die chinesi- sche Regierung. Der chinesische Delegiert« erklärt«, er könne es nicht dulden, daß man hier seiner Regierung Vorwürfe zu machen wage. England sei er, das die ganze Welt mit seiner Fabrikation von Morphium und Kokain vergifte. England hab« gar kein Recht, sich in den Handel zwischen Deutschland und China einzumikchen. Er könne versichern, daß die aalielmlischen Gefühl« in China jeden Lag stärker würden und daß kein Lhniest mehr, der noch proeng lisch denke, al» ein guter Chinese angesehen werde. — Der stanzösi- sche Vorsitzende der Kommission, Bourgeois, schlug darauf vor, eine Paust «inzulegen, um die Gemüter-zu beruhigen. . . Pttfudski in der NeferrresteUrmg. Die verworrene Lage, die Marschall Pilsudski mit der Weigerung, das Amt des Staatspräsidenten anzunehmen, geschaffen hatte,, hat nun insofern eine Klärung erfahr««, als Professor Moscicki, der Mann Pilsudskis, zum Staatr- präsidenten gewählt wurde. Das Hin und Her der letzten Tag«, das bei erster Betrachtung etwas komisch anmutet«, hat doch gezeigt, daß die Macht des Marschalls soweit gchh daß er nach Zurückweisung seiner Wahl dem Sejm noch d«n Mann aufzwingen konnte, den er in der Stelle des Staats präsidenten haben wollte. Die Lage ist also die: der Spitze des Staates ein Pilsudski ergebener Mensch, eine zu Pilsudski stehende Regierung, ein gefügig gewordenes Parlament und der impetuose Pilsudski außerhalb aller verfassungsmäßigen Bindungen als vollkommen unabhängiger Registeur de» polnischen Politiktheaters. In Warschau spricht man übri gens in bestimmtester Form von der Möglichkeit, daß nach dem Rücktritt des provisorischen Ministerpräsidenten Bar tel Pilsudski selbst die Führung des neuen Kabinetts über nehmen werde. Neue zttfangriffe bei Tetuan. Paris, 1. Juni. Nach Meldungen aus Marokko Hot' die Kampftätigkeit in Marokko in den letzten Tagen weiter zugenom men. Die Unzufriedenheit der Stämme ist stark gewachsen. Unter dem Oberbesehl des Bruders Abd el Krims haben starke Ristrup- pen Tetuan angegriffen und sich der Vorstädte bemächtigt. '-**. Eine neue Partei in Amerika? Die Bevölkerung Amerikas beschäftigt sich seit einiger Zeit mit der Alkoholfrage in derartig weitgehender, ost sti» denschaftlicher Weise, daß man sich nicht wundern darf, wenn nunmehr sogar von der Bildung einer dritten großen Partei gesprochen wird, die eigens die Abschaffung der Trockenle gung bezwecken soll. Ohne hierzu selbst näher Stellung zu nehmen, geben wir folgende Aeußerungen der bekannten „Chicagoer Sonntagspost" wieder: „Das Volk ist in der Lage, jene Gesetzgeber, die seinen Willen nicht ausführen, kaltzustellen, und zwar die Abge ordneten innerhalb zweier Jahre, die Senatoren innerhalb einer etwas längeren Frist. Das kann jedoch nur dann ge schehen, wenn eine der großen Parteien sich rückhaltlos dem Willen der Volksmehrheit anschließt und ihn zu einem „issue" macht. Die Aussichten darauf sind indessen nicht be sonders günstig. Es gibt in beiden Parteien, der republi kanischen wie der demokratischen, Prohibitionisten und Anti prohibitionisten. Sobald eine von ihnen sich klipp und klar für oder gegen die Prohibition festleat, wird ihr eine groß« Zahl Angehöriger den Gefolgsdienst verweigern und hei der nächsten Wahl mit fliegenden Fahnen zum Gegner über gehen. Wäre dem nicht so, hätte man sich schon langst in dem einen oder anderen Sinne festgelegt. Keine Partei wagt es, weil keine das Risiko großer Verluste tragen will. Solche Verluste sind unvermeidlich, und es bleibt eine schwer zu entscheidende Frage, ob sie durch Ueberläufer aus dem anderen Lager wettgemacht werden würden. So kämmt es, daß die Prohibitionfrage bis zum heutigen Tage «in lokales oder hier und da auch staatliches „issue" geblieben ist. Beide Parteien spannen, je nachdem es ihnen nützlich zu stin scheint, die Prohibition oder die Gegenbewegung vor ihren Wagen und siegen hier als Prohibitionisten, dort al» Anti prohibitionisten. — Aus diesen Erwägungen heraus zieht die „New Republik" in ihrer letzten Nummer den Schluß, daß auf einen durchschlagenden Sieg der Antiprohibitioni sten im Kongreß nur dann zu rechnen sein wird, wenn un ter dem Schlachtruf «Los vom Alkoholverbot" eine dritte Partei gegründet wird, deren einziger Zweck die Rieder- kämpfung der Prohibition wäre. Es bestehen sehr start« Anzeichen dafür, daß die Prohibition bei der Präsidenten wahl im Jahre 1928 zu einem bedeutenden Faktor werden wird. Sollte sich bis dahin der jetzt nur vage erfaßte Ge danke zur Tat verdichten, so könnten die beiden alten Par teien unter Umständen ihr blaues Wunder erleben. Di» so genannten dritten Parteien haben hierzulande in der Regel bei den Wahlen schlecht abgeschnitten und nur mittelbar -u durchgreifenden Aenderungen der Regierungspolitik bei tragen können. Aber die alten Parteien sollten sich nicht allzusehr auf die unbedingte Zuverlässigkeit dieser politi schen Wetterregel verlosten. Wird di« Prohibitionsirag« zum „issuo", so läßt sich nicht voraussehen, war geschieh. Sie mögen alle beide durch «inen Landrutsch von noch nicht dagewesenen Ausmaßen eingedeckt werden. Di« Partei führer befinden sich hier tatsächlich in einer Klemme, wn di« sie niemand beneidet, und keiner wird es ihnen verdmcken, daß man sich b«tdersett» di« größt« Müh« gibt, sich bst Pro-